Mara
Rang: Uralt/Dämonenfürst
(geschwächt durch die Besetzung Makaras)
Level 57 HP: 10308/11350
Angriff: 999 Verteidigung: 599
Fähigkeitsstärke: 999 Magieresistenz: 599
Beschreibung: Der Dämon Mara ist der schwächste Dämonenfürst der Höllenreiche. Er ist auch unter seinen anderen Namen bekannt: Der Seelentreiber, der Verbreiter der Finsternis oder der Vorreiter der Dämonenreiche. Sein Erscheinen ist ein Böses Omen dafür, dass die Mächte der Finsternis nicht mehr fern sind und ihre Fühler in die Welt Raoie ausstrecken.
Besondere Fähigkeiten: ???
„Das war es wohl…“, murmelte Kaiwen und schüttelte bedauernd den Kopf.
Ein Endboss mit Level 57? Der höchste Boss, der bisher geschlagen wurde, war gerade mal Level 45 und allein dafür hatte es eine komplette Gilde gebraucht. Über vierhundert Spieler ließen ihr Leben in Raoie, um dem Gildenanführer und seinen letzten Truppen den Sieg zu ermöglichen.
Gut, dieser hier war offensichtlich geschwächt, aber Kaiwen glaubte dennoch nicht mehr an einen Sieg. Bei einem Angriff von 999 musste der Dämon ja nur mit den Fingern schnippen, um einem Spieler sämtliche Knochen zu brechen. Ganz zu schweigen davon, dass sie nicht einmal seine Fähigkeiten einsehen konnte…
Sie bereitete sich schon darauf vor, den Untergang der Verteidigungstruppen mit ansehen zu müssen, als ein so gar nicht zur Situation passender Satz ihre Aufmerksamkeit forderte.
„Verdammt, was ist hier so laut?“
Ein Klatschen auf seine Wangen riss Bahe abrupt aus dem Land der Träume. Immer noch benommen krachte Gebrüll, Gewitterdonnern als auch das Gelaber irgendeiner Nerv tötenden Person gleichzeitig in seine Gehörgänge und ließ ihn lauthals fluchen: „Verdammt, was ist hier so laut?“
Er wollte sich aufsetzen, bereute seine spontane Aktion jedoch sofort als ein flammender Schmerz seinen rechten Arm und rechten Fußknöchel durchzuckte. Sich seinem Schicksal ergebend blieb er liegen und wartete darauf, dass sich seine Sicht klärte.
Doch Ruhe schien ihm nicht vergönnt zu sein. Eine weitere Ohrfeige brachte seine linke Wange zum Brennen, sorgte verwunderlicher Weise jedoch auch dafür, dass sich endlich sein Blick klärte und ihm Sicht auf den Soldaten vor ihm gab, der ihm gerade die nächste Ohrfeige verpassen wollte, während er kontinuierlich auf ihn einredete.
„Anael? Komm schon, Junge, wir können uns nicht die ganze Schlacht um dich kümmern“, sprach Herold und ließ derweil seine Hand hinab fahren.
Nur mit Mühe gelang es Bahe gerade noch rechtzeitig Herolds Arm mit seiner linken Hand abzufangen.
„Ich bin wach, ich bin wach!“, krächzte er hektisch bevor er sich noch einen weiteren Schlag einfing.
„Na, endlich!“, seufzte Herold laut, während Bahe sich langsam in eine sitzende Position aufrichtete und seine Umgebung in Augenschein nahm.
Sein erster Gedanke galt der Schlacht, welche glücklicherweise noch im vollen Gange war. So bestand also weiterhin die Möglichkeit, dass er seine Quest erfolgreich abschloss. Nun ja… zumindest sofern er den Zustand seines Körpers außen vor ließ.
Er war von diesem Spirit of Dawn-Anführer mitten in die Soldaten geworfen worden. Vermutlich war dies der einzige Grund, weshalb er seine Phase der Bewusstlosigkeit mitten in einer Schlacht überhaupt überlebt hatte.
Aber dennoch… seine rechte Seite war arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Sowohl sein rechter Arm als auch sein Fußknöchel war unbrauchbar. Ohne Heilung standen seine Chancen mehr als schlecht noch einmal Einfluss auf die Schlacht zu haben.
„Anael… Anael?“, wedelte Herold plötzlich vor seinem Gesicht rum und Bahe konzentrierte sich blinzelnd auf sein Gegenüber.
„Was ist?“, fragte er.
„Hast du noch den Ring des Riesengoblins?“, erkundigte sich plötzlich ein anderer Soldat, den Bahe zunächst gar nicht bemerkt hatte. Bahe brauchte einen Moment, ehe er ihn als Kommandanten der hier stationierten Garnison erkannte.
„…“, Bahe war sich nicht sicher, ob er antworten sollte. Er konnte sich denken, worauf es hinaus laufen würde. Aber der Ring war einer seiner beiden letzten Trümpfe und er war nicht gerade gewillt, diesen einfach herauszugeben.
„Er hat ihn“, meinte Herold ernst.
„Pass auf Anael“, begann der Hauptmann der Garnison und zeigte den Hang hinauf. „Ich würde dich nicht darum bitten, wenn ich eine andere Möglichkeit sehen würde. Aber glaubst du nicht auch, dass der Ring in meinen Händen besser aufgehoben ist, wenn es darum geht, dieses Übel dort oben zu bekämpfen?“
Mürrisch darüber, dass sich seine Vermutung sofort bestätigt hatte, wandte Bahe nur langsam seinen Blick nach oben, musste aber plötzlich schlucken.
„Was zur Hölle…“, stieß er entgeistert hervor, als er die Horden an Stierdämonen aus dem Tor preschen sah und zugleich den Goblinanführer mit den Feuerhörnern bemerkte. Wie lange war er bewusstlos gewesen?
„Das trifft es ziemlich genau… All diese Kreaturen entstammen nicht unserer Welt“, stimmte ihm der Kommandant zu. „Und irgendjemand muss ihnen Einhalt gebieten.“
„Und Ihr wollt derjenige sein?“, fragte Bahe immer noch vor visuellem Schock neben sich stehend.
„Ich mache mir nicht die Illusion, dass ich es überleben werde“, antwortete der Hauptmann und sorgte mit der Aussage endlich dafür, dass Bahe ihm seine volle Aufmerksamkeit schenkte. „Aber irgendjemand muss etwas unternehmen.“
„Gib ihm den Ring, Anael“, bat auch Herold. „Aber in einem Duell hättest du keine Chance gegen ihn. Nichts für ungut, aber er ist neben unserem Hauptmann der erfahrenste Kämpfer unter uns. Sollten wir, in Anbetracht dieser aussichtslosen Lage, nicht unsere stärksten Krieger mit bester Ausrüstung in den Kampf schicken?“
„So eine Scheiße…“, verdrehte Bahe hin und hergerissen die Augen. Er konnte sich nicht viel Zeit für eine Entscheidung nehmen. Entweder verwehrte er dem Hauptmann seinen Riesengoblinring oder eben nicht. Beide Möglichkeiten hatten offensichtliche Vor- und Nachteile…
„Hah…“, stöhnte er schließlich auf und griff mit seinem gesunden Arm in den Speichergegenstand. Nur zu gern hätte er die Fähigkeit Überprüfen auf diesen Goblinanführer angewandt, aber seitdem er zu Level 9 aufgestiegen war, konnte er die Fähigkeit nicht mehr nutzen. So blieb ihm nur noch übrig, den Gegner allein anhand seines Äußeren einzuschätzen. Und so ungern Bahe es auch zugab, wie sollte er mit Level 9 gegen so etwas ankommen?
Die Äußerungen der Soldaten machten durchaus Sinn. In manchen Situationen musste man realistisch bleiben.
Ja… realistisch sein… das hatte er schon immer gut gekonnt. Sein Vater war stets der Draufgänger in Spielen gewesen. Er immer nur der Besonnene, wie er sich gerne einredete…
„Hier, macht was draus“, sagte Bahe und reichte dem Hauptmann den Goblinring. Er konnte nur hoffen, dass sein Zutun in dieser Hinsicht ausreichte, um seine Quest zu erfüllen.
„Darauf kannst du dich verlassen“, antwortete dieser grimmig, stand auf und rannte aus den Reihen der Soldaten.
„Was hat er vor?“, fragte Bahe verwirrt.
„Er nimmt einen Sicherheitsabstand zu uns ein“, erklärte Herold. „Schließlich wissen wir nicht mit Sicherheit, was dieser Ring bewirkt.“
„Oh…“, gab Bahe nur von sich und nahm Herolds ausgestreckte Hand, um sich in den Stand zu kämpfen. „Danke.“
„Kein Problem. Aber du solltest zusehen, dass du einen Heiler findest“, meinte Herold und zeigte kurz zum Dorfrand, ehe er zu den restlichen Soldaten nickte. „Seit diesem verdammten Dämonenzauber, müssen wir uns gegen die eigenen Kameraden erwehren. Ich kann den Rest nicht länger alleine lass-“
Weiter kam er nicht, als Hauptman Pero mit schmerzverzerrter Miene zwischen sie krachte.
„Scheiße nochmal…“, stöhnte er, während er sich direkt wieder hochkämpfte.
Herold wollte ihm hochhelfen, doch Hauptmann Pero winkte ab und blaffte stattdessen: „Steh hier nicht rum. Ich komm schon allein hoch, hilf lieber dem Rest!“
Das ließ sich Herold kein zweites Mal sagen und stürmte wieder zum Rest der Truppen.
Bahe blickte ihm nach und erstarrte plötzlich, als ihm die Tragweite des Chaos so richtig bewusst wurde. Die Soldaten und Verteidiger kämpften gegeneinander? Wieso war ihm das zuvor nicht aufgefallen?
Mit weit aufgerissenen Augen nahm er all die Details auf, die ihm bislang entgangen waren. Spieler, Soldaten und Goblins kämpften sich gleichermaßen untereinander wie gegeneinander. Es war ein heilloses Durcheinander von Zaubern, Fähigkeiten und normalen Nah- und Fernkampfangriffen, die auf der linken Flanke der Verteidiger im Sekundentakt erfolgten. Das braungraue Felsgestein des Berghangs war längst blutgetränkt und übersät von Leichen aller Parteien.
Jetzt, wo er sich darauf konzentrierte, stieg ihm auch zunehmend der unangenehme Geruch von offenen Gedärmen, verbranntem Fleisch und Exkrementen in die Nase, der durch den Wind allmählich herüber geweht wurde.
Während Bahe sich bemühte seinen Brechreiz zu unterdrücken, zog Hauptmann Pero mit trauriger Stimme Bahes Aufmerksamkeit auf sich.
„Wir haben schon Schlimmeres durchgestanden“, sagte er und trat neben ihm. „Ganz egal, wie diese Schlacht ausgeht, junger Anael Lerua. Deine Ausbilder haben dich nicht umsonst in den größten Tönen gelobt. Allein die Tatsache, dass du uns diese Erdelementare und Winzlinge als Verstärkung gebracht hast, gleicht einem Wunder. Ohne sie wären wir schon lange gefallen.“
„Hauptmann… ich…“, begann Bahe, verstummte jedoch als er nicht wusste, was er sagen sollte.
Lächelnd schüttelte Pero den Kopf und sagte: „Keine Sorge, du hast dich von deiner Intuition leiten lassen und hattest Erfolg damit. Aber letzten Endes, bist du eigentlich ein Rekrut, der hier noch gar nichts zu suchen hat. Gib dich damit zufrieden, dass du dein Bestes gegeben hast.“
Bahe nickte und wandte sich zum Gehen oder vielmehr Humpeln, als er noch einmal vom Hauptmann Pero aufgehalten wurde.
„Für den Fall, dass diese Schlacht nicht gut ausgeht…“, begann er und setzte kurz aus, ehe er fortfuhr. „Dann bringe die Erdelementare und die Winzlinge rechtzeitig von hier weg. Sie sollten nicht für etwas sterben, was nichts mit ihnen zu tun hat.“
Danach sprintete er zu seinen Untergebenen zurück und ließ Bahe mit einem beklemmenden Gefühl zurück.
„Und ob es was mit ihnen zu tun hat… oder mit mir…“, murmelte Bahe kopfschüttelnd, setzte seine Kapuze auf und zog sein Tuch wieder vor Mund und Nase, ehe er sich, auf einem Bein hüpfend, auf die Suche nach einem Heiler machte.
Doch kaum ein paar Hopser später, hallte ein neues Gebrüll über das Schlachtfeld und Bahe sah wie sich der Kommandant der Garnison von Belu verwandelte. Gut hundert Meter entfernt wuchs er zu einem Hünen von bestimmt fünf Metern heran. Nach und nach zerriss die Kleidung und entblößte einen Muskel bepackten Körper, der seines gleichen suchte.
Doch als selbst die Hose und Unterbekleidung vollkommen zu Fetzen zerfiel, zog Bahe scharf die Luft ein. Gott sei Dank, hatte er sich den Ring nicht selbst angesteckt. Fehlte noch, dass er vollkommen nackt in XL-Variante vor hunderten von Spielern stand…
Stattdessen konnten nun alle den blanken Arsch des Kommandanten bewundern, der sich soeben in Bewegung setzte und etwas anderes… sofern man wollte…
„Manchmal könnte ich echt auf den Realitätsgrad von Raoie verzichten“, meinte eine hübsche Spielerin leicht rot angelaufen, die Bahe beim Abwenden bemerkte und blinzelte verdutzt. Wo war die denn her gekommen?
„Ähm… soll ich dich heilen?“, fragte die Spielerin und verschränkte die Arme so unter ihrer Brust, dass ihre nicht ganz unerheblichen Rundungen noch mehr zur Geltung kamen.
„Äh…was?“, fragte Bahe wie aus Reflex.
„Ich bin Heilerin und sollte mir wohl deine Verletzungen ansehen“, meinte sie mit einem Augenzwinkern.
„Ah… äh… ja, klar…“, antwortete Bahe nach anfänglichem Zögern und sah sich verblüfft um. Die wenigen anderen Heiler befanden sich gut fünfzig Meter weit entfernt am Rande des Dorfes. War sie extra für ihn hierher gelaufen?
„Was muss ich mach-“, wollte er wissen, ehe er vor Schmerzen laut aufschrie als sie abrupt seinen rechten Arm hob und in die volle Länge streckte.
„Ach, jetzt tu doch nicht so. Niemand hat sein Schmerzempfinden auf über dreißig Prozent eingestellt! Theoretisch könntest du mit dem angeknacksten Knöchel noch laufen. Ich weiß schon, wieso du nach deinem großen Auftritt einen auf wehleidig machst“, plapperte die Spielerin einfach drauf los und Bahe rang schockiert und sprachlos zugleich nach Worten, ehe ein neuer Schmerzensschrei seinen Lippen entwich.
Wahrscheinlich wäre er zum ersten Mal einer Frau gegenüber gewalttätig geworden, wenn ihm nicht die ganze Zeit positive Statusmeldungen angezeigt worden wären. Wohlgemerkt zwischen einer nicht unerheblichen Zahl an Schadensmeldungen…
Um irgendwie die Schmerzen ausblenden zu können, während diese Wahnsinnige ihre Gewalttaten an ihm vollbrachte, beobachtete er weiter oben den verwandelten Kommandanten, der sich gerade wie eine Dampfwalze durch die Horden von Stierdämonen prügelte. Sein Schwert hatte er sich wie einen Dolch zwischen die Zähne gesteckt. Stattdessen nutzte er nur seine Fäuste und Füße, um die Kreaturen um sich zu schleudern, in den Boden zu rammen oder gar zu zerquetschen.
Trotz alledem schien es jedoch so, dass sein Fokus einzig und allein auf den Goblinanführer gerichtet war, da er einen Großteil der Stierdämonen ignorierte und sich lediglich geradewegs zu ihm vorkämpfte.
Unter allmählich abflachenden Schmerzen, hielt Bahe den Blick starr auf den Kommandanten gerichtet, der wenig später vor dem Goblinanführer ankam.
Mit einem Sprung, bei dem Vielerlei baumelte, was Bahe für eine Ewigkeit nicht mehr aus seinem Kopf kriegen würde, prallte die Faust des Kommandanten mit einem dumpfen Laut in die flache Hand des Goblinanführers.
Bahe hielt den Atem an, als er erst jetzt erkannte, wie groß dieser Makara eigentlich war. Selbst in verwandelter Form, kam der Kommandant nicht ansatzweise an den Goblinanführer heran. Nur halb so groß, wirkte er wie ein Kind vor einem Erwachsenen. Einem Erwachsenen, welcher plötzlich schadenfroh zu gackern begann.
„Du Wurm versuchst tatsächlich meine Macht gegen mich einzusetzen?!“, rief der Goblinanführer laut aus und steigerte sich in einen Lachanfall hinein, während er den Kommandanten mit einer Faust festhielt und ein kuppelförmiger Schild dafür sorgte, dass dieser Magnifus und der verrückte Schreihals ihm nicht in die Quere kamen.
Machte der Kommandant anfangs noch Versuche sich zu befreien, so ebbte jeglicher Widerstand plötzlich ab, als der Goblinanführer boshaft schrie: „Deine Macht wurde dir von einem meiner Artefakte verliehen! Also kann ich sie dir auch wieder nehmen!“
Voller Grauen beobachtete Bahe, wie der Körper des Kommandanten wieder schrumpfte und seine ursprüngliche Größe annahm. Doch diesmal wirkte er ausgelaugt und stark gealtert, mit weißem Haar und faltigem Gesicht. Im Anschluss zelebrierte der Goblinanführer seinen Triumpf förmlich, indem er den Kommandanten an einem Arm hochhob, mit der anderen Hand langsam nach dessen Füßen griff und ihn anschließend mit einem Ruck den Arm ausriss.
Bahe wurde fast augenblicklich übel und dennoch konnte er den Blick nicht von dem schreienden Kommandanten abwenden.
Der Goblinanführer gluckste amüsiert vor sich hin, ehe er den Kommandanten letztlich unzeremoniell mit voller Wucht auf den Felsboden schlug.
Zitternd sah Bahe nach oben, in der Hoffnung ein Lebenszeichen des Kommandanten zu erhaschen, obwohl er eigentlich sicher war, dass er längst den Tod gefunden hatte. So schnell er durch die Verwandlung ins Lampenlicht gerückt war, so schnell war sein Licht für immer erloschen… Und das im Grunde vollkommen umsonst…
Eisig lief es Bahe den Rücken hinunter, als er daran dachte, dass er es beinahe gewesen wäre, der dort oben auf jämmerliche Art und Weise zerfetzt und anschließend erschlagen worden wäre.
„Warte nur ab, gleich bist du wieder wie neu“, plapperte die Heilerin immer noch ignorant drauf los und reizte Bahe stetig mehr. Konnte sie nicht einfach mal die Klappe halten?
„Ich bin die beste Heilerin unter meinen Freunden“, erzählte sie stolz. „Ich bin sogar besser als die ein oder anderen Level 16 Heiler, obwohl ich erst Level 15 bin. Damit will ich nur sagen, dass ich eine gute Ergänzung für das Team eines jeden guten Spielers bin...“
Als Bahe ihr schelmisches Augenzwinkern sah, hätte er sich am liebsten übergeben.
Wieso war er gerade bloß so angewidert von ihr? Wieso war er gerade so wütend auf sie?
Bahe kam nicht umhin zuzugeben, dass diese ganze Situation um den sich aufopfernden Kommandanten ihn irgendwie mitnahm… Und dann war da diese Spielerin, die so gar nicht mit den NPCs fühlte…
Bahes Vater hatte es immer aufgeregt, wenn die Spieler einfach taten was sie wollten, ohne auf ihre Umgebung Rücksicht zu nehmen. Und irgendwie ging ihm nun auch dieses Anbiedern oder gar Flirten der gewalttätigen Irren ganz schön gegen den Strich…
„Aaaahhh Fuck it!“, rief er frustriert und ließ die Spielerin vor Schreck zusammenzucken. Es wurde Zeit, dass er mal was riskierte! Wozu spielte er dieses Spiel, wenn er immer nur darauf bedacht war bloß nie einen Fehler zu begehen?
„Hey, erschreck mich nicht so!“, beschwerte sich die Heilerin.
Doch Bahe ignorierte sie und rief stattdessen nach seinem Elementar, der gerade im Begriff war mit Huschuma und Felsur zum Chaos auf der linken Seite zu marschieren: „Brocken! Komm her!“
„Hmmm? Wer ist Brocken?“, fragte die Heilerin sogleich, doch Bahe ging erneut nicht drauf ein.
„Hast du Kontakt zu irgendeinem Anführer der Spieler?“, stellte er stattdessen die Gegenfrage.
„Ähm… ja, klar, die da vorne ist die Schlampe von Trullus“, meinte die Heilerin verwirrt und zeigte auf eine Spielerin, die sogar noch hinter den Reihen der Heiler stand.
Aus der Entfernung war sich Bahe nicht sicher, aber hielt sie ihre Augen geschlossen?
Dennoch stutzte er bei der Bezeichnung der Heilerin.
„Was meinst du mit Schlampe? Und wer zum Henker ist Trullus?! Ich brauche einen Anführer…“, verdrehte Bahe genervt die Augen.
„Ja, also Trullus ist doch der Irre da oben“, zuckte die Spielerin mit den Schultern und verzog anschließend angewidert das Gesicht: „Und diese Angel Eye da vorne, ist die Schlampe, die sich schon die ganze Zeit an den Idioten ran schmeißt, als gebe es kein Morgen… Ich hasse solche Flittchen, wenn du verstehst was ich meine...“
„…“, fassungslos wusste Bahe nicht, was er darauf noch antworten sollte. Stattdessen wandte er sich erneut lautstark an seinen Elementar und erschreckte die Heilerin damit erneut: „Brocken, es ist soweit! Komm her!“
„Manno, das machst du extra, was?“, stieß sie ihn spielerisch gegen die Schulter. „Wer ist denn nun Brocken?“
Bahe ignorierte sie erneut und stellte währenddessen erleichtert fest, dass sein Elementar ihn diesmal gehört hatte.
„Anael?“, rief Brocken freudig und stellte sich auf Felsurs Schulter vollends auf, ehe er zu ihm rüber blickte. „Dir geht es wieder gut?“
„Ja, die da hat mich geheilt“, wimmelte Bahe mit einem Handzeichen zur Heilerin jegliche Gefühlsduselei ab und rief entschlossen: „Es ist soweit, Brocken. Wir versuchen es!“
„Ich komme!“, antwortete Brocken und begann Felsur Zeichen zu geben.
Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, wo er sie gemeinsam in Aktion sah. Es verschwand jedoch genauso schnell wieder, als er die wütende Miene der Heilerin sah, die sich gerade vor ihm aufbaute.
„Ich. Will. Jetzt. Sofort. Wissen. Wer. Brocken. Ist!“, betonte sie jedes einzelne Wort und piekte ihn mit dabei mit dem Finger in die Brust.
Grundgütiger… Könnte ihm bitte jemand diese Irre vom Hals schaffen?!
Bis Morgen!
RiBBoN