Jo starrte vollkommen fassungslos auf Aidens Hinterkopf. Was zum Teufel macht er da?
Aiden hatte sich vor ihr aufgebaut, als müsste er sie vor irgendetwas beschützen, doch Jo hatte keine Ahnung wovor.
Vellris räusperte sich und hob abwehrend die Hände: „Ganz ruhig, Kumpel“, sagte er und tatsächlich entspannte sich Aidens Haltung.
„Alles klar, Mann?“, wollte Peroy wissen, als Aiden jetzt einen Schritt zur Seite machte, sodass Jo die anderen wieder sehen konnte.
„Ähm, ja“, gab Aiden zurück und fuhr sich sichtlich verlegen durch die hellbraunen Haare, ehe er sich wieder zu seinem Platz begab. Er machte sich an seiner Sporttasche zu schaffen, wodurch er jeden Blickkontakt vermied.
Noch bevor Jo allerdings fragen konnte, was dieser Auftritt gerade sollte, warf Vellris ihr ein Handtuch zu. Jo bemerkte die Bewegung aus dem Augenwinkel und fing es gerade noch auf, ehe es zu Boden fallen konnte.
„Für dich“, erklärte Vellris mit einem Blick, der ihr offenbar etwas sagen wollte. Da Jo allerdings nicht verstand, nickte er mit dem Kopf in Aidens Richtung, zog die Augenbrauen nach oben und starrte ihr eindringlich auf den Busen. Die Bedeutung dieser Geste verstand Jo endlich und die Kinnlade klappte ihr herunter. Rasch wickelte sie sich das Handtuch um, während ihr Verstand versuchte zu verarbeiten, was hier gerade passiert war.
„Wir sollten jetzt mal duschen, damit die Räume dann für dich frei sind“, sagte Vellris schließlich, entledigte sich seiner Trainingshose und griff nun auch selbst nach einem der Handtücher.
Peroy und Tarun taten es ihm nach, doch Aiden nestelte nach wie vor nur nutzlos an seiner Tasche herum.
Als Vellris sich abermals räusperte, schüttelte Jo den Kopf. „Na los, macht schon“, sagte sie und deutete in Richtung der Waschräume. Tarun und Peroy kamen der Geste sofort nach und auch wenn er kurz zögerte, folgte Vellris ihnen schließlich.
Jo wartete einen Moment, doch als Aiden keine Anstalten machte, etwas zu sagen, übernahm sie das Reden. „Wenn es dir lieber ist, kann ich auch nach oben gehen und...“
„Du musst nicht gehen“, fiel Aiden ihr ins Wort und entledigte sich rasch seiner Klamotten. „Ich beeile mich, dann hast du die Duschen für dich.“ Mit dem Rücken zu ihr zog er sich aus und Jo konnte nicht widerstehen, die Situation auszunutzen. Ungeniert starrte sie auf seinen breiten Rücken und leckte sich über die Lippen, als er seine Hose abstreifte und so seinen überaus knackigen Hintern entblößte. Als er gleich darauf ein Handtuch um die Hüften band, wandte sie schnell den Blick ab und ging ein paar Schritte, um ihren Schuh aufzusammeln, den sie kurz zuvor nach Gray geworfen hatte.
Als sie zurückkehrte, drückte sich Aiden an ihr vorbei zum Duschraum. Ihre Blicke trafen sich für den Bruchteil einer Sekunde und Jo meinte, etwas darin aufblitzen zu sehen, was sie allerdings nicht richtig deuten konnte. Als sie gleich darauf allein in den Umkleideräumen zurückblieb, seufzte sie. Himmel, dieser Kerl konnte ihr wirklich zum Verhängnis werden.
Es war nicht so, dass sie zum ersten Mal einen attraktiven Mann gesehen hatte. Ganz sicher nicht. Sie arbeitete seit Jahren mit drei durchaus ansehnlichen Exemplaren zusammen, aber ihre Beziehung war mehr geschwisterlich als alles andere. Dennoch lebte Jo keinesfalls enthaltsam. Soweit es ihre Arbeit zuließ, gönnte sie sich hin und wieder etwas Spaß mit einem One-Night-Stand, wobei sie es jedoch gern unkompliziert hielt. Einmalige Vergnügen, keine Verpflichtungen und auch wenn sie hin und wieder auf andere Jäger traf, so hielt sie strickt an einer eisernen Regel fest: Kollegen waren absolut tabu.
Bisher war sie damit bestens zurechtgekommen, aber seit sie Aiden getroffen hatte, musste sie zugeben, dass sie sich ihre eigene Regel häufiger als üblich ins Gedächtnis rufen musste.