Zwischen den Fronten:
"Hier steckst du!", sagte Amy, die seine Zimmertür aufgerissen und hinein gespäht hatte.
Luca, der mit dem Rücken auf der weichen Matratze lag und - in Ermangelung eines Handy - in einem Magazin aus dem Eingangsbereich des Hotels blätterte, sah auf.
Amys Blick war besorgt, als sie ungefragt in seinen Raum trat.
"Die Türen sind abgeschlossen. Wir kommen nicht aus diesem Flügel raus."
"Ich weiß", sagte Luca und musterte Amy. Obwohl es bereist dunkel wurde, trug sie immer noch Jeans und T-Shirt. Sie hatte ihren roten Mantel über den Arm gelegt. Luca hatte seinen Pyjama an.
"Wir wollen versuchen, nach draußen zu klettern", sagte Amy, die seinen Blick bemerkt hatte. Luca hob die Augenbrauen: "Klettern? Wie in "über den Balkon klettern"? Seid ihr wahnsinnig?"
"Siehst du einen anderen Weg?", fragte Amy.
"Wir können hier bleiben", sagte Luca und sah wieder in das Magazin. Es ging um Mode, nichts, was ihn interessierte, aber ihm war langweilig, und da war ihm alles recht, was ihn wenigstens ein bisschen ablenkte.
"Das ist nicht dein Ernst!", sagte Amy, jetzt ungehalten.
Luca sah auf: "Wie teuer war die Tour nochmal? Ach ja, ich glaube, das war etwas vierstelliges. Aber sowas kann man ja mal eben aus dem Fenster werfen!"
"Es geht nicht um das Geld!", rief Amy. Luca bemerkte einen bettelnden Unterton, obwohl sie versuchte, wütend zu klingen.
Sie war verzweifelt.
"Es geht darum, dass alles hier komisch läuft", redete Amy weiter, "dass sie uns unsere Handys wegnehmen, uns einsperren, Niemand zu sprechen ist. Das ist keine Horrortour mehr, Luca, siehst du das nicht?"
"Ihr habt Angst", stellte Luca fest und legte das Magazin zur Seite und schwang die Beine aus dem Bett, bis er saß: "Das ist völlig verständlich. Ich habe auch Angst. Samstag und Fay und die anderen auch. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen. Wir finden heraus, was hier läuft. Geht ruhig. Ich halte euch nicht auf. Aber ich bleibe."
"Luca ...", sagte Amy drängend.
Er schüttelte den Kopf: "Wir wollten eine gruselige Tour. Die haben wir. Dir sollte klar sein, dass das alles nur Show ist. Wenn Jemandem auf der Tour jemals etwas passiert wäre, wüssten wir das. Es ist eben was Neues."
Amy ließ die Arme hängen: "Du kommst also nicht mit?"
Er lächelte, aber es war ein freundloses Lächeln: "Ich erzähle euch nachher, was ihr verpasst habt."
Amy lächelte ebenso schwach zurück, dann drehte sie sich wortlos um und schloss die Tür.
Nachdem sie gegangen war, starrte Luca auf den Teppich seines Zimmers. Er rückte seine Brille zurecht, die irgendwie ständig schief zu sitzen schien.
Tat er das Richtige? Er wollte Amy nicht enttäuschen, immerhin kannten sie einander, seit sie Kinder waren. Aber er wollte wirklich wissen, das die Erklärung hinter den ganzen Geschehnissen waren. Er wollte nicht aufgeben, das würde er sich nie verzeihen.
Es klopfte an seine Tür und diesmal spähte Fay in sein Zimmer. Luca richtete sich sofort auf und lächelte.
"Kann ich rein kommen?"
"Komm rein", sagte er fast gleichzeitig und merkte, wie seine Ohren warm wurden.
Fay schloss die Tür hinter sich. Sie trug ein Nachthemd unter einem Bademantel und sah einfach umwerfend aus.
"Was wollte Amy?"
"Sie gehen", berichtete Luca und zwang seinen Blick zurück auf Fays Gesicht. Sie spielte nervös mit dem Gürtel, der ihren Bademantel zusammen hielt. Ihre Haare waren aufgesteckt und noch nass vom Baden. Kleine Wasserperlen liefen über ihre Stirn und ihren hellen Hals.
"Du nicht?"
"Nein", Lucas Mund war trocken geworden. Fay lächelte schüchtern: "Ich glaube, das ist besser so."
"Das denke ich auch", meinte Luca mit rauer Stimme.