capítulo 9
persona desaparecida
Ich kuschle mich an den warmen Rücken meines maridos. Er schläft noch tief und fest, als ich seine Schulter küsse. Seine ruhige und gleichmäßige Atmung ist leise zu hören. Meine Lippen wandern von seiner Schulter bis zu seinem Hals. Immer wieder hinterlasse ich kleine, sanfte Küsse. Vom Hals hinter sein Ohr, in den Nacken. Ich liebkose Calum zärtlich mit meinen Lippen. Meine Hand streicht die Decke von seinem Arm. Ich atme tief durch, küsse mich dann seinen Arm entlang. Calum bewegt sich ein wenig, doch er ist immer noch im Land der Träume. Sehr gut, denn ich hab vor, ihn mit einer ganz besonderen Geste zu wecken.
Mein schlafender marido bekommt weitere Küsse auf den Rücken, den letzten platziere ich an seiner rechten Arschbacke, ehe ich ihn auf den Rücken drehe. Den letzten Stoff hebe ich von Calums Hüfte, ehe ich anfange meinen Liebsten oral zu befriedigen.
Mit geschlossenen Augen sauge ich an seiner Erektion, ich öffne meine Augen erst, als ich Calums Hand in meinen Haaren spüre.
„Sweetie, was machst du?“
Ich lasse seinen Penis aus meinem Mund gleiten, um antworten zu können. „Ich will, dass du einen schönen Start in den Tag hast.“
„Aber mein Tag… Ich schlafe ja noch…“
„Sch… genieß es, Baby.“
Calum atmet tief durch, er streichelt weiterhin meinen Kopf, während ich mich schon wieder seinem besten Stück widme. Auch wenn ich Calum meistens nur einen Blowjob gebe, um ihn scharf zu machen und somit zu Sex zu überreden, mache ich das heute ohne Hintergedanken. Er soll sich wohl fühlen.
Ich stütze mich ein wenig ab, um ihn noch ein wenig tiefer in den Mund nehmen zu können, außerdem sauge ich ein wenig kräftiger. Meine Taktik zeigt bereits jetzt ihre Wirkung, mein Können lässt Calum aufstöhnen.
„Das ist so gut, bitte weck mich jeden verdammten Tag so.“
Mein Kopf verdrängt das Grinsen, das sich auf meinen Lippen breit machen will. Es macht mich immer geil, wenn Calum diesen verlangenden Ton anschlägt. Er spornt mich jedes Mal wieder zu Bestleistungen an. Ich beschleunige das Tempo ein wenig, Calum lässt sich gehen, er stößt in meinen Mund, was mich dazu veranlasst ein klein wenig Abstand zu nehmen, um mich nicht zu verschlucken. Ich passe mich an Calums Rhythmus an, sauge wieder ein wenig kräftiger. Mein marido stöhnt vor Erregung meinen Namen, er krallt sich in meinen Haaren fest und drückt mich an sich, sodass er tiefer in meinem Hals kommt. Für einen Moment fällt mir das Schlucken schwer, doch wenn man keine Panik bekommt und auf sein Können vertraut ist der kurze Schock schnell vergessen und man bekommt genug Luft zum Atmen. Calums Griff in meinen Haaren wird lockerer, er streichelt mich wieder. Anstatt von Calums Penis abzulassen lutsche ich noch an seiner Eichel, um sicher zu gehen, dass er mir alles gegeben hat.
Mein marido zuckt unter meinen Berührungen. „Sweetie, stopp, stopp. Bitte, ich explodiere.“
Ich komme seiner Bitte nach und lasse von ihm ab. Mit etwas Anstrengung strecke ich mich quer über das Bett, um meine Nachttischschublade zu erreichen. Einige Zentimeter muss ich nachrutschen, damit ich das erreiche, was ich brauche.
Ich unterbreche meine Handlung und drehe mich um, als ich ein Rascheln höre. Mein marido beißt gerade in eine Schokoladentafel. Kopfschüttelnd widme ich mich wieder meinem eigenen Nachttisch. Ich ziehe feuchte Tücher aus einer Packung, setze mich dann auf und befreie Calums Schritt von meinem Speichel.
„Das war voll schön, Sweetie“, bedankt Calum sich kauend. Er sieht wach und äußerst zufrieden aus. Der schöne Start in den Tag ist wohl gelungen.
„Eigentlich solltest du ‚Sweetie‘ sein, so viel Süßkram wie du zu dir nimmst.“
Calum schmunzelt. „Ich hab echt Appetit bekommen, das schien mir passend zu sein.“
„Wenn du willst hab ich noch ein Würstchen für dich in meiner Hose.“
„Blödsinn, du bist nackt, hast also keine Hose an und ich hab Schokolade, was heißt, dass ich dein Würstchen gar nicht brauche.“ Anstatt noch etwas zu kontern und dadurch ein Wortgefecht zu starten, beschließe ich, aufzustehen, um mich frisch zu machen. „Wohin gehst du?“
„Nur kurz Zähne putzen.“
„Aber dann musst du unbedingt kuscheln kommen. Nur wenn du in meinen Armen liegst, ist der Start in den Tag schön.“
Calums Aussage bringt mich zum Lächeln. „Ich bin gleich wieder bei dir.“
Eilig schlüpfe ich in eine Boxershorts. In der Küche höre ich mich kurz um. Die Mädchen scheinen noch nicht wach zu sein. Das Schwimmen hat sie gestern hoffentlich so sehr ausgepowert, sodass ich noch ein wenig Zeit mit Calum alleine verbringen kann.
Nachdem ich mich im Badezimmer frisch gemacht und auch Zähne geputzt habe, gehe ich wieder zurück in die Küche. Auf Kaffee verzichte ich, die Maschine ist zu laut und ich habe wohlmöglich keine Zeit um auf meinen French Press Kaffee zu warten. Ich strecke mich zu Calums Junk Food Fach und fische eine Packung Nachos heraus. Ich taste mich ein wenig vor und ziehe auch eine Tafel Schokolade hervor.
Mit meiner Ausbeute klettere ich zurück zu Calum ins Bett. Ich lehne mich an seinen Brustkorb und lege die Tafel auf seinen Oberschenkel.
„Ich hab was mitgebracht. Du musst ja deinen Nachttisch-Vorrat nachfüllen“, erzähle ich beiläufig, als ich die Packung Nachos öffne.
„Tz… Jetzt knabberst du meine Nachos in unserem Bett, aber wenn ich Krümel im Bett hinterlasse ist das nicht okay…“
„Wir haben das Bett gestern Nacht ziemlich eingesaut, ich wechsle heute die Laken“, antworte ich, worauf ich mich etwas bequemer hinlege und die Nachos koste. Kauend mustere ich den Aufdruck der Verpackung. „Jalapeño am Arsch, die sind nicht mal ansatzweise würzig.“
„Wenn sie so scharf wären, dass du sie gut findest, dann würde ich sie nicht für mich, sondern für dich kaufen“, antwortet Calum sanft. „Wenn du enttäuscht von ihnen bist, kann ich dir ja eine scharfe Salsa machen. Ich hab schon gesehen, wie du die machst. Ein bisschen Höllenfeuer, Lava und ein paar deiner kleinen roten Chilis und schon bist du glücklich.“
„No, no, schon gut, Baby. Ich wollte nur was zum Knabbern haben, während du Schokolade in dich stopfst. Die Tüte hat mich irgendwie angesprochen, aber dann doch maßlos enttäuscht, so wie Junkfood es meistens tut.“ Ich lege die Tüte zur Seite, Calum hält mir seine Schokolade entgegen, doch ich lehne mit einer Handgeste ab. Anstatt etwas zu essen, genieße ich die Nähe zu meinem marido. Calum streichelt meinen Bauch, er lässt einen tiefen Seufzer los.
„Ich bin so happy, wenn du da bist.“
„Sicher, dass das nicht an ‚Schokolade und Blowjob am Morgen‘ liegt?“
„Mhm. Danke, dass du dich wieder mehr für Romantik einsetzt. Es ist schön, auf diese Weise wertgeschätzt zu werden. In solchen Momenten bin ich froh, dass wir unsere Probleme in den Griff bekommen haben. Wer weiß, was ich so angestellt hätte, um unsere kaputte Ehe zu verdauen.“
„Egal, was es gewesen wäre, es wäre konstruktiver gewesen, als das, was ich getan hätte. Ich wäre vermutlich tot.“
Calum lacht bitter. „Naja, ich weiß nicht. Ich hätte auch dumme Dinge getan, sehr dumme Dinge. Ich hab oft getrunken, als es uns schlecht ging.“
Ich hebe Calums Arm an, küsse seine Haut einige Male. „Genug trübe Gedanken für heute. Wir konzentrieren uns auf Sommer und Sonnenschein. Hast du schon etwas vor?“
„Robin fängt heute mit dem Kaninchenstall an. Also… gestern haben wir alles abgesteckt und heute schickt sie jemanden, der das Loch gräbt und-“
„Nein, vergiss die Arbeit. Was hast du vor? Irgendwas, das du nur für dich machst.“
„Ich wollte nur ein leichtes Frühstück zu mir nehmen und danach laufen gehen. Außerdem will ich mich im Internet nach neuen Trainingsgeräten umsehen. Bestellen werde ich noch nichts, der Keller muss ja vorher fertig werden, aber umsehen kann nicht schaden. Ich muss ja schauen, wie das alles in den Keller passt. Ich will auch unbedingt eine Sauna haben.“
„Wozu seine Sauna? Wenn du schwitzen willst, dann kann ich dich ja immer zum Schwitzen bringen.“
„Weil mich die Sauna zum Schwitzen bringt, ohne dass ich ihr den Arsch entgegen strecken muss“, antwortet Calum mit einem Unterton, der mir unterschwellig etwas mitteilen und mich an etwas erinnern soll.
Kurz lache ich, doch dann wechsle ich eher plump als elegant das Thema: „Hast du schon eine Idee, was du heute essen möchtest? Willst du etwas Leichtes, wenn du heute ein kleines Sportprogramm einlegst?“
„Mir ist eigentlich eher nach Fleisch…“, antwortet Calum. „Ich weiß, das frustriert dich gleich wieder, weil du dann wieder extra kochst.“
„No, so ist das nicht. Ich koche für mich extra, ich bin der Picky-Eater, nicht du oder die Mädchen.“
„Du kochst heute gar nicht. Ich übernehme das Essen und du die Wäsche“, schlägt mein Liebster vor. Das macht er vermutlich nur, weil er es hasst, sich um die Wäsche zu kümmern, aber es ist okay, ich habe ohnehin vor, heute einen Putztag einzulegen.
„Okay. Ich schätze, dass ich den Vormittag damit verbringen werde, das Haus zu putzen. Es wäre nett, wenn du oben anfängst und ich unten?“
„Jetzt darf ich also oben sein“, zieht Calum mich passivaggressiv auf.
Natürlich weiß ich sofort, worauf er hinaus möchte. Schon der erste Wink hat mir gereicht, um zu verstehen, was er möchte. Letzte Nacht wollte er mal wieder Rollen tauschen, doch ich habe mich nicht unterkriegen lassen. Ich bin nicht gerne passiv, ich muss mich bewegen und etwas tun.
„Demnächst wieder, okay?“
„Das sagst du seit Wochen…“
„Calum…“
„Du weißt genau, dass du trotzdem der Mann bleibst. Der männlichste aller Männer. Ich will nur ein wenig Abwechslung in unser Sexleben bringen. Immer dasselbe wird ein bisschen stumpf. Ich will wieder ein bisschen spielen und etwas Würze ins Schlafzimmer bringen.“
Mein marido streicht durch meine Haare, liebesbedürftig schmiege ich mich an ihn. Er bekommt Küsse auf seine warme Haut. „Heute Abend…“
„Danke, Sweetie. Du wirst es nicht bereuen.“
…
Nach getaner Arbeit liege ich nachmittags endlich wieder in der Sonne. Die gewaschenen Laken, die ich in der Sonne aufgehängt habe, verströmen den Duft unseres blumigen Weichspülers. Bei jedem Atemzug ziehe ich den süßen Duft in meine Lunge. Ich liebe diesen Geruch.
Mein Blick ist geradeaus gerichtet. Ein kleiner, aber schwerer Bagger macht sich an der Wiese unseres Grundstücks zu schaffen. Eigentlich habe ich erwartet, dass Robin einen jungen, knackigen Mann schickt, der mit einem Spaten und einer Schaufel ein bisschen vor sich hingräbt, doch weit gefehlt. … Also, ob der Mann jung und knackig ist, kann ich von hier aus nicht erkennen, es könnte aber sein.
Jedenfalls habe ich mir vorgestellt, dass ich einen schwitzenden, heißen Arbeiter beobachten kann, stattdessen sehe ich allerdings nur einen Metallkoloss vor mir. Pelican Town wurde wohl doch vom Fortschritt eingeholt.
Calum geht an mir vorbei, ich sehe ihm grinsend nach. Zumindest läuft hier ein junger, knackiger Mann durch die Gegend an dem ich mich erfreuen kann. Ay, ich wünschte Calum wäre nackt. Sein Arsch ist perfekt geformt, wie eine Nektarine… Es wäre zu schön, wenn er sich für den Blowjob von heute Morgen mit gleichem Enthusiasmus bedanken würde, während ich hier in der Sonne liege.
An meinen versauten Gedanken erkenne ich, dass sich mein Verlangen nach Sex heute nicht durch Arbeit oder kiffen dämpfen lässt. Es funktioniert einfach nicht. Ich muss unbedingt diesen Druck, dieses kochende, innere Feuer loswerden. Diese verdammte Sexsucht macht mich irgendwann vollkommen verrückt.
„Papá?“, höre ich Cassie rufen. Ich sehe mich um, sie winkt mir vom Zaun aus. „Dürfen wir bei Dan schwimmen gehen? Es ist so heiß!“
Auch unser Nachbar winkt mir zu.
„Wenn sie dir nicht zur Last fallen, kannst du die Mädchen den ganzen Tag haben, Dan!“, gebe ich so laut ich kann die Erlaubnis. Dieser verdammte Bagger macht mehr Lärm, als er sollte.
„Sie bekommen Eis und Kuchen, das hab ich ihnen schon versprochen! Cassie sagt, dass das für dich okay ist, weil du die beiden so lieb hast!“
Ich schüttle den Kopf, winke den Mädchen dann zum Abschied. „Ich wünsche euch viel Spaß!“ Mich zu ärgern bringt nichts, außerdem weiß ich, dass sie bei Dan in guten Händen sind. Sollten sie vor Süßkram kotzen oder schmollen, weil sie Bauchweh haben, ist es ebenso sein Problem. Dan wird sich schon darum kümmern.
Die Badeanzüge der Mädchen waren gestern noch nass, sie liegen noch irgendwo bei Dan auf der Terrasse herum, also gibt es keinen Grund, sie aufzuhalten oder auszubremsen. Meine Prinzessinnen werden ihren Spaß haben.
Auch Calum winkt den Mädchen zu, ich beobachte sie dabei, wie sie über den Zaun klettern. Vielleicht sollte ich mich mit Dan besprechen und wir lassen uns von Robin ein kleines Tor einbauen. Praktisch wäre das auf jeden Fall.
Mein marido führt erneut seinen Traumkörper vor, ich pfeife ihm hinterher, was ihn sofort dazu veranlasst, sich lachend umzudrehen.
„Hör auf mir so nachzugeiern, Trevor.“ Er deutet auf seinen Körper. „Das hier gehört dir schon, du musst mir keine Avancen mehr machen.“
„Ich möchte es aber“, entgegne ich grinsend. „Du siehst sehr verführerisch aus.“
„Danke. Unser Bagger-Boy bekommt etwas zu essen. Magst du auch irgendwas, wenn ich schon mal reingehe?“
„Tequila.“
„Um es in deiner Sprache auszudrücken: No. Es gibt keinen Tequila für dich, solange die Sonne noch scheint.“
Ich schiebe meine Sonnenbrille von meinen Augen, um Calum über die Brille hinweg anzusehen. „Solange die Sonne scheint? Es ist Sommer, ich hab also nur was weiß ich… 8 Stunden, in denen ich trinken darf?“
Calum zuckt mit den Schultern. „Du trinkst zu viel, Sweetie. Ich weiß, es kommt dir nicht so viel vor, weil es ja über den Tag verteilt ist und du den Alkohol kaum spürst, aber… wenn du schon Vormittags anfängst, werden es an die 10 Gläser pro Tag und die Drinks am Abend sind da oft gar nicht dabei.“
„Ich bin kein Alkoholiker, Calum, ich kann auch einfach nichts trinken. Wenn du mir einen Kaffee bringst, ist mir das mehr als Recht.“
„Gut, wenn du dir so sicher bist, dass du das schaffst, dann wetten wir“, schlägt er siegessicher vor. „Ab jetzt trinkst du 24 Stunden keinen Alkohol. Wenn du es schaffst gibt es eine heiße Belohnung für dich, wenn nicht, dann...“ Calum grinst. „…dann bestrafe ich dich und deinen schwachen Hintern.“
Ich bin mir mehr als sicher, dass ich gewinnen werde, nicht nur, weil ich es Calum ‚beweisen muss‘, sondern weil ich weiß, dass ich kein Alkoholproblem habe. Selbstsicher stimme ich ihm zu. Ich strecke meinen Arm aus. „Okay. 24 Stunden kein Alkohol.“ Calum greift nach meiner Hand, wir schlagen ein, um die Wette zu besiegeln.
„Shane kommt übrigens heute Abend auf ein Bier vorbei“, erzählt mein marido breit grinsend. „Ach, wie schade, dass du da nicht mitmachen kannst. Aber wenn du magst, kann ich dir einen Tequila Sunrise ganz ohne deinem geliebten Tequila mixen.“
„Also einen Sunrise?“, frage ich schmunzelnd nach. „Mach dir keine Umstände, Baby. Ich trinke Wasser und Kaffee.“
„Ein Schluck Bier und du verlierst, ist dir das klar?“
„Ich verliere nicht“, winke ich lässig ab, lehne mich dann wieder zurück in meine Liege. Ich schiebe meine Sonnenbrille zurück auf meine Nase. „Anders würde es aussehen, wenn du mir meinen grünen Wegbegleiter absprechen würdest.“ Ich lege eine der vorgedrehten Zigaretten, die mir noch von gestern übrig geblieben ist zwischen meine Lippen und zünde sie an.
„Das würde ich nicht wagen, sonst könntest du deine Hände gar nicht mehr von deinem Schwanz lassen.“
Calum dreht mir den Rücken zu, um ins Haus zu gehen. „Wenn du willst, kannst du dich ja um meinen Schwanz kümmern, Baby. Ein Blowjob würde auch mir den Tag versüßen.“
„Wenn du brav durchhältst und dem Alkohol für 24 Stunden entsagen kannst, erfülle ich dir alle Wünsche.“
„Hey, Calum.“
Er dreht sich wieder zu mir. „Ja?“
„Bekomme ich einen Kuss oder muss ich darum betteln?“
Schritt für Schritt tritt er wieder auf mich zu. Er beugt sich zu mir, ich schließe meine Augen, als er mich küsst. Ich konzentriere mich auf Calums Lippen, streichle aber trotzdem durch seine Haare. Ich lasse meine Hand in seinem Nacken ruhen und massiere ihn ein wenig. Mein marido löst den Kuss. „Wenn du magst, könnten wir zusammen eine Dusche nehmen. Vorher muss ich noch unseren Bagger-Boy bewirten, aber dann wäre ich bereit für eine erfrischende, heiße Dusche.“
Ich atme tief durch. Das Blut sammelt sich bereits in meinem Schritt. In mir kocht dieses Verlangen, das ich jeden Tag spüre und sich niemals stillen lässt. Es ist wie ein Waldbrand, der sich immer weiter ausbreitet. Und langsam wird es Zeit, dass ich etwas unternehme. Eine Dusche könnte das Feuer zumindest für einige Zeit etwas eindämmen.
„Das würde meinen Tag auf jeden Fall in eine sehr positive Richtung lenken.“
…
Abends bekommen wir unerwarteten Besuch von Robin, sie sieht sich die Arbeit ihres Sklaven an. Anscheinend ist sie zufrieden.
„Er wird immer besser“, antwortet sie zufrieden. Ihr Blick richtet sich auf mich. Im Gegensatz zu Robin empfinde ich keine große Freude, wenn ich mir Löcher in der Erde ansehe. Dieser Scheiß erinnert mich an eine Beerdigung. Letztes Jahr musste ich zweimal vor einem menschengroßen Loch in der Erde stehen. Ich habe Beerdigungen immer schon gehasst, doch die letzten zwei Besuche auf Friedhöfen haben mir sehr wehgetan. Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter, als ich mit verschränkten Armen vor dem ausgegrabenem Loch stehe.
„Und das ist für das Fundament, richtig?“, fragt Calum nach.
„Ja. Ich hätte euch einfach nur eine Hütte mit vier Standbeinen hinstellen können, aber so ist alles stabiler und sicherer. Wenn ich etwas mache, dann möchte ich, dass es ordentlich gemacht wird.“
„Wie lange wird das alles dauern?“
„Ein paar Tage. Die größte Arbeit ist das Fundament. Heute ist meine Holzlieferung gekommen. Bis jetzt habe ich alles abgemessen und Latten zugeschnitten. Der Maschendrahtzaun und das dünne Gitter werden in den nächsten Tagen auch noch ankommen. Ich hab mich dafür mit Clint kurzgeschlossen, der hat Kontakte bei denen er einen günstigeren Preis bekommt.“
„Wäre es eigentlich möglich, dass wir die Hütte mit Strom versorgen und Licht einbauen?“
Ich seufze. „Calum, die müssten hier alles aufgraben und Leitungen verlegen. Es wäre machbar, aber es wäre ein ganzer Trupp nötig, der hier dann tagelang rumläuft und das halbe Grundstück aufgräbt.“
„Licht wäre trotzdem praktisch“, antwortet er ruhig. Im Augenwinkel erkenne ich, dass er mich ansieht, doch mein Blick ist weiterhin auf das Loch vor mir gerichtet. „Du hast gesagt, dass ich alles übernehmen darf, also will ich auch Strom.“
„Mach doch was du willst.“
„Weißt du, dass das genauso wie ‚Leck mich, Calum‘ klingt?“
Nun richte ich meinen Blick auf meinen marido. „Mach was du willst. Während hier gearbeitet wird, verschwinde ich einfach. Ich habe keine Lust auf fremde Leute, die mir in der Sonne stehen oder noch mehr Baulärm.“
Ich entferne mich von den beiden, gehe dann Richtung Zaun. Es wird bereits dunkel, es wird Zeit, dass ich die Kinder hole.
„Sweetie, warte. Wohin willst du?“
„Ich hole die Mädchen ab“, antworte ich, wobei ich weiter gehe.
Am Zaun angekommen, sehe ich schon Dan, der gerade in seinem Garten aufräumt. Überall sind Spielzeuge und auch Decken verteilt. „Hey Dan. Netter Garten. Sieht aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen.“
„Ach, halb so wild. Es sind ja nur ein paar Handgriffe. Deine Mädchen sind ganz schön aufgeweckt, aber auch sehr hilfsbereit.“ Er legt eine Decke um seinen Arm, kommt dann auf den Zaun zu. „Oh Robin. Ich dachte, dass du zu tun hast?“
Neben mir lehnt sich die Rothaarige an den Zaun. „Ich hätte jetzt Feierabend.“
Dan schmunzelt. „Lust auf einen Drink, meine Schöne?“
„Gerne. Wie geht’s Sebastian? Wir haben uns ausgemacht, dass du anrufst und mich auf dem Laufenden hältst.“ Robin klettert über den Zaun, Dan reicht ihr die Hand, um ihr zu helfen.
„Was meinst du damit? Sebastian ist doch bei dir. Er hat gestern Mittag gesagt, dass er ein Nickerchen braucht und zu dir fährt.“
Irritiert schüttelt Robin den Kopf. „Was? Nein, Sebastian ist nicht bei mir.“
Calum legt einen Arm an meine Hüfte, er zieht mich etwas zu sich. Seine Körperwärme ist mehr als angenehm. „Also heißt das, dass Sebastian abgehauen ist?“, fragt er neugierig nach.
„Sieht wohl so aus…“, antwortet Dan hörbar besorgt. „Robin, der Drink muss warten. Ich kann hier nicht sitzen und trinken, während mein Kind verschwunden ist.“
„Mann, Dan, Sebastian ist 30, reg dich wieder ab“, beruhige ich ihn locker. „Er ist wütend auf Max und die Situation kotzt ihn an. Vielleicht ist er ja nach Hause gefahren, um Zeit für sich alleine zu haben. Oder er holt seine Sachen. Er meinte, dass er demnächst seine Katze holt. Muffin ist doch bei Joey, soweit ich mich erinnere.“
„Ja, aber vielleicht wollte er auch nur Zigaretten kaufen und ist mit seinem Wagen im Graben gelandet“, antwortet er schnippisch. „Er könnte verletzt sein.“
Robin legt eine Hand an Dans Arm. „Dan, Schatz, hör auf. Trevor kann nichts dafür. Ich schlage vor, dass wir ihnen die Mädchen übergeben und dann versuchen wir, Sebastian zu erreichen. Und vielleicht weiß Joey ja wirklich etwas. Kann ja sein, dass Sebastian Muffin abholen wollte, aber dann doch für einen Filmabend oder eine Gamingnacht geblieben ist. Du weißt ja, dass er oft sein Smartphone vergisst, sobald er zockt.“
„Du hast Recht. Entschuldige Trevor.“
„Schon gut. Es ist verständlich, dass du dir Sorgen machst.“
„Komm, Dan“, bittet Robin sanft. „Wir holen die Mädchen und alles Weitere gehen wir in Ruhe an. Wenn du dich jetzt verrückt machst, wird es auch nicht besser.“
Robin führt Dan an der Hand ins Haus. Er lässt die Picknickdecke im Vorbeigehen auf den Tisch auf der Terrasse fallen.
„Denkst du, dass es Sebastian gut geht?“, fragt Calum besorgt nach. Er zieht mich zu sich und lehnt seinen Kopf gegen meinen. Ich spüre sanfte Küsse.
„Ich schätze, es geht ihm den Umständen entsprechend. Er war schlecht drauf, aber ich bin sicher, dass er nur mal wegmusste, um einen klaren Kopf zu bekommen.“
„So wie du?“
„Mhm… Nur hoffentlich ohne Drogen oder Alkohol…“, antworte ich leise.
Dan und Robin bringen unsere Mädchen. Unsere Prinzessinnen werden wortwörtlich auf Händen getragen. Calum übernimmt Cassidy von Dan und ich übernehme Lucía aus Robins Armen.
„Wenn ihr Hilfe braucht, dann helfen wir“, bietet Calum an. „Aber ich bin sicher, dass es Sebastian gut geht.“
„Danke, Calum“, antwortet Robin mit einem leichten Lächeln. Dan tippt bereits auf seinem Smartphone herum.
„Keine Ursache. Meldet euch, wenn ihr was braucht, ja?“
„Das machen wir.“
…
Calum und ich bringen die Mädchen ins Bett. Liebevoll und vorsichtig lege ich Lucía in ihrem Zimmer ab. Ich decke sie ein wenig zu, außerdem bekommt sie einen Kuss auf die Stirn. „Te quiero, princesa.“
In der Küche greife ich nach einer Flasche Tequila. Ich brauche unbedingt einen Drink. Schon als ich die Flasche anfasse, bin ich erleichtert.
„Ist okay, die Wette gilt unter diesen Umständen nicht.“
Ich sehe zu meinem marido, schiebe die Flasche dann seufzend von mir. „Lo siento, ich hab das ganz vergessen… Es ist so eine Angewohnheit…“
„Ich werde Shane absagen. Es wäre besser, wenn ich rübergehe und den beiden helfe. Du bleibst und passt auf die Mädchen auf.“
„Calum…“
„Ich kann hier nicht rumsitzen. Stell dir vor, eines unserer Mädchen haut einfach so ab. Ich wäre über jede Hilfe dankbar. Du hast heute viel geraucht, du fährst heute nicht mehr, aber ich kann helfen. Ich setze mich ins Auto und fahre die Zigarettenautomaten in der Nähe ab. Vielleicht ist er ja wirklich irgendwo in einem Graben gelandet.“
„Ich kann dir das nicht ausreden, richtig?“, frage ich nach, worauf mein marido nickt.
„Es wäre unfair, Robin und Dan jetzt alleine zu lassen. Sie sind unsere Freunde.“
Ich ziehe Calum zu mir, gebe ihm einen sanften Kuss. „Nimm dir eine Jacke mit, heute Nacht ist es frisch. Pass gut auf dich auf.“
Er streicht über meine Wange, wir küssen uns ein weiteres Mal. „Und deswegen bist du ‚Sweetie‘. Du bist süß, wenn du dir Sorgen um mich machst.“ Nach einem letzten Abschiedskuss schnappt Calum sich sein Smartphone und seine Jacke. „Ich schreibe dir, wenn ich mehr weiß.“
„Te amo.“
„Yo también te amo“, antwortet Calum lächelnd. Noch ein schneller Kuss auf meine Wange und schon ist er weg.
Sebastian…
Das kleine Zuckerstück ist also abgehauen…
Ich ziehe mir einen warmen Pullover über und schenke mir dann doch ein Glas Tequila ein. Zu wissen, dass ich nicht trinken darf hat mich doch mehr gestört, als ich zugeben möchte. Vielleicht habe ich doch ein kleines Alkoholproblem…
Mit meinem Glas gehe ich hinaus auf die Veranda. Ich drehe mir eine Zigarette, dieses Mal lasse ich das Gras weg. Im Moment reicht es mir, Tabak zu mir zu nehmen.
Da ich das Haus nicht verlassen kann, helfe ich von hier aus. Im Internet erkundige ich mich, ob Max heute Abend ein Konzert gibt. Glücklicherweise hat er heute frei, sodass ich ihn anrufen und ausquetschen kann. Ich bin zwar sicher, dass Dan ihn bereits informiert hat, aber Max und ich müssen ohnehin etwas besprechen.
Es dauert einige Sekunden, bis Max rangeht.
„Trevor, es ist gerade ungünstig“, gibt er etwas kratzig von sich.
„Bist du krank oder hast du geweint?“
„Weder noch… Hey, ähm… Sebastian ist verschwunden und ich hab nicht wirklich Lust auf ein bisschen Smalltalk... Ich mache mir Sorgen.“
„Max, wir müssen aber reden. Es ist wichtig“, meine ich ein wenig ernster.
„Sag mir bitte nicht, dass zwischen euch was gelaufen ist und er jetzt bei dir sitzt. Sebastian ist so seltsam in letzter Zeit, ich weiß gar nicht mehr, woran ich bei ihm bin.“
„No, ich hab ihn nie angefasst, würde ich auch nie. Ich wäre sofort ein geschiedener Mann.“
„Naja… Ach fuck…“ Max seufzt. „Ich glaube nicht, dass unsere Ehe meine Tour überlebt. Dass Sebastian weg ist, zeigt doch, was er davon hält, dass ich ihn alleine lasse.“
„Sieh das jetzt nicht alles so schwarz, nur weil ihr aktuell Probleme habt. Ihr hattet gestern Streit, richtig?“, hake ich nach. Ich ziehe meine Beine auf meinen Stuhl und kuschle mich ein wenig in die Wolldecke, die auf der lehne meines Stuhles platziert ist.
„Ja. Wir haben per Videochat geredet und mein Bandkollege kam aus dem Badezimmer. Er hat nur ein Handtuch getragen.“ Es ist kurz still, dann räuspert Max sich. „Ich weiß wie das klingt, ich weiß auch, wie das aussieht, aber Trevor, ich schwöre dir, dass ich Sebastian treu bin. Es gab Probleme mit der Reservierung, wir hatten also zu wenig Zimmer und konnten nicht anders ausweichen, als uns Zimmer zu teilen. Ironischerweise waren die meisten anderen Hotels wegen unserem Konzert ausgebucht…“
„Und Sebastian wollte das nicht hören, hab ich Recht?“, hake ich nach.
„Er hat mir nicht geglaubt. Er hat mich angebrüllt und mir gesagt, dass ich es nicht verdient habe, dass er zu Hause sitzt und sich um die Kinder kümmert, während ich auf Tour bin… Es ist meine Schuld, dass er weg ist. Er möchte genauso wie ich an seiner Karriere arbeiten und nicht alleine zu Hause sitzen, wie ein single Dad. Ich wusste, dass es ihm nicht gut geht, ich hab gesehen, dass er müde ist. Ich wusste ganz genau, dass er nicht regelmäßig isst oder schläft… Ich hab das alles gesehen und kein Wort gesagt, weil ich ihm nicht das Gefühl geben wollte, dass er zu schwach ist, um das alles zu schaffen.“ Wieder lässt Max einen tiefen Seufzer los. Seine Stimme ist wieder kratziger, als er weiter spricht: „Am liebsten würde ich mein Zeug nehmen, in ein Auto springen und sofort zu meinen Jungs fahren. I-Ich weiß, dass sie bei Dan gut aufgehoben sind… aber was bin ich für ein Dad, wenn ich-wenn ich sie alleine lasse, während Sebastian abhaut…“ Max beginnt zu schluchzen.
Nun bin ich es, der seufzt. „Max… Hey… Mann, mach dir keine Vorwürfe. Ihr habt euch das ausgemacht, du arbeitest und bringst Geld nach Hause, während er auf die Kinder aufpasst.“
„J-Ja, das war der Deal… aber Sebastian ist damit nicht mehr zufrieden…“, antwortet er. Max kämpft mit seinen Tränen und so blöd es klingt, ich habe großes Mitleid mit ihm. Er könnte bestimmt eine Umarmung brauchen.
„Sch… Beruhig dich, okay?“
„Zwei Konzerte. Zwei verfickte Konzerte sind noch vor mir, dann habe ich zwei Wochen frei… Aiden und Damian haben Geburtstag, Trevor… Was ist, wenn Sebastian nicht zurückkommt? Er verpasst ihren ersten Geburtstag weil er sauer auf mich ist… Das verzeiht er mir nie…“ Mein Freund auf dem anderen Ende der Leitung beginnt zu weinen. Unschlüssig was ich sagen soll, beschließe ich, ihn weinen zu lassen. Max tut mir unendlich leid. Es ist scheiße, wenn dein Traumjob deine Beziehung belastet.
Eine Weile lasse ich Max weinen, es dauert, doch er beruhigt sich wieder ein wenig.
„Trevor? Bist du noch da?“
„Sí. Ich bin für dich da, Max.“
„Hast du-“ Max schluchzt. „Hast du mit Sebastian geredet, bevor er verschwunden ist?“
„Wir haben über belangloses geredet. Er war nicht gut drauf, er hat das Babyphone ausgeschalten, als Dan bei den Zwillingen im Zimmer war. Er hat deinen Anruf ignoriert…“
„Und sonst hat er nichts gesagt?“
„Dan hat mir gesagt, dass ihr Streit hattet und wir haben kurz über Sebastian geredet. Alles, was wir gesagt haben hat er mitgehört und irgendwie war er deswegen sauer“, erkläre ich. „Dan meinte, dass Sebastian sich verändert hat und sich oft hinter seiner Show und seinem Blog versteckt. Und ich meinte, dass ich Sebastian schon gesagt habe, dass er nicht perfekt sein muss. Ich wusste nicht, dass er das so schlecht auffassen würde. Wir meinen es ja nicht böse. Ich will Sebastian damit eigentlich entlasten. Er muss nicht perfekt sein und das soll in seinen Kopf gehen.“
„In letzter Zeit fasst er alles schlecht auf. Ich hoffe, dass es ihm gut geht. Sein Smartphone ist ja aus, er hat nicht mal meine Nachricht gelesen… wer weiß, wo er hin ist oder was er vor hat…“
„Mach dir keine Sorgen, Max. Sebastian hat mir vor einigen Tagen gesagt, dass er die Zwillinge über alles liebt. Er gibt sich viel Mühe alles unter einen Hut zu bekommen. Ich bin sicher, dass er wieder zurückkommt. Er kommt zurück. Sebastian würde dieses Leben nie aufgeben. Er hat sich so liebevoll um die Jungs gekümmert, dass ich nicht glauben kann, dass er sie zurücklassen würde.“
„Ich verstehe es nicht… Wieso redet er mit dir und nicht mit mir? Er ist mein Mann, wir sind verheiratet, wieso spricht er nicht mit mir?“ Max’ Stimme klingt verzweifelt. Ich kann deutlich vor mir sehen, dass ihm die Tränen von den Wangen laufen. „Ich muss die Tour abbrechen, bis er wieder da ist… Es ist scheiße, aber ich kann nicht einfach so tun, als wäre nichts geschehen.“
„Genau deswegen redet er nicht mit dir. Er wusste, dass du deinen Traum in den Wind schießt, um ihm zu helfen“, erzähle ich von den Dingen, die Sebastian mir anvertraut hat.
„Aber wieso ist er dann so? … Er will, dass ich meinen Job mache, aber anderseits macht er mir das Leben schwer, weil ich meinen Job mache…“
„Ich weiß es nicht, Max…“ Ich greife nach meinem Glas, ziehe den Duft des Alkohols ein, ehe ich einen Schluck davon nehme. „Mach dir keinen Kopf, Sebastian wird sich bestimmt bald melden. Du weißt doch, wie er ist. Wenn er wütend ist, zieht er sich gerne zurück. Dieses Mal musste er sich eben einen anderen Rückzugsort suchen. Er brauchte ein bisschen mehr Abstand als sonst.“
„Meinst du das ernst oder… oder sagst du das nur so, damit ich aufhöre zu weinen?“
„Ich meine es so. Sobald er wieder genug Kraft hat, wird er auch wieder nach Hause kommen“, versichere ich lächelnd. „Ich bin für dich da, Max.“
„Danke. … und ich dachte schon, dass du mich nur anrufst, um mich zu nerven.“
„Sí, wer hätte gedacht, dass du eher mich nervst. Du und dein Geheule.“ Ich lache ein wenig. „Du siehst so hart aus mit deinen Muskeln, aber in Wirklichkeit bist du weich wie eine geschälte Mandarine.
„Danke.“ Max wirkt ein wenig erleichtert. „Hey… ähm… Ich werde ein paar Freunde von Sebastian anrufen, vielleicht weiß jemand, wo er ist. Dan will ja schon die Polizei einschalten. Ich hab ihm gesagt, er soll das aufschieben bis ich zurückrufe.“
„Denkst du, dass es nötig ist die Polizei einzuschalten?“
„Naja, es ging Sebby nicht so gut. Ich mache mir schon Sorgen, dass er sich etwas antun könnte. Auch wenn er immer sagt, dass es ihm besser geht, manchmal kommt die Depression durch und zieht ihn wieder runter. Er gibt sich viel Mühe und er nimmt auch seine Medikamente… also zumindest hat er sie genommen, als ich da war.“
„Hm…“
„Vielleicht wäre es besser, wenn wir die Polizei einschalten. Wenn keiner etwas weiß, können die helfen.“
„Das bleibt euch überlassen. Aber ich denke, dass das die Aufmerksamkeit der Medien auf sich ziehen wird. Ob Sebastian das gut findet?“
„Seine Meinung tut nichts zur Sache“, antwortet Max etwas ärgerlich. „Sebastian hätte nur jemandem eine Nachricht schreiben müssen. Er hätte nur sagen müssen, dass er ein bisschen Ruhe braucht. Einfach verschwinden ist scheiße. Natürlich machen sich jetzt alle Sorgen… Vielleicht ist es ja das, was er will. Er macht uns ein schlechtes Gewissen, weil keiner seine komischen, gemischten Signale deuten kann.“
„Max.“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch, trinke dann noch einen Schluck Tequila. „Hey, hör auf mit dem Blödsinn. Wenn du wütend auf ihn bist, wird es nicht besser. Atme tief durch, ruf seine Freunde an und wenn du noch jemanden zum Reden brauchst, rufst du mich wieder an.“
„Du hast Recht“, antwortet Max, worauf er seufzt. „Er fehlt mir so sehr. Die Touren waren einfacher, als ich noch mit euch unterwegs und Sebastian dabei sein konnte. Meine neue Band ist zwar okay, aber sie sind ja nur für die Konzerte angestellt. Das ist nicht dasselbe wie mit Freunden.“
„Du könntest dich doch mit Jay zusammen tun. Weder Joey, noch ich kommen zurück und Dave… naja, der hat viel mit seiner Modelinie zu tun. …aber ich hab in einem Interview gelesen, dass Jayson die Zeit mit Highway 89 immer im Herzen tragen wird und dass er immer bereit wäre, wenn wir mal wieder zusammen spielen wollen.“
„Ja, stimmt. Jayson und ich hatten für nächstes Jahr Pläne, aber ich schätze, dass das alles ins Wasser fällt. Vielleicht muss ich auch langsam erwachsen werden, quasi in Ruhestand gehen oder zumindest eine längere Pause einlegen. Es ist scheiße, dass ich es verpasse, wie die Jungs aufwachsen. Im ersten Jahr passieren viele spannende Dinge. Noch krabbeln sie ja, aber ich werde die ersten Schritte vermutlich verpassen, da ich so gut wie den ganzen Sommer unterwegs bin.“
„Willst du meinen Rat oder beschwerst du dich nur?“
„Du hast dich für deine Familie und gegen eine Karriere entschieden. Bin ich egoistisch, wenn ich das nicht tue?“, fragt mein Freund nach. Seine Stimme wird gegen Ende immer leiser.
Ich schüttle den Kopf, obwohl mir klar ist, dass Max mich nicht sehen kann. „No, das bist du nicht. Du hast immer schon darauf hingearbeitet, ein erfolgreicher Musiker zu werden. Es ist nicht falsch, sich für eine Karriere zu entscheiden. Tausende Menschen tun das. Ob du nun wochenlang auf Tour bist oder auf Geschäftsreisen macht keinen Unterschied. Wichtig ist, dass du die Freizeit, die du hast mit deiner Familie verbringst. Du kannst immer noch kürzere Touren planen und dir mit neuer Musik mehr Zeit lassen. Durch eure Reality Show vergisst euch ohnehin keiner.“
„Stimmt wohl. … Ich… Ich sollte jetzt auflegen und herumtelefonieren.“
„Mach das. Ich hab’s zwar schon Dan gesagt, aber es könnte sein, dass Joey vielleicht etwas weiß, immerhin passt er auf Muffin auf.“
„Ja, stimmt, vielleicht hat Sebastian ihm irgendwas gesagt. Oh und danke, Trevor. Du bist zwar ein Arschloch, aber du hast immer die richtigen Worte parat.“
„Pass auf dich auf und lass die Finger von deinen Bandmitgliedern“, kontere ich frech, um ihn zu ärgern.
„Fang du nicht auch damit an“, höre ich Max genervt sprechen. „Wir sind nur… Ach, weißt du was? Man sieht sich.“
„Adiós.“
Auch wenn mir klar ist, dass das kleine Zuckerstück sein Smartphone ausgeschaltet hat, schreibe ich ihm eine Nachricht. Sein Display wird vermutlich überquillen, sobald er es wieder anmacht, doch eine Nachricht mehr wird ihn schon nicht schockieren.
Trevor: ‚Hey Zuckerstück. Abgesehen von mir schiebt jeder mehr oder weniger Panik, dass dir etwas passiert sein könnte. Falls du jemanden brauchst, der die Situation entschärft, weil du nur eine Pause brauchst, schreib mir oder ruf mich an. Ich kann nachvollziehen, dass dir das Wasser bis zum Hals steht und du Zeit brauchst, um alles zu überdenken.‘
Trevor: ‚Als ich mich damals nicht gemeldet habe, hätte ich beinahe meine Ehe ruiniert. Mach nicht die gleichen Fehler wie ich und sag deinem Mann, was mit dir los ist. Auch wenn es schwer ist, ist es besser so. Max wird dich unterstützen.‘
Trevor: ‚Pass auf dich auf und erhol dich gut.‘
Ich lege mein Smartphone weg, atme die kühle Luft der Nacht ein. Da ich nicht so recht weiß, was ich mit dieser angebrochenen Nacht tun soll, nehme ich mir vor, noch eine Zigarette zu rauchen und meinen Drink ohne Stress zu genießen. Danach werde ich mir im Schlafzimmer einen Porno anzusehen. So muss ich es mir wenigstens nicht ganz alleine selbst machen und ich kann gut schlafen…