capítulo 18
la vida cotidiana II
Wie sieht der Alltag eines Trevors aus?
In meiner Kindheit bestand mein Alltag aus Internatsbesuchen, Musikunterricht und stundenlangem Lernen. Abgelöst wurde dieses öde Dasein bloß von den Ferien, die ich zusammen mit Gabe und anderen weniger wichtigen Verwandten bei meinem abuelo verbracht habe.
In meiner Teenagerzeit hat sich das nicht besonders geändert, außer, dass Sex mit meinem ersten Freund dazu kam und ich mit 14 nach Zuzu City gezogen bin. Auch da ging das Lernen weiter, zusätzlich zu meinen schulischen Aufgaben hatte ich noch die Ehre eine neue Sprache zu lernen.
Als junger Erwachsener haben sich Lernen und Sex eingependelt, Drogen und Alkohol haben auch viel meiner Zeit in Anspruch genommen. Wie viele habe ich während dem Studium einige Nebenjobs gemacht, um meine Wohnung zu finanzieren. Unter anderen habe ich nebenbei noch Nachhilfeunterricht gegeben, um zusätzliches Kleingeld zu verdienen. Schlaf war in dieser Zeit ein sehr rares Gut, doch Drogen halten einen Menschen erstaunlich wach und fit, wenn man weiß was man in welchen Dosen zu sich nehmen soll.
In den Jahren bevor Calum in mein Leben getreten ist, war ich oft damit beschäftigt einem One Night Stand nach dem anderen nachzujagen. Wenn ich eines gelernt habe, dann dass es leicht ist, jemanden ins Bett zu bekommen, wenn man in einer Band spielt und viel Fingergeschick beweist. Ein charmantes Lächeln und gut getimte Komplimente schaden natürlich ebenfalls nicht.
Die erste Überdosis hat meine Partylaune erst einmal gedämpft. Der von mamá und papá aufgedrängte Aufenthalt in Pelican Town hat mir Ruhe, Langeweile und immer wieder kreisende Gedanken beschert. Doch nicht alles war schlecht, ich habe meine bessere Hälfte gefunden. Auch wenn wir uns nicht auf den ersten Blick in einander verliebt haben, hat Calum mir viele schöne Stunden bereitet, die ich niemals missen möchte.
Der Höhepunkt meines Lebens war wohl meine Musikerkarriere. Der Alltag hatte sich geändert. Das Geld kam in meine eigene Tasche und ich musste nicht mehr für meine Eltern oder für irgendwelche Konzerne arbeiten. Ich durfte trotz meiner Beziehung zu Calum vögeln wen ich wollte, also hatte ich keinen Grund, mich zu beschweren. Wenn die Paparazzi nicht gewesen wären und ich die Finger von den Drogen gelassen hätte, wäre ich wohl heute noch mit diesem Leben zufrieden und mit meiner Band auf Tour…
Doch wo bin ich heute?
Ich sitze auf der Veranda, trinke Kaffee, habe einen verdammten Schoßhund, zwei Kinder und einen Mann, der mir die Leviten liest, sobald ich mich wieder hängen lasse.
Der Alltag ist normal, langweilig, einseitig, doch irgendwie auf eine seltsame Weise befriedigend. Die Ruhe streichelt meine Seele, auch wenn ein kleiner Teil in mir sich trotzdem nach meinem alten Leben sehnt. …wer weiß, vielleicht ist diese kleine Stimme auch Teil meines hoffentlich letzten Entzuges. Mein Kopf ist mittlerweile zwar klarer, doch ich brauche immer noch etwas Zeit, um wieder voll funktionsfähig zu sein. Ich vermisse den Alkohol mehr, als ich es jemals gedacht hätte.
Gedankenverloren ziehe ich an meiner Zigarette. In unserem ‚Garten‘ hat sich einiges getan. Tag für Tag ändert sich eine Kleinigkeit, die zu unserem Wohlbefinden beiträgt. Heute Abend werden wir ein Lagerfeuer machen, außerdem hat Calum einen kleinen Grill besorgt. Die Idee vom eigenen Grill ist noch ausbaufähig, doch dafür hat mein marido bereits einen seiner berühmten Pläne. Wir bekommen einen großen, gemauerten Grill… irgendwann… demnächst…
„Oh Yoba, es ist so süß, wie Domingo dich vergöttert“, meint Calum mit einem Lächeln. Er macht ein Foto von mir und dem schnarchenden Hund. Domingo hat es sich in meinem Schoß bequem gemacht und schläft eine Runde. Meine Füße liegen auf dem Tisch, ich rauche gerade meine dritte oder vierte Zigarette an diesem Morgen. Man kann also sagen, dass ich ziemlich entspannt bin.
„Er mag mich am liebsten, weil ich ihn nicht immer so drücke und knuddle wie ihr das macht. Ich lasse ihm seine Ruhe und behandle ihn wie einen Hund und nicht wie ein Baby“, antworte ich. Mit meiner freien Hand streichle ich über Domingos Rücken.
„Nein, er hat dich am liebsten, weil er weiß, was für ein süßer Softie unter der harten Schale lebt“, erklärt Calum sanft. „Mein Herz schlägt Saltos, wenn ich euch beide ansehe. Ich muss Gabe zeigen, dass seine Entscheidung genau richtig war. Er kennt dich ausgesprochen gut, auch wenn du dich immer so verstellst. Gabe durchschaut dich.“
Calums verliebte Worte verärgern mich ein wenig. Gabe soll auf keinen Fall wissen, dass ich Domingo doch ins Herz geschlossen habe. Er soll keinen Beweis für sein blindes Vertrauen mir gegenüber haben. „Weißt du? Ich hab’s mir überlegt, ich will doch die Scheidung. Pack deine Sachen, Calum und nimm den Hund mit.“
„Oh, ja klar, aber zuerst schicke ich Gabe das Foto.“
„Ay, mach doch was du willst“, antworte ich teilnahmslos, da ich sicher bin, dass ich ihn ohnehin nicht mehr aufhalten kann.
Freudig setzt Calum sich neben mich. Er tippt eifrig auf seinem Smartphone herum. Mit einem breiten Lächeln blickt er auf den Bildschirm. Ich kann deutlich sehen, dass er Spaß daran hat, die ‚gute Nachricht‘ mit meinem Cousin zu teilen.
„Was machen wir heute?“, fragt er, ohne dabei aufzusehen.
„Keine Ahnung. In Langeweile ertrinken und am Abend grillen, schätze ich.“
„Willst du irgendwas machen? Ich kann dich nicht in dieser Stimmung sitzen lassen. Du klingst gerade sehr depressiv.“
„No. Du sag mal… Du hast gerade gute Laune und die würde ich dir ungerne verderben, aber ich würde gerne über etwas mit dir sprechen.“
„Oh nein…“ Calum seufzt. Er legt das Smartphone auf den Tisch und stützt seine Arme an der Tischplatte ab. „Egal, schieß los. Ärgern kann ich mich später immer noch über deinen Schwachsinn. Es wird ohnehin nicht das letzte Mal sein, dass du etwas Dummes sagst.“
Ich runzle etwas die Stirn. Klar, als ob jeder seiner Aussagen ein lyrischer Erguss wäre. Ich nehme einen Zug meiner Zigarette, ehe ich weiterrede. „Wie sehr würde es dich stören, wenn wir unsere Beziehung wieder ein wenig spannender gestalten?“, taste ich mich vorsichtig an das eigentliche Thema heran.
„Du meinst Sex mit Fremden“, erkennt Calum die Message sofort. Ich nicke, um seine Vermutung zu bestätigen. „Um ehrlich zu sein finde ich es nicht gut. Solange wir Abstand zueinander hatten war das etwas Anderes, weil wir nicht mitbekommen haben, was der Andere gemacht hat. Du hast dich jedes Mal behandeln lassen, als du dir was eingefangen hast und bist brav und gesund nach Hause gekommen. Heute sieht das ganz anders aus, ich habe keine Lust, mir eine Krankheit einzufangen oder auf Sex zu verzichten, während du wieder mit ekligen Symptomen kämpfst. Ich will auch nicht irgendeinen anderen Kerl oder ein Weib an dir riechen, wenn du nach einem One Night Stand nach Hause kommst. Solange wir beide uns ohnehin nicht gesehen haben, war mir das egal, weil ich es nicht wusste, aber ich will nicht, dass du mit irgendjemandem Sex hast und dann zu mir ins Bett kommst. Das gefällt mir nicht. Ich will dich für mich haben, wir sind nicht ohne Grund verheiratet. Ich habe dich geheiratet, weil ich wollte, dass unsere Beziehung exklusiv ist.“
„Verstehe…“
„Ich versuche doch, es für uns beide spannend zu halten… Sobald unser neues Spielzeug da ist, werde ich es an dir ausprobieren, das wird bestimmt sehr reizend. Wenn du magst können wir auch neue Stellungen und Fantasien ausprobieren, ich mache alles mit, was du möchtest, solange keine Frau im Spiel ist.“
„Ich weiß, Baby, ich weiß…“
Calum blickt auf sein Smartphone, doch dann lehnt er sich zurück in seinen Sessel. „Was hältst du von einem Dreier? Wie wäre das? So wäre ich dabei und habe auch etwas davon, während du einen anderen Mann in die Bewusstlosigkeit vögelst.“
Die Idee ist an sich nicht so blöd, trotzdem muss ich ablehnen. „Naja, es wäre ein Dreier mit einem Kerl. Ich würde aber gerne wieder mit einer Frau schlafen. Calum, du weißt, dass ich dich liebe, aber es fehlt mir. Ich vermisse Brüste… Sie nur in Pornos zu sehen ist nicht dasselbe.“
Mein marido rollt genervt mit den Augen. „Wieso kannst du nicht einfach schwul sein? Das nervt total… Ich will dir die Frauen ja auch nicht wegnehmen, es ist nur so, dass ich… Trevor, du verstehst doch, dass ich dich für mich haben will, oder? Wenn ich mit Max rummachen würde, würde dir das doch auch missfallen.“
Ich sehe zu Calum. Es gefällt mir nicht, dass er sich für sein Beispiel Max aussucht. „Wieso Max? Wieso fällt dir ausgerechnet sein Name ein?“
Calum wirkt etwas irritiert, doch dann grinst er. „Da hast du’s: Du bist eifersüchtig. Jetzt denk über dieses Gefühl gut nach. So würde ich mich fühlen, wenn ich weiß, dass eine Frau auf deinem Schoß sitzt. Sie hätte etwas, das ich dir nie geben könnte.“
Ich nicke. „Da ist was Wahres dran… …Moment, willst du damit sagen, dass Max etwas hat, das ich dir nie geben könnte?“
Als Antwort grinst Calum bloß. Dieses Arschloch.
Die Zigarette zwischen meinen Fingern ist bereits erloschen. Ich beuge mich vor, Calum kommt mir mit dem Aschenbecher entgegen, sodass ich Domingo nicht störe. „Gracias.“
„De nada. Also wie sieht’s aus, Trevor? Ist das Thema vom Tisch?“
„No. Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
Calum schüttelt mit dem Kopf und zuckt dann mit den Schultern. „Sei nicht wieder so ein Idiot. Ist das Offene-Beziehung-Thema erledigt?“
„No.“
„Du gehst also einfach raus in die Welt und suchst dir eine Affäre?“, fragt mein Liebster nach.
Ablehnend schüttle ich mit dem Kopf. „Ich bin doch nicht bescheuert. Wenn es dich stört und du mir nicht freie Hand lässt, werde ich niemanden anfassen. Ich werde dich nicht verletzen, nur um mein Ego durchzusetzen. … Aber was ist mit dir? Was läuft da mit Max? Falls es das ist, was du hören willst: Ich gebe es offen zu, ich bin eifersüchtig. Ich hab gesehen wie du ihn ansiehst. Du findest ihn heiß. Gib es zu.“
Calum lacht ein wenig. Als würde er es genießen, mich leiden zu sehen, steht er auf. Er tätschelt meinen Kopf. „Ach du.“ Mein marido geht an mir vorbei, um nach drinnen zu gehen.
„Calum? Baby? Das war keine Antwort. Komm sofort zurück und gib mir eine Antwort.“
Alles, was ich höre ist die Kaffeemaschine. Calum spannt mich auf die Folter, vermutlich um sich passivaggressiv an mir zu rächen. Er ist doch immer derjenige, der möchte, dass wir miteinander reden. Jetzt wo ich meine Gefühle, Gedanken und Ideen mit ihm teile, lässt er mich zappeln als wäre ich ein Fisch an einer Angel.
„Calum?!“
Es dauert eine Weile, doch mein marido kommt zu mir zurück. Er setzt sich mit seinem Cappuccino neben mich, doch ich bekomme keine Antwort auf meine Frage. Genüsslich beißt Calum von einem Keks ab. Er gibt ein zufriedenes ‚Mhhhm‘ von sich.
„Echt jetzt? Du ignorierst meine Frage einfach?“, hake ich nach.
„Frage? Welche Frage?“, antwortet Calum gespielt ahnungslos.
„Calum, bitte… Was ist mit dir und Max?“
Mein marido schmunzelt. „Gar nichts.“ Mein Blick verfinstert sich ein wenig. „Gut, er sieht heiß aus und mir ist natürlich nicht entgangen, dass er gut bestückt ist, aber was soll’s? Er ist verheiratet, ich bin verheiratet… Man darf doch attraktive Freunde haben, oder nicht?“ Calum sieht mich lächelnd an. „Ich mag ihn ganz gerne. Er ist nett, lustig und ich steh auf seine Musik. Es macht Spaß mit ihm zu joggen und zu plaudern. Wir sind auf einer Wellenlänge. Es macht Spaß, Zeit mit ihm zu verbringen, mehr ist da nicht.“
„Entschuldige, ich weiß, es ist scheinheilig, dir durch die Blume etwas zu unterstellen. Vor allem weil ich Max kenne… Er würde niemals etwas tun, das seine perfekte Ehe gefährdet.“
„Macht ja nichts. Ich weiß ja glücklicherweise auch wie du bist.“ Calum tätschelt meinen Arm. „Ich verrate dir jetzt ein kleines Geheimnis: An manchen Tagen hab ich einen gutaussehenden Kerl nur angesehen und schon hast du dein Revier markiert und mir sehr schöne Orgasmen verpasst…“ Calum schmunzelt in seinen Kaffee, nimmt dann gleich einen kleinen Schluck davon. „Manchmal hab ich mit Absicht auf großen Events mit sehr attraktiven Männern geplaudert, weil ich wusste, dass du mich beobachtest und es dich auf die Palme bringt, wenn ich ein bisschen Körperkontakt aufbaue. Ich hätte natürlich niemals etwas mit einem anderen Kerl angefangen, solange du da warst, aber es hat dich so gereizt, dass du mich dann in ein Hinterzimmer geschleppt hast, nur um mich daran zu erinnern, dass ich ja dich habe. Hach, die schönen Erinnerungen.“
Dieses teuflische Genie. Ungläubig schüttle ich den Kopf. Dass Calum meine Eifersucht so ausgenutzt hat, hätte ich ihm niemals zugetraut. Nie hätte ich gedacht, dass er so manipulativ und verschlagen sein kann. Das macht ihn sogar noch attraktiver, als er es ohnehin schon ist.
„Du nutzt meine Eifersucht eiskalt für deine sexuellen Triebe? Ich bin entsetzt, Calum Sanchez. Ich bin entsetzt.“ Meine gespielte Empörung bringt Calum zum Lachen.
„Entschuldige. Ich bedauere es zu tiefst“, entschuldigt mein marido sich ohne Reue, dabei fasst er sich an die Brust.
„Es sei dir verziehen“, antworte ich großzügig wie ich bin.
Calum reicht mir mein Smartphone. „Ich glaube, dass Gabe dir geschrieben hat.“
Als ich den Bildschirm entsperre, zeigt mir die kleine Meldung bereits, dass Calum Recht hat. Natürlich meldet sich Gabe bei mir. Mein Cousin freut sich wahrscheinlich gerade unheimlich, weil er es geschafft hat, mir den Hund erfolgreich anzudrehen. Naja, den Hund abzulehnen war mir ja leider unmöglich…
---
3 neue Nachrichten.
---
Gabe: ‚Ich wusste, dass du ihn liebst!‘
Gabe: ‚Calum hat mir dein Foto geschickt. Domingo passt perfekt zu dir. Ich habe gesehen, dass du ihn magst, auch wenn du so getan hast, als würdest du ihn nicht mögen.‘
Gabe: ‚Wenn du möchtest, kann ich noch mehr Tiere bringen. Willst du lieber Katze oder Hund?‘
„Toll, Calum, jetzt will Gabe mir noch mehr Viecher andrehen. Ich erschieße ihn, wenn er mit einer verdammten Ziege ankommt.“
Mein marido fängt an zu lachen. „Wieso? Ziegen kann man melken, dann gibt’s Ziegenmilch. Das klingt spannend. Die Mädchen könnten etwas lernen“, antwortet Calum motiviert, doch ich finde das alles andere als lustig. „Du weißt ja, wie gerne sie Tiere haben. Ziegen zu melken würde ihnen bestimmt Freude bereiten und wenn wir dann noch Hühner hätten, könnten sie jeden Tag Eier sammeln. Je mehr Tiere, desto mehr Spaß.“
„Calum, hör auf“, sage ich streng. „Nur weil wir ein großes Grundstück haben, heißt das noch lange nicht, dass wir hier eine echte Farm betreiben müssen. Gemüse schön und gut, aber ich will nicht jeden Tag die Scheiße irgendwelcher Tiere wegzuräumen. Erinnerst du dich? Wir haben ältere Kinder adoptiert, damit ich mich nicht mit Babywindeln beschäftigen muss. Außerdem, denk mal darüber nach, wie es dann hier aussieht, wenn überall Tiere herumlaufen… Und sobald der Wind aus einer ungünstigen Richtung kommt, stinkt es nach sowieso schon nach Kühen, ich will den Gestank nicht permanent in meiner Nase haben, egal wie viel unsere Mädchen dabei lernen.“
Mein marido schüttelt den Kopf. Seine Mimik erklärt, dass er meine Argumente für lächerlich hält. „Wie angepisst du eigentlich jedes Mal bist, wenn es um das Thema Haustiere oder Tiere geht“, zieht Calum mich amüsiert auf. „Echt jetzt. Du bist der grantigste Vegetarier aller Zeiten.“
„Meine Ernährung hat nichts mit Pseudo-Tierliebe zu tun. Ich habe keine Lust auf noch mehr Arbeit. Die Mädchen haben ihre Kaninchen, du hast dir dieses noch leere Aquarium angeschafft und Gabe hat uns einen wandelnden Flohzirkus angedreht. Für mehr ist hier kein Platz, egal wie groß das Grundstück ist.“
„Und was ist mit Hühnern? Die stinken nicht.“
„Aber ihr Kot ist eine Brutstätte für unendlich viele Bakterien. Keine weiteren Tiere. Ende der Diskussion.“
Calum wirkt immer noch amüsiert. Er nimmt mich nicht ernst. Grinsend deutet er auf mein Smartphone: „Sag das auch gleich deinem Cousin. Es könnte sonst sein, dass er noch mehr ausgesetzte, arme Tiere von der Straße hier anschleppt.“
Dass Calum mich aufzieht, kann ich deutlich hören. Ich bestrafe ihn mit einem bösen Blick, der allerdings nicht fruchtet. Er grinst mich an, als wäre alles in bester Ordnung.
„Manchmal hasse ich dich, Calum.“
„Ich weiß, Sweetie, aber weißt du… Das dumme ist: Es stört mich überhaupt nicht.“
Recht hat er trotzdem…
Ich blicke wieder auf mein Smartphone und zeige meinem Cousin gleich seine Grenzen auf. Ich will keine weiteren Tiere in meinem Zuhause! Man wird unflexibel, weil sich immer jemand um sie kümmern muss und über den Dreck habe ich mich bereits genug ausgelassen. Mein Standpunkt sollte klar sein!
Trevor: ‚Wenn du mir auch nur ein weiteres Tier anschleppst, egal ob mit Fell, Schuppen, Federn oder nackter Haut, dann werde ich dich umbringen! Domingo wird nur toleriert, weil du mich mit ihm überfallen hast. Ich will keine Tiere mehr!‘
Gabe: ‚Das meinst du nicht so :) Du liebst Tiere! Ich finde etwas für dich.‘
Trevor: ‚¡Gabe! ¡No! ¡Te advierto!‘
Gabe: ‚:)‘
Trevor: ‚Te odio…‘
Gabe: ‚<3‘
„Calum… Ich fürchte, dass Gabe schon mindestens einen Straßenköter hat, die er demnächst anschleppen wird…“
„Wenn sie so gut erzogen sind wie Domingo, bin ich einverstanden“, antwortet Calum zufrieden. „Du bist niedlich, wenn du dich ärgerst.“
„Te odio.“
„Du sprichst das falsch aus, Trevor. Das heißt ‚Te amo‘ verstehst du? Te amo. Es ist ganz einfach, wiederhole einfach, was ich gesagt habe: Te … amo.“
Mein marido erntet einen genervten Blick. „Leck mich.“
„Vielleicht heute Nacht“, kontert er ein weiteres Mal, haucht mir im Anschluss schon einen Kuss zu.
Arschloch.
…
Heute ist wieder eine stürmische Nacht. Leider ist das kein Wortspiel oder eine Umschreibung unsers Sexlebens. Das Wetter ist schlicht stürmisch. Es regnet wie in Strömen.
Der laute Regen, Blitz und Donner reizen unseren Hund. Von meinem Bett aus sehe ich Domingo dabei zu, wie er das Fenster anbellt. Ich würde mich aufregen, wenn es nicht so verdammt lustig aussehen würde. Aufgeregt bellt und bellt und bellt er. Das Witzige daran ist, dass er sich so aufregt, dass er bei jedem Bellen einen oder zwei Zentimeter nach hinten springt. Es wirkt beinahe als würde sein Bellen ihn nach hinten werfen.
„Willst du nicht irgendwas tun, damit er damit aufhört? Das arme Ding bekommt noch einen Herzinfarkt“, bittet mein marido mich. Er stupst mich mit seinem Bein an, als ich nicht reagiere.
„Was soll ich machen, Calum? Das Wetter umstellen?“
Ich drehe mich zu ihm und er sieht von seinem Laptop auf. „Haha, du Scherzkeks. Nimm Domingo auf den Arm und flüstere ihm irgendwas Beruhigendes zu.“
„Ich bin kein Hundeflüsterer, du Genie.“
„Aber er liebt dich. Er vertraut dir. Bitte. Ich sage auch niemandem, dass du dich so liebevoll um ihn sorgst. Er soll einfach nur aufhören.“
Ich stehe auf und stelle mich zwischen Domingo und dem Fenster. Von vorne sieht er noch lustiger aus. Man kann so kleine, wütende Schoßhunde nicht ernst nehmen. Das sonst süße Gesicht wirkt ein wenig als wäre er ein winziger, keifender Dämon aus der Hölle. Domingo fletscht die Zähne, seine Augen sind weit aufgerissen. Seine niedlichen Ohren sind krampfhaft nach hinten gelegt. Es stimmt schon, langsam wird es Zeit, dass er aufhört, sich aufzuregen. Das kann nicht gesund sein.
Ich gehe in die Knie und strecke meinen Arm nach unserem Hund aus. Einige Male bellt er noch das Fenster an, aber dann gibt er zumindest das auf. Domingo wirkt immer noch etwas aufgeregt und ängstlich, doch es dauert nicht lange, schon schnuppert er an meiner Hand. Er zittert jedoch nach wie vor.
„¿Qué pasa contigo? ¿Tienes miedo?“
Domingo schreckt etwas zurück und beginnt wieder zu bellen. Schuld daran ist der verdammte Donner, der sich beinahe wie eine Explosion anhört. Ich bin ziemlich sicher, dass das nicht der letzte Donner war, deswegen beschließe ich, den zitternden Chihuahua auf den Arm zu nehmen. Mit liebevollen Streicheleinheiten versuche ich, ihn zu beruhigen.
„Ay, Domingo… Cálmate, todo va a salir bien.“
„Was sagst du zu ihm?“, fragt Calum nach.
„Dass alles gut ist und er sich beruhigen soll. So wie du es wolltest.“
Ich spüre, dass Domingo ein wenig ruhiger wird. Mit ihm auf dem Arm gehe ich auf und ab. Er bekommt sogar einen Kuss auf seinen Kopf. Ganz geheuer ist ihm das Gewitter trotzdem nicht. Der ängstliche Chihuahua dreht sich immer wieder Richtung Fenster und zeigt seine Zähne. Wenn er wütend ist, ist er wirklich äußerst hässlich. Süß ist definitiv etwas Anderes.
„Niedlich, wie du dich um ihn kümmerst, fast als wäre er dein Baby.“
„Cállate.“
„Hol ihn zu uns ins Bett. Heute ist eine Ausnahme“, schlägt Calum vor, doch ich bleibe konsequent.
„No, wenn wir damit anfangen, gewöhnt er sich daran und schon haben wir einen verwöhnten Hund, der denkt dass er unser Kind ist. Wir würden ihn nie wieder aus dem Bett bekommen.“
„Na dann gehen wir mit ihm auf die Couch.“
„Das ist dasselbe…“
Calum sieht mich verurteilend an. „Red keinen Scheiß, Trevor. Du hast schon mit ihm auf der Couch geschlafen. Dass du ihn wegen den Haaren nicht im Bett haben willst, verstehe ich ja, aber sieh ihn dir an… Er hat Angst und er braucht etwas Geborgenheit. Er bleibt bestimmt nicht in seinem Körbchen, egal wie oft wir ihn hineinsetzen. Er wird die ganze Nacht bellen, wenn wir ihn nicht beruhigen. Das ist weder für ihn noch für uns erholsam.“
„Okay. Gute Nacht.“
Mit Domingo auf dem Arm verlasse ich das Schlafzimmer. Im Wohnzimmer setze ich Domingo auf der Couch ab. Licht aus, Fernseher an. Ich mache es mir bequem und decke mich zu. Um die kleine Hausratte zu beruhigen, setze ich ihn auf meinen Bauch und streichle ihn. Die Streicheleinheiten und das Kraulen hinter seinen Ohren scheinen ihn nach und nach zu beruhigen. Er setzt sich und lässt das Unwetter getrost hinter sich.
„Du lässt mich einfach so alleine im Schlafzimmer zurück?“, fragt Calum ungläubig. Ich kann ihn zwar noch nicht sehen, aber schon aus der Küche hören. „Trevor? Schläfst du auf der Couch?“
„Sí, kommst du auch?“
Calum beugt sich über mich. Nun kann ich ihn deutlich im Schein des Fernsehers erkennen. Er kneift seine Augen etwas zusammen, um mich böse anzusehen. „Das hättest du ruhig sagen können.“
„Du hast es doch selbst vorgeschlagen. Ich dachte das ergibt sich aus dem Kontext.“
„…nein.“
„Leg dich zu mir“, biete ich ihm an, doch mein marido nimmt Abstand. „Wohin gehst du?“
„Lies es aus dem Kontext.“
„Was für ein Kontext? Du hast ein angepisstes ‚Nein‘ von dir gegeben und bist weggegangen. Bist du jetzt sauer auf mich?“
Ich höre, dass die Schlafzimmertür sich schließt. Das ist jetzt nicht sein ernst, oder? Er wollte doch auf der Couch schlafen und jetzt zickt er mich an. Es war seine Idee, nicht meine.
Müde lasse ich Calum Calum sein und streichle weiterhin über Domingos Rücken. Wenigstens ist er nun so ruhig und entspannt, dass er sich hinlegt und einrollt.
„So ist’s brav. Buenas noches, Domingo.“
Ich schließe ebenfalls die Augen, lasse den Fernseher allerdings laufen. Die Geräuschkulisse der Serie hilft vielleicht, den Sturm ein wenig in Vergessenheit zu drängen. Mehr kann ich für den kleinen Flohzirkus leider nicht tun.
Schritte in der Küche verraten mir, dass mein Liebster doch wieder zu mir kommt. Wahrscheinlich hat er nur seine restlichen Mails beantwortet. Calum legt sich zu mir auf die Couch. Es dauert ein bisschen, doch dann einigen wir uns darauf, dass wir in der Löffelchenstellung kuscheln. Domingo findet schnell einen neuen Schlafplatz, er kuschelt sich an meinen Bauch, während Calum sich an meinen Rücken schmiegt. Seine Körperwärme zieht mich fast magnetisch an. Ich spüre einen sanften Kuss im Nacken.
„Deine tierliebe Seite gefällt mir, Sweetie. Das macht dich noch süßer, als du schon bist.“
„Sei still und schlaf. Ich will das gar nicht hören.“
„Tu nicht immer so hart, ich weiß schon, dass du es nicht bist.“ Calum küsst meinen Nacken ein weiteres Mal. „Du darfst gerne lockerer sein, du darfst zeigen, dass du Domingo lieb hast. Du darfst deine echten Gefühle zulassen, Trevor. Ich kenne dich besser als alle anderen, mir gegenüber musst du deine harte Schale nicht aufrechterhalten. Ich verrate niemandem etwas.“
Ich rolle mit den Augen. Nicht schon wieder dieses Gefühlszeug und das so spät nachts. „Okay, okay. Ich hab Domingo gern. Er ist niedlich, auch wenn er wirklich hässlich ist, wenn er sich aufregt.“
„Na siehst du? Hat doch nicht wehgetan.“
„Doch. Schlaf jetzt, Calum.“
„Ich versuche es“, antwortet er. „Hoffentlich ist das Wetter morgen besser. Die Mädchen waren ganz enttäuscht, dass wir das Grillen verschieben mussten.“
„Calum… Schlafen. Jetzt.“
„Sorry“, entschuldigt er sich leise.
„Te amo, mi corazón.“
„Mhm… Yo también te amo.“
…
Nachts werde ich geweckt, da die Mädchen zu uns auf die Couch klettern. Domingo hat es sich bei unseren Füßen gemütlich gemacht, was mir die Möglichkeit gibt, Lucía in den Arm zu nehmen. Cassie sucht zwischen mir und ihrem Daddy Geborgenheit. Ich nehme etwas Abstand von Calum, um ihr Platz zu machen. Langsam wird es hier richtig eng. Die Mädchen dürfen keinesfalls größer werden, wenn sie das weiterhin machen möchten.
Lucía bekommt einen Kuss auf die Stirn, doch dann erhebe ich mich ein wenig und ziehe eine Decke etwas angestrengt zu mir. Sie ist aus meiner Reichweite, deswegen ziehe ich sie mühsam mit meinem Fuß herbei, ehe ich danach greifen kann. Die dünne Stoffdecke nutze ich gleich, um Cassie zuzudecken.
„Danke, papá“, flüstert Cassie.
„De nada, Prinzessin. Hast du genug Platz?“, frage ich ebenso flüsternd nach.
„Mhm. Danke.“
Ich gebe Cassie einen Kuss auf die Wange. „Versucht jetzt zu schlafen, okay?“
„Okay.“
Lucía kuschelt sich wieder in meine Arme. Ich streichle über ihren Rücken und dann über ihren Kopf. Ihre Haare sind zu einem lockeren Zopf geflochten.
„Papá?“
„Hm?“
„Donner hat uns aufgeweckt… Er ist sehr laut.“
„Ich weiß, Lucía, aber da kann man nichts machen“, antworte ich leise. Ich küsse ihre Stirn und drücke sie an mich. „Versuch wieder einzuschlafen. Ich bin hier, euch kann nichts passieren. Ich passe auf euch auf.“
„Gracias, papá. Te quiero.“
Ich schließe meine Augen. An meinen Beinen spüre ich, dass Domingo sich einen neuen Schlafplatz sucht. Er beschließt dass der perfekte Platz sich zwischen meinen Beinen befindet. Unser Chihuahua kuschelt sich an mein linkes Knie, sodass mir die letzte Bewegungsfreiheit genommen wird. Als wäre das noch nicht genug, bekomme ich wenig später einen Tritt von Cassie. Mit dieser Einschlafgeschwindigkeit übertrifft sie meine Erwartungen. Eigentlich dachte ich, dass meine Mädchen noch ein bisschen jammern. Zumindest zeigt es, dass Cassie sich zwischen Calum und mir sehr wohl fühlt.
Lucía dagegen ist ein wenig unruhiger. Ich streichle über ihren Rücken, in der Hoffnung sie dadurch zumindest ein wenig beruhigen zu können. Ihre kleine Hand klammert sich in den Stoff meines Shirts. Ich atme tief durch. Sieht nicht so aus als würde ich bald wieder Schlaf finden.
„¿Va todo bien mi princesa?“
„Sí, papá.“ Das Wohnzimmer wird von einem Blitz erhellt. Ich mache mich bereits auf den Donner gefasst, der wenige Sekunden später schon ertönt. Lucía zuckt zusammen, sie klammert sich an mich. „Tengo miedo.“
„Sch… Es das ist nur das Wetter. Du musst keine Angst haben. Ich bin hier und passe auf dich auf“, verspreche ich leise.
„Was’n los?“, erklingt nun auch Calums verschlafene Stimme.
„Gar nichts, schlaf weiter, Baby.“
„Mhm…“
So richtig wach ist Calum glücklicherweise nicht und ich habe nicht vor das zu ändern. Wenigstens ein Erwachsener sollte morgen ausgeschlafen sein, um den Mädchen all ihre Wünsche erfüllen zu können.
Lucía bekommt einen Kuss auf den Kopf. „Ich bleibe wach, bis du eingeschlafen bist, mein Schatz.“
„Gracias, papá.“
„Cierra los ojos“, bitte ich sie leise. Im Licht des nächsten Blitzes sehe ich, dass sie meiner Bitte nachgekommen ist. Mit geschlossenen Augen liegt Lucía halb auf meiner Brust. Wieder streichle ich sie, außerdem sorge ich dafür, dass sie gut zugedeckt ist. Calum und Cassie schlafen ungestört, auch Domingo fängt gerade an zu schnarchen. Sobald meine kleine princesa eingeschlafen ist, werde auch ich wieder in den Schlaf finden.
Tja, das ist nun mein Alltag als Mann von Calum und papá zweier Mädchen. Den Flohzirkus an meinem Knie vergesse ich natürlich auch nicht. Domingo ist nun ebenfalls Teil unserer Familie.
Mein Leben ist zwar ziemlich langweilig, unspektakulär, wiederholend, aber es ist mein Leben. Ich habe mich dafür entschieden und ich denke, dass es das Richtige für mich und meine Gesundheit ist. Mit Ende 30 gehen die Partys zu Ende, so ist das nun einmal.
Eine Konstante gibt es in meinem Leben trotzdem: Ich teile mir nach wie vor immer noch das Bett mit mehr Menschen als ich sollte…