Strophe 1: Das Lied der Titanen
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Zu Beginn war die Welt dunkel und still.
https://www.deviantart.com/ifritnox/art/945620809 (Art by Ifrit van Nox)
Nichts lebte, nichts existierte, außer der Finsternis. Sie war und ist ein mächtiges Wesen, allumfassend und allgegenwärtig, und immer hungrig. In dieser Ödnis ohne Licht oder Land verschlang sie jedes noch so kleine Flackern.
Denn immer wieder erwachten Lichter in der Dunkelheit, nur um sofort wieder zu versterben. Kleine Flämmchen, die jeweils das Potential zu einem Waldbrand oder einem ganzen Sternenhimmel gehabt hätten, verschwanden noch in der Stunde ihrer Geburt.
Bis ein Licht kam, das die Finsternis nicht verschlingen konnte.
Lupus öffnete die Augen und er war mächtiger als die Dunkelheit. Jener große Wolf aus klarem Sternenlicht strahlte schon von Beginn an hell und stark. Sein Blick trieb die Finsternis zurück. Fauchend wand sich jenes schwarze Wesen gegenüber dem Wolf.
Doch selbst eine Macht wie Lupus konnte nicht allein bestehen. So wie auch wir noch heute brauchte der Erste Wolf ein Rudel, um den Kampf fortzuführen. Also hob er alsbald den Kopf in den Nacken, um seine Verbündeten zu rufen, wie wir es noch heute tun.
Ach, das Erste Lied des Ersten Wolfs! Es heißt, sein Klang hallt noch heute im Weltenraum nach. Wenn man ganz leise ist und den Blick zu den Sternen hebt, so kann man das Echo manchmal erahnen. Im Glitzern der flackernden Lichter und im rauschenden Blut eines jeden Lebewesens, selbst des Kleinstens.
Natürlich gab es in jener Zeit niemanden, den Lupus herbeirufen konnte. Denn er war allein in der Finsternis. Doch mit seinem Lied erweckte er gleichsam eine Kraft in sich, gab ihr nach und nach Gestalt und schließlich ein eigenes Wesen und einen Namen, um dann zur nächsten Quelle fortzuschreiten. Wie lange das Lied dauert, kann heute kein Geist mehr fassen, und wie machtvoll sein Klang war, können wir nicht einmal erträumen. Stark genug war das Lied, dass aus Lupus' Seele Stück um Stück entsprang und einem keimenden Samen gleich wuchs, ohne dass der Wolf selbst jenen Teil einbüßte. Denn was er teilte, vermehrte sich und war bald sowohl ihm als auch seinen Schöpfungen zu eigen.