Bemerkung des Autors: Ally242: Tja blue, ich freu mich, dass du dich freust ... Weißt was mich beschäftigt? Ich frag mich, warum zu Thanksgiving ein Puter auf den Tisch kommt. Warum servieren wir keine edle Gans? Gibt es eine alte Überlieferung, die den Puter vor der Gans nennt, oder ist es eine Glaubenfrage? Vielleicht haben ja auch die Gänse ihre Federn im Spiel ... Was auch immer der Grund dafür ist, du wirst es uns sicher erklären können Schönen Tag noch, Ally-Gans *** Es sind leider zwei Gänse daraus geworden. Die erste, versuchsweise lustige gefiel mir nicht und so hab ich eine traurige verbrochen, die mir auch nicht gefällt. Und da ich nicht weiß, welche schlimmer ist, nehme ich mir die Freiheit und poste ich einfach beide. ***
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Es war einmal vor vielen, vielen hundert Jahren eine wunderschöne junge Gans mit schneeweißem Gefieder, die lebte bei einem Bauern auf dem Hof. Jeden Tag verbrachte sie mit den anderen Tieren draußen auf der Wiese und labte sich am saftigen grünen Gras. Nachts trieb der Bauer alle in den Stall, damit sie nicht von Raubtieren gefressen wurden. Es war ein schönes, geruhsames Leben.
Eines Tages, die Gans hatte sich gerade einen besonders sonnigen Platz zum Verweilen ausgesucht, näherte sich ihr ein unbekannter, furchtbar hässlicher Vogel, der so verlegen war, dass er einen ganz roten Kopf bekam. Zumindest war das der Gedanke der Gans. Sie blickte auf und sah ihm neugierig entgegen.
„Hallo“, grüßte der andere Vogel schüchtern.
Sie neigte huldvoll den Kopf. „Hallo.“ Dann begann sie erneut zu fressen und beachtete ihn nicht weiter.
„Darf… darf ich ein bisschen hier stehen bleiben und dich betrachten?“, fragte der hässliche Vogel. „Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas so Schönes wie dich gesehen.“
Die Gans lächelte geschmeichelt und erlaubte es ihm, solange er brav Abstand hielt.
Der andere Vogel gehorchte, sah ihr eine Zeit lang zu und verschwand schließlich.
Am nächsten Tag wiederholte sich das Spiel. Die Gans glaubte, dass er sich nun an ihr satt gesehen hätte, doch auch am Tag danach erschien der hässliche Vogel und fragte, ob er sie betrachten dürfe. Sie war inzwischen ein wenig gelangweilt von dem Verehrer und wollte ihn fortschicken, aber sie ließ sich nach einigen weiteren Komplimenten umstimmen. Allerdings nahm sie sich an diesem Abend vor, den hässlichen Vogel am folgenden Morgen nicht mehr in ihrer Nähe zu dulden. Als er aber am nächsten Tag zu ihr kam, brachte sie die Worte nicht über den Schnabel. Wieder einmal durfte er bleiben. Jeden Abend nahm sie sich nun vor, dass das Ganze ein Ende haben müsste, doch sie konnte ihren Verehrer einfach nicht enttäuschen. Zudem gefiel es ihr, dass er sie so hofierte. Und so trafen sie sich Woche um Woche, bis er eines Tages nicht zur erwarteten Zeit erschien.
Zunächst wollte sich die Gans nicht eingestehen, dass sie ihn vermisste und tat so, als ob nichts Ungewöhnliches geschehen wäre. Dennoch ruckte ihr Kopf bei jedem noch so leisen Geräusch nach oben und suchte nach dem vertrauten Federkleid. Vergebens. Er kam und kam nicht.
Wütend stampfte sie mit Fuß auf. Wie konnte er es wagen, sie zu versetzen? Zischend flatterte sie mit den Flügeln. War sie etwa so langweilig? Oder war sie ihm etwa nicht mehr hübsch genug? Zugegeben, sie hatte einige Kilo zugenommen, aber so schlimm war es nun auch nicht.
Plötzlich knackte es direkt vor ihr. Er war endlich da! Doch als sie genauer hinsah, fand sie sich Auge in Auge mit einem Fuchs wieder, der sie mit hungrigen Blicken betrachtete.
Die Gans quakte ängstlich auf und wollte davon laufen, aber ihre Füße verweigerten den Dienst. Wie angewurzelt stand sie da, während der Fuchs auf sie zukam. Genüsslich leckte er sich über die Lippen. Das würde ein Festmahl geben.
Plötzlich schoss etwas Schwarzes auf ihn zu und begann mit ohrenbetäubendem Kreischen auf ihn einzuhacken. Erschrocken rannte der Fuchs davon. Die Attacke hatte ihn so überrascht, dass er nicht einmal merkte, dass der Angreifer lediglich ein weiterer und noch dazu furchtbar hässlicher Vogel gewesen war.
„Du hast mich gerettet“, japste die Gans, die die ganze Zeit die Luft angehalten hatte.
Der hässliche Vogel nickte nur und wandte sich zum Gehen.
„Wo willst du hin?“, fragte sie entsetzt.
Er zuckte mit den Flügeln. „Es hat doch alles keinen Sinn mit uns. Seit Wochen warte ich darauf, dass du mir wenigstens einen Blick schenkst…“ Er lachte, aber es hörte sich nicht fröhlich an. „Wie konnte ich nur so dumm sein? Als ob ein zauberhaftes Wesen wie du sich für einen wie mich interessieren könnte.“
Sie senkte schuldbewusst den Kopf. „Du warst nicht dumm, sondern ich. Ich habe mich von Äußerlichkeiten blenden lassen und nicht erkannt, dass du schon längst ein guter Freund geworden bist.“
Von diesem Tag wandelte sich ihre Beziehung. Sie verbrachten immer mehr Zeit miteinander, redeten, lachten und schwiegen. Schon bald war nicht nur der hässliche Vogel, von dem die Gans nun wusste, dass er ein Truthahn war, bis über beide Ohren verliebt. Auch seine Herzdame schwebte auf Wolke Sieben und sehnte sich nach ihm, sobald er sie verlassen hatte.
Sie verbrachten einen unbeschwerten Sommer miteinander und bemerkten gar nicht, wie um sie herum die Welt auseinander brach. Denn der Bauer hatte hohe Schulden angehäuft und die Gläubiger pfändeten ein Tier nach dem anderen, bis im November nur noch die Gans und der Truthahn übrig waren.
Eines kühlen Herbstmorgens, es war der vierte Donnerstag des Monats, weckte der Truthahn die Gans schon bei Sonnenaufgang.
„Schnell, Liebste, lauf in den Wald und versteck dich dort, bis die Sonne untergeht.“
Sie schrak auf. „Was ist denn passiert?“
„Ich habe den Bauer belauscht. Er hat endlich einen Geldgeber gefunden, der ihn vor dem Ruin rettet. Dafür will er ihm mit einem Festmahl danken. Genauer gesagt, mit Gänsebraten.“
Die Gans begriff sofort den Ernst der Lage, verlor keine Zeit und watschelte eilig los. Doch nach wenigen Schritten fiel ihr auf, dass ihr der Truthahn nicht folgte. Verwirrt blieb sie stehen und drehte sich zu ihm um. „Warum kommst du nicht mit?“, fragte sie.
Er sah sie mit Entschlossenheit in den Augen an. „Wenn der Bauer dich nicht findet, wird er nach dir suchen, schließlich braucht er dich für seinen Braten. Das kann ich nur verhindern, wenn ich ihm eine andere Alternative liefere.“
„Das kannst du doch nicht machen!“, quakte sie entsetzt, als sie den Sinn seiner Worte verstand.
„Ich kann und ich werde“, antwortete er mit leiser, aber fester Stimme.
Tränen liefen ihr über die Wangen. „Wenn du nicht gehst, dann bleibe ich auch“, sagte sie trotzig.
Er ging zu ihr und strich ihr sanft mit dem Flügel über den zarten Kopf. „Ich könnte nicht ertragen, falls dir etwas zustößt. Bitte, lass mich das hier für dich tun.“
Sie wollte noch etwas einwenden, doch er verschloss ihren Schnabel mit seinem.
„Geh jetzt“, flüsterte er, als er sich schließlich von ihr löste, und schob sie auffordernd in Richtung Wald. „Er darf dich nicht finden.“
Die Gans warf ihm einen letzten Blick zu und watschelte dann eilig davon. Sie weinte ungehemmt und auch Tage und Wochen später, als der Bauer längst wieder viele neue Tiere auf der Farm hatte, konnte sie die Trauer um ihren Geliebten nicht überwinden.
Der Bauer jedoch gelangte zu neuem Reichtum. Diesen feierte er, in dem er jeden vierten Donnerstag im November einen Truthahn briet und all seine Freunde zum Essen einlud. Viele Leute übernahmen diesen Brauch und verbreiteten ihn über das ganze Land. So kam es, dass auch heute, viele hundert Jahre nach diesem Ereignis Truthahn statt Ente zu Thanksgiving gegessen wird.