"Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee ist?" Meine Stimme klang dünn, obwohl ich versuchte meine Angst zu verbergen. Das Haus vor mir jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken, auch wenn ich wusste, das solche Reaktionen absolut hirnrissig waren.
Das Haus, schon lange hatte es keiner mehr betreten, ragte über mehrere Stockwerke über uns in den wolkenverhangenen Himmel. Die Tür, das hatte ich schon von weitem bemerkt, hing schief in den Angeln und die Fenster sahen so aus, als würden diese ebenfalls eine Reparatur vertragen.
"Hast du etwa Angst?" Die Stimme meines Freundes Ari trug nicht gerade dazu bei mich zu beruhigen. "Entspann dich. Es gibt dort keine Geister", fügte er noch hinzu, bevor er das quietschende Tor öffnete, das das Haus vor Eindringlingen schützen sollte. Als ob dort jemand freiwillig einbrechen würde.
Die düstere und vor allem unheimlichere Atmosphäre schlug mir ins Gesicht, als ich das nasse, aber ausgedörrte Gras betrat. Jeder Schritt knirschte unter meinen Turnschuhen, der Weg war schon lange zugewachsen. Kräftiger Wind ließ mich für einen Augenblick innehalten und verschnaufen, bevor ich mich dazu entschloss, Ari zu folgen, der schon einige Meter vorausgegangen war.
Und dann, ja. Dann standen wir vor der Tür des verlassenen Hauses, das schon lange keinen Besucher mehr empfangen hatte. Einige im Dorf erzählten, es solle dort spuken und Menschen zu Tode erschrecken, auf dass sie sich nie wieder erheben würden. Irgendwo hörte ich ein lautes Donnergrollen, doch dies blendete ich vollkommen aus. All meine Sinne waren auf das vor mir Liegende gerichtet.
"Bist du dir sicher, dass das eine gute Idee war, Ari?", fragte ich noch einmal, doch er schnaufte nur missbilligend und warf mir einen genervten Blick zu.
Erneut war ein naher Donner zu hören und diesmal zuckte ich bei dem Geräusch zusammen, so laut hallte es in meinen Ohren wieder. Etwas Nasses fiel auf mein Haupt und als ich meinen Kopf in den Nacken legte, um zu erkennen, was dies wohl war, prasselten urplötzlich tausende von Regentropfen auf die Erde nieder.
"Komm, gehen wir hinein", versuchte Ari mich zu überzeugen, doch nahm ich seinen scharfen Unterton war. "Ich will nicht nass werden." Als ob dies nicht schon zu spät war.
Trotzdem nickte ich geschlagen und runzelte angestrengt die Stirn, als mein Freund die Tür berührte. Langsam schob er sie auf und ein wenig enttäuschte es meine Hoffnungen, sie könnte abgeschlossen sein. Ari betrat nur wenige Sekunden später das Spukhaus.
Ich dagegen zögerte länger und atmete dabei den alten und maroden Geruch ein, der aus den Räumen nach Außen drang. Ich kämpfte förmlich mit mir, Ari nicht alleine zu lassen, gleichzeitig aber auch einfach nach Hause zu gehen. Dann atmete ich tief durch und trat durch die Tür hinein ins Ungewisse.
Hinter mir erklang erneut ein Donnergrollen und ich hoffte, er würde nicht das letzte Geräusch sein, das ich jemals werde hören können.