Der Bès Kěmwar, auch Hantu Ulat (Malaiisch), was so viel wie "Madengeist" oder "Wurmgeist" bedeutet, ist ein Fabelwesen der malaysischen Mythologie. Weitere Namen sind Maggot Spirit, Riverside Made Spirit, Tip-of-Leaf Made Spirit, Caterpillar Spirit; Bès Kěmwar Jě'la, Hantu Ulat Duri, Dorniger Madengeist; Bès Kěmwar Sòk, Hantu Ulat Bulu, Hairy Caterpillar Spirit; Bès Kěmwar Těrbang, Hantu Ulat Terbang und Flying-Made Spirit. Dabei handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nicht um eine einzige Art, sondern ein Zusammenschluss vieler optisch sehr ähnlicher Kreaturen.
Merkmale
Das Geistwesen erscheint in Gestalt einer Made oder Raupe. Die einzelnen Arten/Populationen unterscheiden sich in geringen anatomischen Details, wie dem Tragen von Haaren, Dornen oder Flügeln.
Während die meisten Bès Kěmwar eher wurmartigen Charakter besitzen, ist Bès Kěmwar Těrbang, der fliegende Madengeist, in der Lage zu fliegen.
Vorkommen
Die Art ist verbreitet auf die malaysische Halbinsel. Dort existieren diverse Subpopulationen. So leben die Flussmadengeister am Fluss und erscheinen nur während der Dschungelfruchtsaison im Februar. Gewönliche Madengeister finden sich dagegen eher in morschen Bäumen im Dschungel.
Bès Kěmwar S òk, der haarige Raupengeist, lebt auf den Spitzen von Baumzweigen.
Bès Kěmwar Těrbang, der fliegende Madengeist, lebt in Büschen.
Lebensweise
Ernährung
Die Art frisst Reis, Gemüse und andere Feldfrüchte.
Individuen, die in morschen Baumstämmen leben, ernähren sich von dem Holz.
Exemplare, welche dem Blattspitzenmadengeist-Typus zugerechnet werden, ernähren sich von den Blättern von Kokosnuss und Reis.
Bès Kěmwar Jě'la, der Dornenmadengeist, lebt von Blättern.
Bès Kěmwar Těrbang, der fliegende Madengeist, frisst ausschließlich die Blätter des Daun-Mengkirai-Baums (Trema spec. aus der Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae)).
Kulturelle Bedeutung
Wirkung auf Menschen
Krankheiten
Bès Kěmwar ist für Schmerzen in Knochen, Gelenken und Muskeln verantwortlich. Wenn seine Raupenhaare ins Wasser fallen und dieses Wasser getrunken wird, verursacht es Husten und Blutungen im Hals.
Nähert man sich einem Bès Kěmwar befallenen Baum, wird man von dem Geistwesen ins Bein gebissen, was zu Rötungen, Schwellungen und Juckreiz führt. Alle Zehennägel fallen ab, aber die Schwellung verschwindet nach zwei bis drei Monaten.
Weiter fliegt der Bès Kěmwar auf die Köpfe alter Menschen und lässt ihnen so sämtliche Haare ausfallen.
Bès Kěmwar Jě'la, der Dornenmadengeist, verursacht Unruhe und Rheuma. Wie er das tut, ist aber unklar.
Die Haare von Bès Kěmwar S òk, dem haarigen Raupengeist, fallen ins Trinkwasser und verursachen Reizungen und Schwellungen im Hals. Dieses Leiden kann im Anfangsstadium durch ein Poyang (malaysische Volksmedizin) geheilt werden, unbehandelte Opfer sterben jedoch irgendwann, da sie weder essen noch trinken können.
Die Ausscheidungen des Bès Kěmwar Těrbang, dem fliegenden Madengeist, fallen auf jeden, der unter dem Baum hindurchgeht, auf dem er sich aufhält, was dazu führt, dass das Opfer eine Glatze bekommt und anschwillt.
Schadwirkung
Bès Kěmwar, insbesondere Blattspitzenmadengeister, attackieren regelmäßig die Ernte. Um diesen Angriff zu verhindern, muss ein Pawang (indonesischer Schamane) die Pflanzen mit einer zerstampften Mischung aus Daun Setawa und Kunyit Mulai segnen, die zu Asche verbrannt und über die Plantage verstreut wird.
Abends fliegt der Bès Kěmwar Těrbang, der fliegende Madengeist, auf Hausdächer und öffnet diese. Kinder, die sehen, wie sich ihre Augen in den Augen des Monsters spiegeln, werden vor Angst in Tränen ausbrechen. Brennende "Daun-Kesim" halten diese nächtliche Plage fern. Möglicherweise ist mit "Daun-Kesim" "Daun-Kesum" gemeint, dem Vietnamesische Koriander (Persicaria odorata).
Taxonomische Stellung
Klassischerweise wird Bès Kěmwar zu den malaysischen Bès gestellt, bzw. Hantu. Bès Kěmwar scheint eine Sammelklade aus mehreren sehr ähnlichen insektenartigen Kreaturen darzustellen. Da sie alle klassische juvenile Stadien der Insektenwelt verkörpern, stellt sich die Frage, ob hier eine Neotenie vorliegt und diese Kreaturen ewig in der Larvenform verbleiben oder aber ab die Larven sich in andere Kreaturen durch Metamorphose weiterentwickeln.
Nachweise
- Werner, R. (1975) Jah-hět of Malaysia, Art and Culture. Penerbit Universiti Malaya, Kuala Lumpur.