Spieglein, Spieglein an der Wand,
du bist uns allen wohl bekannt.
Doch was würdest du sagen,
wenn wir dich fragen: - Wahrheit oder Lüge?
„Pst, schau mich an. Ich zeige dir, was ich sehe. Ich sage dir, was ich denke.
Ich will ehrlich sein: Ich kann gar nicht lügen.
Die Lügen sind das, was du dir einredest oder was du zu sehen versuchst.
Ich zeige dir nur, was da ist – nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Ich habe schon viel gesehen: Dich, aus allen Winkeln. Dich, in allen möglichen Outfits. Aufgebrezelt für die Party, vor deinem ersten Date. Vor dem Bewerbungsgespräch, vor dem du so nervös warst.
Aber am besten kenne ich dich von unseren allmorgendlichen Meetings. Wenn du dir die Zähne putzt, während du gleichzeitig versuchst deine Haare zu richten und Make-up aufzulegen, weil du eigentlich schon vor fünf Minuten hättest losfahren müssen. Dann, wenn du vor lauter Hast und Eile kleine weiße Pünktchen auf mich sprenkelst, die du dann mit den Fingern wegwischt. Ich bin jedes Mal völlig verschmiert, aber unendlich froh, wenn du endlich zur Tür raus bist. Ganz schön anstrengend jeden Morgen.
Und weißt du noch, damals, als du zu diesem Event eingeladen warst?
Du hast mir tagelang die verschiedensten Outfits vorgeführt. Fandest dich zu dick. Zu blass. Zu unförmig. Aber ich bin geduldig und habe es ertragen – ohne zu murren. So bin ich nun einmal. Ich habe Geduld. Habe eh nichts anderes zu tun, außer abzuhängen. Passt schon, mach dir keine Gedanken! Hab Spaß! Lächle – so ist’s doch schon viel besser. Und jetzt raus ins Leben: Rock die Party, wickle den Typen um die Finger, greif dir den Job, mach dein Ding.
Ich habe dich schon so oft gesehen: An guten wie an schlechten Tagen, zu vielen verschiedenen Tageszeiten, manchmal sogar nachts. Dein Anblick schockiert mich nicht mehr. Selbst als du dein Halloween Make-up präsentiert hast, bin ich nicht zurückgezuckt.
Du hast mir schon so oft dein Leid geklagt. Unreine Haut, krumme Nase, schiefe Zähne, Fettpölsterchen, Haare, die nie das tun, was du von ihnen willst. Kenn ich alles. Hör ich mir geduldig an.
Aber weißt du was: Alles kein Drama.
Noch keiner von uns hat deswegen jemals einen Sprung bekommen. Erst dann wäre es wirklich besorgniserregend. Also alles gut. Wir kennen für jedes Problem eine Lösung: Foundation, Shapewear, Bad Hair Day. Bad Taste.
Du würdest dich wundern, was ich schon alles gesehen habe. Was meine Vorfahren schön fanden, was dann eines Tages verschwunden war, nur um Jahre später wieder aufzutauchen.
Zeig uns deinen Kummer und wir finden die Lösung. Und hey, jetzt wisch die Tränen aus den Augen und hör gut zu.
Ich will dir ein Geheimnis verraten. Komm näher. Noch näher!
Schau mir in die Augen, Kleines. Ja, so ist’s gut. Ganz nah.
So nah, dass du mich anhauchen kannst. Hast du schon x-mal gemacht, also kein Grund, heute so schüchtern zu sein. Ich mag dieses Kribbeln auf der Glasscheibe. Man fühlt ja sonst nix.
Also hier kommt mein Geheimnis, das eigentlich gar keines ist.
Egal, was dich bedrückt. Egal, was dir Sorgen bereitet. Egal, was es ist. Ich kenne da einen Trick, um es wegzuzaubern.
Du glaubst nicht an Magie?
Funktioniert aber garantiert. Kinderleicht. Du brauchst auch gar nichts dazu. Du musst nicht einmal wirklich daran glauben.
Kostet auch nichts, außer vielleicht ein wenig Überwindung.
Hier ist das ultimative Geheimnis: Lächle!
Lächle dich selbst an. Lächle deine Sorgen weg.
Falten? -Pah! Lacherinnerungen - ja!
Lächle. Lache, wenn du kannst. Ich mag das und ich habe schon so viel gesehen. Aber eines weiß ich ganz sicher: Mein liebster Anblick ist der deines lachenden Gesichts. Egal zu welcher Uhrzeit und egal, was du dazu angezogen hast."
Spieglein, Spieglein an der Wand,
du bist uns allen wohl bekannt.
Doch was würdest du sagen,
wenn wir dich fragen: - Was denkst du?