- Start: 21.11.2021 - 23:33 Uhr
- Ende: 21.11.2021 - 23:41 Uhr
CN: Tod, Trauer (P6)
Mit feuchten Wangen sah Tim auf das leere Körbchen.
"Und ... Tüpfi kommt nicht wieder zurück?"
Seine Mutter seufzte. "Nein, Schätzchen." Sie ging in die Hocke und zog ihren kleinen Sohn an sich. Sie wuschelte ihm durch das Haar.
"Aber warum nicht? Hat es ihm bei uns nicht gefallen?"
"Doch, er war ... sehr glücklich hier." Tims Mutter musste gegen ihre Tränen ankämpfen. "Aber, weißt du ... er war sehr krank. Und das hat ihn traurig gemacht."
"Wieso hat der Arzt ihn nicht gesundgemacht?"
"Das ging leider nicht, Schatz. Tüpfi war zu krank. Aber jetzt geht es ihm viel besser."
"Wirklich?"
"Ja." Tims Mutter bemühte sich um ein Lächeln. "Er ist jetzt an einem tollen Ort."
"Kann ich zu ihm?"
"Noch nicht, mein Schatz. Aber Tüpfi wird da auf dich warten."
Tim überlegte. "Was ist das denn für ein Ort? Ist er da wirklich glücklich?"
"Oh ja! Weißt du, er ist auf eine Brücke gegangen, die in allen Farben des Regenbogens leuchtet. Und an ihrem Ende ist eine große Wiese. Da findet Tüpfi immer genug zu Essen und ganz viele andere Tiere, die mit ihm spielen."
"Und da ist es nicht schlimm?"
"Nein, mein Schatz."
"Aber ... vermisst Tüpfi uns gar nicht?" Traurig sah Tim wieder auf das leere Körbchen.
"Doch. Doch, das tut er. Das ist alles, was ihn dort ein bisschen traurig macht." Seine Mutter drückte Tim fest. "Aber er wird ganz geduldig warten und für ihn wird es gar nicht so lange dauern, bis er dich wiedertrifft. Die Zeit dort vergeht nämlich ganz anders."
"Dann ist er immer noch klein, wenn ich da bin?"
Tims Mutter nickte. "Ja. Das ist er. Und nicht mehr krank. Er wird dort nie wieder krank."
Sie sah zum Fenster, denn genau in diesem Moment huschte eine Lichtspiegelung durch den Raum, vielleicht geworfen von einem fernen Schmuckkristall oder einer Glasperlenkette in einem der Fenster gegenüber. Jedenfalls hatte sich das Licht in alle Farben des Regenbogens gebrochen, und so huschte dieser bunte Fleck wie ein leises Versprechen durch ihr Wohnzimmer, das nun nicht mehr ganz so einsam und leer wirkte.