Habt Ihr Euch auch manchmal gefragt, wie viele Frauen unser Sauhund im Laufe seines langen Lebens hatte? Ich schon. Leider bekam ich nie eine genaue Antwort. Ich nehme eher an, mein Liebster konnte die vielen weiblichen Wesen, die er hatte, nicht mehr zählen. Er war halt ein Filou, der die holde Weiblichkeit liebte wie kein anderer. Nun gut, er war auch ein begnadeter Liebhaber. Welche Frau konnte seinem Charme wiederstehen?
Da ich trotzdem unheimlich neugierig war, fragte ich ihn einmal nach seinem kuriosesten Erlebnis. Es dauerte nicht lange, bis er sich erinnerte. So begann er zu erzählen:
Mein Weg führte mich eines Tages in die Nähe der Wartburg bei Eisenach. Dort versteckte sich im 16. Jahrhundert Junker Jörg, der auch als Martin Luther bekannt war. Aber wir wollen hier nicht über den Junker reden, sondern über die beiden reizenden jungen Frauen, die ich dort traf.
Da ich meine Vorräte auffüllen musste, ging ich zu nahen Wochenmarkt. Mit einer Kiepe auf dem Rücken wanderte ich aus dem nahen Wald nach Eisenach, das damals noch ein unscheinbares Dörfchen war. Ich schlenderte zwischen den Ständen umher und begutachtete die Waren. Brot hatte ich bereits gekauft. Nun fehlten noch Butter, Gemüse und ein wenig Fleisch. Ich hätte zwar jagen gehen können, aber der Burgherr sah dies nicht gerne, wenn die Untertanen sein Wild schossen. Er verhängte drastische Strafen darauf. Ich wollte keinesfalls ausgepeitscht und in Schande davongejagt werden. Mir gefiel es in dem kleinen Wäldchen am Fuße der Burg.
Eben biss ich genüsslich in einen Wecken, den ich bei einem Bäcker erstanden hatte. Da erblickte ich eine liebreizende Jungfer, die an einem der Stände stehengeblieben war. Der Wecken war schon köstlich, aber die Jungfer war noch köstlicher. Solch ein wunderhübsches Wesen hatten meine 250jährigen Augen noch nie gesehen. Sofort lief mir der Sabber. Verschämt um mich schauend wischte ich ihn mir vom Mund. Es war skandalös, mitten auf dem Markt einem Mädchen sabbernd und geifernd nachzuschauen. Zum Glück war es niemanden aufgefallen.
Vorsichtig folgte ich der Maid, die mich bisher noch nicht bemerkt hatte. Was sollte sie von einem Kerl mit Schweineschnauze, grünen Haaren und Brille halten. Sie wäre garantiert laut schreiend geflohen.
Als ich mich durch die Menge drängelte, um die Kleine nicht zu verlieren, rempelte ich aus Versehen ein anderes Mädchen an. „Pass doch auf, du Depp“, schimpfte es aufgebracht.
„Entschuldigung“, stieß ich erschrocken aus. Wie zur Salzsäule erstarrt blieb ich stehen und sah in die himmelblauen Augen der Maid. Wie konnte das sein? Eben noch war sie einige Meter vor mir.
„Das nächste Mal pass besser auf, wohin du trittst“, meinte das Mädchen, mich dabei interessiert anschauend. „Was bist du denn für eine eigenartige Gestalt“, stieß sie dann feixend aus.
Ich lachte ebenfalls. „Wertes Fräulein, ein ganz normaler Mann mit Augen für die Schönheit, die dir die Natur zugute hat kommen lassen“, schmalzte ich und machte einen Bückling.
Erneut grinste sie. „Ach, das sehe ich aber anders. Schau dich mal an. So etwas wie du ist mir noch nie zu Gesicht gekommen“, wehrte sie ab.
„Griseldis, was poussierst du hier herum? Wer ist dieser fremde Kerl? Schämen solltest du dich! Wo bleibt die Manier?“, hörte ich plötzlich eine barsche Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. Vor mir stand eine imposant aussehende Frau, die mich grimmig anschaute. „Garsende wartet dort vorn“, wandte sich die Frau erneut an das Mädchen. „Du solltest beim Tragen helfen und nicht einem Dahergelaufenen schöne Augen machen.“
Ich wagte mich kaum, sie anzublicken. Die Frau war sehr respekteinflößend. Keinesfalls wollte ich ihr in die Quere kommen. Daher entschied ich mich, schnellstmöglich zu verschwinden. Doch eine Chance wollte ich noch nutzen, ehe die wunderhübsche Jungfer aus meinen Dunstkreis verschwand.
„Sehen wir uns wieder?“, flüsterte ich dem Mädchen zu.
Das lächelte erfreut. „Gerne“, hauchte sie errötend. „Heute Abend bei Sonnenuntergang an der alten Linde. Dort ist in östlicher Richtung ein Heuschober“, nannte sie mir noch den Treffpunkt. „Ich komme schon, Mutter“, rief sie dann der Frau zu, die bereits weitergegangen war und sie nun erneut zur Eile mahnte.
Gebannt schaute ich der Kleinen hinterher. Mein Herz pochte aufgeregt, etwas anderes allerdings auch. Doch das ließ ich vorerst außen vor. Erst musste ich sehen, was der Abend brachte. Vielleicht war mir das Glück hold und ich konnte mein edelstes Teil endlich wieder einmal in einer warmen Höhle verstecken.
Als der Sonnenuntergang nahte, machte ich mich auf den Weg. Am Nachmittag hatte ich noch im Bach gebadet. Ich wollte nicht stinken wie ein Wiedehopf, wenn ich der Maid näherkam.
Aufgeregt ging ich den Waldweg entlang und erreichte kurze Zeit später den Heuschober. Von dem Mädchen war keine Spur zu sehen. Ungeduldig lief ich hin und her. Die Sonne war noch nicht untergegangen, ich also erneut viel zu zeitig. Das rächte sich nun und ich musste mich in Geduld üben. Ich machte es mir bequem und schien sogar eingeschlafen zu sein.
Mich weckte ein Kichern. Ich riss die Augen auf, konnte aber nicht sofort jemanden entdecken. Neugierig schaute ich mich um. Da entdeckte ich Griseldis, die grinsend hinter dem Schober hervorlugte. Kaum sah sie mich, versteckte sie sich.
„Warte nur“, dachte ich mir und schlich näher. Doch die Maid war nicht zu entdecken. Dafür war nun ein zweistimmiges Glucksen zu hören.
„Komm hervor, schöne Maid“, säuselte ich lockend. Wieder ein Kichern, dann raschelte es. Griseldis kroch aus dem Schober, ihr auf dem Fuße folgte ein weiteres Mädchen. Ich begann zu staunen. Zwei wie ein Ei dem anderen gleichende Jungfern erquickten meine alten Augen.
„Das ist Garsende, meine Zwillingsschwester“, sagte die eine schmunzelnd. Garsende kam näher und sah mich schmachtend an.
„Du bist mir heute auf dem Markt aufgefallen“, meinte sie errötend und zog mich am Arm zum Schober.
„Wie? Was?“, stotterte ich ganz perplex.
„Nun komm schon“, erwiderte nun Griseldis. „Wir wissen doch, was du möchtest. Wir wären nicht abgeneigt. Oder willst du einen Rückzieher machen?“
Doch ich folgte lieber, als die Gelegenheit sausen zu lassen. „Nur nichts falsch machen“, war mein letzter Gedanke, ehe ich mich den Gelüsten der Jungfern hingab.
© Salika von Wolfshausen / 06.02.2019