Nur noch wenige Schritte trenten ihn von seinem langerhofften Ziel. Nur noch ein Schritt, dann konnte er ihn in seine Arme schließen.
Ein kräftiger Windstoß spielte um ihn und verwehte seinen Mantel, den er um seine Schultern gelegt hatte. Trotz seines dünnen Stoffes fror der Mann nicht. Sein Gesicht glühte vor Hitze, doch in ihm war es kalt. Kalt wie Eis.
Der Mann trat einen weiteren Schritt vor und seine hohen Stiefel klackten auf dem gefrorenen Untergrund.
Doch der Mann dachte nur an eines: Den Kristall endlich in den Händen halten zu können. Und damit alle Macht an sich zu reißen.
Vorsichtig legte er seine zitternde Hand auf die kühle Klinke des Tors, das vor ihm aufragte. Nach kurzem Zögern drückte er sie hinunter und riss die Tür auf. Mit einem gewaltigen Ächzen öffnete sie sich ihm und besessen von seinem bevorstehenden Reichtum trat der Mann ein.
Hohe Mauern aus Eis umschlossen einen Raum, der mit Kälte und Hoffnungslosigkeit gefüllt war. Und in der Mitte stand ein Podest, eine Vitrine. Rot glühte ein Polster darin, das jedoch mit seiner Leere glänzte. Ein eiskalter Schauder rann dem Mann über den Rücken, dann fing er sich wieder. Eilig lief er zu der Vitrine, presste seine Hände an die Scheibe. Unzählige Fragen schwirren in seinem Kopf herum. Warum war er nicht mehr da? Wo war er? Hatte ihn jemand gestohlen?
Suchend blickte er sich noch einmal im Raum um. Seine Gestalt spiegelte sich auf den Mauern wieder und plötzlich blieb sein Blick an seinem Spiegelbild haften. Ungläubig riss er die Augen auf und schritt langsam auf das Eis zu. Seine blauen Augen leuchteten verheißungsvoll und sein Atem ging schnell.
Die Stelle, an der man wohl das Herz vermutete, glühte hellblau auf und das Licht vergrößerte sich, je näher er kam. Und dann wusste er, wo sein lang ersehnter Traum sich befand. Er trug ihn längst in sich. All die Jahre ohne auch nur daran zu denken, dass er schon hatte, was er brauchte.
Und nun wusste er, dass der Eiskristall das war, was andere wohl als Herz bezeichnet hätten.