CN: Sucht, Alkohol, explizite Sprache
Eine Sache Vorweg:
In diesem Kapitel gibt es eine ganz besondere Überraschung!! Es handelt sich um ein Crossover mit Liebe.Macht.Schlaflos von Alissia.
Ein silberner Porsche parkte am Bordstein und Eddy stieg aus. Seufzend kam sie vor Cian in die Hocke und betrachtete ihn aus ihren grauen Augen.
"Ich dachte, du wolltest aufhören.“
Der leise Vorwurf in ihrer Stimme schnitt tief in Cians Selbstachtung. Eddy griff ihm unter eine Achsel und gemeinsam schafften sie es, ihn auf die Füße zu stellen und in den Porsche zu bugsieren.
"Dann bringen wir dich mal heim.“
"Nein!"
"Nein?“
"Bitte – nich‘– Mitch – er – soll mich so nich‘ seh’n.“
Eddy kniff die Lippen zusammen, doch blieb zu Cians Verwunderung still. Sie fuhr los und hielt irgendwann vor einer Stadtvilla mit pinker Stuckverzierung. Cian sah sie fragend an, aber Eddy zuckte nur die Schultern. Partner lief neben ihnen her und Eddy hatte ihre liebe Mühe, Cian die zwei Treppen nach oben zu befördern. Die Krücken halfen ihm nur bedingt, das Gleichgewicht zu halten und immer wieder musste sie beherzt zugreifen, damit er die Stufen nicht rückwärts hinunterfiel. Schwer lehnte er sich an sie, als sie eine der Wohnungstüren öffnete und ließ es geschehen, als sie ihn in den Flur dirigierte.
Sein Gehirn schwamm in einem wohligen Nebel, den der Alkohol hervorgerufen hatte und er verleitete Cian dazu, sich vorzubeugen und an Eddys Nacken zu schnuppern. Aprikose und Vanille. Genussvoll schloss Cian die Augen.
Als er sie wieder öffnete, war Eddy gerade dabei, ihn am Hemd zerrend vorwärts bewegen zu wollen. Er tat ihr den Gefallen, stellte aber die Krücken beiseite und torkelte nur mit ihrer Hilfe durch die großzügig geschnittene Wohnung.
Sie führte ihn in ein großes Schlafzimmer. Setzte ihn aufs breite Bett und Cian sah anzüglich grinsend zu Eddy auf.
"Oha, Eddy! Du hätt’st doch nur frag’n müss’n.“
"Witzbold. Wir müssen dich erstmal aus den nassen Sachen rausbekommen.“
Umsichtig begann die süße Blondine, die Knöpfe seines Hemdes zu öffnen und streifte ihm den Stoff von den Schultern. Spielerisch hob Cian eine Hand und zog an ihrer Haarsträhne. Überrascht quietschte Eddy. Für einen kurzen Moment verhakten sich ihre Blicke ineinander und Cian spürte ein tiefes Sehnen in seiner Magengrube.
Dann brach Eddy den Blickkontakt.
"Kannst du deine Jeans allein ausziehen, oder muss ich dir dabei auch helfen?“
"So betrunk’n bin ich auch wieder nich‘.“
Eddy schnaubte und stieß Cian leicht gegen die Schulter. Überrumpelt kippte er nach hinten und fiel mit dem Oberkörper schwer auf die Matratze. Okay, vielleicht war er doch ziemlich besoffen.
Er spürte, wie Eddy den Knopf seiner Hose öffnete und den Reißverschluss herunterzog. Hörte, wie sie ihn aufforderte, sein Becken anzuheben.
"Sind das pinke Sternchen auf deinen Boxershorts?"
Cian wackelte bestätigend mit den Hüften. Mühsam kämpfte er sich noch einmal in die Senkrechte und blieb schwankend auf der Bettkante sitzen.
Überrascht sah Eddy zu ihm auf, die gerade seine Sachen aufsammelte und nun vor ihm kniete.
Leicht spreizte Cian seine Beine und fasste zeitgleich Eddy an den Oberarmen, zog sie zu sich. Er wusste nicht genau, was ihn dazu brachte. Der Alkohol, die traurigen Augen der kleinen Becky, die er nicht vergessen konnte, oder einfach die aufkeimenden Gefühle für diese junge Frau vor ihm. Aber sein Mund landete auf ihrem. Zart berührte er ihre Lippen, verweilte dort mit seinen und erkundete ihren Mund. Sie erwiderte seinen Kuss zögerlich, nur für einige Sekunden. Dann löste sie sich von ihm.
Bevor sie sich erhob, überwand Cian all seinen Stolz: "Bleibssu bei mir? I-ich möcht‘ nich‘ allein sein …“
Eddy nickte und krabbelte zu ihm aufs Bett. Wortlos zog er sie in seine Arme, vergrub sein Gesicht in ihrem Nacken.
"So kann es nicht weitergehen, Cian. Du machst dich kaputt. Allein kommst du da nicht raus.“
"Ich weiß“, hauchte er beschämt und schloss erschöpft die Augen.
Still saß Mitch neben Cian im Auto und wartet geduldig darauf, dass sein bester Freund sich entschied. Entweder für oder gegen seine Zukunft. Für oder gegen sein Leben. Mitch stand ihm bei. Er war immer da gewesen. Auch jetzt würde er an Cians Seite stehen. Ihn unterstützen und ihm durch diese Zeit helfen. Aber den ersten Schritt musste Cian allein wagen.
"Ich habe nicht erwartet, dass es mir so schwer fallen würde“, gab Cian mit kratziger Stimme zu und wrang seine Hände.
Hände die zitterten wie Fähnchen im Wind. Nach dem gestrigen Ausrutscher hatte er Mitch alles gebeichtet und Mitch hatte ihm ein Ultimatum gestellt: Die Anonymen Alkoholiker, C, oder ich bin raus! Dann war’s das! Ich schaue mir nicht mehr an, wie du dich zu Grunde richtest!
Nun saßen sie vor dem Gemeindehaus. Ein Typ mit blaugefärbtem Mohawk stand rauchend an die Mauer gelehnt davor.
"Ich weiß“, meinte Mitch und starrte durch die Windschutzscheibe.
"Ich bin Psychologe, Mitch. Ich bin der Typ, der Leuten wie denen aus dem Schlamassel hilft. Nicht sich selbst in diese Scheiße reitet.“
"Und doch sitzen wir jetzt hier.“
"Ja.“
"Ja.“
"Ich hab übrigens morgen endlich das verdammte Meeting mit den Deutschen. Rate mal, wen ich dazuholen will - Chris! Kannst du das fassen?"
"Du schindest Zeit, C."
Cian lachte nervös und nickte.
Mitch lehnte sich in seinem Sitz zurück und blickte Cian an. Sah vermutlich, was auch Cian selbst im Spiegel sah: traurige braune Augen und ein zu blasses Gesicht.
"Ich habe schon die Liebe meines Lebens verloren C – bitte – ich – ich will dich nicht auch noch verlieren. Tu mir das nicht an.“
Cian wischte sich die Augen mit dem Hemdsärmel. Er umschloss den Griff der Autotür und hielt kurz inne.
"Bist du hier, wenn das Treffen vorbei ist?“
Mitch lächelte ihn an.
"Wo sollte ich denn sonst sein, huh?“
Nach dem Treffen suchte Cian die Privatsphäre von Captain Bates Büro auf und ließ sich hinter dessen Schreibtisch auf den Bürostuhl sinken. Er nahm das Telefon zur Hand, da er in seiner Zerfahrenheit sein Smartphone im Besprechungsraum vergessen hatte und wählte eine Nummer, die er früher häufig und heutzutage viel zu selten anrief.
"Christopher Farrenstein, Farrenstein Group, wer fleht darum, meine Stimme zu hören?", meldete sich eine männliche Stimme auf Deutsch am anderen Ende.
Im Hintergrund rauschten einige Autos vorbei.
"Hmm, ich weiß zwar nicht, was du da gerade gesagt hast, aber ich hoffe, dass es was Schweinisches war", flachste der Kriminalpsychologe.
"Cian fucking Finnigan. Was verschafft mir die Ehre deiner whiskeygeprüften Reibeisenstimme? Du hast dich seit über einem Jahr nicht mehr persönlich gemeldet, mein Freund", wechselte der andere Mann souverän in ein perfektes Oxford-Englisch.
Wenn Christopher Farrenstein eins war, dann das: Aalglatt. Durch und durch perfekt.
"Wie laufen die Geschäfte, Chris? Bist du schon Geschäftsführer der Farrenstein Group oder lässt dich dein alter Herr immer noch zappeln?"
"Pff. Dem werde ich den Posten noch aus seinen toten, klammen Händen reißen müssen. Neuerdings setzt er uns Wikinger vor die Nase, die planen eine Verschwörung gegen mich, das sage ich dir. Aber du hast sicher nicht angerufen, um über meine persönliche Hölle zu schwafeln. Also, was willst du und wie viel kostet es?"
Cian lachte.
Ja, Christopher war ein absoluter Mistkerl. Kein Wunder, dass sie sich so gut verstanden hatten, als sie sich vor einigen Jahren im Pub kennenlernten. Eine Zufallsbegegnung, aus der eine der besten Freundschaften entstanden war, die Cian je gehabt hatte. Abgesehen von Mitch und Fab, vertraute er niemandem mehr, als dem blasierten Deutschen mit dem fragwürdigen Humor und der Schwäche für hübsche junge Frauen.
"Ich bin momentan an einem Mordfall dran. Vielleicht hast du in den Zeitungen davon gelesen."
"Holy Shit, die Ritualmorde in Dublin?"
"Mhm."
Cian vernahm ein Schnaufen aus dem Hörer.
"Ich habe Spuren, die nahelegen, dass die Opfer hier in Irland nicht die ersten des Täters waren. Scheinbar gab es bereits eine Mordserie Anfang der 80er in Norddeutschland. Auf der Insel Föhr", Cian stolperte bei der Aussprache über den Umlaut und Christopher lachte spöttisch.
"Hör auf dich lustig zu machen, du Saftsack. Sonst lästere ich über dein th."
"Da gibt es absolut nichts dran auszusetzen. Meine Aussprache ist makellos."
Da hatte der eingebildete Affe gar nicht so unrecht. Christopher konnte geschwollener und gekonnter daherschwadronieren, als jeder Ire an seinem besten Tag. Genau deswegen brauchte Cian ihn ja auch. Und weil er ihm bedingungslos vertraute.
"Also, Alter, hör zu. Es gab einige Schwierigkeiten bei den Behörden auf der deutschen Insel. Keine Sau kann da Englisch, ich kann kein Deutsch. Wenn man von Willst du mich hart rann nehmen mal absieht. Ich habe endlich ein Videocall mit dem Leiter der Polizeibehörde auf Föhr einfädeln können und brauche jetzt einen Dolmetscher. Hast du morgen um drei, meiner Zeit, am Nachmittag was vor?"
"Ich bin kein Dolmetscher."
"Ich weiß."
"Ich bin weder Polizist, noch Psychologe, noch Kriminalist oder Forensiker."
"Ich weiß."
"Ich habe keinen Schimmer von so einem Kram. Ich bin Unternehmer."
"Ich weiß. Bist du dabei?"
Es blieb einige Minuten still am anderen Ende der Leitung. Im Geiste zählte Cian rückwärts: 5 ... 4 ... 3 ... 2 ...
"Was springt für mich dabei raus?"
So kannte er seinen Kumpel.
Christopher und er waren sich ähnlich. Sie waren zynisch und launisch, hin und wieder berechnend. Aber hatte man ihr Vertrauen einmal gewonnen, waren sie loyal bis zum bitteren Ende. Cian ließ Chris noch ein wenig zappeln und streifte mit dem Blick über Bates Schreibtisch. An einem der Bilderrahmen blieb er hängen. Es zeigte den Captain mit seinen Kindern. Brian und Beth. Cian grinste diabolisch.
"Sag mal, Chris. Du bist doch Ende August in der Stadt, nicht?"
"Ist so geplant, ja."
"Ich denke, ich habe da schon so etwas im Kopf, was dich für deine Mühen entlohnen könnte."
Cian hatte alles eingefädelt und mit den Behörden abgeklärt, dass auch ein nicht-lizensierter, einfach mal dahergelaufener Unternehmerfuzi den Dolmetscher in einem Gespräch bezüglich einer Mordermittlung mimen durfte. Es war ein Wust an Formularen und Genehmigungen dafür nötig gewesen. Aber es hätte ihn auch nicht gestört, wenn er in einem rosa Tutu tanzend und pinken Glitzer verstreuend durch Dublin hätte laufen müssen, wenn er im Gegenzug Chris an seine Seite gestellt bekam, anstatt einen professionellen Dolmetscher, von dem er aber nicht wusste, wie er sich auf ihn einstellen musste. Nein! Chris, oder keiner. Und keiner war keine Option.
Anschließend telefonierte Cian mit Beth und schwärmte von einem gutaussehenden deutschen Mann und Unternehmer, der im August nach etwas Spaß suchte. Bates Tochter war jung und dynamisch und als Model nicht auf etwas Festes aus. Die Beiden würden eine schöne Zeit miteinander haben. Christopher war zwar schwierig aber im Grunde ein feiner Kerl und Cian hielt große Stücke auf ihn. Nie würde er zulassen, dass Beth sich mit Chris vergnügte, wenn er nicht überzeugt wäre, dass er sich ihr gegenüber grundanständig verhielte. Als alles geritzt war, machte sich Cian auf den Weg, um den Raum für morgen vorzubereiten.