Gio kochte vor Wut und ich bekam einen gehörigen Schreck, rutschte auf dem Bett bis an die Wand und zog mir die Decke bis ans Kinn, während ich die Szene still betrachtete.
Was war passiert? Warum war er so wütend?
Wenn ich das richtig verstanden hatte, waren die Verbündeten doch hier, um sich ihre ersten Erfahrungen mit ihrem Sexualleben zu holen. Was hatten sie verkehrt gemacht?
Mit geballten Fäusten stand Gio da und ließ Francesco nicht aus den Augen, der in sich zusammenkroch und den Kopf einzog. Schuldbewusst senkte er den Blick zum Boden. »Entschuldige bitte. Ich hatte plötzlich das Gefühl, es wäre der richtige Zeitpunkt, weil sie ... «
Gio unterbrach ihn ruppig, wie ich ihn noch nie erlebt hatte.
»Ab mit dir ins Bad - wir reden unten weiter. Angelina - zieh dich an und geh auch runter. Maria, du bleibst noch hier. Mit dir rede ich sofort.«
Puuh - die Aufgaben waren verteilt und ich sah zu, dass ich Land gewann. Ich griff mir meine Sachen und stürzte aus dem Zimmer, wobei ich beinahe an der Tür mit Francesco zusammenstieß, der daraufhin fast panisch vor mir zurückwich, als wenn ich ihn verbrennen könnte.
Er ließ mir den Vortritt, ich blieb vor der Tür, als Francesco folgte, aber sofort im Bad verschwand. Auch wenn die Tür nun geschlossen war, konnte ich Gios strenge Stimme vernehmen, während ich mir hastig meine Sachen überstreifte.
»Wie kannst du in meinem Haus zulassen, dass Francesco mit Angelina ein Spiel beginnt, dessen Regeln sie nicht kennt? Ich bin wirklich enttäuscht von dir und nein - entschuldige dich nicht bei mir! Ihr müsst euch beide bei Angelina entschuldigen! Das ist das Mindeste, was ich von euch beiden erwarte. Über weitere Konsequenzen denke ich noch mit eurer Mutter nach, also wiegt euch bloß nicht in Sicherheit. Wir haben wirklich viel Rücksicht auf euch genmommen, aber anscheinend war das zuviel des Guten. Vielleicht sollten wir euch doch wieder trennen und eine andere Wahl treffen.«
Ich hörte, wie Maria laut anfing zu weinen, da rannte ich nur noch blindlings nach unten.
Blass und verstört setzte ich mich hin. Guiseppe und Marcella saßen kerzengerade am Tisch, Sophia beschäftigte sich mit dem Frühstück, stellte letzte Sachen auf den Tisch und machte ein sorgenvolles Gesicht. Als sie mich erblickte, lächelte sie mir etwas gequält zu. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich mich verhalten sollte und nickte nur unsicher.
Angespannt hörten wir, wie Gio, Maria und Francesco die Treppe herunterkamen. Ich hatte Angst und schloss verzagt die Augen.
Wenn doch dieses Frühstück endlich vorbei wäre, konnte es noch schlimmer werden?
Maria und Francesco setzten sich unaufgefordert mit gesenkten Köpfen an den Tisch. Gio blieb neben meinem Stuhl stehen und ich wurde zusehends nervöser. Da beugte er sich zu mir, stützte sich mit einem Arm auf den Tisch neben meinem Teller und als er anfing zu sprechen, beruhigte ich mich. Etwas.
»Angelina, es tut mir sehr, sehr leid, was da eben oben im Zimmer passiert ist. Ich verspreche dir, dass es nie wieder solch einen Vorfall geben wird. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn dir Francesco etwas getan hätte, was du nicht wolltest. Und ich kenne jemanden, der mir das nie vergeben würde, darum kann ich dich nur in aller Form um Verzeihung bitten. Leider kam dein Einzug ein wenig früher als erwartet, sodass wir noch nicht alles vorbereitet hatten. Das soll keine Entschuldigung sein, aber eine Erklärung. Es herrschen ganz klare Regeln, die hier jedem bekannt sind - jedem außer dir. Diese Regeln dürfen unter keinen Umständen vernachlässigt werden. Niemals. Das ist eine der Grundregeln der Savantoj! Ich denke ich spreche jetzt für jeden hier am Tisch, oder? Maria? Francesco?«
Mein Blick wanderte zu den beiden am Tisch und sie schauten nicht hoch, sondern nickten nur.
»Ich möchte mich aufrichtig für mein Verhalten entschuldigen, Angelina.«
Francesco wagte einen winzigen Blick in meine Richtung und ich musste schlucken. Da meldete sich auch Maria zu Wort.
»Angelina, mir tut es auch leid, dass ich nicht dazwischen gegangen bin. Bitte verzeih mir.« Sie legte ihre Arme auf den Tisch und begann, bitterlich zu weinen, sodass mir auch die Tränen in die Augen schossen und ich aufspringen wollte und weglaufen, aber Gio hatte solch eine Reaktion augenscheinlich erwartet und den Stuhl festgehalten.
»Bitte lass es für den Moment dabei bewenden. Ich werde mich nach dem Frühstück mit dir ausführlich darüber unterhalten und danach wirst du verstehen und keinerlei Probleme mehr damit haben. Ich verspreche es dir. Bitte bleib jetzt hier und lasst uns nun frühstücken. Okay?«
»Aber ich will nicht, dass es schon am ersten Tag bei euch Streit gibt und Ärger - nur wegen mir. Ich komme mir so schlecht vor und ich will nicht ...« Meine Stimme versagte mir, bis Gio mich spontan umarmte.
»Ich weiß, aber es ist nicht so wie du denkst. Du hast nichts verkehrt gemacht - das waren andere, auch ich. Und nun bitte - gedulde dich bis nach dem Frühstück.«
Er gab mir einen Kuss auf die Stirn, wischte mir die Tränen fort und drückte aufmunternd meine Schulter, bis ich ergeben nickte.
Viel Hunger hatte ich nicht und die Stimmung am Tisch besserte sich auch noch nicht wesentlich, aber wenigstens fiel kein böses Wort mehr.
Um dieses Gespräch mit Gio noch ein wenig hinauszuzögern, fragte ich Sophia nach dem Frühstück, ob ich ihr zur Hand gehen könne mit dem Geschirr und sie zwinkerte erst mir und dann Gio zu, bevor sie zustimmte.
Also bestritt ich allein mit Sophia in der Küche den Abwasch und bis wir alles aufgeräumt, abgewaschen, abgetrocknet und weggeräumt hatten, verging noch eine Stunde.
Aber dann war es doch soweit und Gio stand bereits in der Tür, um mich mitzunehmen. Er kannte mich schon zu gut - ein Spaziergang stand ein weiteres Mal an. Hörte das nochmal auf?
Ich konnte mir nicht vorstellen, was mir Gio noch großartig erklären wollte. Aber dann stellte sich heraus, dass er mir doch sehr viel klarmachen konnte.
Ich wollte erstmal nur zuhören und schon der Beginn überraschte mich.
»Von Sophia weiß ich, dass dir Sandro gesagt hat, dass die Studpartnero für die Festlegung des zukünftigen Alters verantwortlich sind. Das ist schonmal richtig. Aber diese Zeitspanne ist auch dafür gedacht, dass jeder Savanto so viel wie möglich über ein erfülltes Liebesleben lernt, um seinem späteren Partner alle sexuelle Erfüllung schenken zu können. Das ist der schönste Teil im Lernprozess eines jeden Savanto, jedenfalls wenn dabei die Regeln eingehalten werden. Es sind nicht so viele, aber sie sind elementar wichtig.
Erstens: Alles ist erlaubt, bis auf den eigentlichen Beischlaf, weil der das Alter festsetzt und ein Teenager noch nicht in der Lage ist, seine Aufgaben als Savanto erfüllen zu können. Bedeutet, die Lernphase geht bis ins Erwachsenenalter und die Studpartnero dürfen selbst bestimmen, wann sie diese Zeit beenden wollen.
Zweitens: Egal was sie ausprobieren wollen - es ist nicht erlaubt, wenn einer von ihnen das nicht will. Dafür reicht ein Handzeichen, ein Nein oder Halt, ein Stopp oder was auch immer - egal in welcher Phase sie sich befinden. Auch kurz vor dem Höhepunkt gilt das, es gibt keine Ausnahme. Das ist zum Beispiel eine der Regeln, die du noch nicht kanntest. Deswegen war ich so wütend über die Beiden.
Drittens: Da es kein Kind zwischen den Sudpartnero geben darf und soll, werden sämtliche Aktivitäten immer mit einem Kondom ausgeführt. Es stehen bei uns im Haus überall und jederzeit welche zur Verfügung.
Jeder kann dir zeigen, wo sie griffbereit zu finden sind, also keine Sorge, die Suche dauert nicht ewig.
Viertens: Stuspartnero gibt es nur für die Savantoj.
Das bedeutet, dass du keinen Studpartnero hast und auch keinen bekommen wirst, Angelina.«
Ich blieb erschüttert stehen, wollte es nicht glauben.
Ich sollte nur zusehen?
Oder lag es daran, dass Sandro es nicht sein wollte?
Gio griff nach meiner Hand und zog mich weiter.
Was konnte jetzt noch kommen?