Es ist nicht immer einfach, das zu sein, was man will. Das zu sein, was andere wollen. Es ist nicht einfach zu lieben, obwohl das Leben bereits zu einem Ort des Hasses geworden ist. Der Vergeltung und der versagten Vergebung, der Rache und des Neides. Wie sollen Wunder geschehen, wenn der Glaube daran bereits versagt hat? Wie soll die Welt sich weiterdrehen, wenn man selbst schon lange stehen geblieben ist? Es gibt keine Zeichen mehr, die das Universum schicken könnte, denn sie sind bereits da. Zeichen des Unglücks, Zeichen der Härte und der Abgrenzung. Wie soll man sich entfalten, wenn die Blüte des Selbstseins schon verfault ist? Wie soll eine Geschichte geschrieben werden, wenn keine einzelne Seite mehr übrig ist?
Es ist nicht einfach in einer Welt zu leben, in der zu jeder Zeit Wunder geschehen. Das Wunder des Gehens, der Mechanik, der Natur. Wie soll es möglich sein, all diese Zeichen zu verarbeiten? Wie soll die große Chance ergriffen werden, wenn der Weg nur so voller Möglichkeiten steckt, die man ergreifen könnte? Erschlagen von all den Menschen, die glauben, dass Ziele eines einzelnen auch die ihren wären. Die glauben, sie müssen von allem und jeden Besitz ergreifen.
Und vielleicht ist es der Neid, der sie dazu zwingt. Sie versklavt und nicht mehr aus ihren Klauen lässt. Für Gefühle kann niemand etwas, nein. Nicht einmal der Hass kann zur Vergeltung gebracht werden. Woraus entsteht der Hass, wenn nicht von den sich ihnen umgebenden Menschen? Es sind Gefühle, die versucht werden zu leugnen und doch unablässig in jedem einzelnen lodern.
Niemand gibt es zu, niemand will aus der Reihe tanzen. Niemand will sich eingestehen, dass es bessere, mächtigere, erfolgreichere Menschen gibt, als man es in sich selbst sieht. Ein Selbstschutz, der sich im Deckmantel des Hasses über die ganze Haut legt und sich nicht mehr lösen lässt. Nicht der Einzelne ist am Unglück schuld, nicht man selbst trägt die Verantwortung für seine eigene Situation. Nein, es sind die anderen, diejenigen, die zu beneiden sind. Wie soll sich nicht ins Elend gestürzt werden ohne eine zweite Person, die für alles die Verantwortung trägt, das dir zustößt? Wie ist es möglich, zu leben und nicht nur zu überleben in einer Welt, in der das Äußere mehr zählt als die inneren Werte?
Man wird müde. Müde zu beweisen, dass man gut genug ist, es verdient hat, respektiert zu werden. Ein Fehler und die Arbeit der letzten Jahre bricht zusammen wie ein Kartenhaus inmitten eines leichten Windzuges. Nichts kann das Stürzen noch aufhalten und absolut nichts wird diesen einen Fehler wieder gut machen. Es ist nicht einfach, von vorne zu beginnen. Die investierte Zeit vor sich liegen zu sehen und nichts, absolut gar nichts von ihr zurückzuerhalten. Alles von vorne. Ganz von Anfang.
Man wird müde. Müde zu beweisen, dass man Fehler wieder gutmachen kann. Wie soll ein Haus entstehen, wenn es bei jedem Hauch in sich zusammenfällt? Wie soll die Zukunft aussehen, wenn die Gegenwart bereits erschöpft ist? Erschöpft von der Arbeit, die nichts mehr bringt, weil sie bricht. Nicht ewig hält, sondern sich einfach irgendwann in Luft auflöst. Ohne Vorwarnung.
Müde. Ich bin müde von den Menschen. Bleibe erschöpft zurück und entwickle Hass und Neid. Sie sind besser als ich. Was habe ich falsch gemacht? Wieso hält ihr Kartenhaus länger als meines? Wieso brechen sie nicht ein, so wie es meines tut? Ich blicke ihnen hinterher. Sehe ihre Fußspuren im Sand, dann nur noch ihre Silhouetten am Horizont. Sie sind so weit entfernt. So unerreichbar. Jetzt sind sie nur noch kleine Punkte irgendwo inmitten des Strudels des Lebens. Ich bin erschöpft. Erschöpft von meinen Fehlern und müde von all den inneren Kämpfen. Aber ich bin alleine. Endlich alleine. Ich schließe meine Augen und genieße die Stille. Endlich alleine.