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Kapitel 17
Magische Küsse
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Da das Treffen mit Killians Freunden doch etwas anstrengender war, als ich vermutet hätte, liege ich schon am frühen Abend auf der Couch, um mich auszuruhen. Ich lege meinen Arm über meine geschlossenen Augen, um das Licht des Fernsehers zu dämpfen. Wenn es dunkel ist, kann ich mich besser entspannen und neue Energie tanken.
„Ist alles in Ordnung, Ilaria?“, fragt Killian mich. Als ich meinen Arm wieder von meinen Augen nehme und sie öffne, blicke ich in ein besorgtes Gesicht. „War doch anstrengend, hm?“
Ich seufze. „Ja, das war es, aber es hat auch Spaß gemacht.“
Killian lächelt mich an. „Du hast das auch sehr gut gemacht. Ich hoffe, dass du mir das jetzt nicht übel nimmst, aber ich habe damit gerechnet, dass du ein wenig mehr aus der Rolle fallen würdest. Das war einer der Gründe, wieso ich so angespannt war. Sorry deswegen.“ Er reibt sich den Nacken. „Du hast mich positiv überrascht.“
„Du hast mir nicht zugetraut, dass ich mich ‚benehmen‘ kann? Ich bin kein Kind mehr, Killian. Ich konnte mich bis jetzt an jedes Volk anpassen, dass ich durch die Expeditionen besucht habe. Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass du dir keine Sorgen machen musst. Du hättest mir ruhig Glauben schenken können.“
Killian zieht die Mundwinkel hinunter. „So war das nicht gemeint. Ich wollte dich nicht beleidigen. Das sollte kein Angriff, sondern ein Kompliment sein.“ Er presst die Lippen zusammen. Resignierend richtet Killian sich auf. Er dreht mir den Rücken zu und geht in Richtung des unordentlichen Tisches. Um den Menschen ansehen zu können, setze ich mich auf.
„Läufst du jetzt vor mir weg?“
„Nein, ich wollte nachsehen, ob es vielleicht Neuigkeiten über die grünen Blitze gibt.“ Er setzt sich und widmet sich seinem Bildschirm.
Für einen Moment beobachte ich, wie er auf seiner Tastatur tippt, ehe ich wieder spreche: „Ich verstehe, was du mir sagen wolltest. Es wäre aber trotzdem schön, wenn du mich nicht wie ein kleines, hilfloses Kind behandelst. Ich bin bereits erwachsen und ich bin auch nicht dumm. Nur weil deine Welt, die Menschen und eure Kultur etwas Neues für mich sind, heißt das nicht, dass ich mich nicht angemessen verhalten kann. Ich kann mich dir gegenüber öffnen und ich vertraue dir, deswegen stelle ich dir so viele Fragen.“
Mit überraschtem Gesicht sieht Killian von dem rollenden Stuhl zu mir. Er öffnet die Lippen, schließt sie dann aber wieder und steht auf. Schwerfällig bewegt er sich durch den Raum, dabei reibt er sich wieder den Nacken. Ich beobachte jede seiner Bewegungen sehr aufmerksam. Mit einem Brummen lässt er sich wieder neben meinen Füßen sinken. Ich ziehe meine Beine an meinen Körper, um ihm Platz zu machen.
Ich fahre fort: „Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, dass ich mich deinen Freunden gegenüber genauso verhalte, oder? Es wäre schon sehr seltsam gewesen, ihnen all meine Fragen zu stellen. Sie hätten sofort geahnt, dass mit mir etwas nicht stimmt.“
Killian lässt einen tiefen Seufzer los. „Es tut mir leid. Vielleicht habe ich mich von deiner kindlichen Freude über alles in meiner Welt irgendwie beeinflussen und verunsichern lassen. Ich wollte dir damit nichts unterstellen.“
Als er das sagt, sieht er mich nicht an. Seine Körperhaltung wirkt verunsichert. Ich zögere einen Moment, doch ich kann mich nicht davon abhalten, Killian zu trösten. Besorgt klettere ich zu ihm hinüber und drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Vorsichtig lege ich meine Hand an sein Kinn und drehe Killians Kopf zu mir, um ihm in die Augen sehen zu können. Wenn sein gesamter Körper mir nicht schon gesagt hätte, dass er sich unwohl fühlt, würden seine Augen mir das nun mehr als deutlich vermitteln. Es tut ihm wirklich leid, das kann ich ganz genau erkennen.
„Es ist lieb, dass du das sagst“, spreche ich leise, ehe ich ihm einen Kuss auf die Lippen gebe. Als ich von seinen leicht rauen Lippen Abstand nehme, zieht Killian mich in seine Arme.
„Vielleicht habe ich dich unterschätzt, aber das wird nicht mehr vorkommen.“
Killian bekommt einen weiteren Kuss von mir, dieses Mal wieder auf die Wange. „Es sei dir verziehen. Ich bin nicht nachtragend. Ich sehe, dass es dir leidtut.“
Der Mensch schnaubt. „Wenn das stimmt, wärst du die erste Frau, die eine Meinungsverschiedenheit nicht nach einem Monat wieder ausgräbt.“
„Menschenfrauen scheinen sehr komplizierte Wesen zu sein.“
„Damit hast du mehr als Recht“, stimmt er mir zu und nimmt wieder etwas Abstand. „Kommst du mit in die Küche? Dann sehen wir uns an, was wir uns heute zu essen machen.“
„Muss ich aufstehen?“
Der Mensch legt seine Stirn in Falten, als er mich mustert. „Du hattest doch noch nie ein Problem damit, mir überall hin zu folgen.“
„Nein, aber meine Füße schmerzen“, gestehe ich kleinlaut, was Killian sofort zum Lachen bringt.
„Ich wusste, dass das früher oder später passiert. Die Schuhe sind sexy, aber unbequem. Das habe ich dir von Anfang an gesagt. Deswegen wollte ich, dass wir sie zurückgeben.“ Killian schüttelt amüsiert den Kopf. „Es war klar, dass das passiert.“
„Sexy? Was bedeutet das?“, frage ich nach, da mir das Wort nichts sagt.
„Reizvoll, schön anzusehen“, klärt Killian mich auf.
„Oh, ich verstehe. Danke. Lauren hat auch gesagt, dass sie ihr gefallen.“
Der Mensch schnaubt. „Frauen und Schuhe. Das ist ein Kapitel für sich.“ Killian legt seine Hand an meinen Oberschenkel. Er streichelt mich, wobei er mich ansieht. „Was habt ihr denn noch besprochen, als ihr alleine wart?“
„Einiges“, antworte ich ihm vage. Ich stehe auf und reiche ihm die Hand. Zu stehen tut immer noch ein wenig weh. In der Küche werde ich mich gleich wieder hinsetzen, so viel ist sicher.
„Wenn du es mir verrätst, dann trage ich dich in die Küche“, bietet Killian mir grinsend an. Ich komme gar nicht dazu, mich zu entscheiden, schon steht Killian auf. Um mich bequem tragen zu können, geht er in die Knie, legt einen Arm in meine Kniekehlen und den zweiten an meinen Rücken. Ich halte mich an seinem Hals fest und verschränke meine Finger ineinander.
„Ich scheine ja keine Wahl zu haben“, antworte ich amüsiert.
„Nein, dieses Mal nicht“, antwortet er mir mit einem frechen Grinsen. An seinen rasierten Wangen zeichnen sich deutlich seine Grübchen ab. Sie lassen ihn noch etwas frecher aussehen.
Zufrieden mit der Situation trägt Killian mich in die Küche. Er setzt mich auf der Theke, direkt gegenüber dem Kühlschrank, ab. Wahrscheinlich, damit ich einen guten Einblick habe.
„Also“, beginnt Killian, ehe er sich räuspert. Er öffnet den Kühlschrank. „Hast du auf irgendetwas Bestimmtes Lust?“
„Eigentlich nicht.“
Killian wirft einen Blick über seine Schulter, unsere Blicke treffen sich. „Wieso habe ich das nur erwartet?“
„Ich weiß es nicht.“
„Das war eigentlich eine rhetorische Frage.“ Ich ziehe eine Braue hoch. Killian dreht sich wieder zum Kühlschrank. Das Geräusch lässt mich vermuten, dass er ein Glas zur Seite schiebt. Nach einigen Sekunden spricht Killian wieder: „Viel ist nicht mehr übrig. Ich könnte uns eine Pizza holen.“
„Du liebst Pizza, nicht wahr?“, frage ich nach. Pizza eine der Speisen, die wir wohl am häufigsten zu uns nehmen. Sandwiches essen wir auch beinahe jeden Tag.
„Wenn du keine Pizza willst, dann essen wir etwas Anderes.“
„Ich habe nicht gesagt, dass ich keine Pizza will“, antworte ich Killian. Ich bewege meine Beine vor und zurück, der sanfte Luftzug, der dadurch entsteht, fühlt sich angenehm auf meinen schmerzenden Füßen an.
„Dann willst du eine?“, fragt er noch einmal und schließt dann die Tür des Kühlschranks, jedoch nicht, ohne eine Flasche Eistee herauszunehmen. „Ich könnte noch Pancakes machen, aber dazu bin ich eigentlich zu müde.“
„Dann essen wir Pizza“, antworte ich ihm, worauf er nickt.
Killian stellt die Flasche neben mir ab. Er legt eine Hand an meine Taille und küsst meine Stirn. Mit seiner freien Hand öffnet er den Schrank neben meinem Kopf. „Vorsichtig.“ Ich lehne mich Killian entgegen. Die Hand, die eben noch an meiner Taille lag, ruht nun an meinem Hinterkopf, um mich vor der Tür des Schrankes zu schützen. Diese kleine, unscheinbare, aber unglaublich fürsorgliche Geste bringt mich dazu, zu lächeln. Nachdem Killian zwei Gläser herausgenommen hat und der Schrank wieder verschlossen ist, richte ich mich wieder auf.
Killian öffnet die Flasche und wendet sich mit einer weiteren Frage an mich: „Du willst doch auch etwas, oder?“
„Ja“, antworte ich ihm. „Aber kein ganzes Glas.“
„Wenn dir der Eistee nicht schmeckt, musst du ihn nicht trinken. Du tust mir damit keinen Gefallen. Du kannst mir immer sagen, wenn dir etwas nicht schmeckt. Ich habe genug andere Getränke da.“
„Das ist es nicht. Er schmeckt mir sogar sehr gut, allerdings habe ich das Gefühl, dass ich mit den süßen Getränken meinen Durst nicht besonders gut stille.“
„Mhm.“ Killian nickt. „Das liegt an dem Zucker.“
„Wieso habt ihr Menschen Getränke, die euren Durst nicht stillen?“
Meine Frage scheint Killian etwas zu überrumpeln. Er schnaubt amüsiert. „Mit deinen Fragen stellst du mein ganzes Weltbild auf den Kopf, ist dir das eigentlich klar?“ Er sieht mich mit hochgezogenem Mundwinkel an und widmet sich dann den Gläsern. Eines füllt er zur Hälfte, das andere füllt er voll. Kaum hat er das getan, öffnet er den Kühlschrank und verstaut die Plastikflasche wieder in dem Fach in der Tür. „Ich würde sagen, dass der Grund dafür ist, dass es gut schmeckt. Außerdem kaufen Menschen mehr Getränke, wenn der Durst nicht richtig gestillt wird. Wir leben eben in einer Konsumgesellschaft.“ Er zuckt mit den Schultern. „Ist aber auch nicht so wichtig. Wichtiger wäre es, dass du mir erzählst, was du mit Lauren besprochen hast. Was hat sie dir erzählt?“
„Du bist ganz schön neugierig“, ziehe ich Killian auf, dabei schlage ich ein Bein über das andere. „Warum ist das wichtig?“
„Ich dachte, dass du vielleicht Fragen hast, die du ihr nicht stellen konntest.“ Er grinst leicht. „Und ich bin neugierig.“
„Es war nichts Besonderes. Sie hat mich gefragt, was ich an dir mag und was mir an Männern generell gefällt. Wir haben auch kurz über Sex gesprochen.“ Ich überlege einen Moment. Killian sieht mich interessiert an.
„Und worüber noch?“
Nachdenklich ziehe ich die Brauen zusammen. „Sie hat irgendetwas davon erwähnt, dass auch nette Kerle blaue Eier bekommen?“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich ver-“
Killians Gesichtsausdruck ändert sich schlagartig. Er lacht laut los. „Sie nimmt echt kein Blatt vor den Mund.“ Amüsiert schüttelt er den Kopf. „Typisch Lauren.“
„Was bedeutet das? Blaue Eier? Woher bekommt ihr die? Sind blaue Eier ein schlechtes Omen?“
Killian grinst breit, er kämpft damit, nicht wieder zu lachen, doch es gelingt ihm nicht. Meine Fragen erheitern ihn wohl sehr. Um mich zu beschäftigen, greife ich nach dem halbvollen Glas und trinke davon.
„Ach, Ilaria.“ Der Mensch reibt sich das Gesicht. Vom Lachen sind seine Wangen etwas gerötet. Er grinst breit, als er sein Glas an sich nimmt. „Ich bringe eben die Gläser ins Wohnzimmer und dann unterhalten wir uns darüber, okay?“
Ich nicke. „In Ordnung. Danke, Killian.“
Ich reiche Killian mein Glas und er tut, was er eben angekündigt hat. Noch im Wohnzimmer amüsiert er sich köstlich über meine Worte. „Sind blaue Eier ein schlechtes Omen.“ Aus dem Wohnzimmer erklingt Killians Lachen ein weiteres Mal. „Oh, Mann.“
Ein wenig dumm komme ich mir bei seiner Reaktion schon vor, jedoch bin ich mir sicher, dass er sich gleich die nötige Zeit nehmen wird, um mich aufzuklären. Gerade, als ich von der Theke klettern will, kommt Killian zurück, um mich wieder mitzunehmen. Er setzt mich im Wohnzimmer auf der Couch ab und setzt sich ebenfalls hin.
„Okay, ähm… Wo fange ich am besten an?“
„Du könntest mir die blauen Eier erklären.“ Die blauen Eier sind wohl sehr witzig, denn er lacht schon wieder. Ich rolle mit den Augen. Langsam finde ich das nicht mehr lustig.
Killian räuspert sich. Als er meinen Blick bemerkt, legt er eine Hand an meinen Rücken und streichelt mich. „Entschuldige. Es ist nur sehr süß, wie naiv du bist.“ Er reibt sich mit der freien Hand über das Gesicht. „Bei den blauen Eiern handelt es sich nicht um blaue Eier, die man überreicht bekommt. Damit sind die Hoden eines Mannes gemeint. Wenn ein Mann keinen Sex hat, bekommt er sprichwörtlich blaue Eier.“
„Dann möchtest du Sex haben?“
Meine Frage überrumpelt Killian deutlich. Er reibt sich verlegen den Nacken. „Nun, ja? Wir haben uns doch kurz darüber unterhalten, erinnerst du dich?“
Ich nicke. „Das war in den ersten Tagen.“
„Genau“, stimmt Killian mir zu. „Ich knüpfe mal da an, woran ich mich noch erinnere.“ Killian räuspert sich ein weiteres Mal. „Für uns Menschen dient Sex nicht nur der Fortpflanzung. Eigentlich haben sehr viele Menschen Sex, ganz ohne dem Gedanken ein Kind zeugen zu wollen. Wir machen es, um uns näher zu sein. Es macht Spaß und man entspannt sich. Es ist die schönste Nebensache der Welt, auf die so gut wie niemand verzichten möchte. Wir sind bei dieser Sache sehr kreativ. Egal ob Mann und Frau, Frau und Frau oder Mann und Mann.“ Ich höre Killian aufmerksam zu und nicke. „Es würde ewig dauern, dir das alles ganz genau zu erklären, weil es so viele Facetten gibt. Aber das wichtigste ist, dass wir Menschen Sex haben, weil es uns viel Spaß macht. Genau genommen sorgen Menschen auch aktiv dafür, dass eben kein Nachwuchs dabei entsteht.“
Interessiert sehe ich Killian an. „Und wie macht man das?“
„Da gibt es verschiedene Methoden. Medizin, die Frauen einnehmen können oder auch einen Schutz, den der Mann sich über den Penis zieht, damit die Befruchtung verhindert wird.“
Nachdenklich streiche ich durch meine Haare. Ich spiele mit einem meiner geflochtenen Zöpfe. „Dann macht dir Sex auch großen Spaß, ja?“
Killian nickt. „Ja, auf jeden Fall.“
„Lauren hat in dem Zusammenhang auch gesagt, dass du sehr viele Frauen hattest. Dann hattest du oft Sex mit Frauen?“
Killian zögert mit seiner Antwort eine Sekunde. „Wie gesagt, es ist eine schöne Sache.“ In seinem Blick erkenne ich etwas. Aus einem mir unerfindlichen Grund scheint er sich dafür zu schämen.
„Falls ich dir zu nahe trete, tut es mir leid.“ Killian winkt ab. „Ich stelle nur Fragen, damit ich es verstehen kann. Du weißt, dass das alles sehr neu für mich ist. Es ist für mich aber wichtig, dass ich verstehe, wie wichtig euch Menschen und vor allem dir diese Sache ist.“
„Ilaria, in einer Beziehung geht es nicht nur um Sex. Es ist ein Bestandteil, aber es ist nicht das Wichtigste. Ich möchte, dass es auf persönlicher Ebene funktioniert.“ Killian macht es sich etwas bequemer, indem er sich anlehnt. „Ich will das Gefühl haben, dass ich der Frau an meiner Seite vertrauen kann, dass wir uns gegenseitig vertrauen. Ich möchte, dass wir Spaß zusammen haben und dass es uns beiden in der Beziehung gut geht. Kein Stress, kein Druck, keine Erwartungen.“
Ich nicke leicht. „Ich verstehe. Und was ist mit Sex? Du sagtest, dass es dazu gehört.“
„Früher hatte ich viel mehr Sex als heute, das stimmt. Das war eine andere Lebensphase.“ Killian legt seine Stirn in Falten und meidet meinen Blick für einen Moment. „Ich habe mich geändert.“ Er greift nach meiner Hand und sieht mich wieder an. „Hör zu, Ilaria. Ich werde nichts von dir verlangen, dass du nicht auch willst. Für dich ist Sex unnatürlich und wenn es dir Angst macht, dann machen wir beide gar nichts.“
Ich nicke. „Das ist sehr rücksichtsvoll von dir.“ Mit einem Lächeln lehne ich mich Killian entgegen. Er zieht mich gleich zu sich und drückt mich.
„Hast du noch irgendwelche Fragen zu dem Thema?“
„Im Moment nicht. Ich werde über all das noch etwas nachdenken.“
„Sag einfach Bescheid, wenn du etwas wissen willst.“ Killian küsst meine Stirn. „Ich hole uns dann mal eine Pizza, hm?“
„Das klingt gut.“
༄ ♫ ༄
Nach dem Essen liege ich auf der Couch. Mein Arm dämpft erneut das Licht des Fernsehers. Dieser Tag hat mir einiges zum Nachdenken geliefert. Killians Freunde sind sehr nett. Niemand von ihnen scheint bemerkt zu haben, dass ich nicht in die Welt der Menschen gehöre. Sie haben mich sofort aufgenommen, als wäre ich eine von ihnen. Dass ich die Menschen um mich herum und auch die Menschen im Fernsehen so genau beobachtet habe, hat sich bezahlt gemacht. Ich bin zufrieden mit mir.
Dann ist da noch der Sex. Die Idee, seinem Seelenverwandten körperlich so nah zu sein und Sex aus Spaß zu haben, ist reizvoll. Wenn man sich dabei tatsächlich gut fühlt und sich entspannen kann, wäre ich nicht abgeneigt, es auszuprobieren. Schon die Küsse an meiner Haut waren neu und aufregend. Das Gefühl, dass Killian in mir erweckt, ist fast schon unbeschreiblich. Aber alles zu seiner Zeit.
Ich nehme Killians Schritte wahr. Er steuert auf die Couch zu und setzt sich zu meinen Füßen. Eigentlich möchte ich sie wegziehen, doch er macht es sich bequem, hebt meine Beine an und lässt meine Füße auf seinen Oberschenkeln ruhen. Ich spüre, wie er mit seiner großen, kräftigen Hand über meinen Schenkel streichelt.
„Geht es dir gut? Du verdeckst schon wieder deine Augen. Das ist ungewöhnlich.“
„Ich bin nur müde, das ist alles.“
„Okay.“ Killian streicht mit seinem Daumen über die Schuppen an meinem Unterschenkel. Als nächstes spüre ich, dass er nach meinem Fuß greift. Er drückt gegen meine Fußsohle. Da sein Griff überraschend fest ist, nehme ich meinen Arm von meinem Gesicht, um sehen zu können, was Killian vorhat.
„Was machst du da?“, frage ich nach.
Killian richtet seinen Blick vom Fernseher zu mir und hebt seine Hände, dabei antwortet er mir: „Entschuldige. Habe ich dir wehgetan?“
„Nein, ganz und gar nicht.“
„Ich wollte nur…“ Killian lacht verlegen. „Ich dachte, dass es nett wäre, dir die Füße zu massieren. Du weißt schon, wegen den Schuhen.“ Er räuspert sich und reibt sich den Nacken. Das tut er immer, wenn er verlegen ist. „Du hast gesagt, dass sie wehtun… Nevermind. Ich lasse es.“
Nun bin ich diejenige, die lacht. Ich wackle mit meinen Füßen. „Nein, nicht aufhören. Das war überraschend, aber angenehm.“
Killian grinst. „Da stehen alle Frauen drauf.“ Er greift nach meinem Fuß und beginnt damit meine Fußsohle zu massieren.
„Ach, ist das so?“
„Bis jetzt wäre mir noch keine Frau untergekommen, die sich nicht nach einem Tag in hohen Schuhen nach einer Fußmassage sehnt.“
Ich atme entspannt durch und schließe meine Augen. „Menschenfrauen wissen, was gut ist. Das ist sehr angenehm. Vielen Dank, Killian.“
„Nicht dafür.“ Seine wohltuenden Berührungen bringen mich dazu, mich zu entspannen. „Massagen sind in der Menschenwelt generell sehr beliebt. Im Nacken und an den Schultern ist das beispielsweise immer sehr angenehm. Macht ihr das auch?“
„Eigentlich nicht. Wir berühren uns allerdings oft.“
„Ja, daran kann ich mich gut erinnern. Das war anfangs wirklich sehr befremdlich“, antwortet Killian mir. „Bei uns ist Körperkontakt eher zwischen Freunden, aber eigentlich mehr in einer intimen Beziehung. Interessant, dass wir uns einerseits so ähnlich sind, aber anderseits die Kulturen dann doch anders sind.“ Er zieht einen Mundwinkel hoch. „Gibt es bei euch eigentlich einen Unterschied, was Intimität angeht? So ganz habe ich das noch nicht begriffen.“
„Wenn man einander mag, berührt man sich mit der Flosse. Das ist eine sehr freundliche Geste. Das könnte ich dir zeigen, wenn dir der Pazifische Ozean nicht zu kalt wäre.“
„Das Angebot würde ich wirklich gerne annehmen, aber das kalte Wasser ist nichts für mich.“
„Schade.“
„Ist dieses Berühren der Flossen etwas für Freunde oder für eure Seelenverwandten?“, hakt Killian weiter nach.
„Für alle, die man gern hat. Unseren Seelenverwandten kommen wir noch anders näher. Es gibt Küsse, Streicheleinheiten. Wir sind uns ständig nahe, wir berühren uns, wir sehen uns an. Wir verbringen sehr viel Zeit miteinander. Wenn man seinen Seelenverwandten gefunden hat, dann fühlt man sich in seiner Nähe am wohlsten. Wenn man über einen längeren Zeitraum voneinander getrennt ist, dann sehnt sich das Herz danach, wieder zueinander zu finden.“
„Hm“, gibt Killian überlegend von sich. Er nickt verstehend. „Eure Intimität ist um einiges unschuldiger als die der Menschen.“
„Das kann schon sein“, antworte ich und atme tief durch. „Du könntest mir übrigens öfter die Füße massieren. Das ist sehr angenehm.“
Killian lacht auf. „Ich will aber keinen Fußfetisch entwickeln.“
„Was soll denn das sein?“, frage ich nach, dabei öffne ich die Augen, um Killian ansehen zu können.
„Nichts, nichts“, antwortet Killian amüsiert. Er winkt ab und nimmt dann meinen anderen Fuß zur Hand, um auch den zu massieren. „Fühlen sich deine Füße schon besser?“
„Mhm, sehr sogar. Vielen Dank.“ Ich bewege meine Zehen. Daran könnte ich mich tatsächlich gewöhnen. „Es kommt also öfter vor, dass Menschen sich gegenseitig massieren?“
„Ja, in einer Beziehung macht man das manchmal als Vorspiel zum Sex. Massagen werden aber nicht immer in den sexuellen Kontext gesetzt.“ Killian erhöht den Druck ein wenig, während er erzählt. „Es gibt sogar Menschen, die das beruflich machen. Dahinter steckt eine ganze Industrie. Ausbildungen, verschiedene Massagetechniken, Liegen, auf denen man es sich bequem macht, während man massiert wird, dann gibt es noch Öle, die bei der Massage eingesetzt werden…“ Killian lächelt mich an. „Ich müsste noch irgendwo Massageöl haben. Ich kann dir bei Gelegenheit den Rücken massieren, wenn du das möchtest.“
„Wenn es nur halb so entspannend ist wie die Fußmassage, werde ich mich bestimmt nicht beschweren.“
„Du wirst es lieben, da bin ich mir sicher.“
Da Killian so nett zu mir ist, möchte ich ihm ebenfalls Zuneigung schenken. Ich ziehe meinen Fuß aus seinen Händen. Killian wirkt etwas überrascht, doch die Verwunderung in seinem Gesicht legt sich schnell wieder, als er zu mir sieht. Ich hebe meine Hand und strecke meinen Zeigefinger aus, mit dem ich Killian zu mir locken möchte. Glücklicherweise versteht er sofort, worauf ich hinaus möchte und klettert über die Couch zu mir. Wir sehen uns einen Moment in die Augen, dann beugt er sich zu mir hinunter, um mich zu küssen. Mit geschlossenen Augen erwidere ich den erst sanften, aber dann immer inniger werdenden Kuss. Killian lässt sich auf mich sinken, sein Gewicht verlagert er jedoch so, dass ich mich nicht eingeengt fühle.
Es dauert nur einen Moment, dann löst Killian sich von meinen Lippen. Unsere Blicke treffen sich ein weiteres Mal. Mit einem Lächeln fasse ich nach seiner Wange und streichle ihn. Er dreht seinen Kopf ein wenig und küsst mein Handgelenk. Sein Bart kitzelt auf meiner Haut, sodass ich meine Hand wegziehe.
„Dein Bart kitzelt mich.“
„Ist es schlimm?“
„Nein“, antworte ich ihm lächelnd. „Du darfst mich gerne wieder küssen.“
Killian schnaubt amüsiert. „Keine Sorge. Das lasse ich mir nicht mehr nehmen.“
Anstatt sich zu meinen Lippen zu beugen, stützt er sich auf einem Arm ab. Er streicht mit seiner freien Hand meine Haare von meinem Brustkorb und meiner Schulter. Killian leckt sich über die Lippen, bevor er sich zu meinem Hals beugt und meine Haut mit sanften Küssen liebkost. Meine Augen schließen sich wie von selbst. Ich genieße diese Berührungen in vollen Zügen. Seine Küsse stoppen leider wieder viel zu schnell und Killian nimmt wieder etwas Abstand von mir.
„Könntest du mir einen Gefallen tun, Ilaria?“
„Welchen denn?“
„Ich hätte es etwas bequemer, wenn du deine Beine etwas spreizen würdest.“
„Oh, in Ordnung.“
Killian nimmt etwas Abstand. Ich tue das, worum er mich gebeten hat und spreize meine Beine. Mit einem frechen Grinsen fasst er an meine Schenkel und zieht mich näher an sich heran. Obwohl ich mich für eine Sekunde erschrecke, stelle ich schnell fest, dass die Position auch für mich bequemer ist. Nun liegt mein Hintern an seinen Oberschenkeln auf und Killian befindet sich zwischen meinen Beinen. Unsere Hüften berühren sich, als er sich wieder vorbeugt, um mich zu küssen. Genießen kann ich auch diesen Moment nur sehr kurz, denn ich spüre etwas in meinem Rücken, dass die bequeme Position wieder zunichtemacht.
„Ist das auch okay für dich?“, fragt er, als sich unsere Lippen lösen. Zeit für eine Antwort bleibt mir kaum, denn er küsst erneut meinen Hals. Um Killian nicht zu unterbrechen, hebe ich meine Schulter an und krümme meinen Rücken ein wenig. Dass ich mich so nicht entspannen kann, entgeht dem Menschen natürlich nicht. Mit einem fragenden Gesichtsausdruck richtet er sich wieder auf. „Entschuldige, habe ich etwas falsch gemacht? Tue ich dir weh?“
Ich richte mich ein wenig auf und ziehe meine Haare zur Seite. Dabei schlinge ich sie um meine Hand, damit sie mich nicht mehr stören können. Ich hatte wohl eine meiner Perlen im Rücken. „Nein, es ist alles in Ordnung. Meine Haare waren im Weg. Deine Berührungen sind sehr angenehm. Ich wollte dich nicht unterbrechen.“
„Willst du sie zubinden?“ Er nickt zu meiner nun eingedrehten Haarpracht.
„Nein, schon gut.“ Ich lege mich wieder zurück auf die Couch, außerdem ziehe ich an dem Kissen und bette meinen Kopf darauf. Meine Haare schiebe ich zur Seite. Nun habe ich es wirklich bequem und nichts kann uns mehr stören. „Komm lieber wieder zu mir.“
Killian schnaubt, er wirkt amüsiert. Mit einem schmalen Grinsen beugt er sich wieder nach vorne und macht da weiter, wo er stehen geblieben ist. Mit einem Arm stützt er sich neben mir ab, die andere streicht über meinen Oberschenkel bis zu meinem Hintern. Er hält mich an der Hüfte fest. Wohlig seufzend genieße ich die Küsse an meiner Haut. Killian brummt. Er fährt mit seiner Nasenspitze über meinen Hals. Ein angenehmes, warmes Gefühl breitet sich in mir aus.
Ehe ich mich versehe, liegen Killians Lippen wieder auf meinen. Immer wieder berühren wir uns. Ich versenke eine Hand in seinen Haaren, was Killian dazu bringt, wohlig zu brummen. Die andere Hand ruht an seiner Schulter. Der Druck gegen meine Hüfte wird etwas stärker. Das ist jedoch nicht das einzige, das ich fühlen kann. Ich spüre Killians Zunge an meinen Lippen. Für einen kurzen Moment weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll, doch dann erinnere ich mich an seine Worte. Menschen sind beim Küssen kreativ. Zaghaft versuche ich, Killians Bewegungen zu imitieren. Von Berührung zu Berührung verliere ich meine Hemmungen immer mehr. Ich finde Gefallen daran, meine Zunge beim Küssen einzusetzen. Der Druck gegen meine Hüfte wird noch einmal etwas stärker. Killian reibt sich ein wenig an mir. Auch wenn es ungewohnt ist, ist das Gefühl alles andere als unangenehm. Wir lösen den Kuss für weniger als eine Sekunde. Ich will mehr, also drücke ich Killians Kopf sofort wieder zu mir. Killian kommt meinem unausgesprochenen Wunsch sofort wieder entgegen, außerdem drückt er mich kräftiger gegen seine Hüfte. Es fühlt sich anders an, als vor einigen Minuten. Killians Körper scheint härter geworden zu sein.
„Fuck“, erklingt Killian fast schon atemlos, als er sich dann doch von mir löst.
Die Hand, die eben noch meine Hüfte fest gehalten hat, gräbt sich nun unter meinen Hintern. Die andere spüre ich an meinem Rücken. Mein Griff in Killians Haaren wird lockerer und meine Hand gleitet in seinen Nacken, wo sich meine Finger ineinander verhaken. Als Killian sich aufsetzt, zieht er mich hoch, sodass ich auf seinen Oberschenkeln sitze. Da ich befürchte, bei dieser Bewegung aus seinen Armen zu rutschen, schlinge ich meine Beine um ihn.
Wir beide atmen etwas schwerer, also nehmen wir Abstand voneinander. Nur so viel, um wieder richtig Luft zu bekommen. Ich denke nicht daran, Killian ganz loszulassen. Er hält mich fest im Griff, sodass ich nicht von seinen Schenkeln rutsche. Als wir uns in die Augen sehen zieht er einen Mundwinkel hoch. Liebevoll kraule ich seinen Nacken. Seine blauen Augen strahlen so viele Gefühle aus. Es ist mir nicht möglich, alle genau zuzuordnen, doch es sind sehr positive Gefühle. Er genießt die Nähe zu mir mindestens so sehr, wie ich es tue.
„Jetzt ist mir ganz schön warm geworden“, sage ich ruhig, um die Stille zwischen uns zu unterbrechen. Nun grinst er breit, doch dann presst er die Lippen zusammen.
„Mhm“, drückt er hervor, ohne seine Lippen wieder zu öffnen. Er räuspert sich. Es dauert einen Moment, doch dann spricht er: „Vielleicht sollten wir eine Pause einlegen. Ich bin ziemlich durstig.“ Er sieht kurz zur Seite. Auf dem Couchtisch stehen noch unsere Getränke.
„In Ordnung.“ Ich stehle mir noch einen letzten Kuss, doch als ich mich zurücksinken lassen möchte, wird aus dem letzten Kuss ein weiterer, sehr inniger Kuss. Mit einer Hand greift Killian beherzt an meinen Hintern. Ich schmiege mich gegen Killians Oberköper, da löst er seine Lippen von meinen, um sich wieder meinem Hals zu widmen. Dieses Mal ist jedoch die andere Seite dran. Da sein Bart mich erneut kitzelt, zucke ich ein Stück von ihm weg. Kichernd drücke ich gegen Killians Schulter, um noch etwas mehr Platz zwischen uns zu schaffen.
„Es wird langsam wirklich sehr heiß, Killian.“
„Wem sagst du das…“
Er atmet tief durch. Killians Griff wird lockerer und ich lasse mich dann nach hinten, zurück auf die Couch, sinken. Killian beugt sich zu mir. Er streicht über meinen Oberschenkel, zwinkert mir zu und drückt mir noch einen Kuss auf die Stirn, bevor er Abstand nimmt. Eigentlich nehme ich an, dass er etwas trinken möchte, doch er steht auf und verlässt das Wohnzimmer mit seinem Smartphone. Ich werde alleine im Wohnzimmer zurückgelassen. Killian verschwindet wohl im Badezimmer, ich kann hören, dass er die Tür abschließt.
Ich zucke mit den Schultern, setze mich auf und greife nach meinem Glas Wasser. Nach einem großen Schluck stelle ich es zurück auf den Untersetzer. Ich lege mich wieder hin, mache es mir bequem und atme tief durch. Mit meiner Hand fächere ich mir Luft zu. Von den innigen Küssen und dem intensiven Körperkontakt ist mir tatsächlich richtig heiß geworden.
Obwohl mir nun sehr warm ist, bedauere ich es schon ein wenig, dass wir aufhören mussten…
༄ ♫ ༄
Es wird fast schon zum Ritual, draußen auf der Feuertreppe zu sitzen und ein wenig frische Luft zu schnappen. Heute bin ich jedoch nicht alleine. Killian leistet mir zur Abwechslung Gesellschaft.
„Wäre eigentlich ganz nett, einen Garten zu haben.“
Ich sehe ihn an. „Meinst du?“
„Ja, dann könntest du dich ab und zu nach draußen zurückziehen und ich könnte ein paar Steaks und Rippchen auf den Grill werfen. So ein Barbecue ist schon etwas Feines.“ Ich sehe Killian fragend an, er grinst. „Für dich würde ich ein paar Fische oder Garnelen grillen.“
„Dann kocht ihr Menschen nicht immer in eurer Küche?“, erkundige ich mich interessiert. Lächelnd lege ich eine Hand in seinen Nacken und kraule ihn ein wenig. Killian schließt die Augen, er brummt wohlig.
„Nein. Wir Amerikaner sind sogar ziemlich bekannt dafür, dass wir gerne grillen. Fleisch steht bei uns besonders hoch im Kurs. Hat sich finanziell nur nicht wirklich ergeben in den letzten Wochen.“
„Mir macht das nichts aus. Ich mag Fleisch nicht.“
Überrascht zieht Killian seine Brauen hoch, doch seine Miene wird schnell wieder weicher. „Eigentlich hätte ich mir das denken können. Das passt ja nicht unbedingt in deinen natürlichen Lebensraum.“
„Kann man so sagen. Aber sieh es positiv: Wenn ich es nicht esse, dann bleibt mehr für dich“, antworte ich schmunzelnd.
„Stimmt eigentlich.“ Er grinst breit. „Ein gutes Steak teile ich ohnehin nicht gerne.“
„Ich nehme es dir nicht weg, versprochen.“
Ich beuge mich zu dem Menschen und gebe ihm einen flüchtigen Kuss. Killian zieht einen Mundwinkel hoch, als ich mich wieder von ihm löse. Er klopft auf seinen Oberschenkel. Ich komme der wortlosen Einladung nach und setze mich auf ihn. Lächelnd streiche ich durch sein Haar.
„Sitzt du bequem?“, fragt er mich.
„Sehr sogar.“ Killian streicht mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr. „Darf ich dir eine Frage stellen, Killian?“
„Habe ich dazu jemals nein gesagt?“, antwortet er verwundert. „Sag mir einfach, was in dir vorgeht.“
„Marc hat mich doch zu einer Bandprobe eingeladen. Wann wäre das denn?“
Killian verengt seine Brauen. „Ich möchte nicht, dass du mitkommst.“
„Warum denn nicht? Ich habe mich angestrengt, um mich anzupassen und ich habe die Geschichte erzählt, die du dir ausgedacht hast. Deine Freunde mögen mich.“
Er seufzt. „Das hat damit nichts zu tun. Ich möchte nicht, dass du mitkommst. Im Proberaum ist es laut. Schon das Schlagzeug alleine wird dich unter Stress setzen.“
„Aber du hast mir doch diese kleinen Dinge gezeigt. Die, die man sich in die Ohren steckt, damit es nicht so laut ist“, erinnere ich ihn. „Die könnte ich doch auch nutzen.“
Mit einer Hand reibt er sich über das Gesicht. „Hör zu. Ich will dich wirklich nicht dabei haben. Das ist meine Arbeit und es ist anstrengend, dich immer auf alles vorzubereiten. Ich muss mich konzentrieren können und das geht nicht, wenn du anwesend bist. Ich brauche meine Ruhe. Versteh mich bitte nicht falsch, ich helfe dir immer gerne, aber die Zeit mit meiner Band ist mir wichtig. Das ist etwas, das ich nur für mich haben möchte.“
„Dann nimmst du deine Freundinnen nie mit?“
Killian atmet durch, ehe er sich gegen die Wand hinter sich lehnt. Er legt seine Hand an meinen Oberschenkel. In seinem Blick ist deutlich zu erkennen, dass ihm das Thema ein wenig unangenehm ist. Meine Neugierde ist jedoch stärker als das Verständnis, das ich im Moment für ihn habe. So schlimm kann meine Frage doch nicht gewesen sein, oder?
Als er nach einigen Sekunden immer noch nicht antwortet, spreche ich weiter: „Wieso beantwortest du meine Frage nicht?“
„Ich habe schon Mädchen mit in den Proberaum genommen, aber nicht, damit sie uns zuhören. Und meine Freundinnen waren das auch nicht.“
„Entschuldige, ich verstehe nicht ganz, was du meinst.“
Killian presst die Lippen zusammen. „Manchmal ist es wirklich sehr schwer, dir alles zu erklären.“ Er räuspert sich. „Ich habe die Mädchen mitgenommen, um sie zu beeindrucken und mit ihnen Sex zu haben. Marc hat das mit den hübschen Mädchen erwähnt, weil er mich einmal überrascht hat, als ich mit einem Mädchen im Proberaum Sex hatte. Er wollte mich daran erinnern und mich damit ärgern.“
„Oh.“
Er zuckt mit den Schultern. „Fühlst du dich jetzt besser, jetzt da du das aus mir herausgekitzelt hast?“
„Nein, im Gegenteil. Ich verstehe es nicht ganz.“
„Ja, das habe ich befürchtet.“ Er winkt ab. „Vergiss es einfach, okay? Das alles hat auch gar nichts damit zu tun, dass ich will, dass du hier bleibst. Ich will dich nicht dabei haben, weil ich auch ein paar Stunden Pause brauche. Das ist nichts Persönliches, Ilaria, aber Menschen brauchen Zeit für sich alleine. Ich war die letzten Jahre so gut wie jeden Tag alleine. Es ist schön, Gesellschaft zu haben, aber das kann auch zu viel sein. Vor allem, wenn man es nicht gewohnt ist.“
„Und weil du eine Pause brauchst, sperrst du mich wieder ein.“
Killian rollt mit den Augen. „Gott, Ilaria. Hör bitte auf damit, mir ständig ein schlechtes Gewissen zu machen“, bittet er mich etwas strenger. Als ich meinen Blick von ihm wende, legt er seine Hand an mein Kinn und dreht meinen Kopf zu sich. „Du weißt, dass ich dich nicht einsperre. Ich lasse dich an allem in meinem Leben teilhaben, aber ich brauche auch Zeit für mich. Das verstehst du doch, oder?“
„Ja, ich denke schon.“ Ich lege meine Hand an seine, was Killian dazu bringt, von meinem Kinn abzulassen. Stattdessen nimmt er meine Hand in seine und küsst liebevoll meinen Handrücken.
„Wir fahren bei der erstbesten Gelegenheit wieder ans Meer“, verspricht er mir. „Die Zeit, die du im Wasser verbringst, ist auch eine Pause von mir und das tut dir auch gut. Verstehst du, was ich meine?“
Ich nicke. „Du hast Recht, entschuldige. Ich wollte dir auch kein schlechtes Gewissen machen, es ist nur so, dass ich nicht alleine sein möchte. Ich bin gerne bei dir.“
Killian seufzt. „Ich weiß, Ilaria.“ Er nimmt mich in den Arm und drückt mich sanft an sich. „Du kannst den Fernseher laufen lassen, dann ist es nicht so still und du fängst doch gerade an zu lesen. Konzentrier dich darauf. Wenn du dich in den Geschichten verlierst, dann vergisst du, dass ich gar nicht da bin. Du machst gute Fortschritte.“
„Ich habe ja auch viel Zeit zum Üben, während du schläfst.“
Killian lacht leise. „Du wirst dich noch daran gewöhnen.“ Er gibt mir einen Kuss auf die Stirn. „Lass uns reingehen, hm?“
„Ja, das ist eine gute Idee. Mir ist schon ziemlich kalt.“
Killians Griff wird lockerer, doch bevor er mich ganz loslässt, streichelt er noch über meinen Rücken. Ich stehe von seinem Schoß auf und klettere durch das Fenster zurück in das Schlafzimmer. Der Mensch folgt mir nur wenige Sekunden später. Als er an mir vorbeigeht, reibt er mir über den Arm.
„Ich schließe noch alle Fenster. Mach es dir in der Zwischenzeit bequem.“
Ich schlüpfe aus meinem Hoodie und lege ihn auf den Nachttisch. Aus meiner Schublade nehme ich ein paar Socken, damit ich meine Füße aufwärmen kann. Killian klettert ins Bett. Während ich in die Socken schlüpfe, ruht mein Blick auf dem Menschen. Er liegt noch nicht einmal richtig im Bett, schon schaltet er den Fernseher an und das Licht an seinem Nachttisch aus.
Menschen und ihre Bildschirme. Ich werde es nie verstehen.