„Da ist sie endlich! Mein Engel!“
„Verdammt, sieht sie wieder geil aus…“
„Unglaublich…“
„…“, Bahe war sprachlos, als er die anschmachtenden Kommentare zu ihrem Erscheinen, vernahm. Es war ja nicht so, dass er die Reaktionen nicht verstehen konnte. Schließlich besaß die Frau da unten nicht nur eine wahnsinnige Rundungen und stellte diese zusammen mit dem roten Kleid, welches ihre weiblichen Reize nur an den nötigsten Stellen verbarg, gekonnt zur Schau. Sondern brachte genauso eine natürliche Schönheit mit sich, die ihres Gleichen suchte. Aber dennoch... dieser ganze Tumult war ihm dann doch zu viel.
Währenddessen machte der Ansager allerdings schon weiter: „Und begrüßen Sie nun unseren tollkühnen, unseren heroischen und vor allem jüngsten Auktionschef der letzten zwanzig Jahre… Cedric!“
Erneut erklang tosender Applaus, doch diesmal eindeutig dominiert vom lauten und hysterischen Geschrei der anwesenden Damenwelt.
„Er ist wirklich hier! Er ist hier!“
„Oh mein Gott, sieht er gut aus…“
„Ich… ich werde ohnmächtig…“
Bahe hielt sich bei dem Irrsinn mittlerweile nur noch die Hand vor die Augen und wartete, dass dieser ganze Quatsch endlich vorbei war.
Nach einer ganzen Weile ebbte die Aufregung des Publikums allmählich ab und Cecilia setzte mit ihrer sanften Stimme zu sprechen an: „Willkommen liebe Bieter und Auktionatoren, Cedric und meine Wenigkeit freuen uns Euch bei uns begrüßen zu dürfen und wir können versichern…“
Mehr hörte Bahe nicht mehr, als er plötzlich wie gebannt an ihren Lippen hing und ihre Schönheit vollends in sich aufnahm. Ihre Gesichtszüge weich wie zartschmelzender Honig, begleitet von interessierten Augen mit einem wachen Blick. Eine zierliche Nase thronte inmitten ihres Gesichts und verlieh ihr mit den eleganten Augenbrauen und den Mundwinkeln, die beim Sprechen ein leichtes Lächeln andeuteten, eine so liebreizende Wirkung, dass Bahe ein wohliger Schauer über den Rücken lief. Wie gebannt wanderte Bahes Blick tiefer und verlor sich vollends im tiefen Tal zwischen ihren…
„Verdammt, was für Charisma-Stats…“, schreckte Bahe eine enthusiastische Stimme unmittelbar vor ihm auf und für einen Moment stand Bahe seltsam neben sich, bis er bemerkte, dass er noch immer mit einem schmachtenden und einfältigen Grinsen auf seinem Platz saß.
„Ich habe es dir ja gesagt“, meinte der Sitznachbar von Bahes Vordermann. „Wenn ich nicht im Vorfeld gewusst hätte, wie gefährlich ihre Fähigkeiten sein können, wäre ich beim ersten Mal wahrscheinlich auf die Auktionsfläche gerannt.“
„Hehe“, antwortete ihm Bahes Vordermann. „Meinst du wie die Idioten da?“
„Ganz genau“, vernahm Bahe den Anderen nur noch am Rande lachen, als seine Aufmerksamkeit bereits unten auf den knapp dreißig Leuten lag, die, wie wahnsinnig geworden, versuchten auf die Auktionsfläche zu kommen.
Ihm wurde ganz mulmig zumute, als ihm klar wurde, wie knapp er gerade diesem hypnotischen Zustand entkommen war. Finster blickte er sich um und erkannte, dass noch immer der Großteil der Spieler und zu einem nicht viel geringeren Anteil auch die Spielerinnen in einem Trance ähnlichen Zustand dasaßen und jedes von Cecilias Worten mit ihren Lippen nachformten.
Es waren erstaunlich viele… Konnte es wirklich nur an seinen Vordermännern gelegen haben, dass Bahe aus diesem Zustand entflohen war oder lag es vielleicht auch an seiner stark erhöhten Wahrnehmung?
Verdammt, das war nichts, was er ohne Rückendeckung herausfinden wollte…
Sich immer noch gruselnd, blickte Bahe vorsichtig wieder nach unten und überlegte, wie man sich gegen sowas verteidigen konnte. Aber ihm wollte partout nichts einfallen...
Da er an dieser Stelle nicht weiterkam, beäugte er stattdessen die beiden jungen Männer vor ihm, von denen aber nur der Rechte einen Spieler typischen Speichergegenstandsgürtel trug. Allein diese Tatsache bestärkte Bahe aber bereits in seinem Glauben daran, dass sein Vordermann keineswegs ein normaler Spieler war. Einen NPC schloss er aus, da der rechts sitzende Spieler sich viel zu vertraut mit Bahes Vordermann unterhielt. Was wiederum bedeutete, dass der Spieler vor ihm einen besseren Speichergegenstand besitzen musste. Bahe konnte sich schlicht weg nicht vorstellen, dass ein Spieler, der etwas auf sich hielt, ohne einen solchen unterwegs sein konnte und ein besserer Speichergegenstand bedeutete zwangsläufig mehr Erfahrung oder zumindest mehr Erfolg als ein Durchschnittsspieler.
Es nervte ihn jedoch tierisch, dass er die Fähigkeit Überprüfen nicht mehr anwenden konnte, seitdem er Level 5 hinter sich gelassen hatte. Tatsächlich stellte es eine große Schwachstelle dar, wenn er sein Gegenüber oder gar seine Gegner nicht mehr richtig einschätzen konnte. Frustriert beschloss er sich auf dem Weg zu den Belungaminen Gedanken darüber zu machen und widmete seine Aufmerksamkeit wieder der Auktion, die inzwischen im vollen Gange war.
Bahe war sich nicht sicher, ob es an Cecilias oder Cedrics Fähigkeiten lag, aber die anwesende Meute lieferte sich ein Bieterduell nach dem nächsten und Bahe musste schnell feststellen, dass er hier vollkommen falsch war. Selbst die einfachsten Gegenstände wurden für mindestens zwanzig Silber versteigert, ganz zu schweigen von den besseren Artefakten, die teilweise für mehrere Goldmünzen versteigert wurden.
„Nun kommen wir zu einem der beiden Glanzstücke dieser Auktion“, verkündete Cedric lautstark und legte eine bedeutungsschwere Pause ein, ehe er fortfuhr: „Meine Damen und Herren, es freut mich Ihnen ein Zauberbuch des Luftelements präsentieren zu dürfen!“
Aufgeregtes Raunen und Getuschel erhob sich in der Auktionshalle, als eine Bedienstete ein Samtkissen mit dem aufgeschlagenen Buch zur Auktionsfläche brachte.
„Dieses Buch verfügt nicht nur über die Standardzauber des Luftelements, sondern zudem sogar noch über zwei weitere Zauber, wovon einer dieses Buch auf den Rang eines Weißgoldartefaktes hebt!“, erklärte Cedric weiter. „Der Mindestpreis für dieses Zauberbuch liegt bei zwei Goldmünzen und jedes Gebot muss mindestens eine Goldmünze höher liegen.“
Für einen Moment herrschte absolute Stille in der Auktionshalle, bis plötzlich jemand schrie: „Hundert Goldmünzen!“
„Hundertundzwei Goldmünzen!“
„Hundertzehn Goldmünzen!“
„Hundertfünfzehn!“
„Hundertzwanzig!“
Bahe seufzte nur bitter. Anfangs wollte er noch den Arm heben, doch selbst der Startpreis war bereits doppelt so hoch, wie sein gesamtes Vermögen. Wie naiv er doch gewesen war…
Doch zugleich bestärkte es ihn auch, intensiver weiterzumachen. Wenn er sich jemals von den normalen Spielern abheben wollte, musste er seine Bemühungen verdoppeln, zu der Leistungsspitze aufzuschließen.
Das Luftzauberbuch wurde schließlich für hundertneunzig Goldmünzen an einen der Räume in der fünften Etage versteigert. Dann war es endlich soweit, als Cecilia wieder nach vorne trat und diesmal das Buch mit den Feuerzaubern ankündigte. Doch als sie die Versteigerungsbedingungen kundtat, wurden zahlreiche empörte Schreie laut.
„Meine lieben Bieter, leider wurden diese Versteigerungsbedingungen extra mit unserem bescheidenen Haus ausgehandelt. Wenn Sie also nicht über ein entsprechendes Angriffsartefakt verfügen, welches Sie zum Tausch anbieten wollen, wird das Zauberbuch leider bei uns verweilen müssen“, entschuldigte sich Cecilia mit tragischer Stimmlage.
„Dreihundert Goldmünzen!“, erklang plötzlich eine herrische Stimme aus dem fünften Stockwerk.
„Mein Herr…“, begann Cecilia, nur um von der herrischen Stimme aus dem geschlossenen Raum abgewürgt zu werden.
„Ich bin mir sicher, dass die Auktionatoren hier anwesend sind. Ich biete noch einmal ganz deutlich dreihundert Goldmünzen für dieses Zauberbuch. Dieser Betrag liegt bereits weit über dem üblichen Marktpreis!“
Überraschtes Schweigen legte sich über die Auktionshalle. Dreihundert Goldmünzen waren ein unglaubliches Vermögen und Bahe begann auf einmal nervös zu schwitzen. Seine vierzig Silbermünzen waren nichts im Vergleich zu dem fast Dreihundertfachen, welches diesen beiden Spielern winkte, wenn sie auf das Angebot eingingen.
Es vergingen einige quälende Sekunden, doch in der Auktionshalle blieb es still. Selbst Cecilia und Cedric hielten sich taktvoll zurück.
„Scheinbar wissen die Auktionatoren nicht was gut für sie ist“, erklang schließlich die herrische Stimme offensichtlich verstimmt. „Mein Angebot ist hiermit zurückgezogen.“
Erleichtert atmete Bahe aus uns beobachtete im Folgenden nervös, wie Cecilia und Cedric ihr Bestes versuchten, um das Zauberbuch anzupreisen. Doch letztlich blieb ein passendes Angriffsartefakt aus und Cecilia erklärte die Auktion für beendet.
Aufgeregt sprintete Bahe zum Ausgang, ließ sein Armband auslesen und rannte anschließend zum vereinbarten Raum zurück, wo er hoffnungsvoll wartete.
Teil 1/2!
Bis Sonntag!
RiBBoN
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