Am Montag rief ich zuerst im Verlag an. Obwohl wir in Italien viel zusammenhockten, hatte Mikel mich dort nie mit Geschäftlichem belästigt, außer eben der Sache mit Moskau. Natürlich kannte er meine Pläne für das nächste halbe Jahr. Meine Arbeit auf Mallorca und meine Bilder mit den D-Girls, hatten seine fast unstillbare Gier nach neuen Aufnahmen auch gut gestillt. Dass von mir ja einiges von der Hochzeitsreise kommen würde, wusste er.
Meinen Vorschlag, in den nächsten fünf Wochen noch fleißig für Nachbarn zu fotografieren, fand er spitzenmäßig, er kam sogar auf die Idee, ich könnte doch auch auf der Reise versuchen, noch geeignete Leute zu erwischen, wenn er auch nicht wüsste, wie er dafür werben sollte, und unser Trick mit der Wäsche würde ja wohl auch nicht funktionieren.
„Und wie soll es mit der Bezahlung der Models, besonders auf dieser Reise funktionieren“, fiel mir ein Einlass diesbezüglich von Seiten meiner neuen Finanzwächterin ein. „Bezahlt der Verlag auf Grund des Vertrages, die Formulare nehme ich auf jeden Fall mit, und überweist dann das Geld, oder wie soll das funktionieren?“
„Auch daran habe ich schon gedacht. In Japan und der Karibik, haben das ja deine Reiseleiterinnen erledigt, da ihr dieses Mal alleine seid, schlage ich vor, Lis übernimmt das. Ich schicke euch nen Berg Reiseschecks, in geeigneter Stückelung, damit müsste es gehen. Wenn ihr mal bar auszahlen müsst, dann soll Lis diese halt einfach einlösen. Dafür bekommt sie halt auch eine Assistentinnenpauschale“, er verstummte, offensichtlich war er am Nachdenken. Dann kam seine Stimme wieder: „Ich hab's, ich denke so werden wir es auch in Zukunft machen, wenn es sich ergibt, du bekommst das übliche Honorar nach Film und Lis die ebenfalls übliche Pauschale wie bei Nachbarn üblich, an jedem Tag, an dem sie deine Assistentin ist. Sie bezahlt, notiert auf dem Fotovertrag, dann das Honorar an die Models. Die Spesen der Reise übernehmen wir ja, wie vereinbart, bleibt nur noch der Aufschlag für Auslandsreisen. Ich würde mal sagen, bei 250 Filmen, die du uns zugesagt hast, werden es - ahm - 50 Tausend pauschal sein, ich meine, denke dran, es geht um ein Vierteljahr, da sind die Spesen beachtlich und nur zu rechtfertigen, weil es deine Hochzeitsreise ist und wir wissen, was du kannst. Du wirst uns nicht enttäuschen. Was hältst du davon?“
„Ich bin überwältigt und bedanke mich vielmals. Kim wird dir um den Hals fallen, wenn du das nächste Mal hier bist.“
„Warum Kim“, staunte Mikel.
„Meine Zukünftige und ich, haben gestern beschlossen, dass Kim in unserem jungen Unternehmen die Finanzen macht. Sie verwaltete ja seit der Asienreise schon mein Konto - und sie macht es gut. Sie wird also zukünftig, im Finanziellen, euer Partner sein - ich konzentriere mich aufs Fotografieren und für Lis, da wird mir noch eine geeignete Aufgabe einfallen“, fügte ich lachend hinzu, bevor ich auflegte.
Der Anruf bei Willi, brachte ebenfalls gute Nachrichten. Er sei zwar noch recht gut versorgt mit Bildern, aber ein Vierteljahr sei ja lang. Ich solle mal Bilder schicken, wenn etwas Geeignetes dabei sei, im Übrigen würde er sich einfach an Roland wenden, wegen seiner für die Werbeaktion benötigten Bilder, die er aus der ihm vorliegenden Kollektion aussuchen würde. Das hätte bisher gut geklappt, warum nicht auch zukünftig, solange ich nicht da sei.
Dann kam allerdings doch etwas, was mich staunen ließ, er fragte nach unserer Route, unsere Reise betreffend und dann kam es:
„Schön, ich werde dir eine Liste passender örtlicher Vertreter senden. Dort kann Lis sich geeignete und zur Landschaft passende Wäsche aussuchen, die du dann unter den üblichen Bedingungen erst fotografieren, dann abgeben kannst und - sag ihr - wir möchten auch bald ihre Liste zum Eigengebrauch haben“, fügte er noch an. Ich vermute grinsend, denn er wusste sehr wohl, dass meine Weiber da gerne in unserem Lager zuschlugen.
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Kim und Lis trieben sich in der Stadt rum, vermutlich einkaufen oder mit Handwerkern verhandeln, die unsere Wohnung renovieren sollen. Am Morgen bekam ich aber schon vier Adressen von Kandidaten für Nachbarn. Da ich schon einmal dabei war, rief ich dort an: bei dreien hatte ich auf Anhieb Glück und konnte passende Termine vereinbaren, einen am Mittwoch, zwei am Samstag. Mein Geschäft fing an zu florieren.
Die Shootings verliefen völlig normal, wie immer, seitdem diese neue Sparte dazu kam. In einem weiteren Sonntagsgespräch stellen wir fest, dass ich mit der Arbeit vom Verlag und der IGDuM wohl genug Geld verdienen würde, um, wie Kim sagte, recht ordentlich über die Runden zu kommen. Allerdings erfuhr ich so nebenbei, dass wohl schon einiges von meinem Konto fest verplant sei, für die Neugestaltung unserer Wohnung.
Ich fürchte, im ganzen Haus werden da die Anstreicher und Tapezierer wüten, den Mom hatte sich entschlossen, auch das Erdgeschoss, der Flurs und die Beletage werden renoviert.
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Und dann war es auch schon so weit, ich wurde zwanzig, vorne endlich keine Eins mehr. Wieder gab es nur eine sehr kleine Feier; eigentlich lediglich Familie. Ich hatte beinahe das Gefühl, dass sich bereits alles schon auf den Zwanzigsten von Lis vorbereitete. Auf unsere Hochzeit.
Lis und Kim waren fleißig gewesen, sie hatten noch viermal Kundschaft für die Nachbarn aufgetrieben. Gleich am Mittwoch gab es einen Termin, der etwas besonders bieten könnte: eine Tanzschulklasse für lateinamerikanische Tänze, samt Tanzlehrer, hatte sich gemeldet. Willi hatte dazu einen ordentlichen Wunschzettel bekommen.
Das Shooting war wirklich außergewöhnlich. Es fand im Ballsaal eines kleinen Schlösschens in der Nähe von Ludwigsburg statt. Ein Dutzend junge Paare, hatten sich von der IGDuM prächtig herausstaffieren lassen. Das wirkte wirklich voll Südamerikanisch und meine Weiber bekamen ganz neidische Augen. Zum Glück gab es genug Licht im Raum, meine Beleuchtungsanlage musste nur noch für Effekte bei der Beleuchtung sorgen. Eine mächtige Lautsprecheranlage sorgte für den guten Ton und dann legten die Paare los. Furios ist das einzige Wort, das mir dazu einfiel.
In der Pause bekam ich mit, dass dieser Verein auch ein heißer Favorit auf die Deutsche Meisterschaft war und - sie sahen den Bericht in der Nachbarn, vor allem als Imagepflege. Im Laufe des Shootings, wurden die Kostüme immer dürftiger. Ob es Absicht war (wie einst bei den Mädchen um Terry) oder wirklich ein Unfall, kann ich nicht sagen, aber bei ausgerechnet den drei Girls mit dem meisten Holz vor der Hütte, hielt, dem Ende zu, der Verschluss der Bikinis nicht. Der gerade laufende heiße Samba, in Formation, wurde jedoch nicht abgebrochen. Ich hatte das Gefühl, als ob meine Canon dabei besonders flott vor sich hin klickte. Auch mein Zoomobjektiv kam auf Abwege - von Mikel später besonders freudig begrüßt.
Zum Schluss kam noch eine Runde, in der die Damen extra heiße Bikinis für die neue Saison vorstellten, aber nur zehn der zugehörigen Männer waren bereit, dazu passende Badehosen vorzuführen. Ich hatte trotzdem, grinsend, etwas Mühe, etwas ungewollte Ausbeulungen nicht zu genau herauszustellen. Ebenfalls Unfälle.
Alles in Allem, war es ein eher harmloses, wie sich aber auf den Dias zeigte, sehr buntes Ereignis. Mom schrieb auch entsprechend bunt dazu. Viele der Bilder erschienen später auch noch in der Fiesta, wie ich ein halbes Jahr später feststellte. Die Aufnahmen mit der Bademode vermarktete Willi noch vor unserer Abreise - und Lis orderte für sich gleich fünf der heißesten Modelle. Es brauchte eine Weile, bis mir einfiel, wir werden bei unserer Reise ja wohl auch an öffentlichen Badeplätzen baden, da musste ein Minimum an Textilen her.
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Je näher der Geburtstag von Lis rückte, um so hippeliger wurde sie. Kein Wunder, der lang ersehnte Hafen der Ehe nahte. Acht Tage vor ihrem Geburtstag war sie jedoch plötzlich voll daneben. Sie hatte ein Problem - mit mir wollte sie nicht darüber reden, sie brauchte jetzt den Rat von Mama, Mom und die Hilfe von Kim. Nicht einmal mit ihrer Schwester Kristin wollte sie über die Sache reden.
„Können wir wirklich schon so jung heiraten? Wenn ich es will, muss es ja nicht unbedingt richtig sein? Sollen wir nicht lieber doch noch warten bis Paul seinen Meister hat?“, wollte sie von Mama und Mom wissen.
Sie wurde von allen beruhigt. Ihre Mama hatte den besten Trost: „Rechne mal nach, mein Kind“, empfahl sie. „Ich war damals genauso alt wie du jetzt. Es ist bisher gut gegangen und es gibt keine Anzeichen, dass Papa und ich Ärger bekommen. Am besten fand ich, ihr zwei kamt auf die Welt, als ich noch jung und kräftig war. Danach konnte ich mich wieder Papa und den Freuden des Lebens widmen.“
Dieses Argument ließ Lis gelten. Sie beruhigte sich. Dafür fiel sie jetzt mir auf die Nerven. „Sind alle wichtigen Freunde eingeladen? Es ist doch sicher auch eine kirchliche Trauung geplant? Wo ist die. Ist die Kirche sauber genug, dass ich meine schöne Robe nicht einsaue … Die IGDuM hat sich so viel Mühe ge … ach, du kennst es ja gar nicht, sollst du auch nicht … Aber trotzdem!“
„Schatz, du nervst“, packte mich zwei Tage vor unserer Eheschließung der Zorn. „Du weißt so gut wie ich, dass dein Papa unsere Hochzeit ausrichtet. Ich habe ihn gefragt, er hat gesagt ich solle mich um dich kümmern und nicht um die Hochzeit. Du weißt ja selbst, wie stur er sein kann und wie gut er Geheimnisse bewahrt. Ich habe Axel gefragt, selbst Kristin. Keiner weiß etwas, ich erfuhr nur, dass Papa sehr viel telefoniert hat und Mama ebenfalls. Alle potenziellen Zuhörer wurden aber gnadenlos rausgeworfen. Bei Mom war es nicht besser und Pop spielt wieder einmal die Unschuld vom Lande.“ Ich nahm Lis fest in den Arm und schmuste mit ihr. „Wir können es nur auf uns zukommen lassen und hoffen, dass alles gut geht.“
„Kim, das Luder, weiß was, sie hätte es mir beinahe verraten, als ich ganz unauffällig fragte, ob ich ihr beim Putzen der Beletage helfen könnte. Sie sagte Nein, da fände die Hochzeit doch gar nicht statt, sondern in ... Dann brach sie ab, grinste frech und meinte ich würde es dann schon sehen. Ist das nicht gemein?“
„Du weißt selbst, dass es das nicht ist. Eine Überraschung ist nur eine solche, wenn man zuvor nichts davon weiß“, nahm ich Kim in Schutz.