„Tim? Tim!“, rief Jana entnervt, als sie ihren kleinen Bruder dabei erwischte, wie er schon wieder versuchte, den kleinen Schrank umzuwerfen. Das schien seine absolute Lieblingsbeschäftigung seit gut einer Woche zu sein, allein heute hatte Jana ihn bereits zehnmal aufstellen müssen. Doch der Dreikäsehoch lachte nur und schwupp – schon lag das Schränkchen wieder auf dem Boden, mitsamt allem darauf. Zum Glück war nichts zerbrechliches mehr dabei gewesen, wie es noch beim ersten Mal der Fall gewesen war. Deprimiert vergrub sie ihren Kopf in ihren Händen. Sie hatte doch nur einen entspannten Abend mit ihrer Freundin verbringen wollen. Stattdessen musste sie jetzt auf ihren kleinen Bruder aufpassen, weil das Mädchen, was eigentlich für das Babysitten verantwortlich war, krank geworden war. Warum nur musste sowas immer ihr passieren? Zwei Minuten, helles Kinderlachen und ein Krachen später lagen auch die, aus Platzmangel zu Stapeln aufgetürmten, Bücher auf dem Boden. Glücklicherweise war Tim noch zu klein, um an die wirklichen Bücherregale zu kommen. Wenn er dafür groß genug war, konnte die Familie wahrscheinlich auch gleich aufhören, ihre Bücher in das Regal zu stellen, denn Tim war das effektivste Mittel überhaupt gegen Ordnung. Isa klopfte ihr aufmunternd auf die Schulter. „Du kannst ihn doch bestimmt gleich ins Bett bringen, oder nicht? Und dann können wir uns einfach noch einen entspannten Abend machen, vielleicht einen Film anschauen oder so? Oder wie schauen diese neue Serie, die alle so toll zu finden scheinen. Die hört sich echt nicht schlecht an.“
Doch Jana schnaubte nur. „Du hast ja keine Ahnung“, murmelte sie.
Isa lachte. „Stimmt. Ich hab ja auch keine kleinen Geschwister. Also, klär mich auf.“
Jetzt lachte Jana, doch besonders glücklich klang es nicht. „Versuch du mal, einen überdrehten Fünfjährigen ins Bett zu kriegen. Das kannst du eigentlich gleich vergessen, es wird nämlich absolut nicht funktionieren. Unsere einzige Hoffnung ist es, dass die Wohnung morgen noch steht und, dass die Nachbarn nicht kommen, um sich über die Lautstärke zu beschweren.“
Nun stöhnte auch Isa. Sie hatten beide begriffen, dass ihnen noch ein langer und keinesfalls erholsamer Abend bevorstand.