Draco war mit seinem Latein am Ende. Er hatte keine Ahnung, was ihr half. Wie aus dem Nichts hörte er schritte auf sie zukommen. Der Blonde hoffte, das Blaise ihm zu Hilfe eilte. Doch diese Hoffnung starb, als sein Hauslehrer keuchend die Treppe hinauf stieg. Um nicht hinabzustürzen hielt er sich am Geländer fest und fixierte die beiden mit den Augen.
„Versuch sie zu beruhigen“ ,rief er seinem Schützling zu.
„Wie denn? Immer wenn ich versuche ihre Ohren frei zu kommen, verkrampft sie immer mehr“, Dracos kraft war am Ende. Die Hilflosigkeit setzte ihm zu. Er hatte keine Ahnung, was er noch machen sollte. Er blickte zu seinem Paten und hoffte auf Rat.
„Ich weiß es auch nicht, aber du musste es schaffen“, selbst Snape war der Verzweiflung nahe. Denn er kannte diese Art von Magie, „sie muss sich beruhigen, sonst legt sie die Schule in Schutt und Asche.“
Die Worte seines Lehrers brachten nicht viel. Im Gegenteil, sie ließen seinen Mut sinken, wie ein Stein im See. Er hatte keine andere Wahl, als es erneut zu versuchen. Es musste ihm gelingen. Obwohl der Mut fehlte, legte er seine Hände an ihre Gelenke und zog daran. Jedoch ohne Erfolg. Das Beben verstärkte sich wieder und die Wände fingen erneut an heftig zu wackeln. So kraftvoll, dass die Bilder drohten von der Wand zu fallen. Die Bewohner konnten sich mit Mühe am Rahmen festhalten. Stellenweise rieselte der Putz von der Decke und legte sich wie ein Schleier auf dem Boden. Die Schüler kauerten in den Ecken, vor Angst. Manchen kam der Krieg wieder ins Gedächtnis und fingen an zu weinen.
„Beeil dich. Sie hat Angst vor mir. Bitte beruhige sie endlich“, die Panik wuchs in Snape. Nicht nur das die Schule drohte zusammen zu brechen und ihre Arbeit umsonst war. Auch die Tatsache, dass sie ihn für einen Mörder hielt, machte es nicht besser. Draco nickte ihm zu. Tief holte er Luft, sammelte jeder Kraft, die er besaß und zog beherzt an ihren Gelenken. Immer wieder rief er ihren Namen und wurde dabei mit jedem Ton lauter. Es führte dazu, dass sie ihre Augen aufschlug und ihn ansah. Zumindest hoffte er dies. Sina hörte auf zu weinen und das Beben ebbte allmählich ab. Er sah sie direkt an. In ihr war die pure Angst und Verzweiflung zu sehen.
„Nimm deine Hände runter, bitte“, sprach Draco beruhigt auf sie ein. Der Widerstand erlosch. Behutsam drückte er ihre Arme nach unten,„ sehr gut. Alles ist gut“, verwirrt kuckte sie sich um. Der Blonde verstand und klärte sie auf, „Du hast fast die Schule mit einem Erdbeben zum einstürzen gebracht.“
Sina riss vor Schreck die Augen auf. Im ersten Moment dachte sie, sie habe sich verhört. Doch beim genauen Betrachten der Eingangshalle wurde ihr klar, das er nicht log. Die Halle sah aus, wie nach einem Orkan. Das pure Chaos.
„Ich informiere den Direktor“, rief ein Bewohner und verschwand.
Sina hingegen drehte sich langsam wieder zu Draco und formte mit den Lippen ein, „OHHHH“. Dennoch war es ihr schleierhaft, wie das zustande kam. Sie war doch nur wütend und hatte Angst. Wie kann sie dann ein Beben erzeugen? Sie schüttelte ihren Kopf, um ihre Gedanken zu sortieren.
„Du hast, wie es aussieht, die Fähigkeiten deiner Mutter bekommen“ ,sprach Snape sie an, „ mir ist nur nicht klar, wie du sie erhalten hast.“ Die Stimme drang ins Sinas Ohr. Sie zuckte. Erschrocken wendete sie ihren Kopf in die Richtung, woher das Gesagte kam. Dies bewirkte, dass Sina die Luft anhielt und sich versteifte.
Draco reagierte blitzschnell. Er legte seine Hand auf ihre Wangen und drehte mit druck ihr Haupt zu sich. Sie war gezwungen ihn anzusehen. Beruhigend strich er mit dem Daumen über diese. Die Anspannung in ihr ließ nach.
„Ich bin bei dir. Du musst keine Angst haben“, flüsterte er ihr zu. Das Mädchen atmete langsam aus und nickte. Erleichtert nahm er sie in seine Arme.
„Und wer macht diesen Saustall weg?“, kam es aus einem der Bilder.
„Und wer hängt uns wieder ordentlich hin?“ ,kam es aus dem Nächsten. In der Halle herrschte Unruhe. Alle sprachen Wild durcheinander. Der Blonde schaute von Sina auf und sah zu den Gemälden. Keins hing mehr an seinem Platz. Die Umgebung glich einem Kriegsschauplatz. Er musste ihnen recht geben.
„Keine Sorge, das erledigen wir gleich“ ,versprach Draco und sie stimmte ihm zu. Die Schüler, die sich versteckt hatten, kamen aus ihren Verstecken. Sie hielten sich den Mund zu und rissen ihre Augen auf. Der Schreck saß ihnen in den Knochen. Schritte hallten aus dem Treppenhaus. Und kurz darauf stand der Direktor in voller Gänze an der obersten Stufe. Er nahm seine Brille ab und schaute sich die Halle an. Sein Informant hatte sich nicht geirrt. Der Eingang sah aus, wie beim zweiten Krieg. Mit dem Unterschied, dass ein junges Mädchen die Ursache war und kein Todesser. Er schritt die Stufen hinab und stellte sich zu seinem Schüler und dessen Begleitung. Ein kurzer Blick auf sie und er verstand, was in ihr vorging.
„Bring Sina in ihr Zimmer. Ich denke sie wird jetzt eins brauchen, und zwar Ruhe“, er legte seine Hand auf Dracos Schulter und drückte sie leicht, ehe er sich seinem Kollegen zuwandte, „Dich, Severus, bitte ich in mein Büro.“ Der Angesprochene nickte und marschierte los.
„Ja Sir“, sagte der Blonde und streckte dem Mädchen die Hand entgegen. Sie nahm diese ohne zu zögern an. Gemeinsam schritten sie zur Treppe.
Plötzlich stoppte Sina in ihrer Bewegung und drehte sich der Halle zu. Überrascht durch die ruckartige Bremsung wendete sich Draco ihr zu. Er schaute verblüfft zu ihr. Diese wiederum sah entschuldigend zu ihm auf. Sie erhob ihre Hand und schwang sie durch die Luft. Ihre Lippen formten „Reparo“.
Dann flogen die Steinbrocken, wie federn, durch die Lüfte. Sie platzierten sich wieder an Ort und Stelle. Die Bilder richteten sich in ihre ursprüngliche Stellung. Die Hexe schaute sich um und nickte zufrieden mit ihrem Werk. Draco hingegen stand mit offenen Mund hinter ihr und hielt den Atem an. Obwohl er es letzte Nacht schon gesehen hatte, war er immer noch verblüfft, wie sie Magie anwandte. Der Blonde verstand nicht, wie sie das bewältigte. Er sah keinen Zauberstab. Bisher kannte er kaum einen, der es ohne schaffte. Selbst trugen ihren Stab dennoch in der Halterung. Also vermutete er, dass sie keinen hatte. Sie danach zu fragen, würde zum jetzigen Zeitpunkt nichts bringen, da sie nicht sprach. Sina wendete sich wieder ihm zu. Sie sah seinen verwirrten Gesichtsausdruck. Ein zartes Lächeln umschloss ihre Lippen. Sein Anblick amüsierte sie. Sie wusste genau, was er dachte. Doch ehe sie es ihm Erklärung konnte, brauchte sie Ruhe. Der Schreck saß tief. Er griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich in das Treppenhaus, in welchen sie verschwanden.