- Start: 06.12.2021 - 20:29 Uhr
- Ende: 06.12.2021 - 20:42 Uhr
Schweigend musterte der Drache das friedliche Tal. Es lag geschützt und verborgen zwischen hohen, schneegekrönten Bergen. Das dunkle Gras unter den Bäumen schien durch die Kirschblüten ebenfalls wie mit Schnee bedeckt. Wasserfälle ergossen sich aus dem Gebirge in klare Seen und Teiche.
Mit schweren Schritten trat Ith über den Hang. Die drei Elfen seiner Leibgarde und die Pegasus-Brüder folgten dem Drachen schweigend, wie gebannt von der Schönheit des kleinen Tals nach der unwirtlichen, doch auf ihre eigene Art ebenso romantischen Wildnis hinter ihnen.
Was sie zurückließen, waren schroffe, ungezähmte Klippen, bedeckt mit strahlendstem Schnee unter einem klaren Himmel. Die Berge wirkten erhaben und stolz, doch dieses Tal strömte eine Herzlichkeit aus, die zum Verweilen und nicht nur zum Betrachten einlud.
Ihr Weg führte sie an rötlichen Kirschbäumen vorbei, deren Blätter wie beständiges Schneetreiben in der Luft lagen, obwohl auf der Erde gar nicht die Zeit für Kirschblüten war. Ein natürlicher Weg schlängelte sich weich durch das Moos, vielleicht ein altes Flussbett. Er führte zu einem Hügel fast in der Mitte des Tals, dessen flache Kuppe kaum bewachsen war.
Sie hatten so lange gesucht und sich innerlich bereits mit all den Kompromissen abgefunden, die sie eigentlich nicht eingehen wollten. Für ihr Vorhaben müsste Land begradigt oder alte Bäume gefällt werden.
Doch das war hier nicht nötig. Der Hügel war bereit und er wirkte geradezu leer und einsam im Tal, als würde er nur auf seine Krone warten.
Ith brauchte es nicht auszusprechen. Sie alle wussten, dass sie den perfekten Ort gefunden hatten. Das Tal war wie geschaffen für den Wohnsitz des Königs, und sie konnten nicht glauben, dass es real war.
"Kontrolliert die Umgebung", wies Ith die Pegasi dennoch an. "Es darf kein Portal zur Schattenwelt in der Nähe geben." Denn das würde alles zunichte machen. Es wäre zu unsicher.
Die drei geflügelten Pferde schwärmten aus, während die Elfen Ith auf die Hügelkuppe folgten und die jungen Setzlinge betrachteten, die hier wuchsen. Die meisten davon könnte man umsiedeln, bis auf einige, die bereits zu groß waren.
"Wenn wir den Palast bauen", sagte Ith ruhig, "können wir um diese herum bauen."
Vor seinem Inneren Auge nahm der Bau bereits Gestalt an. Die Luft schien zu flimmern und ihm war, als könnte er den Palast im japanischen Pagoden-Stil bereits erkennen.
Sein Blick streifte die Blüten der Kirschbäume, die goldenen Fische in den großen Seen und fiel schließlich auf einige wilde Orchideen, die hier und dort sprossen.
Weiße Orchideen. Die Blumen des Königs. Seine Blumen.
Er brauchte die Rückkehr der Pegasi nicht abzuwarten, um zu wissen, dass es keine Portale gab. Der Ort hatte ihn erwartet und hieß Ith stumm und zugleich überschwänglich willkommen.