Bluey hatte sich die Sache so schön zurechtgelegt. Wenn keiner da war, musste sie ja auch nicht arbeiten. Gab ja niemanden, der sie dabei kontrollieren konnte, wie sie ihren eigenen kleinen Urlaub veranstaltete. Statt Myfflonier in einen saubern Ort zu verwandeln, lag sie also faul auf der Wiese und futterte Apfelmus. Ihre Sommervariante der Haferkekse. Viel besser für die ponyischen Rundungen.
Tagelang faulenzte das Pony vor sich hin, winkte träge den vorbeieilenden Trollen zu und rief: „Macht keinen Unsinn, dann muss ich auch nicht aufstehen.“
Soweit klappte alles ganz gut. Zugegeben, ab und an warf sie mal eine illegale Vereinigung raus oder sortierte ein paar Geschichten um. Nur um ihren guten Willen zu zeigen und zu vermeiden, dass das Chaos gar zu sehr überhand nahm. Aber insgesamt brauchte sie nichts zu tun, außer …
„Porno.“
Bluey wälzte sich zur Seite und drehte dem Geräusch den Hintern zu. „Hab ich nicht gehört.“
„PORNO.“
Sie seufzte. „Ruhe da oder ich komm vorbei.“
Einen Augenblick lang wurde ihr gehorcht.
„PORNO, PORNO, PORNO!“
„Hilft nichts, da muss ich wohl hin.“ Unwillig wuchtete das Pony das Eigengewicht vom Boden hoch, schulterte die Mörderaxt und trabte in Richtung der Vereinigungen, wo die aus dem Ruder gelaufene Diskussion tobte. „Was ist hier los?“, fragte sie in die Runde.
Eine aufgebrachte Myfflonierin zeigte auf einen unschuldig dreinblickenden Teddybär. „Der hat Porno gesagt.“
„Eigentlich“, wandte das Pony, das einer Gelegenheit zum Trollen nicht widerstehen konnte, auch wenn es sinnvoller gewesen wäre, „eigentlich warst du das. Und zwar sechsmal.“
Der jungen Dame fiel alles aus dem Gesicht. Vor Empörung wusste sie nicht mehr, was sie sagen sollte. Deshalb klappte sie einfach ein paar Mal den Mund auf und zu (genauso wie ein Fisch auf dem Trockenen) und begann dann wild mit den Händen herumzufuchteln. „Er hat Porno gesagt.“
Bluey seufzte. „Wann?“
„Vorhin. Zu meiner Geschichte.“
Die Moderatorin winkte ein verängstigt in der Ecke sitzenden Schreibschaf, das alles dokumentiert hatte, zu sich und las den bisherigen Gesprächsverlauf durch. „Er hat das nicht zu deiner Geschichte gesagt, sondern sich über das Nachbarland Wattpadien ausgel…“
„ER HAT PORNO GESAGT!“ Die Myffloniern brüllte derart laut, dass sich die einzelnen Buchstaben materialisierten und durch den Raum schwebten.
Bluey widerstand nur mit Mühe dem Drang, die Mörderaxt danach zu werfen und zu schauen, ob die Lettern wie Seifenblasen zerplatzen würden. Immerhin war sie hier nicht auf einer Spielwiese, sondern ausnahmsweise mal in ernster Mission unterwegs. „Aber nicht zu deiner Geschichte, sondern zu Wattpadien.“
Es folgte eine lange und unerfreuliche Diskussion, in der das Wort Porno inflationär gebraucht wurde und sich ob der teils immensen Lautstärke immer wieder materialisierte. Schließlich war die Luft voller schwebender Ps und Os, Ns und Rs, so dass kaum noch Raum für die Anwesenden oder Diskussionen blieb.
Als ein P mit einem lauten Plop neben seinem Ohr zerplatzte, riss dem Pony der Geduldsfaden. „Ich hab dir schon erklärt, dass du das VERDAMMT NOCH MAL falsch verstanden hast“, schimpfte sie.
„Bluey hat dir schon erklärt, dass du das VERDAMMT NOCH MAL falsch verstanden hast.“ Eine der gefürchteten Nachplapparellas materialisierte mitten im Raum. Diese Spezies wiederholt alles, was andere sagen. Auch das P-Wort, mit dem die aufgebrachte Myfflonierin noch immer so fröhlich um sich warf. Noch mehr Ps und Os materialisierten sich. Die Ns flogen vorsichtshalber bereits zum Fenster heraus und die Rs waren so fehlerhaft, dass sie als Ps durchgehen konnten.
Das Pony beschloss, das Ganze zu beenden und warf die Mörderaxt nach der Naplapparella. Dabei spießte es noch einen Haufen Os auf, die auf dem Stiel der Dienstwaffe hängen blieben und sich langsam zu großen Nullen verformten, bevor sie schließlich platzten und nichts als heiße Luft hinterließen.
Augenblicklich wurde es still. Nur noch das „Plöp“ der berstenden Zahlen war zu hören.
Bevor das Pony jedoch zu einer langen Rede ansetzen konnte, tauchte wieder ein Myfflonier auf und brüllte: „Ich mag den Ton hier nicht. Früher war alles besser!“
Bluey knirschte wütend mit den Zähnen. „Wenn hier noch einer … ich betone … EINER … ‚Früher war alles besser‘, ‚Mir passt der Ton nicht‘ oder ‚Porno‘ sagt, gibt es ein Donnerwetter, das sich gewaschen hat. Und glaubt mir, ich werde meine Mörderaxt einsetzen.“ Sie hatte kaum ausgesprochen, da fühlte sie ein fieses Grinsen hinter sich auftauchen (auch wenn sie jedem anderen diese seltsame Formulierung in blauer Farbe um die Ohren gehauen hätte). Doch diese freche Energie, dieses vorlaute …
„Früher war alles besser. PORNO! Mir passt der Ton nicht“, rief das Pingi, das kurz den Schnabel hereingesteckt hatte, weil es genau wusste, wann es Zeit war, um das Pony zu ärgern. Dann watschelte es zurück zu der fliegenden Highlandkuh, mit der es einen Rundflug gemacht hatte, und verschwand.
„Komm du mir nach Hause, mein Frollein!“, brüllte Bluey hinterher. „Da erlebst du dein blaues Wunder!“
Der Fahrtwind verzerrte die Antwort des Pinguins. Doch der aufmerksame Zuhörer meinte „Gar nicht, dazu bin ich viel zu niedlich!“ gehört zu haben.