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Kapitel 22
Lands End Teil II
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Das Geständnis meiner Herkunft liegt wie ein Schleier über unserer kleinen Gruppe. Marc wirkt sprachlos und irritiert. Ian nimmt langsam seinen Arm von meiner Schulter. Killian steht auf und setzt sich neben mich. Er hebt mich auf seinen Schoß und legt seine Arme um mich.
„Das ist doch 'n schlechter Scherz, oder?“, unterbricht Ian die Stille. „Ihr wollt uns doch verarschen. Sie ist doch keine Meerjungfrau. Sie hat Beine und sieht doch eigentlich recht normal aus. Ihr seid doch beide drauf.“
„Sie ist eine Meerjungfrau“, antwortet Killian bestimmt. „Ich habe sie vor einigen Wochen in der Stadt gefunden. Sie war nass und hatte keine Klamotten an. Ich habe ihr meine Jacke gegeben und sie mit nach Hause genommen, damit sie sich aufwärmen kann.“ Killians Freunde schweigen. Sie brauchen wohl noch einen Moment, um das alles zu verstehen. „Erst dachte ich auch, dass sie mich verarscht. Eigentlich dachte ich eher, dass sie eine Method Actress ist und sich gerade auf ihre nächste Rolle vorbereitet. Ich war aber dann überzeugt, als plötzlich eine Meerjungfrau mit Flosse in meiner Badewanne war.“
„No fucking way“, meint Marc amüsiert. „Komm schon. Das sollen wir dir abkaufen?“
Auch Ian meldet sich wieder zu Wort: „Sie soll es beweisen. Ich mein', klar, wir können sie jetzt nicht einfach ins Meer werfen, aber es muss doch eine Möglichkeit geben, dass sie es beweisen kann.“
„Ich könnte euch meine Schuppen zeigen“, antworte ich ihm, worauf Ian seine Schultern hebt, aber auch nickt. Ich stehe von Killians Schoß auf. „Hoffentlich jagt euch das keine Angst ein.“ Ich öffne den Verschluss meiner Jacke. Vorsichtig hebe ich meinen Hoodie und das Shirt, das ich darunter trage, an und präsentiere Ian meinen Bauch. Interessiert beugt er sich nach vorne, dabei hebt er seine Hand.
„Darf ich dich anfassen?“
„Ja, natürlich.“
Ian legt seine Finger an meine Schuppen und streicht fasziniert darüber. „Wow. Okay, das kann kein Scherz sein. Das fühlt sich zu echt an. Du solltest mehr anziehen, du fühlst dich kalt an.“ Er streicht nicht nur über meine Schuppen, sondern auch über meine Haut. Ian schnaubt. „Weißt du, woran mich deine Haut erinnert? An einen Delfin.“
„Soll das ein Kompliment oder eine Feststellung sein?“, frage ich ein wenig verwirrt. Hinter mir lacht Killian leise. Ein Blick über meine Schulter zeigt mir, dass er sich die Hand vor den Mund hält.
„Keine Ahnung“, antwortet Ian amüsiert. „Ich will trotzdem deine Flosse sehen. Das ist so krass, dass ich es gar nicht glauben will. Wie sieht deine Flosse aus? Ist die wie bei Arielle?“
Marc scheint immer noch nicht überzeugt zu sein. Sein Blick ruht auf mir, als ich meine Kleidung loslasse, um meine Haut wieder zu bedecken.
„Warte, Ilaria. Lass mich auch sehen“, bittet er dann doch und steht auf, um einen Schritt auf mich zuzumachen. Ich hebe meine Kleidung erneut an. Marc ist nicht so forsch wie Ian. Er zögert erst, doch dann legt er seine Finger vorsichtig auf meine Haut. Der Mensch wirkt, als würde er erst seinen Mut zusammenfassen, bevor er meine Schuppen anfassen kann. Seine Finger sind deutlich rauer als die von Ian, unangenehm ist seine Berührung allerdings nicht. „Damn. Das fühlt sich wirklich verdammt echt an.“ Er nimmt seine Hand von seinem Bauch. „Wo hast du die noch?“ Ich lasse meine Kleidung ein weiteres Mal sinken und sehe erst Marc und dann Ian an.
Über meiner Kleidung folge ich dem Verlauf meiner Schuppen mit meinen Händen. Ich beginne an meinem Becken. „Hier an der Hüfte habe ich die meisten Schuppen.“ Langsam fahre ich mit meinen Händen meinen Bauch entlang bis zu meinen Brüsten hinauf. Ich lasse meine Hände wieder sinken und erkläre weiter: „Dann noch einige kleinere Bereiche an meinen Oberschenkeln und vereinzelte Schuppen an den Unterschenkeln.“
Marc mustert mich ausgiebig, ehe er sich wieder Killian gegenüber auf den Baumstamm setzt. „Das ist so verrückt.“ Er schüttelt fassungslos den Kopf. „Aber irgendwie ist alles aktuell verrückt. What the hell?“
Als ich Killians Hände an meinen Schenkeln spüre, setze ich mich wieder auf seinen Schoß. Er drückt mir einen Kuss auf die Schläfe.
„Um auf meine Frage zurückzukommen: Wie sieht deine Flosse aus? Ist sie genauso dunkelblau wie deine Schuppen?“, erkundigt Ian sich interessiert.
„Ja, meine Schwanzflosse ist jedoch schwarz. Bei Frauen ist sie dunkler, bei Männern heller. Die Farbe unserer Haare und unserer Schuppen gleichen sich jedoch. Wer beispielsweise blaue Schuppen hat, hat auch blaue Haare.“
„Wirklich? Das ist echt der Hammer. Es will gar nicht in meinen Kopf reingehen, dass das grade Facts sind“, gibt Ian ungläubig von so. „So krasser Scheiß, Mann.“
Die Menschen lassen die Erkenntnis sacken. Es kehrt Stille ein. Da der Himmel immer dunkler wird, beginnt Marc damit, ein paar umliegende Holzstücke zu sammeln und in die Mitte in einen Kreis aus Steinen zu werfen. So nachdenklich wie Marc wirkt, braucht er wohl noch einige Minuten, um das alles zu verarbeiten.
Killian hat mir bereits erzählt, dass wir am Strand ein Feuer machen werden. Ich freue mich schon darauf, meine Finger zu wärmen und versuche, die Rufe des Meeres zu verdrängen. Konzentriert beobachte ich Marc dabei, wie er das Holz stapelt. Es hilft zumindest ein wenig, mich auf etwas Anderes als das Meer in meinem Rücken zu fixieren.
Dass die Frage aufkommt, wie ich nun wirklich in diese Welt und somit nach San Francisco geraten bin, ist mir mehr als recht. Eine willkommene Ablenkung. Ich erzähle Ian und Marc das, woran ich mich erinnern kann. Ich berichte von dem aufkommenden Sturm, den grünen Blitzen, von der Welle, die mich unter Wasser gezogen hat und davon, dass ich mein Bewusstsein erst in der Welt der Menschen wiedererlangt habe. Ian hält die gesamte Zeit intensiven Augenkontakt mit mir. Dass ihn die Geschichte besonders interessiert, kann ich deutlich in seinen grünen Augen erkennen.
Ian wendet seinen Blick von mir und zu Killian. „Muss ja megageil für dein Nerdherz gewesen sein, als du plötzlich eine Meerjungfrau in der Badewanne hattest, Killian.“
Killian lacht. Er festigt seinen Griff um mich und lehnt seinen Kopf gegen meinen. „Ist es immer noch. Anfangs war es verwirrend, aber man gewöhnt sich an die Unterschiede. Manchmal überfordert sie mich für einen Moment, aber auch daran gewöhne ich mich immer mehr. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, sie gehen zu lassen. Ilaria ist etwas ganz Besonderes.“
„Das sagt meine Mama über mich auch immer“, wirft Marc amüsiert ein. Er kümmert sich darum, dass das Holz anfängt zu brennen.
„Ach, Schnauze“, meint Killian bestimmt, aber ebenfalls amüsiert.
Ian legt seine Hand an mein Knie. „Geht es dir schon besser? Wegen dem Meer?“ Er deutet mit dem Kopf Richtung Wasser.
„Bedingt“, antworte ich ihm. Ich tippe mit meinen Fingern gegen meine Schläfe. „Es ist, als würde eine Stimme in meinem Kopf immer wieder nach mir rufen. Das zu ignorieren ist nicht ganz einfach.“
In Ians Augen kann ich großes Mitleid erkennen, als er spricht. „Das klingt anstrengend.“
„Ist es“, antworte ich ihm und atme tief durch. „Ich wünschte, ich könnte es abschalten, aber das ist einer meiner Überlebensinstinkte. Er hilft meinem Volk dabei, ein Gewässer zu finden, wenn wir an Land unterwegs sind.“
„Dann hat das Wasser also eine Art Anziehungskraft, damit ihr wieder nach Hause findet? Das ist echt gar nicht so blöd.“
Im Augenwinkel sehe ich, dass Marc sich wieder hinsetzt. Er zieht eine Dose aus seiner Tasche und öffnet sie mit einem metallischen Klickgeräusch. Durch Killian weiß ich bereits, dass sich in solchen Dosen Getränke befinden. Die rote Farbe verrät mir, dass es sich um Coke handelt. Das Feuer in der Mitte unserer kleinen Gruppe erleuchtet unser gemütliches Plätzchen.
„Sag mal, Ilaria.“ Ich sehe zu Marc und schenke ihm nun meine gesamte Aufmerksamkeit. Er trinkt einen Schluck, bevor er weiterspricht. „Du hast doch vorhin diese grünen Blitze erwähnt. Gehört das grüne Schimmern auch zu eurer Welt?“, fragt er, ehe er gleich weiter nachhakt: „War das eine Art Magie? Ist das gefährlich oder ist das wie ein magischer Regenbogen?“
Dass ich diese Frage befürchtet habe, wird mir erst so richtig bewusst, als ich Marcs Interesse, aber auch seine Verunsicherung in seinen braunen Augen erblicke. „Das kann ich dir leider nicht beantworten. Ich bin ziemlich sicher, dass es sich um Magie handelt“, antworte ich ihm. „Das grüne Schimmern hatte auch Auswirkungen auf mich. Es war kräftezehrend und beängstigend. Mehr kann ich dazu leider nicht sagen. Ich wurde nie in den arkanen Künsten unterrichtet, dementsprechend fehlt mir auch das Wissen über Magie.“
„Das suckt“, meint Ian resignierend. Er tritt gegen einen kleinen Ast und befördert ihn in das Feuer. „Gar nicht beunruhigend, wenn selbst ein magisches Wesen aus einer anderen Welt keine Ahnung hat, was vor sich geht. Für 'ne Sekunde dachte ich schon, dass wir einen Insider unter uns haben.“
„Entschuldige.“
Ian winkt ab, ehe er durch seine knallroten Haare streicht. „Du kannst ja nichts dafür.“ Er blickt in die Runde. „Aber schon ziemlich krass, was aktuell alles so abgeht. Grünes Schimmern am Himmel, Monstersichtungen.“ Er deutet mit dem Kopf zu mir. „Eine Reallife-Arielle für Killian.“ Nun zuckt er mit den Schultern. „Irgendwie ist wohl gar nichts mehr unmöglich. Ich weiß nur nicht ob ich das gut finde oder ob es mich stresst.“
„Eins weiß ich sicher: Wenn die Orcs Amerika überrennen, bin ich raus, Leute“, gibt Marc entschlossen von sich. „Die gibt es doch, oder?“
„Ja, die gibt es“, antworte ich ihm.
„Zwerge, Elben, Trolle und Feen sind übrigens auch real“, erklärt Killian seinen Freunden. „Ich habe Ilaria zwar noch nicht viel ausgequetscht, aber ein paar Dinge hat sie mir schon verraten.“
„Du hast sie nicht sofort ausgequetscht?“, fragt Ian ungläubig nach. Er legt einen Kopf schief. „Was bist du denn für ein mieser Nerd?“
„Ich bin nicht nur ein Nerd, sondern auch ein Gentleman. Ich musste ihr zuerst ein paar Dinge über unsere Welt beibringen. Sie ist gegen ihren Willen hier gelandet und hat beispielsweise noch nie einen Toaster gesehen. Ich wollte sie nicht überfordern.“
„Aber sie zu verführen ist okay, hm?“, fragt Marc grinsend, dabei wackelt er mit den Augenbrauen.
Killian lacht. „Was für ein Unsinn. Ich habe sie nicht verführt.“ Er streicht über meinen Bauch. „Es hat sich so ergeben. Sie ist mir eben schnell ans Herz gewachsen.“
Ian mustert uns beide. „Ich habe Fragen. Wie ist das so mit einer Meerjungfrau? Und wie ist es für dich, eine Beziehung zu einem Menschen zu haben? Rein technisch gesehen seid ihr ja doch zwei unterschiedliche äh… Wesen aus verschiedenen Kulturen. Ist das irgendwie ein Problem?“
Killian überlegt einen Moment, dann zuckt er aber mit den Schultern. „Der größte Unterschied ist, dass ich ihr vieles erklären musste und auch weiterhin machen muss. Einerseits ähnelt sie einer menschlichen Frau schon sehr, anderseits ist sie eben doch ein anderes Wesen. Der größte Unterschied ist wohl diese Seelenverbindung, die ihr Volk untereinander hat. Und die Seelenverwandtschaft zwischen uns generell. Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll.“ Er gestikuliert vage mit einer Hand. „Sie kann das besser erklären, ich muss mich selbst noch an das alles gewöhnen.“
„Na dann soll deine Kleine uns das mal näher bringen.“ Marc deutet mit dem Kopf zu mir. „Schieß los.“
Killian dreht nicht nur sich, sondern somit auch mich in Marcs Richtung. So fällt es mir leichter, ihn anzusehen. Für meinen Nacken ist das auf jeden Fall angenehmer.
„Ich versuche, mich kurzzufassen und nicht zu sehr abzuschweifen.“ Marc lehnt sich interessiert nach vorne. Dass Ian nickt kann ich im Augenwinkel sehen. Er streicht durch seine Haare, sein Blick fixiert mich. Ich sehe ihn an und lächle. Es gefällt mir, dass Ian mich so genau ansieht. Das erleichtert mir den Austausch mit ihm sehr. „Unser Volk ist auf einer seelischen Ebene miteinander verknüpft“, beginne ich mit meiner Erklärung, wende mich dann aber Marc zu. „Wir sehen in den Augen unserer Liebsten wie sie sich fühlen und können es auch selbst wahrnehmen.“
„Und wie läuft das?“, fragt Marc irritiert nach.
Ian stöhnt genervt. „Lass das Mädl doch mal ausreden, du Penner.“
„Sorry.“
Ich lächle über den Austausch der beiden Menschen. Marc ist ungeduldig, vielleicht sollte ich mich ein wenig mit meiner Erklärung beeilen. „Wenn wir uns ansehen, können wir fühlen, wie es dem anderen geht. Wenn man starke Gefühle empfindet, nimmt der andere sie ebenfalls wahr. Negative Gefühle fühlen sich kalt an und positive Gefühle sind warm. Je intensiver die Gefühle, desto kälter oder wärmer fühlt es sich an.“
„Und wie wird man seelenverwandt? Wird man schon so geboren?“
Ich nicke auf Ians Frage. „Sobald die zweite Hälfte geboren wird, spürt man, dass einem etwas fehlt. Die Seelen fühlen sich zueinander hingezogen. Man findet sich, komme was wolle. Die Verbindung zwischen den zwei Seelen wird besiegelt, indem man sich küsst und sich gegenseitig seine Liebe gesteht.“ Ich lege meine Hand an die von Killian und streichle sie. „Es hat etwas länger gedauert, herauszufinden, wieso ich hier gelandet bin. Mittlerweile bin ich sicher, dass unsere Seelenverwandtschaft der Grund dafür ist.“
Ian lächelt breit. „Damn, das ist so romantisch. Und ihr seid jetzt für immer glücklich oder wie?“
Killian schnaubt. „Schön wär’s.“ Ich drehe mich zu ihm. Er weicht gleich ein wenig mit dem Oberkörper zurück, als ich ihn ansehe. „Im Moment bin ich es. Liebe löst nur nicht alle anderen Probleme, das ist vollkommen unrealistisch. Das meinte ich.“
„Wieso weichst du zurück? Denkst du, dass ich dir etwas tue?“
„Nein.“ Killian winkt ab und nimmt mich gleich wieder stärker in den Arm. „Besser?“
„Viel besser.“
Ich sehe zwischen Ian und Marc hin und her. Es ist deutlich zu spüren, dass die beiden Menschen noch unzählige Fragen haben, die sie mir stellen möchten. Bis jetzt eignet sich dieses ausquetschen gut dafür, mich von den Rufen des Meeres abzulenken.
„Okay, okay. Dann seid ihr Meermenschen also übersinnliche, telepathische Wesen.“ Marc deutet auf meine Beine. „Und was ist mit deinen Beinen? Ist das Magie? Kannst du auch zaubern? Das Wasser kontrollieren oder so?“
Ich sehe auf meine Beine herab und dann wieder zu Marc. „Nein, ich kann keine Magie wirken. Mein Körper verändert sich ganz von selbst. Sobald meine Beine nass werden, verwandle ich mich wieder zurück. Wird meine Flosse trocken, bekomme ich Beine.“
„Seid ihr öfter an Land unterwegs?“, fragt Ian nach. „Sonst würdet ihr die Beine ja nicht bekommen, hm?“
„Ja, wir erkunden die Welt. Wir betreiben Tauschhandel mit anderen Völkern und sammeln Informationen für unsere Bibliotheken. Der eigentliche Grund für unsere Verwandlung ist, dass wir uns eine neue Heimat suchen können, wenn unser Gewässer unbewohnbar wird oder gar austrocknet.“
„Hm“, meint Ian nachdenklich. „Und unter Wasser? Wie ist deine Heimat? Reitet ihr auf Delfinen, wenn ihr mal auf die Schnelle irgendwo hin wollt?“
Ians Frage bringt mich zum Lachen. „Nein, wir schwimmen alleine. Wir sind selbst ziemlich schnell im Wasser. In meiner Heimat, der Flüsternden Stadt, liegt alles zentral. Wir haben es nie weit zu unserer Nahrung oder zu den Bibliotheken.“ Ich forme mit meinen Händen einen Kreis, so wie ich es gemacht habe, um Killian meine Heimat näher zu bringen. „Stellt euch vor, meine Hände wären Felsen. In den Felsen, dem äußeren Ring, leben wir und in der Mitte befinden sich unsere Nahrung, die Bibliotheken und auch die Tempel der Magier.“
„Oh, dann gibt es bei euch also doch Magier“, meint Marc, nun vollkommen begeistert. „Erzähl mir alles von ihnen.“
Ich blinzle Marc an, dabei lasse ich meine Hände in meinen Schoß sinken. „Das kann ich nicht. Ich weiß nicht viel über die Magier. Ich weiß, dass sie uns beschützen und dass sie dafür sorgen, dass unsere Stadt erhellt wird. Sie ziehen sich die meiste Zeit zurück. In ihren Händen liegt die Verantwortung für unser gesamtes Volk. Um diese Aufgabe zu meistern, ist es wichtig, einen ruhigen Geist zu bewahren.“
„So, Leute, jetzt reicht es aber. Ilaria hat nicht vor, unsere Welt wieder zu verlassen. Ihr habt also noch genug Zeit, sie auszuquetschen.“ Er lehnt seinen Kopf gegen meinen und drückt mich an sich.
„Ich habe noch Fragen“, wirft Marc ein. „Zumindest eine.“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich habe nicht zufällig die Chance, eine große, kräftige Orc-Lady kennenzulernen?“
Irritiert sehe ich erst Marc und dann Killian an, als er anfängt zu lachen. Auch Ian amüsiert sich, er steigt in Killians Lachen mit ein, während Marc vor sich hin grinst. Das war wohl ein Witz, den ich nicht verstanden habe.
Ian öffnet seinen Rucksack. „Aber Killian hat schon Recht. Wenn du bleibst, können wir dir ja noch genug Fragen stellen. Für heute hab' ich aber trotzdem noch eine.“ Er zieht eine große Plastiktüte mit roten Streifen aus seinem Rucksack heraus. In dieser Tüte befindet sich etwas Weißes, das mich ein wenig an kleine Kopfkissen erinnert. „Hat Killian dich schon mit dem besten Lagerfeuersnack der Welt bekannt gemacht?“
Gespannt blicke ich auf die Tüte. „Nein. Was ist denn der beste Lagerfeuersnack in eurer Welt?“
„S’Mores“, beantwortet Ian meine Frage mit einem breiten Lächeln.
Irritiert blinzle ich Ian an.
„S’Mores“, wiederhole ich leise und deute dann auf die Tüte. „Ist das sowas?“
Killian antwortet für seinen Freund: „Nicht ganz.“ Killian nickt in Richtung der Tüte. „Zusätzlich zu den Marshmallows brauchen wir noch Schokolade, einen Cracker und ein bisschen Feuer.“
„Eigentlich sind ahnungslose Frauen so richtig anstrengend, bei ihr ist es aber irgendwie süß“, meint Marc. Als ich zu ihm sehe, grinst er frech.
„Das ist aber meine Meerjungfrau. Warte, bis dir eine Orclady über den Weg läuft.“
„Ach, schön wär’s“, meint er und widmet sich seinem Rucksack. „Aber man wird ja wohl noch träumen dürfen.“
In der Zwischenzeit hat Ian ein paar dieser weißen Marshmallows auf kleinen Speeren aufgespießt. Er reicht erst Marc einen, ehe er mir ebenfalls einen übergibt. Ich nehme ihn entgegen und begutachte die kleine Waffe skeptisch. Der Holzgriff liegt gut in der Hand, für einen Kampf eignet sich der Speer jedoch nicht. Er ist ein wenig verbogen.
Killian legt seine Hand auf meine und führt sie Richtung Feuer. Er erklärt: „Und jetzt lassen wir den Marshmallow schmelzen. Dann packen wir ihn mit einem Stück Schokolade zwischen zwei Cracker und schon sind wir fertig. Du wirst es lieben, da bin ich mir sicher.“ Ich bekomme einen Kuss auf den Hals, außerdem wird mein Bauch liebevoll gestreichelt.
„Nicht aufhören“, bitte ich beinahe lautlos.
Killian lacht leise, dann bekomme ich einen weiteren Kuss, bevor er flüstert: „Geht es dir schon besser?“
Ich zucke leicht mit der Schulter. „Ein wenig. Du bist gut darin, mich abzulenken.“
„Es ist mir ein großes Vergnügen, dich abzulenken.“ Der Kuss, den Killian unter meinem Ohr platziert, bringt mich zum Kichern. Sein Bart kitzelt meinen Hals. Ich werde mich wohl nie daran gewöhnen.
Interessiert beobachte ich die Menschen und ihre Fingerbewegungen, als sie sich diese S’Mores machen. Auch mein Marshmallow ist mittlerweile weich genug, um weiterverarbeitet zu werden. Killian zeigt mir Schritt für Schritt, wie man das macht. Er zerbricht einen Cracker in zwei Hälften und legt dann ein Stück Schokolade auf eine der Hälften.
„Jetzt musst du nur noch den Marshmallow mit dem zweiten Cracker darauf drücken und schon hast du deinen ersten S’More.“
Ich stelle mich zwar etwas ungeschickt an, doch ich folge Killians Anweisungen, ohne mich an dem heißen Marshmallow zu verbrennen. Interessiert mustere ich die Süßspeise in meiner Hand. Vorsichtig puste ich darauf, bevor ich es nur in Erwägung ziehe, hineinzubeißen. Als ich sicher bin, dass der beste Lagerfeuersnack der Menschenwelt kühl genug ist, um gegessen zu werden, mache ich einen vorsichtigen Bissen. Ich bemerke augenblicklich, dass die Blicke der Menschen auf mir liegen.
„Ist alles in Ordnung?“, frage ich irritiert, dabei halte ich mir die Hand vor den Mund.
„Klar. Schmeckt’s dir?“, hakt Ian interessiert nach. „Ist sicher anders, als das, was ihr sonst so esst, hm?“
Ich nehme noch einen zweiten Bissen und verfüttere den Rest an Killian, weil er mir geholfen hat, meinen ersten S’More zu machen, außerdem hat er keinen Speer von Ian bekommen. Dass etwas von meinem blauen Lippenstift auf der Süßspeise ist, scheint ihn nicht weiter zu beschäftigen. Mit einem Lächeln streiche ich Killian einen Krümel aus dem Bart, ehe ich mich wieder an seinen Freund wende.
„Es ist ein bisschen klebrig, aber lecker.“ Ich beuge mich nach vorne, um nach der Wasserflasche zu greifen, die Killian auf dem Boden abgestellt hat. Als ich das tue, hält er mich fest, damit ich nicht von seinem Schoß falle. Nach einem großen Schluck Wasser spreche ich weiter: „Ihr Menschen habt viele außergewöhnliche Speisen, aber nicht alles sagt mir zu. Ich habe schnell gelernt, dass mir eure scharfen Gewürze nicht schmecken.“ Mit meinen Fingern wische ich einen undeutlichen, aber dennoch sichtbaren Lippenabdruck von der Flasche.
Killian schnaubt. „Sie ist kein Fan von Wasabi Chips.“
„Die zu essen hat wehgetan, aber ich mag eure Kekse und eure Donuts.“ Ich überlege einen Moment. „Killian hat Pasta mit Garnelen gemacht, das war auch ausgezeichnet.“
„Auch wenn es weniger Arbeit gewesen wäre, wenn ich alle Garnelen roh an dich verfüttert hätte“, meint Killian amüsiert.
Die Erinnerung an Killians Gesichtsausdruck bringt mich zum Lachen. „Ich wollte dir die Garnele nach einem Bissen zurückgeben, aber du wolltest sie ja nicht mehr kochen“, antworte ich ihm. Ich wiederhole die Geste, die ich vor einigen Tagen in der Küche gemacht habe und strecke meine flache Hand zu Killians Gesicht, worauf er mich breit angrinst.
„Oh Gott, die Vorstellung.“ Marc lacht. „Das wird ja ihr gewohntes Essen sein, oder nicht?“ Er sieht mich an, ich erwidere den Blick sofort. „Ihr werdet ja wahrscheinlich kein Feuer unter Wasser machen, um euer Essen zu kochen, was?“
„Nein“, antworte ich und schüttle dann den Kopf. „Wir nehmen unsere Nahrung roh zu uns. Wir fangen Fische, sammeln Muscheln, aber wir essen auch Pflanzen wie Seetang oder Algen.“
„Macht das jeder für sich oder habt ihr auch einen Markt auf dem ihr einkaufen könnt?“, erkundigt Ian sich interessiert.
„Das macht jeder für sich. Wir handeln nicht untereinander“, erkläre ich. „Innerhalb unserer Stadt haben wir alles, was wir brauchen. Wir handeln allerdings mit anderen Völkern, wenn wir auf Reisen sind. Wir tauschen unseren Schmuck oder Perlen gegen Münzen oder nützliche Waren ein. Es ist immer ganz praktisch, Münzen dabei zu haben, denn nicht alle Händler haben an Tauschgeschäften Interesse.“
„Und was wollt ihr so im Austausch gegen eure Perlen haben?“, fragt Ian nach. „Essen und Unterkunft? Ihr seid ja bestimmt länger unterwegs.“
„Unter anderem ja.“
„Jungs, ihr solltet doch aufhören, mein Mädchen auszuquetschen.“
Marc lacht. „Tja, Killian, dann hättest du uns ein Mädchen mitbringen sollen, das nichts zu erzählen hat. Ist ja nicht unsere Schuld, dass sie ein interessantes Leben hat.“
„Unsinn“, entgegne ich und winke ab. „So interessant ist mein Leben nicht. Die meiste Zeit lese ich.“
Ian meldet sich sofort mit einer weiteren Frage zu Wort: „Und wenn du nicht liest, was machst du dann?“
„Dann beschäftige ich mich mit der Herstellung von Schmuck oder Dolchen. Ich bin mittlerweile ziemlich geschickt. Wenn mir der Alltag zu eintönig wird, dann nehme ich an der nächsten Expedition teil und erkunde das Land.“ Ich senke meinen Blick auf das Feuer. „Nun ja, zumindest war es so, bis ich hier gelandet bin.“
Tröstend legt Ian seine Hand an meinen Unterarm. „Muss scheiße sein, wenn man sein Leben hinter sich lassen muss. Gibt’s denn gar keine Möglichkeit, wieder zurückzugehen?“
Killian räuspert sich. „Sie hat gesagt, dass sie hier bleibt. Sie geht nicht wieder zurück in ihre Welt.“
Ich bemerke, dass sein Griff um meinen Bauch etwas fester wird. Ob er es bewusst oder unbewusst macht, weiß ich nicht. Sicher bin ich mir jedoch in einem: Killian fürchtet sich wohl immer noch davor, dass ich ihn wieder verlassen könnte. Wenn er doch nur verstehen würde, dass er keine Angst haben muss, mich zu verlieren. Nach einem tiefen Atemzug lege ich meine Hand auf seine.
„Mach dir keine Sorgen, Killian.“ Ich lehne mich gegen seinen warmen Körper. „Ich gehe nirgends hin. Auch wenn ich mein altes Leben vermisse, kann ich nicht zurück. Und ohne dich schon gar nicht.“ Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange. Das unnatürliche Blau an meinen Lippen ist beinahe verschwunden, die letzten verblassten Reste wische ich von Killians Haut. „Mir gefällt eure Welt.“
„Ja, aber was ist, wenn dich jemand zurückholt?“, fragt Marc nach. „Ich will dir jetzt nicht ans Bein pissen, Killian, aber es kann doch gut möglich sein, dass jemand aus ihrer Welt hier her kommt, um sie mit nach Hause zu nehmen.“ Er macht eine ausladende Handgeste. „Sie wird doch bestimmt vermisst und offensichtlich gibt’s bei uns ja auch irgendwie Magie, also wär das gar nicht so abwegig.“
„Komm schon, ist das dein Ernst?“, wirft Ian streng ein. „Jetzt hat er endlich mal wieder Glück und du setzt ihm den Floh ins Ohr, dass ihm jemand seine Lady klaut. Was für 'ne scheiß Aktion ist das denn?“
„Ich wollte ihm die Sache nicht mies machen“, verteidigt Marc sich, dabei hebt er beschwichtigend seine Hände. „Aber es ist eine verzwickte Situation.“
„Das weiß ich selbst“, antwortet Killian ihm verstimmt.
„Könntet ihr bitte damit aufhören?“, frage ich geschlagen. Diese Stimmungsschwankungen innerhalb unserer Gruppe wirken sich auch negativ auf mich aus. „Es ist mein Leben und meine Entscheidung. Wenn mich jemand mit nach Hause nehmen möchte, dann bin ich in der Lage dieses Angebot auszuschlagen.“
Für einige Sekunden ist es still, doch dann nickt Marc, ehe er spricht: „Ja, du hast Recht. Ich hab die Stimmung geschrottet. Tut mir leid.“
„Vielleicht sollten wir doch lieber wieder Ilaria ausquetschen“, schlägt Ian vor. Sein Lächeln wirkt etwas hilflos.
Killian schnaubt. Von diesem Vorschlag ist er wohl nicht begeistert. „Das könnt ihr vergessen. Genug gequetscht für heute. Sie ist keine Orange.“ Er gibt mir einen Klaps auf den Oberschenkel. „Wir zwei vertreten uns die Beine, komm.“
Ich stehe auf und Killian greift sofort nach meiner Hand. Als er mich dann schon fast vom Lagerfeuer wegzerrt, winke ich den zurückbleibenden Menschen zum Abschied. Killian und ich nähern uns dem Wasser. Sofort wird mein Verlangen ein weiteres Mal entfacht. Wie gerne würde ich mich von Killian losreißen und mich von der nächsten Welle ins tiefe Wasser ziehen lassen.
„Du würdest deiner Familie sagen, dass du hier bei mir bleiben willst, falls sie dich holen kommen?“, fragt Killian mich. Obwohl ich seine Augen nicht sehen kann, höre ich deutlich, dass er sich Sorgen macht. Mein Gefühl von vorhin bestätigt sich.
„Natürlich.“
„Und wenn sie dich trotzdem mitnehmen?“ Ich bleibe stehen und nehme Killian so fest ich kann in den Arm. Er zögert erst, doch dann legt er seine Arme um mich und streichelt meinen Rücken. „Weichst du meiner Frage mit einer Umarmung aus?“
„Unsinn“, antworte ich schmunzelnd. Ich richte meinen Blick nach oben. „Man würde mich niemals von meinem Seelenverwandten wegreißen. Seelenverwandte zu trennen ist das schlimmste, was man jemandem aus meinem Volk antun kann.“ Ich strecke mich zu seinen Lippen und gebe ihm einen Kuss. Er erwidert ihn, doch ich nehme gleich wieder Abstand. „Meine Familie kennt die Konsequenzen einer Trennung. Niemand würde wollen, dass ich mein Leben durch ein gebrochenes Herz verliere.“
Killian blinzelt mich an. „Irgendwie beunruhigt mich dieses Gespräch genauso sehr, wie es mich beruhigt.“ Er küsst meine Stirn. „Der Gedanke, dass ich dich wieder verlieren kann, stresst mich und das auszusprechen stresst mich noch mehr.“ Nun lässt er einen tiefsitzenden Seufzer los. „Entschuldige.“
„Wieso entschuldigst du dich?“, frage ich nach.
Er zuckt mit den Schultern. „Ich bin ein unsicherer Kerl.“
„Aber das musst du nicht sein.“ Ich lege eine Hand an seine Wange und streichle ihn. „Du bist ein wunderbarer Mensch.“
Killian nimmt meine Hand von seiner Wange und küsst meine Finger. Ich liebe es, wenn er das macht. Killian sieht mir in die Augen, als er unsere Hände sinken lässt. Er lässt mich jedoch nicht los. „Lieb, dass du das sagst, aber ich bin nicht so toll, wie du vielleicht denkst. Du siehst die Welt manchmal viel zu rosa, Ilaria.“ Mit seiner freien Hand reibt er sich den Nacken. „Ist ja auch egal. Wie geht es dir?“ Er sieht Richtung Ozean. „Willst du lieber nach Hause gehen?“
„Nein, schon in Ordnung. Mir geht es gut und mir würde es sogar noch besser gehen, wenn du etwas für mich machst.“
Killian zieht eine Braue hoch. „Ich bin immer noch dagegen, dass du hier schwimmen gehst, auch wenn meine Freunde jetzt wissen, dass du eine Meerjungfrau bist.“ Ich stupse gegen Killians Wange. Dass ihm das nicht gefällt, zeigt er deutlich, indem er seine Brauen zusammenzieht. „Mich anzustupsen wird meine Meinung nicht ändern.“
„Eigentlich wollte ich einen Kuss von dir“, antworte ich amüsiert.
Killians harte Mimik wird sofort weicher. Er zieht einen Mundwinkel hoch. „Das hättest du ruhig gleich sagen können.“ Der freundliche Gesichtsausdruck steht ihm besser als dieser eiserne Blick. Ich schlinge meine Arme um seinen Hals. Killian ergreift sofort die Initiative und verwickelt mich in einen Kuss, den ich mehr als genüsslich erwidere.
༄ ♫ ༄
Nach einem langen Bad klettere ich zu Killian ins Bett. Er empfängt mich mit offenen Armen und küsst nicht nur meine Wange, sondern auch meine Schläfe und im Anschluss meine Stirn. Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass er schon schläft, wenn ich aus dem Badezimmer komme, doch zu meiner Überraschung ist er noch wach genug, um mich zu sich zu ziehen und an sich zu drücken. Ich werde liebevoll gestreichelt und ein weiteres Mal geküsst.
„Wie geht es dir nach dem Bad?“, fragt er nach, dabei lässt er seinen Griff etwas lockerer.
„Ausgesprochen gut, danke“, antworte ich ihm. „Salz ins Wasser zu geben war eine großartige Idee. Ich fühle mich sehr erfrischt.“
„Wenn du nicht ins Meer kannst, dann bringe ich das Meer eben zu dir.“ Er streicht durch meine feuchten Haare. „So als Zwischenlösung.“
Ich nehme etwas Abstand zu Killian und knete das Kissen so, dass ich meinen Kopf angenehm darauf betten kann. Killian dreht sich zur Seite. Im Schein des Fernsehers fällt es mir leicht, sein Gesicht zu betrachten. Mit einem Handgriff deckt er mich zu. Ich schätze diese kleine, aber liebevolle Geste sehr. Mit einem sanften Lächeln sehe ich Killian an. Er ist schon müde. Seine Augen sind etwas gerötet, doch trotzdem wirkt er sehr aufmerksam. Killian legt seine Hand an meine Wange. Er streicht mit dem Daumen über meine Haut.
„Bist du sehr müde? Einschlaf-müde vielleicht?“, erkundigt Killian sich. Die Frage bringt mich zum Schmunzeln.
„Um ehrlich zu sein ja. Ein bisschen Angst macht mir das trotzdem noch.“
Killian streicht von meinem Gesicht bis zu meinem Hals, dann bis zu meiner Schulter, wo er seine Hand unter der Decke verschwinden lässt. Seine Berührungen kitzeln mich, sie jagen mir einen undefinierbaren Schauer über den Rücken. Ich lege meine Hand an Killians Brust und streichle ihn. Seine Hand scheint an ihrem Ziel angekommen zu sein, er lässt sie an meiner Taille ruhen.
„Ich bin zufällig ein Profi im Schlafen. Ich mache das schon mein ganzes Leben.“ Er grinst mich frech an. Es ist die Art von Grinsen, die seine Grübchen deutlich sichtbar macht. „Wenn du Angst hast, dann kannst du dich an mich kuscheln. Ich könnte dich die ganze Nacht festhalten.“
„Und mir dann zärtlich ins Ohr schnarchen?“, frage ich amüsiert, um ihn liebevoll zu ärgern.
Killian schnaubt. „Du darfst mich treten, wenn ich dich wach schnarche.“
Sein Vorschlag erschreckt mich. Ich schüttle den Kopf. „Ich trete dich doch nicht. Nichts liegt mir ferner, als dir wehzutun, mein Liebster.“
Erst grinst er leicht, doch als er spricht entspannt sich seine Mimik wieder. „Vielleicht überlegst du dir das noch anders, sobald ich dich ein paar Nächte am Stück wachhalte.“
„Sollte es so weit kommen, werde ich dich auf die Couch verbannen.“
„Du freches Mädchen.“ Killian zieht mich in seine Arme und küsst meinen Hals. „Du musst aber wirklich keine Angst haben. Ich bin die ganze Nacht bei dir, okay?“
Ich atme tief durch, in der Hoffnung, dass die Angst leichter wird, doch mein Versuch trägt keine Früchte. „Und du sorgst auch dafür, dass ich wieder aufwache?“
„Wenn du nicht vor mir wach bist, wecke ich dich, versprochen.“ Killian streicht mir den Stoff von der Schulter, um mich ungestört küssen zu können. „Aber jetzt sorgen wir erst einmal dafür, dass du entspannt einschlafen kannst.“
Ich schließe meine Augen und atme tief durch. Killians Küsse und seine Streicheleinheiten vertreiben meine Ängste. Anstatt mich von ihnen gefangen nehmen zu lassen, lasse ich sie ziehen. Ich spüre Killians Hand unter mein Shirt gleiten. Er fährt die Schuppen an meinem Bauch entlang, streicht über meine Rippen und kommt schließlich an meiner Brust an. Für einen kurzen Moment lässt er seine Hand darauf ruhen, doch dann legt er sie an meinen Rücken. Killian beugt sich zu mir und verwickelt mich in einen tiefen Kuss. Die Hand am meinem Rücken drückt mich näher zu sich. Killian brummt in den Kuss, ehe er ihn löst. Die Wärme, die Killian ausstrahlt, sorgt dafür, dass ich mich an seiner Seite mehr als wohlfühle.
„Komm her. Ich will dich noch näher bei mir haben.“
Killian zieht mich auf sich. Ich komme kaum dazu, mich in eine bequeme Position zu bringen, schon werde ich ein weiteres Mal geküsst. Er schiebt die Decke von meinem Rücken. Erst streichelt er meinen Hintern, doch dann schiebt er seine Hand unter meine Shorts und greift beherzt zu. Da Killian mich meiner Meinung nach etwas zu fest an sich drückt, drücke ich mich von ihm und löse den Kuss. Um etwas mehr Freiraum zu bekommen, stütze ich mich mit einer Hand neben ihm ab. Er nimmt sofort seine Hand von meinem Hinten.
„Entschuldige, gehe ich zu weit?“
„Nein, ich muss es mir nur bequem machen, aber das sollte kein Problem sein, du bist so schön weich“, antworte ich ihm. Um das zu verdeutlichen streiche ich über seine Brust. Bei dem Wort weich zieht Killian seine Brauen zusammen. „Und warm. Einfach perfekt zum Kuscheln geeignet.“
Ich sorge dafür, dass ich es bequem habe. Mit prüfendem Blick sehe ich in Killians verstimmtes Gesicht. Ich greife nach seiner Hand und lege sie wieder auf meinen Hintern. Diese Geste überrascht ihn erst, dann zieht er zufrieden einen Mundwinkel hoch.
Da sich seine Laune wohl schnell wieder gebessert hat, beuge ich mich zu seinen Lippen und verwickle ihn in einen Kuss. Lange bleibe ich nicht in dieser Position, denn Killian rollt uns auf meine Seite des Bettes, sodass ich unter ihm liege. Er lässt von meinen Lippen ab und küsst erneut meinen Hals, was mich zum Kichern bringt. Ich schließe meine Augen und genieße Killians wohltuende Berührungen. Um ihm etwas zurückzugeben, fahre ich mit meiner Hand in sein Haar. Ich habe schon herausgefunden, dass es ihm gefällt, wenn ich seinen Kopf streichle. Wohlig brummend fährt er mit seinen Küssen fort.
Ich lasse mich von Killians Lippen verwöhnen. So sehr ich es genießen und auskosten möchte, überkommt mich dennoch nach und nach das Gefühl, dass mein Körper immer schwerer wird. Irgendwann nehme ich Killians Lippen kaum noch wahr.