Der Käfig, in dem er stand, war viel zu klein, eng und ungemütlich. Hätte er die Sprache der Menschen verstanden, dann hätte er sich gehörig beschwert, doch so gab er nur ab und zu ein unzufriedenes Grunzen von sich. Aber nicht einmal das ließ diese seltsamen Wesen aufhorchen.
Seine haarigen Hände umklammerten die eisernen Gitterstäbe und rüttelten leicht daran. Zu fest waren sie gebaut, einfach undurchdringlich. Am liebsten hätte er sie einfach auseinander gerissen, doch sie wollten sich einfach nicht bewegen. Zu oft hatte er es schon versucht, um zu wissen, dass es nichts brachte.
Einer der Menschen, ein Männchen, trat an seinen Käfig heran. Es hatte sich in ein dünnes und buntes Fell gekleidet. Schon früh hatte er gelernt, dass Menschen ihren Pelz abstreifen und einfach etwas neues über ihre Haut legen konnten. Nur die Haare an ihren Köpfen blieben meist gleich, änderten nur ab und zu ihre Länge oder ganz selten auch die Farbe.
Dieser Mensch hier aber hatte sich in den letzten Tagen nicht das Kopffell abgesägt. Er stellte sich breitbeinig vor die Gitterstäbe und blickte ihn an, ging hin und her und musterte ihn ausgiebig. Das Männchen sagte etwas, doch er verstand es nicht. Diese Sprache konnte er einfach nicht sprechen oder gar verstehen.
Dann hielt man ihm ein weißes Stück Papier vor die Nase und langte einen Stock zu ihm. Kurz betrachtete er das Ding. Schon oft hatte er es gesehen, doch erst vor kurzem seine wahre Funktion entdeckt. Er nahm den Ast in seine riesige Hand und malte ein paar Zeichen auf das Weiße. Wie von Zauberhand erschienen sie, doch es war der Stift, der schrieb. Wirklich wundersam.
Er wusste nicht genau, was das für Zeichen auf dem Blatt waren, doch der Mann schien zufrieden zu sein. Jeden Tag das Gleiche, jeden Tag die gleichen Worte, die er zu ihm sprach und dann dieselben Zeichen auf dem Papier, die er schrieb. Er wusste nicht, was sie bedeuteten, doch schon in den ersten Wochen, die er hier verbracht hatte, hatte man ihm diese beigebracht. Und er schrieb sie auf, Tag für Tag und Monat für Monat.
Es war eine langwierige Prozedur, die die Menschen dort abhielten. Schon unzählige Monate war er hier, hatte seitdem keinen einzigen Sonnenstrahl gesehen. Aber er wäre so gerne zurück in seine geliebten Berge gewandert, hätte sich in seine angenehm kalte Höhle gelegt und einfach nur geschlafen oder wäre durch die schneebedeckten Wälder gestreift. Aber diesmal hätte er besser aufgepasst. Das nächste Mal würden sie ihn nicht mehr auf einen seiner Spaziergänge einfangen können.
Plötzlich konnte er seine Kraft spüren, wie sie in ihm strömte und keinen Halt mehr fand, der sie auszubremsen vermochte. Unruhig ging er in seinem Käfig hin und her, versuchte den aufkommenden Freiheitsdrang zu unterdrücken, doch die Sehnsucht nach seine Wälder saß tief, viel zu tief, um dagegen noch länger anzukämpfen.
Er blickte hinab auf seine riesigen Füße. Wenn er versuchte mit ihnen…? Würde das funktionieren? Er wusste es nicht, doch einen Versuch war es allemal wert.
Er hob eines seiner Beine an und stieß mit all seiner Kraft gegen die Gitterstäbe. Heute würde es endlich soweit sein. Die Freiheit rief und niemand würde ihn aufhalten können.
Ein weiterer Tritt folgte und einer der Stäbe splitterte, bevor er mitten auseinanderbrach. Er hörte, wie Menschen anfingen zu kreischen, doch sie würden nichts zu befürchten haben. Er war nicht hier, um zu töten, er war hier, um zu leben.
Ein dritter Schlag und ein weiterer Stab brach. Und dann, dann sah er seine Wälder vor seinem inneren Auge vor sich und er stürmte los.
Denn Bigfoot konnte man nicht einsperren.