Ich wachte von irgendeinem lauten Poltern auf, blinzelte völlig desorientiert und musste mich erst für ein paar Sekunden besinnen, wo ich mich befand.
In Kalifornien?
Oder nein… Zu Hause?
In meiner Wohnung?
„Hey Schlafmütze, raus aus den Federn! Ich habe uns Kaffee gemacht, was normalerweise weit unter der Würde eines Bodyguards ist!“
Ich war schlagartig hellwach und riss verwundert die Augen auf.
„David?“
Er stand lächelnd da, lässig in den Türrahmen gelehnt, ein Handtuch um die Hüften geschlungen, das dunkle Haar strubblig und noch feucht glänzend vom Duschen. Als er meinen Blick sah, wurde sein Gesicht ernst.
„Was ist denn los, Prinzessin? Hast du schlecht geträumt?“
Geträumt?
Ich war gar nicht in Amerika?
Ich hatte… das alles nur geträumt?
Völlig verwirrt sah ich mich im Zimmer um. Zu Hause… bei mir… Tränen der Erleichterung schossen mir in die Augen, und ich begann zu zittern.
Beunruhigt kam David auf mich zu, ließ sich auf der Bettkante nieder und zog mich vorsichtig in seine Arme.
„Es ist alles gut, beruhige dich“, flüsterte er. „Was es auch war, es war nur ein Traum. Vergiss alles!“
Das wäre ja fast zu schön! Und – fast zu einfach…
Ich schlang die Arme um seinen Hals und barg mein Gesicht an seiner Schulter.
„Ich habe geträumt, dass du verheiratet bist, und dass deine Frau hier ist…“
Ich stutzte, hob den Kopf und sah ihn an.
„Wo ist deine Kopfverletzung?“
„Welche Kopfverletzung?“, fragte er irritiert, als mich plötzlich ein Geräusch an der Tür aufhorchen ließ.
Ich fuhr herum und erstarrte.
Sie trug wieder diesen Bademantel, betrat mein Schlafzimmer und sah mich aus ihren beängstigend schwarzen Augen vorwurfsvoll an – Sabrina.
„Was… was tut sie hier?“, flüsterte ich entsetzt.
David sah auf und hob nur gleichgültig die Schultern.
„Das hat nichts zu bedeuten, beachte sie gar nicht.“
„Nichts zu bedeuten?“, wiederholte ich fassungslos und musste tatenlos zusehen, wie Sabrina auf uns zukam und ihre Hand besitzergreifend nach David ausstreckte.
„Na komm, der Kaffee wird kalt“, sagte sie in einem seltsam schleppenden Tonfall und warf mir dabei einen verachtenden Blick zu.
Er ließ mich los und stand auf. Widerspruchslos folgte er ihr zur Tür und drehte sich lächelnd nach mir um.
„Du kannst ja nachkommen, Prinzessin!“
„Raus, sofort!“, schrie ich völlig außer mir und packte mein Kissen, um es den beiden hinterherzuschleudern. Doch die Tür war bereits geschlossen. „Verschwindet!“
Das Kissen war zentnerschwer und ließ sich nicht bewegen, so sehr ich auch in meiner Verzweiflung daran zerrte.
„Verdammt!“
Es war meine eigene Stimme, durch die ich aufwachte. Erschrocken fuhr ich hoch. Die Hände in einen Teil des Kopfkissens vergraben, als wollte ich es nie wieder loslassen, blickte ich mich irritiert um.
Ich war nicht zu Hause, ich war… in Santa Monica!
Völlig fertig ließ ich mich zurück in die Kissen fallen. Ich hatte doch tatsächlich geträumt, dass ich geträumt hatte… Oh Gott, was für ein Durcheinander in meinem Kopf!
Durch den grässlichen Traum hatte ich es glatt geschafft, mich nach acht Stunden Schlaf total erledigt zu fühlen. Trotzdem verließ ich fluchtartig das Bett, denn um keinen Preis wollte ich diesen Blödsinn weiterträumen.
Mechanisch erledigte ich meine Morgentoilette und zwang mich, etwas von dem leckeren Frühstück zu essen, das Grandma mir fürsorglich bereitgestellt hatte. Auf dem Tisch lag eine kurze Nachricht für mich, sie sei zum Supermarkt gefahren, um etwas einzukaufen.
Die Bilder aus dem Albtraum spukten noch immer in meinem Kopf herum. Um nicht mehr daran denken zu müssen, lief ich hinunter in den Stall, wo ich Shadow, einen temperamentvollen dreijährigen Rappen, sattelte. Ich klopfte ihm auf die Flanken und er schnaufte zufrieden, als ich mich in den Sattel schwang.
Kurz darauf jagte ich mit ihm im gestreckten Galopp über die Feldwege hinter der Farm, die ich wie meine Westentasche kannte.
Das war die letzte mir zur Verfügung stehende Möglichkeit, um endlich meinen Kopf freizubekommen.
Als Shadow und ich uns nach über einer Stunde ausgepowert und außer Atem auf den Heimweg machten, wusste ich, sie funktionierte genauso wenig wie alle anderen.
Sorgsam rieb ich den Hengst trocken und mistete anschließend mit Feuereifer noch seine Box aus, so dass mein Herzschmerz wenigstens für ihn etwas Gutes mit sich brachte.
Als ich wenig später das Haus betrat, hörte ich Grandmas Stimme aus der Küche. Anscheinend telefonierte sie. Ich öffnete leise die Tür, um sie nicht zu stören, doch sie hatte mich bemerkt und wirkte etwas erschrocken.
„Oh, Caitlin ist zurück von ihrem Ausritt“, rief sie hastig in den Hörer und beendete schnell das Gespräch. „Okay, wir sehen uns dann später!“
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht unterbrechen“, entschuldigte ich mich, goss mir eine Tasse Kaffee ein und setzte mich zu ihr an den Tisch. „Wer war das eben am Telefon? Jemand, den ich kenne?“
„Tante Beth“, erwiderte Grandma. „Wir hatten etwas zu bereden.“
„Du hast gesagt, Ihr seht euch später. Kommt sie her?“, fragte ich hoffnungsvoll, denn ich mochte Mum`s jüngere Schwester wirklich sehr gern. Grandma nickte lächelnd.
„Sie kommt morgen vorbei. Wir planen eine Überraschung für den Geburtstag deines Großvaters nächsten Monat.“
„Apropos“, fiel mir ein. „Sein Jeep steht nicht draußen. Ist er weggefahren?“
„Ja, vor ein paar Minuten. Ihr habt euch wohl gerade verpasst. Er musste nochmal hinüber nach Malibu, dieses neue Promi-Restaurant wollte eine zusätzliche Lieferung frische Eier haben.“
„Aber das hätte ich doch für ihn erledigen können! Wo ich schon mal da bin“, erinnerte ich sie etwas vorwurfsvoll, doch sie winkte nur lachend ab.
„Es ist gut, wenn dein Großvater in Bewegung bleibt. Das hält ihn jung!“
Wie bereits erwähnt belieferte Großvater einige Restaurants in Santa Monica, Venice und Malibu mit Eiern und Gemüse von der Farm. Früher hatte er jahrzehntelang weiter oben im Weinanbaugebiet Los Olivos gearbeitet, in den Weinbergen eines ehemals sehr bekannten Schauspielers namens Fess Parker. Mit zunehmendem Alter war ihm die Arbeit dort jedoch zu schwer gefallen, und so widmete er sich während der letzten Jahre ausschließlich seiner ertragreichen Farm, die genügend Gewinn abwarf, so dass meine Großeltern sehr gut davon leben konnten.
Ich rührte nachdenklich in meinem Kaffee.
„Tja, das muss man den Promis lassen, sie wissen die frischen Eier der Jennings-Hühner eben zu schätzen.“
Grandma sah mich prüfend an.
„Du siehst noch immer traurig aus, Kind. Der Ausflug mit Shadow scheint nicht allzu viel geholfen zu haben.“
Ich senkte den Kopf.
„Nein, nicht wirklich.“
Sie legte ihre Hand auf meine.
„Möchtest du nicht endlich darüber reden?“
„Wenn ich früher hergekommen bin, dann war da dieses besondere Gefühl“, brach es aus mir heraus. Verzweifelt suchte ich nach den richtigen Worten. „So ein Gefühl, als ob man… nach Hause kommt. Ein Gefühl der Geborgenheit, an einem Ort, wo einem nichts passieren kann.“
„Ich weiß, was du meinst.“
„Dieses Mal warte ich vergebens auf dieses Gefühl. Es ist einfach nicht da. Stattdessen fühle ich mich die ganze Zeit über, als ob mir jemand die Luft zum Atmen nimmt.“
„Du bist unglücklich. Und der Grund dafür ist er.“ Sie nickte wissend. „Erzähl mir von ihm. Wie ist er?“
„David? Er ist… unbeschreiblich. Er bringt mich zum Lachen. Durch ihn habe ich gelernt, viele Dinge in meinem Leben etwas anders zu sehen. Er ist so verdammt cool, dass er mich damit manchmal richtig aus der Ruhe bringt. Cool und selbstbewusst. Er weiß genau, was er will.“
„Und er sieht umwerfend aus.“
„Ja, klar.“
„Genau dasselbe habe ich schon einmal gehört. Vor gut dreiundzwanzig Jahren, als deine Mutter deinen Vater kennenlernte.“ Sie blickte mich mit ihren gütigen Augen liebevoll an. „Ihr beide seid euch sehr ähnlich, weißt du das?“
„Kann sein. Aber sie hat es geschafft, ihren Traummann festzuhalten, im Gegensatz zu mir.“ Ich lachte bitter. „Es ist schon idiotisch. David hat immer gesagt, ich soll loslassen und spontan sein. Ich soll tun, was mein Herz mir sagt, ohne dass es der Verstand erst lange analysiert. Und genau das habe ich getan.“
„Wann?“
„Als ich zu Hause abgehauen bin, ohne ihn vorher zur Rede zu stellen.“
„Tja, meine Liebe, Fehler macht jeder im Leben. Manche kann man wiedergutmachen, manche nicht. Warum rufst du ihn nicht an?“
„Er geht nicht ans Handy. Ich denke, er will mich nicht mehr. Die Frau in seiner Wohnung hat gesagt, sie sei seine Ehefrau.“ In Erinnerung daran zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen. „Wer weiß, vielleicht ist er ja tatsächlich mit ihr verheiratet.“
„Glaubst du das wirklich?“
„Nein, inzwischen nicht mehr. So eine Lüge passt irgendwie nicht zu ihm.“ Ich schüttelte resigniert den Kopf. „Ich hab`s vermasselt, Granny!“
„Dann tu etwas dagegen!“
„Was denn? Ich bin fast einen halben Erdball von ihm entfernt!“
Grandma erhob sich.
„Denk nochmal in Ruhe über alles nach. Am besten kann man das unten am Ende des Piers tun.“
„Mitten auf dem Jahrmarkt, zwischen all den Menschen? Ich kann mir kaum vorstellen, dass man da in Ruhe nachdenken kann.“
„Doch, das kann man. Um diese Zeit ist kaum jemand dort. Du schaust den Wellen zu und denkst an etwas Schönes. Die paar Leute stören dich dabei nicht. Im Gegenteil, sie geben dir das Gefühl, nicht allein auf der Welt zu sein.“
Ich schaute sie ungläubig an und sie nickte bestätigend.
„Bei mir hat das immer funktioniert, wenn ich mal Sorgen hatte. Außerdem hat unser Pier in den letzten fast hundert Jahren so unzählig viele Höhen und Tiefen in seiner Geschichte erlebt, dass man ihm inzwischen nachsagt, er habe magische Kräfte und schenke denen, die daran glauben, positive Energie. Mindestens dreimal gab es in der Vergangenheit konkrete Pläne, ihn abzureißen, aber er hat sie alle überlebt.“ Sie lächelte versonnen. „Am Ende des Piers habe ich mich früher immer heimlich mit deinem Großvater getroffen. Du siehst ja, was daraus geworden ist.“
„Ja, ein langes glückliches Eheleben.“
Grandma kramte den Autoschlüssel aus ihrer Handtasche und reichte ihn mir.
„Nimm meinen Wagen und gönn dir mal ein oder zwei Stunden nur für dich.“
„Ja aber… Hattest du nicht heute einen Friseurtermin?“
Mit scheinbar empörtem Blick fuhr sie sich durch ihr kurzgeschnittenes, von zahlreichen grauen Strähnchen durchzogenes Haar.
„Sehe ich etwa aus, als hätte ich das nötig?“
„Nein“, erwiderte ich und nahm sie lachend in den Arm. „Du siehst immer hübsch aus. Wie ein junges Mädchen!“
Mit einem spitzbübischen Lächeln auf den Lippen gab sie mir eine leichte Kopfnuss, so wie sie das früher immer getan hatte, wenn ich nicht ganz folgsam gewesen war.
„Raus mit dir, Lieblings-Girl!“
Die Magie des Piers?
Ehrlich gesagt glaube ich nicht an so etwas. Als ich das Eingangstor der Ranch passierte und in die Straße gen Highway einbog, nahm ich mir vor, stattdessen lieber hinüber Richtung Malibu zu fahren, mich an den weniger belebten Strand hinter den Volleyballfeldern zu setzen und melancholisch aus weiter Ferne auf das berühmte Ferris Wheel-Riesenrad zu starren, von dem ich mir immer eingebildet hatte, einmal mit dem Mann meines Lebens in einer der Gondeln gen Himmel zu schaukeln.
Oh ja, ich würde mich mindestens zwei Stunden lang in Selbstmitleid suhlen und dann das Thema „David“ tief in meinem schwer verwundeten Inneren begraben, bevor es mich noch gänzlich um den Verstand brachte.
Warum ich mich dann jedoch plötzlich auf die linke Abbiegespur des Highway One Richtung Santa Monica einordnete, anstatt auf die rechte, die nach Malibu hinaufführte, vermag ich bis heute nicht zu sagen.
Ich tat es einfach.
Eine Viertelstunde später hatte ich auf dem riesigen Parkplatz rechts neben dem Pier eingeparkt und schlenderte gemächlich hinauf zum Eingang.
Im Vergleich zur Beachparty gestern Abend schien der Pier um die späte Vormittagszeit schon fast menschenleer. Der Himmel war makellos blau, die Sonne schien wie aus dem Bilderbuch, und sobald man den Teil des Piers erreichte, der über dem Wasser lag, spürte man einen erfrischenden Wind, der leicht und trügerisch über die flirrende Hitze des Tages hinwegtäuschte.
Einheimische traf man um diese Zeit kaum hier an. Höchstens ein paar Touristen, die auf der Durchreise waren und einen Zwischenstopp einlegten, um den Besuch einer weiteren Sehenswürdigkeit auf ihrer Liste abzuhaken.
Die linke Seite ganz am Ende des Piers war den Anglern vorbehalten, die sich jedoch meist erst gegen Abend versammelten, um ihrem Jagdsport zu frönen.
Ich bummelte am Jahrmarkt vorüber, dessen Fuhrgeschäfte und Shops erst in etwa einer Stunde öffnen würden.
Dann endlich war ich am Ende des Piers angekommen, genau an der Stelle, an der wir uns gestern dicht gedrängt zwischen hunderten Besuchern der Beachparty den Sonnenuntergang angesehen hatten.
Vor mir, unter mir und um mich herum schimmerte das Meer im gleißenden Licht der unaufhaltsam ihrem Zenit entgegen wandernden Vormittagssonne. Ihre Strahlen tanzten auf den Wellen und verwandelten diese in einen mit glitzernden Diamanten überschütteten Teppich, der die Augen blendete, durch seine Schönheit den Blick jedoch magisch auf sich zog.
Ich setzte mich auf eine der Bänke, schaute hinaus auf den Ozean, genoss den Sommerwind in meinem Haar und hätte stundenlang einfach so da sitzen können.
Grandma hatte Recht. Man konnte hier wirklich gut entspannen. Einfach nur aufs Meer schauen, die Gedanken treiben lassen und die Zeit vergessen.
Plötzlich wünschte ich, David wäre jetzt hier bei mir. Ich wünschte es mir so sehr, dass es wehtat...
Irgendwann holte mich der Klingelton meines Handys in die Wirklichkeit zurück.
Es war Mason.
„Hi Beauty“, rief er fröhlich. „Was machst du gerade? Ich könnte dich abholen, und wir unternehmen irgendetwas zusammen!“
Na toll, Caitlin! Warum musste ich dummes Huhn ihm auch meine Nummer geben! Das hatte ich nun davon. Was sollte ich jetzt sagen?
Ich sitze am Ende des Piers, bin den Tränen nahe und überlege, ob ich jetzt gleich ins Wasser springe oder erst in einer Stunde.
„Hi Mason… Sorry, aber ich habe Grandpa versprochen, dass ich ihm heute bei den Lieferungen helfe.“
„Den ganzen Tag?“ Seine Stimme klang so enttäuscht, dass ich lachen musste.
„Ich wette, es gibt noch eine ganze Menge anderer Mädchen, die du anrufen könntest“, neckte ich ihn.
„Könnte ich schon“, meinte er zerknirscht. „Aber daran habe ich kein Interesse.“
Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte.
Er deutete mein Zögern prompt falsch.
„Na komm, für einen Kaffee oder einen Bummel am Strand wirst du doch zwischendurch mal Zeit haben!“
„Tut mir leid, ein anderes Mal vielleicht.“
Ich hörte, wie er seufzte.
„Okay, aber ich nehme dich beim Wort. So schnell gebe ich nicht auf!“
Oh nein, er wollte es einfach nicht kapieren! Höchste Zeit, Prioritäten zu setzen.
„Hör mal, Mason…“
„Ich ruf dich wieder an! Bis dann.“
Bevor ich noch etwas sagen konnte, hatte er aufgelegt.
Es tat mir leid, ihn so abzuweisen, er war wirklich kein übler Kerl. Aber er war einfach zur falschen Zeit aufgetaucht. C`est la vie, die besten Angebote bekommt man im Leben ausgerechnet immer dann, wenn man sie am wenigsten gebrauchen kann.
Aufseufzend starrte ich auf mein Handy und wollte es gerade eben wieder einstecken, als es erneut klingelte.
Grandpa versuchte mich zu erreichen.
„Wo steckst du, Caiti?“
„Auf dem Pier.“
„Deine Großmutter wollte, dass ich nachfrage. Du weißt ja, sobald du länger als eine Stunde weg bist, beginnt sie sich Sorgen um dich zu machen.“
„Aber sie hat mich doch selbst hierher geschickt“, erwiderte ich verwundert.
„Mm...“, machte er und lachte etwas verlegen. „Sicher hat sie es einfach nur vergessen. Okay, mein Mädchen, bis nachher.“
Nachdenklich steckte ich das Handy ein. Meine Grandma war vieles, aber mit Sicherheit nicht vergesslich.
Irgendwie eigenartig…
Kurz darauf hatte ich das Telefonat bereits wieder vergessen. Mit dem Blick auf den schimmernden Ozean um mich herum versuchte ich mich mit aller Kraft auf meine Zukunft zu konzentrieren, darauf, was ich hinsichtlich des geplanten Studiums als Nächstes zu unternehmen gedachte, aber es wollte mir einfach nicht gelingen, auch nur einen einzigen vernünftigen Gedanken zu fassen. Stattdessen begann in meinem Kopf das zermürbende „Was-wäre-gewesen-wenn-Spiel“ immer wieder von vorn.
Soweit zu den berühmten magischen Kräften des Piers und der daraus resultierenden positiven Energie.
Ich weiß nicht, wie lange ich so gesessen hatte, aber urplötzlich wurde ich von einer unerklärlichen inneren Unruhe erfasst. Ich vermeinte förmlich zu spüren, wie sich meine Nackenhaare aufrichteten. Irgendetwas sagte mir, dass ich nicht mehr allein war.
Jemand beobachtete mich!
Ich fuhr herum – und erstarrte…