- Start: 30.09.2020 - 16:10 Uhr
- Ende: 30.09.2020 - 16:29 Uhr
Grün wölben sich die Hänge über der Welt, gesprenkelt mit Farben von tausendfacher Blumenpracht. Mohn und Lavendel, Veilchen und Gänseblümchen strahlen mit dem Lächeln der Sonne um die Wette, ein wilder, ungebändigter Farbenrausch inmitten von Hügeln ohne Ende. Weiße Wolken ziehen durch das klare Blau, dessen Weite sich unfassbar über diesem Sommertag erstreckt, als wäre die Unendlichkeit über die Hügel gebannt worden.
In einem gelben Kleid tanzt ein junges Mädchen heran, goldenbraun ihre Locken und Sommersprossen im Gesicht. Schmetterlinge tanzen ihr nach wie ein buntes Band, wie die Segel eines Flaggschiffs, und aus den Blumen erheben sich summende Bienen. Ihr Schritt ist schnell und leicht wie der der Rehe, die allüberall aus den Feldern springen, und der Blick ihrer Augen so sanft und warm wie der der Hasen, die sich an saftigem Klee laben.
Auf einem großen Hügel unter Kirschen in voller Blüte hält das Mädchen an und lauscht auf die Stimmen der Insekten, die sich an wilden, pinken Rosen erfreuen. Die Luft ist erfüllt von einem Duft, der an Honig denken lässt.
Grinsend dreht die Jugendliche den Kopf, als ein Junge über den nächsten Hang gelaufen kommt. Seine Kleidung ist grün und blond sein Haar, seine Augen schimmern wie Blätter vor den Strahlen der Sonne leuchten.
Er kniet vor dem Mädchen nieder und überreicht ihr eine Krone aus Gänseblümchen, dicht an dicht geflochten in eines Jahres Arbeit. Lachend nimmt sie das Geschenk entgegen, setzt die Krone auf und dreht sich in einem Wirbel ihres hellen Kleides. Der Junge springt auf und umfasst ihre Hüfte und so wirbeln sie weiter, schnell und ausgelassen über weiches Gras und schimmernde Blumen. Doch kein einziger Halm knickt unter ihren Schritten.
In weiten Kreisen, gleichzeitig atemlos und unermüdlich, springen die Tänzer umeinander. Ihr glockenhelles Lachen mischt sich in die Melodei tausender Insekten und in das sanfte Flüstern des Windes, der ein Versprechen von wärmeren Tagen singt. Die Bäche im warmen Erdreich sprudeln ihre Freude schäumend auf und so geht der Tanz bis in den Abend, da die Grillen den orangenen Sonnenuntergang ehren und die beiden jungen Tänzer in eine neue Ruhe finden. Violett zieht der Abend über das Land und in seinem Schatten erheben sich Glühwürmchen aus jedem wilden Strauch, heller und strahlender als die Sterne hoch oben im endlosen Dunkelblau.
Mit langsamen Schritten streifen die Tänzer über einen flüsternden Teppich aus Blütenblätter, und ihnen folgen die Tiere des Tages und der warmen Nächte im stillen Reigen. Junge Vögel und Rehkitze spielen unter Wolken schillernder Flügel und die Luft wird dicht wie reiner, goldener Honig.
Dies ist die Stunde der Lebenslust, wo übersprudelnde Freude und stilles Glück einander die Hand geben, ineinander übergehen. Die Welt erbebt im schnellen Herzschlag der Tanzschritte, den der Flügelschlag eines Schmetterlings bis zu den fernsten Bergen trägt. Und mit jeder Meile wächst er an, bis er alle Welt in goldenes Licht eingehüllt vor sich liegen hat.
Als der Tanz endet, verschwindet auch jede Spur der Tänzer, doch ihr Lachen legt sich wie eine Decke dicht über die Erde, nur eine Handbreit unter den Grashalmen. Wie ein übermütiger Herzschlag ist es zu hören, und es verweilt wie Staub, der im Licht eines späten Sonnenstrahls tanzt und leuchtet. Und so erzählt der Sommer von der Macht der Welt.