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Kapitel 24
Hilferuf aus einer fernen Welt
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Killian ist gerade dabei, einige Sachen zu packen. Heute Abend hat er wieder einen Gig, zu dem ich trotz meinen großen Fortschritten in Menschenkunde nicht mitkommen darf. Es ist nicht so, dass ich enttäuscht oder wütend bin, aber ich fühle mich ausgeschlossen. Ich weiß, dass es laut und stickig sein wird und dass Killian keine Möglichkeit hat, auf mich aufzupassen, aber das ist mir egal. Ich will bei ihm sein. Die ganze Nacht alleine zu verbringen, ist mir unangenehm. Auch, dass ich heute Nacht wieder schlafen werde und dieses Mal niemand da ist, um auf mich Acht zu geben, macht mir Angst.
„Sieh mich nicht so an, Prinzessin. Sag mir lieber, was dir auf der Seele liegt.“
„Lass mich dich begleiten“, bitte ich Killian. „Ich bleibe brav sitzen und spreche mit niemandem.“
Er schnaubt. „Jemand der so hübsch ist wie du wird angesprochen, ob du willst oder nicht. Jede Frau, die alleine an der Bar sitzt, ist potenzielles Frischfleisch für einen besoffenen, geilen Idioten.“ Killian packt eine Flasche Wasser in seinen Rucksack und verschließt ihn.
„Frischfleisch? Ich werde gegessen?“, frage ich verwirrt, worauf Killian aufsieht und laut loslacht.
Dass ich eine dumme Frage gestellt habe, ist offensichtlich. Wenn Menschen sich gegenseitig essen würden, hätte Killian mir das längst gesagt. Der Mensch streicht sich amüsiert über den Mund, als er meinen Blick bemerkt. Seine Mimik wird wieder neutral, als hätte er sein Lachen weggewischt.
„Nein, das sagt man nur so. Gerade für die Stammgäste wäre ein Mädchen ohne Begleitung, das noch nie in der Bar oder dem Club war, sozusagen Frischfleisch. Du wärst neu und interessant für die Anwesenden. Man würde sich sozusagen auf dich stürzen. Wie ein Tier, das mit frischem Futter versorgt wird. Sie sind die Tiere und du das Futter. Verstehst du?“
Ich ziehe die Brauen zusammen. „Ich denke schon.“
„Super.“ Ohne auf meine Bitte einzugehen, verlässt Killian das Wohnzimmer. Er begibt sich Richtung Tür, um seinen Rucksack zu seiner Gitarre zu stellen. „Am Nachmittag mache ich dir noch Pasta. Traust du dir zu, dir eine Portion auf dem Herd zu wärmen?“, fragt er laut, was mich zum Seufzen bringt. Er hat das Thema gewechselt.
Kaum betritt Killian wieder das Wohnzimmer, stehe ich auf und gehe auf ihn zu. „Killian, bitte.“ Er hebt eine seiner Brauen, als ich über seine Brust streiche und mich an ihn schmiege. „Bitte lass mich mitkommen.“
„Versuchst du gerade, mich durch deinen Charme zu überreden?“
„Funktioniert es denn, mein Liebster?“, antworte ich mit einer Gegenfrage. Ich hauche ihm zarte Küsse auf die Wange und küsse im Anschluss seine Lippen.
„Nein.“
Ich lächle ihn an. „Dann versuche ich das natürlich nicht. Das wäre doch verrückt.“
Killian schnaubt amüsiert. „Ich will mich nicht ständig wiederholen müssen. Das ist nämlich ziemlich anstrengend. Du solltest es längst verstanden haben, du bist ein schlaues Mädchen.“
„Dann wirst du für immer und ewig bei deiner Meinung bleiben? Und zwar bei jedem einzelnen Thema, dass es gibt?“, frage ich nach.
Nun rollt er mit den Augen. Meine Antwort gefällt ihm nicht. „Das habe ich nie gesagt. Auf diese Diskussion habe ich wirklich keine Lust, Ilaria.“ Er nimmt meine Hand von seinem Brustkorb und nimmt dann Abstand von mir. „Wenn du mir jetzt schon die Worte im Mund umdrehst, macht das keinen Spaß.“
„Killian, warte.“ Ich halte ihn am Arm fest, sodass er mich nicht stehen lassen kann. „Entschuldige. Wir missverstehen uns gerade.“ Vorsichtig streiche ich über seinen Arm. „Ich bin nur sehr einsam, wenn du mich alleine lässt. Ich würde das erste Mal ganz alleine schlafen. Das macht mir Angst. Ich brauche dich, Killian.“
Meine Worte machen den Menschen wieder weicher. Er küsst meine Stirn und streicht durch meine Haare. „Okay. Heute geht es aber wirklich nicht. In dem Club würdest du dich nicht wohlfühlen. Die vielen Eindrücke würden dich überfordern und ich kann nicht auf dich aufpassen.“ Ich seufze und senke meinen Blick. Killian legt seine Hand an mein Kinn und hebt es sanft an. „Morgen spiele ich in einer Bar. Dort ist es etwas ruhiger und Ian wäre da, um auf dich aufzupassen. Er hat ohnehin gefragt, ob du auch kommst. Wenn du möchtest, kann ich dich mitnehmen, aber du musst verstehen, dass du nicht die ganze Zeit bei mir sein kannst. Solange es Livemusik gibt, wird es auch recht laut sein. Wenn dir das zu viel wird, dann kann ich nicht für dich da sein, wenn ich gerade auftrete.“
Freudig umarme ich Killian und drücke ihn fest. „Ich verspreche, dass ich mich von meiner besten Seite zeigen werde.“
„Das tust du immer, Prinzessin.“
Killian legt seine Arme um mich und hebt mich unerwarteter Weise hoch. Er geht einige Schritte mit mir und wirft mich dann auf die Couch, die unter mir quietscht. Ich sehe zu Killian nach oben, der mich frech angrinst.
„Was war das denn?“, frage ich amüsiert.
„Ach, nichts.“ Killian klettert über mich. Er küsst meine Wange und anschließend meinen Hals. Während er meine Haut sanft liebkost, schlinge ich meine Beine um seine Hüfte. „Am liebsten würde ich hierbleiben und mich die ganze Nacht mit dir beschäftigen.“ Killian setzt sich auf. Ich bleibe liegen, meine Beine bleiben allerdings um ihn geschlungen. Seine Blicke wandern über meinen Körper, mit einer Hand streicht er mein Shirt hoch, um meinen Bauch freizulegen. Killian leckt sich über die Lippen, als er mit seinen rauen Fingern über meine Schuppen fährt.
„Was hält dich davon ab, dich jetzt mit mir zu beschäftigen?“, frage ich nach. Für diese Frage ernte ich ein weiteres Grinsen. „Wieso grinst du schon wieder so frech?“
„Nur so.“ Ich ziehe eine Schmolllippe. „Für die Beschäftigung, die ich im Sinn habe, bräuchte ich mehr Zeit und es wäre schön, wenn ich danach nicht weg müsste, sondern bei dir bleiben kann“, erklärt er, wobei er nur noch mehr Fragen in mir weckt.
„Wieso sprichst du in Rätseln, Mensch?“
Killian sieht überrascht in mein Gesicht. „Wieso habe ich meinen Namen verloren?“
Sein Blick bringt mich zum Kichern. Ich antworte ihm: „Nun stehen wir wohl beide vor einem Rätsel, hm?“
Killian schüttelt lachend den Kopf. Er packt mich und zieht mich zu sich nach oben, sodass ich nun auf seinem Schoß sitze. Eine seiner Hände findet schnell ihren Weg an meinen Hintern. Ich weiß zwar immer noch nicht, wieso Killian ihn so gerne anfasst, doch ich weiß, dass es ihm Freude bereitet, also störe ich mich nicht daran. Ich bekomme einen zarten Kuss, während seine Hand über meinen Rücken streicht. Kaum löst Killian den Kuss, lehnt er seine Stirn gegen meine, dabei schließt er die Augen.
„Wir reden darüber, wenn ich mehr Zeit habe. Dafür würde ich mir gerne einen ganzen Abend nehmen. Dann haben wir genug Zeit für die Fragen, die du sicher haben wirst“, erklärt Killian ruhig.
Mit einem Lächeln antworte ich: „Das muss ein wichtiges Thema sein.“
„Es ist hauptsächlich ein sehr spaßiges Thema.“ Killians Griff an meinem Hintern wird etwas fester.
„Geht es dabei um meinen Hintern?“
Killian nimmt ganz plötzlich Abstand von mir. Er schnaubt amüsiert. „Willst du eine ehrliche Antwort?“
„Natürlich will ich eine ehrliche Antwort. Ich will immer, dass du ehrlich zu mir bist“, entgegne ich ihm.
Mit einem breiten Grinsen, das Killians Grübchen deutlich betont, gibt er mir einen sanften Klaps auf den Hintern. „Zumindest ein bisschen.“ Verwirrt ziehe ich meine Brauen zusammen. „Mach dir keinen Kopf, es wird noch früh genug Sinn ergeben.“ Das freche Grinsen ist noch deutlich auf seinen Lippen zu sehen, als er mir zuzwinkert. Ich fürchte, dass ich heute nicht mehr schlau aus dem Menschen werde. Er lässt mich mit purer Absicht im Dunkeln.
༄ ♫ ༄
Mit einem langen, intensiven Kuss verabschiede ich mich von Killian. Ein Teil von mir wünscht sich, mitkommen zu können. Ein anderer Teil würde Killian am liebsten bei mir behalten, doch der größte Teil von mir ergibt sich der Vernunft und lässt von ihm ab. Ich habe eine unangenehme Nacht vor mir, aber ich bin mir sicher, dass mir nichts passieren wird. Ich bin hier sicher. Außerdem wird Killian so schnell wie möglich wieder nach Hause kommen.
Brummend drückt Killian mich an sich. „Ich bin so schnell ich kann wieder bei dir, Prinzessin.“
„Viel Spaß bei deinem Gig.“
Killian küsst meine Lippen. „Du kannst mir schreiben, wenn du nicht schlafen kannst. Ich melde mich, sobald ich wieder von der Bühne runterkomme.“
„Ich liebe dich, Killian.“
„Ich dich auch.“
Nach einem letzten Kuss nimmt Killian auch schon seine Sachen und verlässt die Wohnung. Er schließt ab. Ich lausche noch seinen schweren Schritten, die durch das Treppenhaus schallen. Als es still wird, seufze ich.
Ganz alleine trotte ich zurück in das Wohnzimmer und lasse mich auf der Couch nieder. Da ich Killians Wärme bereits jetzt vermisse, ziehe ich meine Beine auf die Couch und decke mich zu, außerdem schlüpfe ich in den Hoodie, den er heute Morgen getragen hat. Meine Hoffnung auf eine Beschäftigung für heute Abend hat sich in Luft aufgelöst. Killians Werkzeugkoffer liegt noch auf dem Couchtisch. Dummerweise hilft mir keines dieser Werkzeuge dabei, die Holzstücke und Steine, die ich am Strand gefunden habe, zu bearbeiten.
Gelangweilt betrachte ich einen der Steine. Er hat ein kleines Loch, ihn als Anhänger für eine Kette zu verwenden, wäre also auch ohne weitere Verarbeitung möglich. Eigentlich hatte ich vor, ein Armband für Killian zu fertigen. Dieses Geschenk muss ich nun leider bis auf Weiteres verschieben.
Um mir die Zeit zu vertreiben, übe ich einige Akkorde an Killians Gitarre und lese, als meine Finger zu müde werden. Draußen auf der Straße schreien zwei Männer. Mit meinem Buch in der Hand trete ich neugierig an das geöffnete Fenster, um herauszufinden, was los ist. Ich kenne die beiden bereits. Killian hatte recht. Die Männer streiten sich immer wieder über dasselbe Thema. Der eine soll die Finger von der Schwester des anderen lassen. Wieso sie sich schon so lange über dieses Thema streiten, werde ich wohl niemals verstehen.
Glücklicherweise werden die beiden Menschen auch heute nicht handgreiflich. Den lauten, aggressiven Worten folgen keine Taten. Als sie nach einigen feindseligen Sprüchen wieder auseinandergehen, schließe ich erleichtert das Fenster und begebe ich mich zurück zur Couch.
Die Zeitanzeige meines Smartphones verrät mir, dass Killian nun beinahe drei Stunden weg ist. Das Buch hat sehr geholfen, mich abzulenken. Da meine Augen mittlerweile allerdings zu müde zum Lesen sind, stecke ich ein Lesezeichen zwischen die Seiten und lege das Buch auf dem Couchtisch ab. Eine neue Beschäftigung habe ich bereits im Sinn. Auf dem Weg zum Badezimmer schlüpfe ich aus Killians Hoodie und lasse ihn zu Boden fallen. Das Wasser wird mich ablenken, bis mein liebster Mensch wieder nach Hause kommt.
Ich lasse das Wasser in die Wanne laufen und füge etwas Salz hinzu. Aus meinem Smartphone erklingen die sanften Töne einer Gitarre. Voller Vorfreude ziehe ich meine restliche Kleidung aus und steige in die Wanne. Das Wasser umschließt meine Beine, sodass ich mich zurückverwandele. Ich schließe meine müden Augen und taste nach dem Hebel, um das Wasser abzustellen. Es darf nicht mehr vorkommen, dass ich die Wohnung überschwemme. Es dauert nicht lange, bis die beruhigende Wirkung des Wassers einsetzt. Ich fühle mich ausgeglichen, sobald ich in meinem Element bin.
Mein Körper wird schwerer, ich spüre, dass mich die Müdigkeit überkommt. Ich dämmere langsam weg, doch ich öffne meine Augen wieder, als die Musik plötzlich verstummt. Gerade, als ich nach einem Handtuch greifen möchte, um meine Hände zu trocknen, höre ich ein seltsames Knistern. Der Raum wird von einem gedimmten grünen Licht erhellt. Langsam und eingeschüchtert wende ich meinen Blick an die Wand gegenüber. Direkt über meiner Flosse schließen sich mehrere kleine grüne Blitze zusammen. Sie werden größer und größer und bilden ein Portal, das sich vor meinen Augen öffnet.
Ich zucke zusammen als plötzlich eine kräftige Faust durch das Portal dringt. Eingeschüchtert versuche ich, zurückzuweichen und aus der Wanne zu flüchten, doch ich rutsche an dem glatten Rand ab und knalle mit dem Ellbogen dagegen. Ich beiße die Zähne zusammen, als ich zurück ins Wasser sinke.
„Au, verdammt!“, beschwere ich mich vor Schmerzen, dabei greife ich nach meinem Arm.
Die Hand dringt weiter aus dem Portal in die Welt der Menschen. Ich drücke mich gegen die kalte Wand hinter mich, als würde ich dadurch Abstand gewinnen. Angespannt beobachte ich, was vor mir passiert. Zu fliehen ist nicht möglich. Es dauert einen Moment, doch dann realisiere ich, dass Blut von dem Arm direkt auf meine Flosse tropft. Ich möchte schreien, doch mir kommt kein weiteres Geräusch über die Lippen. Zitternd lege ich meine Hände an meinen Mund. Ich blinzle keine Sekunde, als die Hand noch etwas weiter aus dem Portal ragt. Mir wird klar, dass es sich um den Arm eines Zwerges handelt. Der Zwerg scheint seine Kraft zu verlieren, seine Faust öffnet sich und etwas Kleines, Hartes fällt erst auf meine Flosse, ehe es im Wasser versinkt. Der schlaffe Arm zieht sich schnell zurück und das Portal schließt sich so plötzlich, wie es aufgetaucht ist. Ich starre fassungslos auf die Wand, an der gerade noch das Portal zu sehen war. Für einige Sekunden liegt noch ein grüner Schimmer im Badezimmer, doch auch der verschwindet wie das Portal selbst. Zurück bleibt nur etwas Blut an der Wand und der Wanne.
Ein Geräusch bringt mich dazu, zusammenzuzucken und meine Augen zuzukneifen. Mein reflexartiger Schrei wird durch meine Hände gedämpft. Tränen laufen von meinen Wangen. Ich realisiere viel zu spät, dass das Geräusch aus meinem Smartphone dringt. Die Musik läuft wieder. Die Klänge, die mich vorhin noch beruhigt haben, versetzen mich nun unter großen Stress.
Vollkommen verängstigt rutsche ich wieder tiefer in die Wanne. Mein Herz schlägt wie wild. Ich nehme einige zittrige Atemzüge. Dass ich die Luft angehalten habe, habe ich nicht einmal bemerkt. Das unangenehme Pochen meines Ellbogens klettert meine Schulter hinauf. Mein angespannter Körper wird von einer Sekunde auf die andere vollkommen schlaff. Schluchzend breche ich in Tränen aus.
Was ist hier gerade passiert?
༄ ♫ ༄
Die Tür zum Badezimmer öffnet sich. Ich zucke zusammen und lege meine Arme schützend auf meinen Kopf.
„Ach, hier bist du. Wies- Ilaria? Oh mein Gott, ist alles okay?“
Vorsichtig nehme ich meine Hände aus meinem Gesicht und blicke zu Killian, der neben der Wanne kniet. Er wirkt müde, vor allem aber besorgt. Ich würde ihm am liebsten sofort in die Arme fallen, doch mich zu bewegen fällt mir schwer.
„Ist irgendetwas passiert?“, fragt er nach und streckt seine Hand nach mir aus. Killian streicht über meine Wange. „Du siehst vollkommen verstört aus.“
Ich blicke zu der Wand, dann wieder zu Killian. „Ein Portal.“ Zittrig gestikuliere ich zu meiner Flosse.
„Ein Portal?“ Killian blickt zum Fuß der Wanne. Ich klammere mich an ihn, dabei ziehe ich meine Flosse ins Wasser. „Warte, was? Ist das Blut? Blutest du? Bist du verletzt?“ Killian löst sich von mir und mustert mich ausgiebig. „Ganz ruhig. Was ist passiert?“
Ich schüttle den Kopf und beginne zu schluchzen. „Ich weiß es nicht. Da war ein Portal. Und eine Hand. Der Zwerg hat geblutet.“ Wieder gestikuliere ich Richtung Wand.
„Aber dir geht es gut?“ Killian nimmt mich wieder in den Arm und streicht über meinen Hinterkopf. „Lass mich dich aus der Wanne holen, Prinzessin.“
Killian lässt das Wasser ab. Mit einem weichen Schwamm streicht er über meine Flosse und spült sie anschließend ab, um mich sauber zu machen. Das Blut wird zusammen mit Wasser den Abfluss hinuntergespült. Es ist beruhigend zu wissen, dass das es nun ganz sicher verschwunden ist. Mein Liebster hilft mir dabei, mich an den Rand der Wanne zu setzen und trocknet meine Flosse. Er begutachtet auch meinen Arm, tupft ihn vorsichtig trocken und küsst meine Haut. Die ganze Zeit über spricht Killian sanft zu mir. Er erzählt mir von seinem Abend, trägt mich ins Schlafzimmer und legt mich schließlich im Bett ab. Nach einem sanften Kuss verspricht er, gleich wiederzukommen, dann verlässt er das Schlafzimmer. Die Tür bleibt geöffnet, das Licht aus dem Wohnzimmer dringt herein und erhellt meine Seite des Bettes.
Ich setze mich vorsichtig auf. Vor meinem inneren Auge sehe ich die blutige Hand des Zwerges. Ich schlucke hart. Am liebsten würde ich die Bilder aus meinem Kopf verdrängen, doch ich kann es nicht.
Wer war dieser Zwerg?
Was ist mit ihm passiert?
Ist er gestorben?
Hätte ich irgendetwas tun können?
Hat er sein Leben verloren, weil ich ihn nicht gerettet habe?
Meine Atmung beschleunigt sich. Ich kneife meine Augen fest zusammen und versuche, wieder ruhiger zu werden. Doch es hilft nicht. Die Bilder verschwinden nicht, sie werden immer klarer. Die Hand kommt immer näher auf mich zu. Kurz bevor sie mich berührt, öffne ich meine Augen und schüttle meinen Kopf, um meine Gedanken zu zerstreuen.
Killian tritt wieder ins Schlafzimmer. Er macht die Lichter an den Nachttischen an, das Licht im Wohnzimmer aus und dann klettert er zu mir ins Bett. In seinen starken Armen komme ich wieder etwas zu mir. Ich werde gestreichelt und geküsst. Er drückt mich liebevoll an sich. Es erleichtert mich, nicht mehr alleine zu sein.
„Ich habe etwas in der Wanne gefunden. Willst du es sehen?“ Ich blicke in Killians Gesicht. Er hebt seine Hand und zeigt mir einen Ring.
„Darf ich?“, frage ich leise, als ich danach greife.
„Sicher.“
Ich begutachte den Ring in meinen zitternden Fingern. Mir wird schnell klar, dass er zum nördlichen Clan der Zwerge gehört. Das Wolfsymbol des Siegelrings bestätigt das. Ich habe zwar nie einen der Ringe gesehen, geschweige denn in der Hand gehalten, doch ich erkenne ihn aus den Aufzeichnungen und Erzählungen meines Freundes Aurelius wieder. Das Wolfsymbol sieht genauso aus wie in seinen Büchern.
„Bedeutet der Ring etwas?“
„Das ist das Symbol des nördlichen Zwergenclans.“ Ich sehe Killian an und verziehe die Lippen. „Es muss etwas Schreckliches passiert sein.“
„Hat er irgendetwas zu dir gesagt?“
Ich schüttle den Kopf. „Ich konnte nichts hören, sondern nur seinen Arm sehen. Er hat den Ring fallen lassen, als …“ Ich schlucke hart. „Ich glaube, dass er tot ist, Killian.“
Killian will etwas sagen, doch er presst die Lippen zusammen und zieht mich in seine Arme. Er lässt sich nach hinten sinken und atmet tief durch. „Was für eine Scheiße.“ Mit einem groben Handgriff zieht er die Decke über uns. „Kann ich irgendetwas für dich tun?“
„Nein“, antworte ich ihm leise und löse mich von ihm.
Da mir der Ring selbst an meinem Daumen viel zu groß ist, lege ich ihn auf den Nachttisch. Erst greife ich nach dem kleinen Schalter an dem Kabel der Lampe, doch dann ziehe ich meine Hand zurück. Ich möchte lieber nicht im Dunkeln im Bett liegen. Ich fühle mich jetzt schon unwohl.
„Können wir den Fernseher anschalten?“
Als ich mich zu Killian drehe, sehe ich seinen überraschten Blick. Er nickt und greift sofort nach der Fernbedienung. „Ich nehme an, dass es egal ist, was läuft, richtig?“
„Vollkommen egal“, bestätige ich seine Annahme nickend und suche sofort unter seiner Decke und an seiner Brust nach Schutz. Killian legt seinen Arm um mich und küsst sanft meine Stirn. Die Farbe des Lichtes im Zimmer ändert sich. Killian sucht gerade nach einem geeigneten Programm im Fernsehen.
„Sag mir bitte sofort, wenn ich etwas für dich tun kann.“
„Bleib einfach nur bei mir.“
„Das werde ich, keine Angst.“ Killian räuspert sich. „Es tut mir leid, dass ich nicht da war. Das muss ein beschissener Anblick gewesen sein.“
„Du musstest arbeiten.“ Ich schließe meine Augen, doch ich öffne sie sofort wieder, als ich das Blut an meiner Flosse sehe. „Du konntest es ja nicht ahnen. Niemand hätte das vorhersehen können.“
Killian löst mich von sich, um die Fernbedienung auf dem Nachttisch ablegen zu können. Er macht es sich seitlich bequem. Wir sehen uns an. Killian streicht durch mein Haar und küsst meine Stirn. Ich rücke das Kissen zurecht und schmiege mich erneut an Killians warmen Körper. Er hebt mein Kinn an und gibt mir einen sanften Kuss. Da ich mich nach Ablenkung sehne, lasse ich mich auf den Kuss ein. Ich erwidere ihn erst genauso sanft, doch dann drücke ich mich fester gegen ihn und vertiefe den Kuss. Killian wirkt etwas überrumpelt, er drückt mich vorsichtig von sich.
„Nicht so stürmisch, Prinzessin.“
„Ich will mich besser fühlen…“, flüstere ich.
„Das wirst du, aber das braucht Zeit. Mich jetzt zu überfallen wird nichts ändern.“ Er streicht erneut durch mein Haar. „Wenn du die Bilder in deinem Kopf nicht loswirst, dann sieh auf den Fernseher. Irgendwann bist du so müde, dass dir die Augen zufallen und du einschläfst.“ Ich werde ein weiteres Mal geküsst. „Es ist nicht die beste Lösung, aber du brauchst Schlaf. Du bist vollkommen fertig. Du kannst ja kaum aufhören zu zittern.“ Ich nicke leicht und lehne mich an Killians Brust. Er drückt mir einen Kuss auf den Schopf und krault meinen Nacken. „Morgen hast du den Schock hinter dir und dann können wir in Ruhe über alles reden.“
„Danke, dass du für mich da bist.“
„Das ist doch selbstverständlich. Du musst dich nicht bedanken.“
༄ ♫ ༄
Durch Schmerzen in meinem Arm werde ich unsanft aus dem Schlaf geholt. Ich fasse an meinen Ellbogen und verziehe das Gesicht. Der Sturz war wohl doch etwas schlimmer, als er sich im ersten Moment angefühlt hat.
„Au…“
Killian schnauft und dreht sich in meine Richtung. Seinen Arm legt er auf meinem Bauch ab. Ich werde von ihm getätschelt. Da ich mich aufsetze, rutscht Killians Arm auf meinen Schenkel. Ein Blick in sein Gesicht verrät, dass er noch tief und fest schläft.
Vorsichtig taste ich meinen Ellbogen und meinen Unterarm ab. Auf meiner Haut hat sich ein dunkler, beinahe schwarzer Fleck gebildet. Ich achte genau auf die Schmerzen, als ich meinen Arm bewege, um eine schlimmere Verletzung auszuschließen. Normalerweise würde ich einen Magier um Hilfe fragen, doch in der Welt der Menschen bin ich auf mich alleine gestellt. Zu meinem Glück sind meine Bewegungen nicht eingeschränkt, weh tut es allerdings trotzdem.
Ich senke meinen Blick, als Killians Hand sich bewegt. Er streicht über meinen Schenkel und gleitet zwischen meine Beine. Er kitzelt mich. Mit einem Handgriff nehme ich Killians Arm von mir, bevor ich aus dem Bett klettere und das Schlafzimmer hinter mir lasse.
Eigentlich möchte ich meinen Arm im Badezimmerspiegel betrachten, doch als ich die Tür öffnen will, kann ich es nicht. Ich hebe meine Hand, um sie an die Türklinke zu legen, lasse sie aber wieder sinken. Auch ein weiterer Versuch schlägt fehl. Ich weiß ganz genau, dass im Badezimmer nichts auf mich lauert, doch schon der Gedanke daran, darin alleine zu sein, weckt die Erinnerungen, die ich seit letzter Nacht verdrängen möchte. Ich bin sicher, dass der Zwerg vor meinen Augen gestorben ist und ich habe nichts getan, um zu helfen. Ich habe ihn sterben lassen, weil ich zu große Angst hatte, etwas zu unternehmen.
„Ilaria?“
Erschrocken zucke ich zusammen, als ich Killians verschlafene Stimme höre. Meine Beine geben nach. Ich sinke zu Boden. Schwere Schritte kommen auf mich zu. Killian hilft mir hoch. Er drückt mich an sich und begibt sich mit mir zusammen langsam zurück ins Schlafzimmer.
„Ich wollte dich nicht erschrecken. Entschuldige.“
Wir beide begeben uns wieder ins Bett. Es ist deutlich, dass Killian noch nicht wach genug ist. Er küsst meine Schläfe und streicht über meinen Bauch.
„Wieso hast du dir nichts angezogen?“
„Mir ist nicht kalt“, antworte ich ihm mit beinahe tonloser Stimme.
„Oh-okay.“
Killian deckt uns beide gut zu. Eigentlich gehe ich davon aus, dass er so schnell wie möglich wieder weiterschlafen möchte, doch es scheint, als könnte er seine Finger nicht von mir lassen. Ich werde liebevoll geküsst. Killians warme Lippen an meinem Hals zu spüren, entspannt mich wieder ein wenig.
„Was hast du da draußen gemacht?“, fragt er müde.
„Ich wollte mir nur meinen Arm ansehen.“
„Tut es sehr weh?“
Ich nicke leicht. „Irgendwie schon.“
Killian setzt sich träge auf. Er reibt sich über das Gesicht. Auf seiner rechten Wange zeichnet sich eine Falte ab, die er sich wohl im Schlaf von seinem Kissen zugezogen hat. Der Arme kann kaum seine Augen offen lassen. Killian schiebt die Decke von meinem Oberkörper. Sein müder Blick gilt erst meinen Brüsten, dann meinem verletzten Arm.
„Ist ja ganz schön blau“, stellt er brummend fest.
Mehr als einen kurzen Blick tätigt er allerdings nicht. Er lässt sich wieder neben mich sinken und schließt seine Augen.
„Ich seh’ mir das später an.“
„Danke, Killian.“
„Wenn du den Arm bewegen kannst, wird es nicht so schlimm sein“, erklärt er müde. Gegen Ende seines Satzes murmelt er.
Im Gegensatz zu dem Menschen ist es für mich nicht einfach, wieder einzuschlafen. Einerseits hält mich mein Kopf wach, anderseits schmerzt mein Arm so sehr, dass ich mich kaum entspannen kann. Ablenkung von meinem Schmerz würde mir guttun und wenn Killian mich nicht ablenken kann, muss ich etwas anderes versuchen.
Die gestrigen Ereignisse haben mich nicht nur verängstigt, sondern auch mit vielen Fragen zurückgelassen. Ich nehme den goldenen Ring an mich und betrachte ihn. Der Zwerg, der ihn fallen lassen hat, muss es aus einem guten Grund getan haben. Doch wie ist das alles passiert? Er kann das Portal nicht selbst geöffnet haben. Zwerge haben keine Begabung für Magie. Aber was ist dann passiert? Hat sich das Portal von selbst geöffnet und er hat die Gelegenheit genutzt, um den Ring in Sicherheit zu bringen? Wenn sich das Portal nicht von selbst geöffnet hat, muss es jemand mit Absicht gemacht haben. Aber wer? Ein Magier?
Auf der Suche nach Wärme rutsche ich dicht an Killian heran. Er legt sofort seinen Arm an meinen Bauch und drückt mich an seinen warmen Körper. Erst lächle ich, doch dann lasse ich einen tiefen Seufzer los. Mein Blick ist auf den Ring in meinen Fingern gerichtet. Bis auf das Wolfsymbol ist das goldene Schmuckstück sehr gewöhnlich. Er wirkt nicht so, als hätte er magische Fähigkeiten oder als wäre er verzaubert worden. Das wäre deutlich zu spüren. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er einen rein emotionalen Wert für den Zwerg hatte.
All meine Fragen werden wohl unbeantwortet bleiben. Wem sollte ich sie auch stellen? Ich hasse diese Ungewissheit. Seit ich in der Welt der Menschen gelandet bin, verfolgt sie mich wie mein Schatten. Ich habe es so satt im Dunkeln zu tappen.
༄ ♫ ༄
Killian kümmert sich liebevoll und fürsorglich um meine Verletzung. Erst begutachtet er meinen Arm im wachen Zustand noch einmal, anschließend streicht eine wärmende Salbe auf meine Haut, die meine Schmerzen lindern soll. Um zu testen, wie meine Haut darauf reagiert, verwendet er eine sehr geringe Menge an meinem Handgelenk. Wir beide wissen nicht, ob mein Körper die Medizin der Menschenwelt verträgt. Es zu testen ist die einzige Möglichkeit, es herauszufinden.
„Du machst dir immer noch Gedanken darum, was mit dem Zwerg passiert ist, richtig?“
„Ja, natürlich“, antworte ich ruhig. Ich sehe Killian dabei zu, wie er mein Handgelenk begutachtet. Die Salbe fühlt sich ein wenig unangenehm an. Das Gefühl erinnert mich an die Kohlensäure der Coke. Wie von Killian versprochen, erwärmt die Salbe meine Haut, doch ich habe nicht das Gefühl, dass sie sich positiv auf mich auswirkt. Ich möchte jedoch noch einen Moment abwarten, um sicher zu sein. „Du würdest dir auch Gedanken darüber machen, wenn du in meiner Lage wärst.“
Killian nickt nachdenklich. „Du hättest ihm nicht helfen können, Prinzessin. Wenn er so stark geblutet hat, wäre er auch im Badezimmer gestorben, wenn du ihn durch das Portal gezogen hättest. Es klingt vielleicht herzlos, aber wenn er bei uns gestorben wäre, hätten wir ein großes Problem.“ Killian sieht von meinem Handgelenk zu meinem Gesicht. Ich erwidere sofort seinen Blick.
„Damit könntest du recht haben, aber ich fühle mich trotzdem schuldig. Ich war zu verängstigt, um mich zu bewegen. Ich konnte nichts tun, aber ich hätte etwas tun müssen. Es war, als wäre ich festgefroren.“
„Es ist nicht deine Schuld“, spricht Killian mir gut zu. „Wer oder was auch immer ihn verletzt hat, ist für seinen Tod verantwortlich.“
Ich verziehe das Gesicht und balle meine Hand zu einer Faust. „Killian, die Salbe fängt an zu schmerzen.“
„Super“, antwortet er mürrisch und nimmt das bereits vorbereitete feuchte Tuch, um die Salbe von meinem Handgelenk zu wischen. „Deine Haut ist ziemlich gerötet. Ach, Scheiße.“ Er steht von der Couch auf und reicht mir seine Hand. „Komm, wir waschen das gleich gründlich ab.“
Ich werde in die kleine Küche geführt. Das Geschirr von unserem Frühstück steht noch in der Spüle. Der Mensch hatte noch keine Lust, sich darum zu kümmern. Auch ich bin nicht in Stimmung, diese Aufgabe zu übernehmen. Killian betätigt sofort den Wasserhahn und wäscht sich die Hände.
„Schade, dass die Salbe nicht hilft“, gebe ich enttäuscht von mir.
„Kühl dein Handgelenk. Hoffentlich hast du keine allergische Reaktion.“ Während ich mein Handgelenk unter das kalte Wasser halte, blicke ich in Killians Gesicht. Wie sooft legt er seine Stirn in Falten. „Ein juckender Ausschlag ist das Letzte, das du brauchst.“
„Es sieht schlimmer aus, als es ist.“
Killian schnaubt. „Das glaube ich dir nicht.“ Er legt eine Hand an meinen unteren Rücken. „Du hast Schmerzen. Das weiß ich. Du musst mich nicht anlügen, um mich zu beruhigen. Das ist schwachsinnig. Ich kann damit umgehen. Das Einzige, auf das ich empfindlich reagiere ist, wenn man mich anlügt oder mir etwas verheimlicht.“
„Entschuldige“, spreche ich so leise, dass das Wasser meine Stimme beinahe vollkommen übertönt.
Der Mensch küsst meine Schläfe. „Schon okay. Merk dir nur bitte, dass du mich nicht schützen musst.“ Er betätigt den Wasserhahn und hebt meinen Arm an, um mein Handgelenk zu begutachten. „Hat es geholfen?“
„Es brennt nicht mehr.“
„Ein Glück.“ Er lässt meine Hand los. „Womit behandelt ihr Verletzungen? Würdest du deinen Arm in Seetang einwickeln?“
Killians Frage bringt mich zum Schmunzeln. „Nein. Schnitte oder Abschürfungen sind meist schon verheilt, bevor wir etwas dagegen unternehmen können. Um Verletzungen wie diese würden sich die Magier kümmern. Sie heilen uns durch Magie.“
„Und wie erfahren sie davon? Die schotten sich doch ziemlich ab, nicht?“ Killian trocknet meinen Arm und meine Hand und schon begeben wir uns zurück ins Wohnzimmer. „Warte einen Moment mit deiner Antwort.“ Er nimmt seine Tasse von dem Couchtisch und geht wieder in die Küche. Während er seine Tasse mit frischem Kaffee füllt, mache ich es mir auf der Couch bequem.
„So.“ Kaum hat Killian die Tasse abgestellt, sitzt er wieder neben mir. Gespannt sieht er mich an. „Okay. Magier. Los.“
„Es ist nicht so, dass die Magier sich vor uns verstecken. Sie sind natürlich immer zu erreichen. Sie beschützen unsere Stadt. Erinnerst du dich noch an den Kristall, von dem ich dir erzählt habe?“
Killian zieht seine Brauen zusammen. Er streicht schweigend über seinen Bart, zuckt dann aber mit den Schultern. „Nein.“
Ich lege meine Hand auf seinen Oberschenkel. „Ist nicht weiter schlimm. Ich glaube, dass ich dir gar nicht alles erzählt habe. Der Kristall an der Spitze des Turms, in dem die Magier leben, versorgt unsere Stadt mit Licht. So wie ihr eure Lampen habt, haben wir magische Kristalle. Wenn wir einen brauchen, können wir uns an die Magier wenden.“
„Und dann klopft ihr an der Tür des Turms und ein Magier öffnet und kümmert sich um das Anliegen?“, fragt Killian interessiert nach.
„Oh, nein. Es sind immer ein paar von ihnen in der öffentlichen Bibliothek, um die Anliegen entgegenzunehmen. Außerdem sind sie involviert, wenn die Expeditionen geplant werden.“ Killian nickt. „Sich dem Turm und den Bibliotheken der Magier zu nähern, ist nicht erlaubt. Um Unbefugte von den arkanen Künsten fernzuhalten, wurde eine magische Barriere gezogen. Sollte man versuchen, sich zum Beispiel aus reiner Neugierde in die Bibliothek zu schleichen, verletzt man sich. Der Versuch die Barriere zu durchbrechen, ist nicht zu empfehlen.“
Killian sieht mich mit einem undefinierbaren Blick an. „Das Beispiel hast du nicht zufällig gewählt, richtig?“
Ich zögere einen Moment, doch dann antworte ich vage: „Könnte sein.“
„Erzähl es mir“, bittet Killian interessiert. „Du bist nicht so süß und brav, wie du aussiehst, hm? Was hast du angestellt?“ Das Grinsen in Killians Gesicht zeigt mir, dass ihm das gefällt.
„Relativ kurz nachdem die Magier angefangen haben, etwas in meinen Augen zu erkennen, habe ich versucht, in die Bibliothek der Magier einzudringen.“ Killian hebt die Brauen. „Ich dachte, dass ich vielleicht eine Erklärung finden kann und wenn nicht, hätte ich etwas über Magie lernen können.“
„Wie weit bist du gekommen? Hast du es bis zur Bibliothek geschafft?“
Ich schüttle den Kopf. „Nein, leider nicht. Die magische Barriere hat mich aufgehalten. Kaum habe ich sie berührt, hatte ich stechende Schmerzen in meiner Hand und meinem Arm.“ Ich blicke auf meinen Arm. „Ähnlich wie jetzt nur um einiges schlimmer. Es hat Wochen gedauert, bis ich meine Hand wieder richtig einsetzen konnte, aber ich habe daraus gelernt. Magie ist gefährlich. Man kann sich und andere verletzen, wenn man sie unterschätzt.“
„Und wie hast du deine Verletzung behandelt?“
„Gar nicht“, antworte ich ihm. Etwas verlegen meide ich seinen Blick, sehe aber dann doch wieder in seine blauen Augen. „Wenn die Magier meinen Arm gesehen hätten, hätten sie sofort gewusst, was passiert ist. Das Mal war deutlich zu erkennen.“
„Wie hat es denn ausgesehen?“
„Wie Blitze“, antworte ich. Mit meinem Finger fahre ich über meine Haut. „Sie haben sich bis hierhin ausgebreitet.“ Mein Finger hält an der Mitte meines Oberarms. „Ich konnte es niemandem zeigen.“
„Ich verstehe schon. Du wolltest deinen misslungenen Einbruch geheim halten. Funktioniert das denn mit eurer Verbindung? Du sagtest, dass ihr nichts verbergen könnt.“
Ich hebe leicht die Schultern. „Ich war die meiste Zeit zu Hause und habe mich alleine beschäftigt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ich mich einige Zeit zurückziehe und mich intensiv meinem Schmuck widme. Es hat sich also niemand Sorgen oder Gedanken gemacht. Wohlgefühlt habe ich mich allerdings nicht. Ich habe viel daraus gelernt.“
Killian schweigt einen Moment, dabei streicht er durch seinen Bart. „Jetzt musst du dich jedenfalls nicht verstecken. Wenn du möchtest, könnten wir eine Salbe auf pflanzlicher Basis probieren. So etwas haben wir Menschen auch. Ich müsste allerdings in die Apotheke, weil ich keine Zuhause habe.“
„Mach dir wegen mir keine Umstände.“
Killian schnaubt. „Wenn es darum geht, dir zu helfen, macht mir nichts Umstände.“ Er zieht einen Mundwinkel hoch. „Wir holen die Salbe auf dem Weg zur Bar.“
Ich fasse mir an die Stirn und lache leise. „Das hätte ich beinahe vergessen.“ Mit einem Lächeln sehe ich Killian an. „Ich freue mich schon darauf, dich bei deiner Arbeit zu sehen.“
„Hoffentlich kann ich dich ablenken.“
„Darin bist du ein wahrer Meister.“
Mit einem zufriedenen Grinsen legt Killian seine Hand auf meinen Schenkel. „Dann zeige ich dir heute, was ich noch ganz gut kann.“ Er zwinkert mir zu, was mich zum Kichern bringt. Ich beuge mich zu ihm und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.
„Ich kann es kaum erwarten von deiner Musik verzaubert zu werden.“