Aiden schloss die Manschettenknöpfe an seiner Jacke, während er Jo dabei zusah, wie sie die Riemchen an ihren hohen Schuhen zuzog. Sie sah umwerfend aus und das, obwohl sie kaum Zeit gehabt hatte, um sich fertig zu machen. Unter der Dusche hatte Aiden es allerdings so sehr genossen, jeden Zentimeter ihrer Haut ausgiebig mit Seife einzureiben, dass sie beide alles andere vergessen hatten. Ehrlich gesagt hätte Aiden sich vermutlich auch jetzt noch nicht von ihr gelöst, wenn nicht irgendwann sein Mobiltelefon geklingelt hätte. Und auch, wenn sie beide das Geräusch anfangs ignoriert hatten, so war Aiden beim dritten Mal dann doch rangegangen.
Taye war ziemlich genervt gewesen, dass er sie nicht sofort hatte erreichen können und Aiden hatte ziemlich lahm erklärt, dass sie geschlafen hatten. Eine Ausrede, die Taye mit einem Brummen zur Kenntnis genommen hatte, ehe er sie eindringlich über das weitere Vorgehen informiert hatte. Und das war dann auch der Moment gewesen, an dem Aiden und Jo ziemlich unsanft in die Realität zurückgeholt worden waren. So sehr Aiden die letzten Stunden mit ihr auch genossen hatte, so mussten sie sich jetzt doch auf ihren Job konzentrieren. Hierbei ging es um Menschenleben und ihnen war beiden nur allzu bewusst, wie viel davon abhing, dass sie ihre Rolle überzeugend spielten.
Ein Blick auf die Uhr verriet Aiden, dass Vellris in dem Moment wohl schon mit dem Wagen auf sie warten würde.
„Bist du fertig?“, fragte Jo, die sich gerade wieder aufgerichtet hatte.
Aiden gönnte sich noch eine letzte Sekunde, um sie eingehend zu betrachten, ehe er nickte.
„Du siehts umwerfend aus“, sagte er ehrlich. Ja, das tat sie wirklich. Von ihrem schwarzen Haar hatte sie zwei breite Strähnen abgeteilt und diese mit einer Spange am Hinterkopf festgesteckt. Die großen Wellen fielen ihr auf die nackten Schultern, denn das schwarze Kleid, war ärmellos und verfügte zudem über einen Ausschnitt, der es in sich hatte. Tatsächlich hatte Jo sich kurz darüber echauffiert, als sie das Kleidungsstück aus der Schachtel genommen hatte. Aber inzwischen trug sie es mit einem Selbstbewusstsein, als habe sie es selbst ausgewählt. Aiden schmunzelte, als sein Blick an dem dünnen Goldkettchen hängen blieb, das dafür sorgen sollte, dass der Ausschnitt nicht zu weit auseinanderklaffte. Er konnte sich nur allzu gut vorstellen, mit dem Finger darunter zu fahren und es einfach zu zerreißen.
„Meine Augen sind hier oben.“ Jo sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, aber in ihrem Blick erkannte Aiden, dass es sie kein bisschen störte, dass er sie angestarrt hatte. Und so zuckte er nur mit den Schultern: „Ich bin eben unersättlich.“
Jo schluckte und wirkte tatsächlich mit einem Mal nervös. „Hör mal“, setzte sie so ernst an, wie Aiden sie schon seit einigen Stunden nicht mehr erlebt hatte.
„Was hier zwischen uns passiert ist“, fuhr sie fort und schien jedes Wort mit bedacht zu wählen.
„War ziemlich heiß?“, bot er ihr ein passendes Ende für ihren Satz, auch wenn er schon ahnte, dass sie auf etwas anderes hinauswollte.
„Verdammt, ja. Das war es definitiv.“ Sie leckte sich über die Lippen. „Aber ich würde gern, dass das unter uns bleibt.“
Ja, das hatte Aiden erwartet. „Ganz wie du willst. Ein Gentleman genießt und schweigt.“
„Danke.“ Jo lächelte ihm sichtlich erleichtert zu. „Ich will einfach nicht, dass wir daraus eine große Sache machen.“
Aiden trat näher an sie heran. „Dann war das für dich also keine große Sache?“, hakte er nach und suchte in ihren Gewitteraugen nach etwas, von dem er selbst nicht wusste, was es war.
„Naja.“ Jo grinste schief. „Es gab da schon die ein oder andere Sache, die groß war.“ Ihre Hände fuhren am Kragen seines Hemdes entlang, um ihn zurecht zu ziehen und Aiden musste lachen.
„Hör bloß auf mir zu schmeicheln, sonst komme ich auf noch unanständigere Gedanken als ohnehin schon.“
„Nun, Mr. Frost.“ Jo räusperte sich. „Das müssen wir vertagen. Jetzt wartet ein Wagen auf uns und ich schätze, der Fahrer wird schon langsam ungeduldig.“
Aiden nickte, als Jo sich von ihm löste und nach ihrem Mantel griff. Er half ihr in ebendiesen und legte ihr dann die Hand auf den unteren Rücken, als sie gemeinsam das Hotelzimmer verließen. Sie hatte Recht, jetzt war es Zeit für einen kühlen Kopf. Zeit für ihren großen Auftritt als Mr. und Mrs. Frost.