13. Kapitel
Die darauffolgenden Tage, begannen Mondtänzer und Alena zuerst mit einem intensiven Flugtraining. Für Alena war es eine Herausforderung, mit Rüstung und Schwert zu fliegen. Auch ihr Drachenfreund musste sich wieder etwas an seine Rüstung gewöhnen, die er schon eine Ewigkeit nicht mehr getragen hatte. Seine Rüstung bestand aus mehreren Silberplatten, welche vor allem seine Brust, seinen Hals und seinen Kopf schützten. Er sah wirklich eindrucksvoll aus, ebenso wie Alena. Allerdings machte die Rüstung sie beide auch ein wenig schwerfälliger, da der Luftwiderstand dadurch höher war und sie anfangs auch etwas in der Geschwindigkeit einschränkte. Doch es ging erstaunlich schnell, bis sie die Nachteile, welche die Rüstungen mit sich brachten, mit etwas mehr Wendigkeit und Kraft ausgeglichen hatten. Alena kam aus dem Staunen nicht heraus, wie leicht es ihr eigentlich fiel, sich an ihr altes Wissen zu erinnern. Schliesslich konnte sie mit Mondtänzer, ohne Probleme, die wildesten Flugmanöver fliegen.
Ihr Drachenfreund war unglaublich wendig und konnte sogar blaues Feuer spuken, wenn es sein musste. Als er das das erste Mal machte, war die Frau richtig erschrocken. Der Gedanke, dass Mondtänzer seinen Feueratem irgendwann gegen Tenebris einsetzen musste, machte ihr sehr zu schaffen und sie hoffte, dass es nie so weit kommen würde.
Eines Tages sprach ihr Drachenfreund schliesslich zu ihr: «Nun wird es langsam Zeit, dass wir uns dem Schwertkampf widmen. Man weiss ja nie, ob du das nicht irgendwann brauchen wirst.» Ach du meine Güte! Der Schwertkampf würde ihr bestimmt einiges schwerer fallen als das Flugtraining.
Für das Schwertkampf- Training verwandelte sich Mondtänzer in seine Elfengestalt und sie begannen zuerst mit einigen leichteren Übungen, welche Alenas Schwertarm stärken sollten.
«Der magische Mantel, den du trägst, kann dir übrigens ebenfalls bei deinen Trainingseinheiten helfen,» sprach ihr Drachenfreund. «Du musst ihn nur aktivieren.»
«Aktivieren? Aber wie soll das gehen?»
«Da musst du deine eigene Technik finden, ich kann es dir nicht sagen. Jeder Drachenmagier hat eine etwas andere Technik.»
«Das hilft mir ja enorm weiter,» meinte Alena sarkastisch. «Wie, um alles in der Welt, sollte ich so eine Technik kennen?»
«Du hast viel zu wenig Vertrauen in dich selbst,» tadelte sie Mondtänzer. «Schau nur, wie souverän und in kürzester Zeit, du die schwierigsten Flugmanöver mit mir bestritten hast.»
«Das ist aber etwas anderes.»
«Nein eigentlich ist es nichts anderes. Die Magie umgibt uns stets. Sie ist wie ein Meer, in dem wir alle schwimmen. Du als Drachenmagierin, hast die Möglichkeit dieses Feld der unbegrenzten Möglichkeiten anzuzapfen und diese Magie, auf besondere Weise, zu nutzen. Du bist eine Schöpferin. Dein Bewusstsein bestimmt, wie sich das unendliche Feld der Möglichkeiten verhält.»
«Ich weiss schon, dass Gedanken Kräfte sind, aber Magie ist nochmals um einiges komplexer. Ausserdem gibt es doch einen Grund, warum es in der Welt keine Magie mehr gibt. Denn sie kann auf so vielfältige Weise missbraucht werden. Was würde es mir deshalb für mein inneres Wachstum bringen, wenn ich solche Magie tatsächlich beherrschen würde? Wofür würde ich sie dann genau nutzen? Wie kann ich wissen, wo und wie ich diese einsetzen soll? Mir fehlt das universale Wissen, dass wohl nur das Göttliche in sich trägt.»
«Diese Denkweise ehrt dich natürlich Alena, aber hier in dieser Welt, ist Magie etwas Natürliches. Wir sind, an diesem Ort, nicht an dieselbe Gesetzmässigkeiten gebunden, wie es in deiner Welt der Fall ist. Hier ist die ganze Welt, durchströmt von Magie. Man kann sie sehen, fühlen, manchmal sogar schmecken. Ist dir das denn nicht aufgefallen?»
«Nun ja… das mag sein. Aber ich bin bestimmt nicht dafür geeignet, diese Magie für mich zu nutzen.»
Mondtänzer setzte sich seufzend auf einen Felsbrocken, der in der Nähe herumlag und sprach: «Aber du bist doch schon die ganze Zeit daran, diese Magie zu nutzen. Immerhin warst du einst eine Mitschöpferin dieser Welt hier. Deine Essenz wohnt in ihr. In allem…, was uns umgibt. Und ihre Essenz wohnt auch in dir.»
Er machte mit seinem Arm eine weitreichende Handbewegung. «Und du kannst diese uralte Essenz dazu nutzen, um weiterzukommen.»
«Also gut,» lenkte Alena ein, um die Diskussion zu beenden. «Ich werde es versuchen.»
Mondtänzer nickte zustimmend und erhob sich wieder. «Dann beginnen wir uns jetzt also mal den ersten Schlagtechniken zu widmen!»
Das Training war anfangs unglaublich anstrengend und Alena ging öfters zu Boden. Schliesslich war sie so erschöpft, dass sie einfach liegen blieb, als sie durch Mondtänzers kräftige Schwertschläge, einmal mehr, zu Boden ging.
«Es reicht!» stöhnte sie. «Ich kann nicht mehr!»
«Du wirst doch jetzt nicht etwa aufgeben?» meinte ihr Drachenfreund vorwurfsvoll. «Ein Gegner, der dir Böses will, achtet auch nicht auf deine Befindlichkeiten. Also los! Steh auf!»
«Nein, ich habe genug,» erwiderte die Frau trotzig. «Ich kann nun mal keinen Schwertkampf. Ich habe nicht mal das geringste Talent dafür!»
«Das stimmt nicht! Du hast dich schon ganz gut angestellt…, einige Male. Das schaffst du. Los, los!»
«Du bist ein richtiger Quälgeist,» klagte Alena und erhob sich schwankend. Doch ihre Beine gaben sogleich wieder unter ihr nach.
«Verdammt!» fluchte sie vor sich hin «das kann doch wohl nicht wahr sein! Etwas Magie wäre jetzt wirklich hilfreich, du nutzloser, magischer Umhang! Na los! Hilf mir schon!»
Und… in diesem Moment, begannen einige der Symbole, die auf ihrem Umhang aufgestickt waren, plötzlich hell aufzuleuchten…!
«Na also!» rief Mondtänzer und ehe sich Alena versah, tätigte er mit seinem Schwert einen weiteren, kräftigen Schlag.
Als die Macht des Mantels sie erneut durchströmte, spürte die Frau auf einmal eine unglaubliche Sicherheit und Ruhe in sich und es war ihr plötzlich, als würde sie alles nur noch in Zeitlupe wahrnehmen. Sie sah, wie sich die Klinge ihres Gegners, erstaunlich langsam, auf sie zu bewegte und seltsam gelassen, hob sie ihr eigenes Schwert, um den Schlag abzuwehren. Die beiden blauen Edelsteine, welche die Augen des Drachenkopfes bildeten, der einen grossen Teil des Griffes ihres Schwertes einnahm, begannen auf einmal hell zu strahlen. Es war ganz ähnlich wie damals bei dem Schmuck, den Stefan Alena geschenkt hatte. Allerdings war das Leuchten der Drachenaugen strahlendblau, ganz ähnlich wie das Licht in Mondtänzers Augen. Dessen Schwert traf nun mit einem dumpfen Klirren auf Alenas Klinge. Sie wehrte den Schlag jedoch spielend ab und parierte auch noch bravourös die nächsten Schläge, die folgten. Auf einmal geschah alles ganz automatisch, als würde ein uralter Instinkt in der Frau, wieder zum Leben erweckt: Der Instinkt der Drachenmagier!