Was zuletzt geschah:
Seit Eriks Umzug, sieht Marco seinen Freund nur noch jedes zweite Wochenende. Eine ziemliche Umstellung, nachdem sie die Monate zuvor nahezu ausschließlich im Doppelpack anzutreffen waren. Da kommt Dragos Einladung, gemeinsam Wadern zu gehen, gerade recht, denn sie hält Marco zumindest davon ab, seine neugewonnene Freizeit mit Trübsalblasen zu verbringen. Am Ende des Tages ertappt er sich sogar bei dem Wunsch, Drago so bald wie möglich wiederzusehen.
Kapitel 17
Natürlich reagierte Erik nicht auf seine Türklingel. Warum sollte er auch? Marco hatte sich ja nur stundenlang mit dem Zug von Stuttgart zum Berliner Hauptbahnhof gequält und von dort mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu Eriks Wohnung. Den verfluchten Schlüssel nicht von innen im Türschloss stecken zu lassen, war im Gegensatz dazu offensichtlich ein nicht erbringbarer Aufwand.
Erneut presste Marco den Klingelknopf, deutlich kräftiger als unbedingt nötig.
„Sekunde noch!“, rief Erik von der anderen Seite der – weiterhin fest verschlossenen – Tür.
„Ist das dein Ernst?“ Marco klopfte – okay, hämmerte – gegen das Holz.
Als hätte Erik eben dieses Signal abgewartet, öffnete er die Tür, splitterfasernackt und mit einem verwegenen Funkeln in den Augen. „Hey.“
„Äh … hi.“ Überrumpelt ließ sich Marco in die Wohnung ziehen. „Wa–“
Erik sank vor ihm auf die Knie, den Mund einen Spalt geöffnet, die Lippen feucht. Mit flinken Fingern knöpfte er Marcos Hose auf. „Du hast mir gefehlt.“
„Du, äh, du mir auch.“ Marco wollte sich nicht beschweren, wirklich nicht, immerhin hatte er bei ihrem letzten Telefonat angedeutet, eine solche Begrüßung, nun ja, zu begrüßen. Im Moment hatte er allerdings Schwierigkeiten, seine miese Laune beiseitezuschieben.
„Ich wette, es gibt eine Menge Dinge, die du gern mit mir anstellen würdest“, nuschelte Erik, das Gesicht gegen Marcos Schritt gepresst. „Und Dinge, von denen du möchtest, dass ich sie tue.“
„Sì.“ Zum Beispiel die verfluchten Schuhe in den eigens dafür gekauften Schrank räumen. Wie konnte ein einzelner Mensch so viel Chaos mit Kleidungsstücken verursachen, von denen ohnehin niemand mehr als drei Paar besitzen sollte? Marco wusste schon, warum sie sich in Stuttgart fast ausschließlich bei ihm getroffen hatten.
Okay, stopp. Konzentration. Erik kniete ganz offensichtlich nicht vor ihm, weil er plante, den Boden zu schrubben. Obwohl dieser das durchaus mal wieder nötig hätte.
Erwartungsvoll blickte Erik nach oben, blonde Wimpern umrahmten gewittergraue Augen, warteten auf eine Antwort, darauf, dass Marco die Kontrolle übernahm. Erik machte ihm ein Geschenk, und Marco wäre dumm, es nicht anzunehmen. „Hast du die Handschellen schon ausgepackt?“
„Mhm.“
„Hol sie.“
Gehorsam sprang Erik auf und sprintete zum Schlafzimmer. Der Anblick seines nackten Körpers mit diesem perfekten, runden Po und der von unzähligen Schwimmstunden geformten Rückenmuskulatur, erzielte endlich die Regung, auf die Marco gewartet hatte.
Erik kehrte zurück, die Handschellen von seinem Zeigefinger baumelnd. Marco nahm es ihm ab. „Dreh dich um.“
Auch diese Aufforderung befolgte Erik klaglos, aber Marco spürte Anspannung in dessen Muskeln, als er die Ringe um Eriks Handgelenke zuschnappen ließ. „Knie dich hin. Gesicht zu mir.“ Er musterte seinen Freund, suchte nach der Furche zwischen seinen Brauen und der kühlen Maske, hinter der Erik oft seine wahren Emotionen versteckte. Er entdeckte keins von beidem. „Du lässt mich wissen, wenn es dir zu viel wird?“
„Mhm.“
Zuneigung brannte in Marcos Brust. Er liebte Erik. Immer und besonders in diesem Moment. Für das Vertrauen, das Erik ihm schenkte und den Willen, ihm zuliebe Dinge auszuprobieren, die ihn nervös machten. Mit dem Daumen strich Marco über Eriks Lippen. „Zeig mir, dass dein Mund nicht nur zum Reden gut ist.“ Innerlich verzog er das Gesicht. Das hatte weit geschmackloser und degradierender geklungen als in seinem Kopf.
Erik schien sich nicht an der Wortwahl zu stören. Eifrig beugte er sich vor und umschloss Marcos Erektion. Seine hinter dem Rücken gefesselten Hände bereiteten ihm allerdings sichtlich Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Wo er sonst mit Geschick arbeitete, musste heute Enthusiasmus genügen.
Durch halbgeschlossene Lider betrachtete Marco Erik. Die unkoordinierte Bewegung seines Kopfes, das goldene Haar, das ihm ins Gesicht hing. Marcos Fingerkuppen kribbelten unter dem Verlangen, seine Hände darin zu vergraben.
Behutsam tastete er sich heran, übte sanften Druck auf Eriks Schultern aus. Erik folgte seiner Vorgabe – kurzfristig. Dann wechselte er wieder zu seinem eigenen Rhythmus.
Sie wiederholten das Spiel einige Male, bevor Marco aufgab. Erik fühlte sich inzwischen merklich wohler in seiner Haut; ein spitzbübisches Funkeln glitzerte in seinen Augen, wann immer er aufblickte. Er besaß nur offensichtlich nicht das geringste Interesse daran, Kontrolle abzugeben.
Marco fand sich damit ab, einen ausgezeichneten Blowjob von einem Freund spendiert zu bekommen, der keinen devoten Knochen im Leib trug.
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Still leidend pulte sich Marco Schlafsand aus dem Augenwinkel. Die Sonne knallte grell durchs Küchenfenster, aus dem Schlafzimmer tönte gleichmäßiges Schnarchen und in der gesamten Wohnung ließ sich kein Kaffee auftreiben. In Ermangelung brauchbarer Alternativen goss Marco einen Beutel Schwarztee mit kochendem Wasser auf und erschauerte unter dem würzigen Geruch, der aus der Tasse aufstieg. Wie Erik das Zeug freiwillig trinken konnte – und dafür erstklassigen Espresso verschmähte – würde ihm auf ewig ein Rätsel bleiben.
Er schielte zur Mikrowellenuhr, stellte fest, dass es vermutlich nicht wirklich drei Uhr morgens war, und begab sich auf die Suche nach seinem Handy. Das wiederum wartete in der Sofaritze, in der er es am Abend zuvor beim Filmgucken verloren hatte. Fast unmöglich zu finden, wenn es nicht in exakt diesem Moment geklingelt hätte. Over the Hills and Far Away – der Song, den er Dragos Nummer zugewiesen hatte.
„Pronto.“
„Drago hier.“
„Ich weiß.“
„Rufe ich zu früh an? Ich habe nicht auf die Uhr gesehen.“
„Nah, alles gut. Ich war wach.“ Und Erik verschlief mutmaßlich einen Atomkrieg, sofern dabei keine Waffeln serviert wurden. „Was gibt’s?“
„Daniel wollte dich sprechen, aber er hat deine Nummer nicht.“
Die hatten sie tatsächlich nie ausgetauscht. „Du kannst sie ihm ruhig geben.“
„Er steht neben mir.“
„Auch gut. Es ist aber nichts passiert, oder?“
Drago schnaubte lediglich. Leises Rascheln erklang, dann Daniels ausgelassene Stimme. „Hi, Marco! Einen wunderschönen guten Morgen!“
„‘n Morgen.“
„Sorry, falls wir dich geweckt haben. Ich habe mit Drago gequatscht und er hat schneller bei dir angerufen, als ich einhaken konnte.“ Unverständliches Gemurmel im Hintergrund. „Aber du wusstest nicht, ob er schon wach ist“, sagte Daniel, offensichtlich nicht zu Marco, was zu mehr Gemurmel führte.
„Alles gut, ich bin schon eine Weile auf“, versicherte Marco, bevor die Diskussion zwischen Daniel und Drago ausartete. „Was gibt’s denn?“
„Äh, ja, also, das kommt jetzt wahrscheinlich etwas komisch, weil es wirklich noch ein paar Stunden hätte warten können, aber … Du weißt doch bestimmt, wie man richtig gute Pizza macht, oder? Weil, ich wollte mich unbedingt mal selbst daran versuchen, aber ich habe null Erfahrung damit und irgendwie findet man zigtausend Rezepte, die alle was anderes behaupten und … ich bin überfordert.“
Im Hintergrund hörte Marco Drago. Was auch immer der Inhalt seines Einwands gewesen sein mochte, er ließ Daniel aufseufzen. „Und könntest du bei der Gelegenheit noch Drago beruhigen? Er ist fest davon überzeugt, dass wir bei der Aktion die Küche zerstören.“ Nun mischte sich Protest in Dragos Stimme. „Er will, dass du weißt, dass er nicht ‚zerstören‘ gesagt hat. Nur ‚völlig verdrecken‘ und ‚im Chaos versenken‘.“ Intensives Gemurmel, Daniel lachte. „Doch, doch, wenn du sowas sagst, darf ich dich auch zitieren! Warte, ich stell das Telefon auf laut, damit ich nicht immer Mittelsmann spielen muss. So. Hörst du uns gut, Marco?“
„Sì.“ Amüsiert beschrieb Marco den beiden sein simpelstes Pizzarezept und bemühte sich dabei, seine Erklärungen so katastrophensicher wie möglich zu formulieren. Nach einiger Diskussion, diverser Rückfragen und Beteuerungen, dass sich das alles weit weniger kompliziert gestaltete, als es anfänglich den Anschein machte, gaben sich Daniel und Drago zufrieden.
„Okay, jetzt bin ich zumindest halbwegs überzeugt, dass wir das irgendwie hinkriegen“, sagte Daniel am Ende. „Echt vielen Dank dafür! Schönes Wochenende, wir sehen uns am Montag!“
„Bis dann.“ Breit grinsend legte Marco auf, Daniel und Drago deutlich vor Augen. Der eine mit einem Lächeln in seinem runden Gesicht, der andere mit gerunzelter Stirn, vor der Brust verschränkten Armen und voller Sorge um die Ordnung in seiner Küche. Zwei denkbar ungleiche Freunde.
„Etwas Dringendes?“
Ertappt drehte sich Marco um. Erik stand im Türrahmen zum Wohnzimmer und musterte ihn mit vom Schlaf verquollenen Augen.
„Nah. Nur ein Arbeitskollege, der eine Frage hatte.“
„Am Samstag? Um diese Uhrzeit?“
„Verschläft eben nicht jeder gern den halben Tag.“ Das hatte vorwurfsvoller geklungen, als es sollte. „Sorry, dass ich dich geweckt habe. Ich hätte die Schlafzimmertür schließen sollen.“ So viel zu der Atomkrieg-Theorie. „Leg dich ruhig wieder hin und ich hole dich, wenn das Frühstück fertig ist. Klingt das gut?“
„Dein neuer Arbeitskollege?“, fragte Erik, anstatt auf Marcos Angebot einzugehen.
„Sì. Daniel.“ Leugnen brächte ihn vom Regen in die Traufe. Marco hatte sich nichts vorzuwerfen, dennoch bereitete er sich auf die aufziehenden Wolken vor.
Die meiste Zeit hatte Erik seine Eifersucht im Griff, weil er selbst erkannte, dass sie mehr zerstörte als rettete. Leider hinderte das den irrationalen Teil seines Gehirns – jenen, der ihn um jeden Preis vor neuen Enttäuschungen schützen wollte – nicht daran, gelegentlich Besitz von ihm zu ergreifen.
Auch jetzt spiegelte sich Eriks innerer Kampf in seinen Zügen. Seine Brauen zogen sich zusammen, und seine Lippen formten eine harte Linie, umgeben von scharfen Kanten. Doch das erwartete Gewitter blieb aus. Nach langen Sekunden rang er sich ein Lächeln ab. „Du hast was von Frühstück gesagt.“
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„Wir könnten ins Kino gehen.“ Eriks Kopf lehnte schwer an Marcos Schulter, nur ein Klecks Honig am Tellerrand zeugte von dem fürstlichen Frühstück, das er eben in Rekordzeit verspeist hatte. „Es sind ein paar neue Filme angelaufen, die ganz spannend klingen.“
„Haben wir doch letztes Mal schon gemacht.“
„Seitdem sind neue Filme rausgekommen.“ Als Marco nicht antwortete, verrenkte Erik den Hals, bis sich ihre Blicke trafen. „Hast du keine Lust?“
Marco brummte unbestimmt, merkte selbst, wie griesgrämig er klang und zwang sich zu einer ordentlichen Antwort. „Nah, ist okay. Such was aus.“
„Sicher? Wenn du lieber was anderes unternehmen willst, ist das in Ordnung.“
Alles, was nichts damit zu tun hat, stundenlang in einem dunklen Raum zu hocken. Meistens genoss Marco die Besuche in ihrem Stammkino, schon allein, weil Eriks Gesicht dabei leuchtete wie das eines Kindes im Süßwarenladen. Selbst schlechte Filme störten ihn nicht. Die sezierte Erik im Anschluss genüsslich bei einem Stück Kuchen im Tässchen, was durchaus einen gewissen Unterhaltungswert bot. Doch hier in Berlin gab es kein Tässchen, kein Stammkino, keine Freunde, die man spontan dazuholen konnte. Kurzum: Berlin war nicht Stuttgart und Marco fiel die Decke auf den Kopf. Einerseits wollte er das Wochenende nutzen und etwas unternehmen, andererseits verspürte er auf nichts wirklich Lust.
Mit dem Zeigefinger tupfte er den Honigklecks von Eriks Teller, weniger zum Naschen, sondern um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, aber Erik umfasste sein Handgelenk und stoppte ihn. Ohne ihren Blickkontakt zu lösen, führte er Marcos Finger an seine Lippen, verband ihre Körper für einen Augenblick durch den klebrigen Honig. „Wenn du keine Lust auf Kino hast“, Eriks Atem strich über Marcos Hand, „hätte ich einen Alternativvorschlag.“
Aufmerksam beobachtete Marco Erik, studierte die feinen Lachfältchen, die sich um seine Augen bildeten – bis sie dauerhaft zu sehen wären, mussten noch einige Jahre ins Land ziehen – und die offensichtliche Freude, die es ihm bereitete, Marco anzuheizen. Und bei Gott, Erik wusste, wie er seine Zunge dafür einsetzen konnte.
„Willst du das nicht lieber an einer anderen Stelle fortsetzen?“, fragte Marco.
Erik neigte den Kopf, ein herausforderndes Glitzern in den Augen. „Nö.“ Sein Gesichtsausdruck wechselte von verspielt zu nachdenklich. „Würdest du dich wohl dabei fühlen, wenn wir bei den Handschellen mal tauschen? Also, wenn ich dich fessle, statt andersrum?“
Überrumpelt sackte Marco tiefer in die Couch. „Äh …“
„Ist in Ordnung, wenn nicht.“
Trotz Eriks Beteuerung sah Marco Enttäuschung in seinem Gesicht. „Nah, alles gut. Können wir schon ausprobieren.“ Der Gedanke mochte ihn nicht reizen, aber Erik sprang ihm zuliebe über so viele Schatten, da durfte er diesen Gefallen ruhig gelegentlich erwidern. „Jetzt gleich?“
„Sofern du magst.“
„Klaro!“, sagte Marco mit deutlich mehr Enthusiasmus, als er empfand.
Ein Lächeln breitete sich auf Eriks Lippen aus. Zusammen mit seinen zerzausten Strähnen, die in der Sonne schimmerten, erinnerte er Marco an einen Golden Retriever, der ungeduldig darauf wartete, dass ihm sein Herrchen einen Ball zuwarf. Wer konnte so einem Gesicht schon widerstehen? „Schlafzimmer?“
„Schlafzimmer.“
Wild knutschend stolperten sie zum Bett, eine Spur hastig losgewordener Klamotten hinter ihnen. Marco landete Rücken voraus auf der Matratze, ausreichend schwungvoll, um ihm die Luft aus den Lungen zu pressen. „Uff.“
„Sorry.“ Offensichtlich tat es Erik kein bisschen leid. Breit grinsend kniete er über Marco, die wie durch Magie in seinen Händen erschienenen Handschellen hochhaltend. „Bereit?“
„Sì.“ Marcos Schultergelenke knackten, als Erik seine Handgelenke an den Streben des Betts fixierte. Das Metall fühlte sich kalt auf seiner Haut an, das Klicken des Schlosses klang unerwartet laut. Er rutschte auf der Matratze herum, um eine bequeme Position zu finden.
Selbstbewusst glitten Eriks Hände von Marcos Armen über seine Brust und seinen Bauch. „Hmm, also ich könnte mich an diesen Rollentausch gewöhnen.“ Er verteilte Küsse auf Marcos Hüftknochen, presste die Fingerspitzen gegen dessen Innenschenkel.
Jede Berührung saß – nach eineinhalb Jahren Beziehung wusste Erik, wohin er greifen musste, um eine Reaktion zu provozieren – und Marco bemühte sich, diese Hingabe ausreichend zu würdigen. Wenn nur die Handschellen nicht so gegen seine Gelenke scheuern würden. Außerdem lag er irgendwie unbequem, die Arme seltsam gestreckt, und im Grunde hätte er seine Hände auch lieber irgendwo auf Eriks Körper anstatt am Bettgestell.
„Oh, wow.“ Erik hatte seine Liebkosungen eingestellt und betrachtete stattdessen Marco. „Du hasst das hier.“
„Nah, ich muss nur … äh …“
„Darüber hinwegkommen, wie sehr du das hier hasst?“
„Sì“, gab Marco kleinlaut zu.
Kopfschüttelnd setzte sich Erik auf und krabbelte über Marco. Mit wenigen geschickten Handgriffen hatte er ihn aus seinen Fesseln befreit. „Besser?“
„Wir müssen nicht abbrechen.“
„Doch, müssen wir. Es macht dir offensichtlich keinen Spaß und das ist ja kaum Sinn der Sache. Außerdem“, federleichte Küsse auf Marcos Wangen und Stirn, „brauche ich keine Handschellen.“ Eisern schlossen sich Eriks Finger um Marcos Unterarme, hielten sie an Ort und Stelle.
„Denkst du das, ja?“
„Mhm.“
„Das werden wir ja sehen!“ Nur halbernst stemmte sich Marco gegen das Gewicht über ihm, doch nicht zum ersten Mal unterschätzte er damit, wie viel Kraft in Eriks sehnigem Körper steckte. Dieser bewegte sich kein Stück, lediglich seine Hände verstärkten ihren Griff. Dann musste Marco eben nachlegen.
Er wehrte sich, versuchte, Erik aus dem Gleichgewicht zu bringen und die Oberhand zu gewinnen. Kurzfristig gelang ihm das – lange genug, um ihre Positionen zu tauschen und über Erik zu rollen – aber auch Erik schien wenig Interesse zu haben, klein beizugeben und drehte den Spieß prompt wieder um.
Die Rangelei ging weiter, mal setzte sich Marco durch, mal Erik, ohne einen klaren Sieger. Marco zischte, Eriks Finger bohrten sich inzwischen schmerzhaft fest in seine Arme, im gleichen Moment registrierte er, wie hart er selbst zugriff. Zu hart. Viel zu hart. Erschrocken ließ er von Erik ab. Zeitgleich löste sich auch Eriks Griff. Sie starrten sich an, atemlos und mit geweiteten Augen.
Was zur Hölle war da eben passiert? Wann war ihr Spiel in Ernst umgekippt? Und weshalb?
Marco fand keine Antworten auf diese Fragen. Vielleicht, weil er lieber nicht zu gründlich danach suchte.
Betont behutsam nahm er Erik in die Arme, strich liebevoll über Haut, die noch die roten Abdrücke seiner Hände trug. Schweigend schmiegte sich Erik an ihn. Doch egal, wie nahe er sich drängte, egal, wie eng Marco ihn zu sich zog, zwischen ihnen blieb eine Lücke, die sie bis zum Ende ihres gemeinsamen Wochenendes nicht zu schließen vermochten.