„Okay“, sagte sie daher und drehte sich mit Tränen in den Augen um. Sie sollte diese nicht sehen. Gemeinsam betraten die fünf das Büro von Severus. Der Geruch von Kräutern stieg ihnen beim Eintritt in die Nase. Einen erkannte sie. Es war Lavendel. Maria hatte ihn benutzt, um die Aura der Räume zu erhellen. Abermals zerbrach es ihr das Herz. Sie vermisste sie. Ihre herzliche Art, welchen jeden in ihren Bann zog. Sina verzog sich in einer Ecke und Draco gesellte sich zu ihr. Er griff nach ihrer Hand und drückte diese. Ihre Blicke trafen sich und die Hexe beruhigte sich. Sie stand direkt an der Tür, die ihr die Möglichkeit bot zu flüchten, wenn ihr danach war. Die Räumlichkeit war dürftig und eng. Die Regale türmten sich bis zur Decke und waren voll bestückt mit Einmachgläsern. Sina wollte nicht sich wissen, was alles drin war. Schier der Anblick, ließ sie erschaudern. Sie schaute sich um und legte ihre Stirn in falten. Das Mädchen machte sich sorgen, sie hatten in der Stube nicht genug Platz. Mit Snape wären sie zu sechst. Jeder der eintrat, suchte sich eine Stelle, an der er bequem stehen konnte. Als alle an ihren Ort fanden, betrat der Getränkemeister die Räumlichkeit. Seine Augen waren zu Schlitzen geformt und er sah sich um. Verächtlich schnaubend bewegte er sich zu seinem Tisch, stellte sich davor und verschränkte seine Arme vor seiner Brust. Und wartete. Daniel schritt auf Snape zu und hielt ihm eine Hand hin. Es wirkte, als würde er einen alten Freund begrüßen. Der Professor löste sich aus seiner Haltung und ergriff diese widerwillig. Kurz schüttelte er sie. Dann stellte er sich wieder in seine vorherige Position und blickte grimmig drein. Daniel ließ sich davon nicht beirren. Er wusste, wie der Meister war.
„Ich habe schon viel neues gehört. Ihr Direktor war so frei und hat mir im Vorfeld einiges erzählt“, plauderte der Auror munter drauf los und grinste übers ganze Gesicht. Seine grimmige Art, hatte er nicht vergessen. Damals ahnte er nicht, weshalb sich dieser Lehrer so verhielt. Seit Dumbledore ihn auf den neusten Stand gebracht hatte, verstand er diesen umso mehr. Seine Angst und der Hass waren verpufft, wie eine Nebelwolke.
„Ich hoffe nur Gutes.“ Snape verzog keine Miene. Dieser Mann war so undurchsichtig wie eine Scheibe Glas. Kein Zucken der Mundwinkel. Seine Mimik steinhart, wie ein Felsbrocken. Der Auror grinste bei diesen Worten und drehte sich zu seiner Schwester um.
„Kleines, mir wurde zugetragen, das du die Fähigkeiten unserer Eltern in dir trägst. Was eigentlich nicht sein kann“, sprach er und legte seine Stirn in Falten, „denn mir wurde gesagt, das sie in einem Medaillon aufbewahrt sind.“ Gespannt schaute er seine sie an. Die Anspannung im Raum war zu greifen nah. Wie eine Nebelwand umschlang sie jeden. Das Mädchen schluckte hart, bisher hatte sie ihm nie erzählt, was geschah. Es war der Zeitpunkt gekommen, wo er es erfuhr und sie hatte keine Ahnung, wie er darauf reagierte.
„Daniel, verspreche mir, das du jetzt nicht sauer wirst“, begann sie und senkte ihren Kopf, „ ich habe all die Jahre geschwiegen, was ich wirklich gesehen habe“, sie pausierte, schaute auf und sah ihren Bruder an. Dieser durchbohrte sie erwartungsvoll mit seinem Blick. Sie holte tief Luft und sprach weiter, „Ich habe den Mord an unseren Eltern gesehen“, brach es endlich aus ihr heraus. Daniel zog merklich die Luft scharf ein. Bilder der Nacht tauchten wieder auf. Seine Eltern, Sina, wie sie starr auf dem Boden lag, und tränen flossen. Er hatte sich all die Jahre gefragt, wieso seine Schwester dort lag. „Der Professor war damals auch anwesend“, sprach sie weiter und erhob ihren Arm, streckte einen Finger aus und zeigte auf den Lehrer hinter Daniel, „ ich habe gesehen, wie er zwei grüne Blitze abgefeuert hat. Seitdem bin ich davon überzeugt, dass er der Schuldige ist“, ihre Augen verfinsterten sich und in ihnen sammelten sich erneut tränen. Ihr Magen zog sich zusammen und ihr wurde Übel. Sodass sie das Gefühl hatte sich zu übergeben. Diesem Drang widerstand sie nur mit Mühe. Draco schritt auf sie zu, suchte nach ihrer Hand und verhakte sie ineinander. Diese Berührung gab ihr die Sicherheit, die sie brauchte.
Severus zog scharf die Luft ein. Ein kalter Schauer huschte über seinen Rücken. Der sonst so eiserne Mann, ließ seine Fassade bröckeln. Sein Gesicht nahm eine ungewöhnliche bleiche Farbe an.
„Bitte was?“, schrie Daniel lauter, als er gewollt hatte. Sina zuckte unter der Wucht seiner Stimme zusammen. Draco drückte ihre Hand. Er hatte geahnt, dass er das nicht so leicht aufnahm. Gehofft hatte er es trotzdem.
„Bitte Daniel, sei nicht sauer“, sie löste sich aus dem Griff von dem Blonden und schritt auf ihren Bruder zu. Ihre flache Hand legte sie sanft auf seine Wange und strich mit dem Daumen darüber. Die Wut in ihm ebbte ab und er schaute seine Schwester wehmütig an, „ Du musst verstehen. Ich hatte Angst.“ Sina zwang sich zu einem lächeln. Es verfehlte dessen Wirkung nicht. Seine Gesichtszüge wurden weicher.
„Ich verstehe dich“, sagte er schließlich, „Jetzt habe ich auch eine Erklärung, weshalb du starr auf dem Boden lagst.“
Ihr lächeln erlosch. Daniel bemerkte, das sie noch was auf dem Herzen hatte und forderte sie, mit einer Geste auf weiter zu sprechen.
„Ich habe Draco meine Erinnerungen gezeigt. Ich wollte das er weiß warum ich so schweigsam war. Zudem sollte er es mit eigenen Augen sehen“, begann sie. Ihr Atem beschleunigte sich. Sie hielt ihre Luft an, um sich zu beruhigen. Flüsternd sprach sie weiter, „ich habe damals Geräusche gehört, daher bin ich aus meinem Zimmer. Ich dachte es sind unsere Eltern und bin voller Freude zum Fenster gegangen. Doch statt sie, habe ich, wie gesagt, den Professor gesehen. Dann diese grünen Blitze. Ich war starr vor Schreck“, die Erinnerung ließ sie erschaudern. Kalter schweiß bildete sich auf ihrer Stirn, „ was ich aber zum ersten gesehen habe, waren diese Lichtkegel. Welche ich damals nicht wahr nahm. Hätte ich diese Reise nicht gemacht, hätte ich bis heute nicht davon gewusst.“
„Was meinst du damit?“, schoss es aus Daniel heraus. Er selbst, war wie in einer Schockstarre. Er konnte kaum glauben, was er zu Ohren bekam. Es klang alles so verworren und wie in einem schlechten Film und doch ergab vieles Sinn. Wie ein Puzzle, was sich langsam zusammensetzte.
„Daniel, ich weiß es selber nicht. Selbst ich habe keine Erklärung dafür“, seufzte sie und ließ ihren Arm sinken. Sie schritt zurück und stellte sich wieder neben Draco, der sie in seine Arme schloss. Der Auror stand wie ein Fels in der Brandung an Ort und Stelle. Seine Muskeln waren angespannt bis aufs Äußerste. Seine Pulsadern pulsierten. Er ballte seine Hände zu Fäusten, um sich selber zu beruhigen. Das Gehörte, war wie ein Schlag ins Gesicht. Er hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit.
„Und da wäre mein Stichwort“, ertönte eine Stimme aus dem Nichts und durchbrach die Stille, „vorweg möchte ich euch sagen. Ich habe eure Eltern nicht auf dem Gewissen“,Snape schritt nach vorne und stellte sich in die Mitte des Raumes. Daniel wich ihm instinktiv aus und gesellte sich zu seiner Begleitung, „ Meine Aufgabe damals war, euch zu beschützen, vor allem eure Eltern. Den Zauber, den du gesehen hast, Sina, galt den Angreifen“, er wendete seinen Blick zu Sina. Diese wich seinem aus, indem sie ihr Gesicht in Dracos Schulter vergrub, „ich kann mir vorstellen, wie es für dich ausgesehen hat. Aber ich kann dir vergewissern, das ich nicht Schuld am Tod der beiden bin.“
„Wer dann?“, fand Daniel seine Sprache wieder. Seine Stimme war rau und kratzig.
„Diese Frage kann ich euch auch nicht beantworten. Sie trugen Masken, die der Todesser, wodurch mir die Sicht verwehrt blieb“, er wendete sich dem Auror zu und sah ihn durchdringend an, „selbst anhand der Masken, konnte ich nicht ausmachen um wen es sich handelt. Sie waren mir unbekannt“, fuhr er ungeniert fort und sein Redefluss erlosch mit keiner Silbe, „durch Zufall habe ich von dem Auftrag erfahren. Das man Anna und James ermorden wollte. Doch warum weiß ich auch nicht“, er senkte seinen Kopf. Es sah so aus, als wenn er versuchte, etwas zu verbergen.