«Hör auf mit dem Schwachsinn!» brüllte der Drachen nun zornig. «Du willst doch nur deinem Schicksal entgehen.»
«Dein und mein Schicksal sind verknüpft, also tu mit mir was du willst… Ich fürchte mich nicht mehr vor dir!»
Alena hob ihre Arme und schloss die Augen. Dabei betete sie innbrünstig zu der lichtvollen Macht, welche jeder Kreatur unter dem Himmel einst das Leben geschenkt hatte. Sie fühlte sich auf einmal Eins mit all diesen Wesen, eins mit dem Licht und sogar mit dem Schatten. In diesem Augenblick nahm sie auch all ihre Schattenanteile wahr, all ihre inneren Dämonen und indem sie diese erkannte, ihren Blick auf diese richtete, begannen sie sich mehr und mehr durch ihr Herzenslicht, das nun alles und jeden umspannte, zu verwandeln oder lösten sich sogar ganz auf. Je mehr sie ihr Schicksal annahm, es akzeptierte, umso weniger Angst hatte sie.
«Genug!» vernahm sie auf einmal eine ohrenbetäubende, schreckliche Stimme, welche diesmal jedoch nicht von Tenebris stammte. Als sie ihre Augen erschrocken wieder öffnete, da erblickte sie vor sich ein riesiges, rotglühendes Augenpaar, dass sie, erfüllt von unbändigem Hass anstarrte. Der schwarze Drachen war auf einem unsichtbaren Untergrund zusammengebrochen und die gewaltige Schattenwolke, die ihn bisher umgeben hatte, verschwand mehr und mehr. Darunter kam der Körper eines wunderschönen Drachen zum Vorschein, der nur ein wenig grösser als Mondtänzer war. In seinen dunklen Schuppen, schien sich unsichtbares Licht zu brechen und dadurch entstand ein wunderschöner Schillereffekt.
Das rote Augenpaar dass sie nun jedoch anstarrte, war Teil der gesamten Finsternis, die sie umgab. In diesem Augenblick wurde Alena von einem gewaltigen Schattententakel ergriffen und weggeschleudert. Seltsamerweise jedoch prallte sie nirgendwo dagegen. Da war nur dieses endlose, unheimliche Nichts, dass nun jedoch immer mehr in sie einzudringen schien, wie zäher, eiskalter Flüssigstickstoff. Sie schrie auf vor Schmerz und Entsetzen, versuchte irgendwo Halt zu finden. Doch sie wurde von unsichtbaren Wirbeln immer wieder umhergeworfen. Ein Gefühl von Hilflosigkeit und Resignation, erfüllte sie erneut und sie wollte schon beinahe aufgeben, als ihr Umhang und auch ihre Drachenkette, plötzlich hell zu strahlen begannen und mit ihrem Schein, wie in einen weichen Mantel einhüllten. Wieder brüllte das unsichtbare Wesen, mit den roten Augen zornerfüllt auf und erneut schossen seine Tentakel auf Alena zu. Doch dann geschah etwas Unerwartetes! Tenebris der nun wieder ganz von der, ihn umgebenden Schattenhülle, befreit worden war und dessen Opal- Augen nun heller denn je strahlten, warf sich dazwischen, sandte seinen gelborangen Feuerstrahl gegen die gefährlichen Tentakel und versengte sie. Das gewaltige, finstere Wesen, heulte schmerzerfüllt auf.
«Es ist genug, Schattenmeister!» donnerte der schwarze Drachen. «Du hast keine Macht mehr über uns. Lass uns sofort gehen!»
«Niemals!» schrie die finstere Kreatur. «Ihr werdet hier niemals wieder wegkommen! Doch als sie erneut zum Angriff übergehen wollte, strahlte auf einmal ein gewaltiges Licht durch die schreckliche Finsternis. Der schreckliche Schattenmeister heulte noch lauter, als das Licht ihn traf und ebenfalls mehr und mehr versengte. Über ihnen schwebte, die funkelnde Silhouette der Drachenmutter!