Na schön, zugegeben. Der Laternenumzug hatte nicht komplett so geklappt, wie Marie sich das vorgestellt hatte. Erst waren sie zu spät gekommen, weil ihre kleine Schwester Mila zu Hause noch einen riesigen Aufstand gemacht hatte, weil sie ihre allerliebste Winterjacke nicht hatte finden können und eine andere anziehen absolut nicht in Frage gekommen war und dann war auch noch ihre Laterne kaputt gegangen. Glücklicherweise hatte einer der Mütter Klebeband dabei und konnte die Laterne schnell noch reparieren, sodass eine Katastrophe abgewendet werden konnte.
Marie wusste genau, weshalb sie eigentlich lieber hatte zu Hause bleiben wollen. Eigentlich hatte sie nämlich absolut keine Lust gehabt, ihre kleine Schwester auf diesen Laternenumzug zu begleiten. Aber da sowohl ihre Mutter als auch ihr Vater es zeitlich nicht schafften, blieb die Aufgabe an ihr hängen. Und was tat man nicht alles für seine kleinen Geschwister, damit diese glücklich waren (und ihre Mutter nicht enttäuscht; das war, auch wenn Marie es nicht zugeben würde, der eigentliche Grund gewesen. Immerhin wollte sie ihre Mutter bei guter Laune halten, damit diese ihr erlauben würde, nächste Woche zu der Party ihrer Freundin zu gehen).
Und so war Marie, gemeinsam mit einem Haufen Kindern und einigen Eltern eine gute Stunde lang durch die Straßen gezogen und hatte dabei zugehört, wie die Kinder, die vielen bunten Laternen stolz vor sich her tragend, Martinslieder sangen. Als es etwa nach einer viertel Stunde angefangen hatte, leicht zu regnen, hatte Marie - vergeblich - gehofft, dass der Umzug vielleicht frühzeitig abgebrochen wurde, aber da hatte sie sich gründlich getäuscht. Den Kids schien der Regen absolut nichts auszumachen, beinahe das Gegenteil war der Fall, und so trottete Marie, jetzt missmutig und nass, ergeben mit der Masse mit. Kurz darauf hörte der Regen jedoch wieder auf und nochmals zehn Minuten später ertappte Marie sich dabei, wie sie leise die Lieder mitsummte. Die vielen bunten Laternen leuchteten bunt in der Dunkelheit, was, wie sie zugeben musste, ein recht schönes Bild abgab, und Marie fand es nicht mehr ganz so schlimm, dass sie ihre kleine Schwester hatte begleiten müssen.
Anschließend ließ sie sich, als die gute Schwester, die sie nunmal war, natürlich auch noch dazu breitschlagen, gemeinsam mit Mila, Clara und Jessica (beides Freundinnen ihrer kleinen Schwester) sowie deren Eltern um die Häuser zu ziehen, wo die Mädchen ihre Martinslieder vorsangen und dann, glücklich grinsend, ihre Süßigkeiten einsackten. Natürlich wurde diese bereits auf dem Weg zu dem jeweils nächsten Haus fleißig wieder vernichtet, was definitiv zu einem Zuckerschock später führen würde. Aber damit würde sich nicht Marie herumschlagen müssen, sondern ihre Mutter. Ein etwas schadenfrohes Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit, denn sie wusste ganz genau, wie schwer es war, Mila ins Bett zu bringen, wenn diese so richtig aufgedreht war.
Und Marie behielt recht: als sie gemeinsam mit Mila nach Hause kam, war ihre Mutter zwar noch nicht wieder zu Hause, Mila war aber bereits völlig aufgedreht. Was nicht weiter verwunderlich war, immerhin hatte sie ihr gesamtes Abendessen durch ihre gesammelten Süßigkeiten ersetzt. Und während Marie sich erschöpft auf das Sofa fallen ließ, hüpfte Mila fröhlich durch die gesamte Wohnung und summte ihr Lieblingslied vor sich hin. Marie ließ sie hüpfen und weiter ihre Süßigkeiten essen. Einmal im Jahr konnte das doch schließlich nicht schaden, oder?