«Halt ein, Schattenmeister!» rief sie. «Es ist genug! Du gehst eindeutig zu weit! Tenebris und Alena haben sich entschieden, sich von dir abzuwenden. Du darfst ihnen nichts mehr tun!»
Mit diesen Worten intensivierte die weisse Drachenlady ihr Licht noch und der Schattenmeister brüllte noch mehr.
Das endlose Nichts, das sie umgab, schien auf einmal zu schrumpfen und es wurde immer heller um sie. Kurz darauf blinkten überall goldig- weisse Lichter auf.
Tief beeindruckt, blickten sich Alena und auch Tenebris um.
«Was sind das für Lichter?» fragte die Frau und ihre, weit aufgerissenen Augen, fingen den magischen Schein der Lichterfunken ein.
«Das sind die Ur- Teilchen der Schöpfung,» erklärte ihr nun der schwarze Drachen, mit einer wohlklingenden Stimme, die so gar nichts mehr mit seiner furchterregenden Stimme von vorhin gemein hatte.
«Es sind die kleinsten Teilchen, aus denen alles entstanden ist und noch entsteht. Durch sie wurde Schöpfung erst möglich gemacht. Mit der einstigen Geburt der grossen Drachenmutter, haben diese Teilchen angefangen sich zu neuen, vielfältigen Lebensformen zusammenzuschliessen. Das wollte der grosse Schattenmeister verhindern.»
«Wo ist der Schattenmeister eigentlich jetzt?»
«Er ist vor dem Licht und der schöpferischen, lebensspendenden Kraft geflohen.» erklärte ihr diesmal die Drachenmutter. «Nun kann die Welt der Wasserdrachen und auch deine eigene innere, wie äussere Welt, wieder genesen.
Mit den Wasserdrachen zusammen, wirst du Neues erschaffen und die unsichtbaren Kräfte in diesem Universum, zum Wohle aller nutzen.
Du bist die letzte Nachfahrin der Wasserdrachen- Magier und als solche, obliegt es dir, diese Welt zu beschützen und zu bewahren. Das wird sich schliesslich auch auf alle anderen Welten auswirken.
Du hast grosse Stärke und Weisheit bewiesen und dadurch viele gerettet, auch Tenebris, der nun endlich wieder auf der richtigen Seite ist.»
Sie nickte dem majestätischen Nacht- Drachen, dessen wundervollen Augen sie nun treuherzig anblickten, liebevoll zu und dieser verneigte sich tief vor ihr.
«Vergebt mir, grosse Mutter, dass ich mich so von den Schatten haben korrumpieren lassen,» sprach er tief beschämt. «All das… ist für mich wie ein böser Traum, aus dem ich erst jetzt wieder erwacht bin. Dank Alena, die mir vor Augen geführt hat, was wirklich meine Aufgabe ist und deren bedingungslose Liebe, mich schliesslich wieder geheilt hat.»
Die Drachenmutter blickte auf ihren verlorenen Sohn herab und sprach. «Wir alle waren tief bekümmert, als du dich von uns und deinem Auftrag, so weit entfernt hast. Doch die Hauptsache ist, dass du zu uns zurückgekehrt bist. Es wird Zeit, dass du deinen Platz unter den deinen wieder einnimmst.»
Erneut wandte sie sich an Alena. «Und für dich wird höchste Zeit zu Mondtänzer zurückzukehren! Er wird sich sicher schreckliche Sorgen um dich machen.»
Und… noch während sie das sagte, verschwamm alles um Alena herum und sie fand sich wieder auf dem Hochplateau, auf dem sie schon vorhin gewesen war!
«Alena!» rief die erlöste Stimme von Mondtänzer. «Du bist wieder da! Ich habe mir schreckliche Sorgen um dich gemacht!»
Ihr blau- weiss schimmernder Drachenfreund, kam herangeflogen und noch während er landete, verwandelte er sich in seine Elfengestalt zurück.
Die beiden liefen aufeinander zu und schlossen sich, halb weinend, halb lachend, in die Arme.
«Wo um alles in der Welt warst du bloss?» fragte Mondtänzer. «Was ist mit Tenebris?»
«Tenebris wurde wieder geheilt. Er half mir schliesslich sogar dabei, gegen den grossen Schattenmeister zu kämpfen.»
Die Frau berichtete nun alles, was sich zugetragen hatte. Als sie fertig mit ihrer Geschichte war, starrte ihr Drachenfreund sie tief beeindruckt an.
«Du… konntest Tenebris also tatsächlich wieder zur Umkehr bewegen?»
«Ja.»
«Das hätte ich niemals zu hoffen gewagt.»
«Ich auch nicht, aber scheinbar habe ich die richtigen Worte gefunden, um ihn an seine wahre Bestimmung zu erinnern. Der Schattenmeister allerdings…, war sehr, sehr übel. Wenn die Drachenmutter nicht gekommen wäre, dann weiss ich nicht, ob er mich und auch Tenebris, nicht schlussendlich doch noch vernichtet hätte.»
«Dann stimmen also die alten Legenden alle?»
«Es sieht so aus. Die Drachenmutter hat mir dann noch diese goldig- weissen Lichter gezeigt, welche die Urteilchen jeglicher Schöpfung sein sollen und meinte, dass ich diese nun für den Aufbau und den weiteren Ausbau des Wasserdrachen- Reiches nutzen könne.»
«Das sind ja wundervolle Neuigkeiten! Dann wird es höchste Zeit, dass wir anfangen die toten Zonen mit neuem Leben zu erfüllen.»
Mondtänzer verwandelte sich nun in seine Drachengestalt zurück und zusammen machten sie sich daran, alle toten Zonen aufzusuchen und diese mit ihrer Magie zu heilen.
Als schliesslich die Nacht hereinbrach und tausende von Sternen an einem samtschwarzen Himmel aufgingen, sahen sie dort oben auf einmal die Silhouette eines wunderschönen, schwarzen Drachen, dessen Schuppen das Licht der Sterne auf wundervolle Weise einfingen.
Tenebris erhob sich hoch in die Lüfte und stiess einen freudigen Ruf aus, den alle hier lebenden Wesen hörten. Tenebris war zu seiner alten Aufgabe zurückgekehrt und die ganze Schöpfung frohlockte darüber!