Sie hatten Draco wenigstens seine Kleider wiedergegeben. Er zog sich schweigend an. Die Kleidung schenkte ihm etwas Würde. Severus kam selbst ihn zu holen. Potter hatte darauf bestanden, aber es war gut. „Soll ich einen Imperius wirken oder kommst Du so mit?“, fragte der Ältere ein wenig undeutlich. Draco roch den Feuerwhiskey. „Es ist gut. Ich komme.“
Der Ring an seiner Hand verlieh ihm Ruhe. Er erkannte ihn wieder, wenn auch ein starker Illusionszauber darauf gelegt worden war. Es handelte sich um den Siegelring des Malfoys, den jemand magisch verkleinert hatte. Dracos Verstand klarte auf. Jemand wachte über ihn in dieser Situation. Es musste jemand sehr mächtiges sein. Die Malfoywürde kehrte wieder zurück. Er schritt mit hocherhobenem Haupt über den Flur. Man hätte meinen können, er ginge zu seiner Krönung statt zu seiner Hinrichtung. Stolz und elegant betrat er den Thronsaal.
Wenn er schon starb, dann mit Würde. Seine Eltern sollten stolz auf ihn sein. Er lächelte seine Mutter liebevoll an. Zwei Schattenjäger hielten die sich heftig wehrende Frau eisern fest. Lucuis hatte geweint. Sie wussten es also. Man zwang sie seiner Exekution beizuwohnen. Narcissa schrie um Gnade. Niemand reagierte. Ein Schattenjäger wirkte einen Silencio über sie.
Lord Potter saß in seiner grausamen Schönheit auf dem Thron. Seine Robe warf lockere Falten. Er spielte mit dem verfluchten Pin. Das verdammte Ding flog in Kreisen um Potters Hand. Der Dunkle Lord hatte eine seltsame Vorliebe für Taschenspielertricks.
Draco hielt seinem Blick stand. Mein schwarzer Prinz, hörte er noch einmal Potters Stimme. Oder verwendete Potter gerade stab – und wortlose Okklumentik? Sprach Harry gerade wortlos mit ihm? Ich habe Dich nicht verraten, Geliebter, dachte der Prinz von Slytherin. Eine Erinnerung stieg in Draco auf, während er keine Angst mehr spürte. Der Thronsaal schien zu entschwinden. In den grünen Augen, die seinem Blick begegneten, sah Malfoy einen Wimpernschlag den Löwen von Gryffindor. Er spürte die Magie die Kontrolle übernehmen. Eine uralte Macht führte ihn.
Wie ein Ritter in längst vergangener Zeit machte er einen Kniefall vor Harry. Tat er es wirklich? Träumte er es? Lord Potter erhob sich hoheitsvoll. Seine Magie und Erbarmungslosigkeit erfüllte den Saal. Mit Schrecken und voller Mitleid erwarteten die unfreiwilligen Zuschauer das Unvermeidliche. Der Dunkle Lord revidierte seine Urteile nicht.
Snape machte sich bereit - zumindest versuchte er es. Wie könnte er bereit sein, den jungen Mann zu töten, den er als seinen Sohn ansah. Der Alkohol machte ihn schwindlig. Seine Hände zitterten. Er könnte es nicht. Er konnte Draco nicht töten. Sein Zauberstab fiel klappernd auf den Boden und rollte ein Stück weg. Snape hob ihn mühsam auf. Es war ihm nicht peinlich angetrunken zu sein. Es war ihm egal. Er musste sich konzentrieren. Der Spruch musste klar ausgesprochen werden, damit Draco nicht litt.
„Hast Du noch etwas zu sagen?“, fragte Lord Potter ohne eine Gefühlsregung zu zeigen. „Ich habe mich nicht aufgelehnt, mein Herr. Dennoch akzeptiere ich Euer Urteil, Mylord.“ Ich liebe Dich, fügte Draco in Gedanken hinzu. Er wollte sich nicht lächerlich machen. Also sprach er es nicht laut aus. Mein Prinz. Da war wieder diese sanfte Stimme. Es konnte unmöglich Harry sein, der so mit ihm kommunizierte. Jeder wusste, dass der Dunkle Lord Okklumentik nicht sicher beherrschte.
Potters Stimme hallte von allen Seiten der Großen Halle auf die Anwesenden hinab. „Den Herrn der Dunkelheit hintergehen zu wollen, hat seinen Preis. Dieser Preis wird heute gefordert. Draco sollte Opfer einer banalen Intrige werden. Ich gebe den an Verschwörung Beteiligten bis zum Sonnenuntergang Zeit, sich selbstzurichten oder Draco wird sie richten. Sein Leben sollte enden. Er fordert den Preis an meiner statt.“
Lord Potter schritt auf Draco zu. „Frühstück bei mir, Sweetheart? Du siehst hungrig aus.“ „Ja. Eier und Speck? Ich bin richtig hungrig und müde.“, grinste Draco lässig. „Eier und Speck. Einverstanden.“
Der Prinz und sein Lord sahen sich wortlos an. Sie gingen aus dem Saal, als wäre gerade nichts geschehen. Jetzt wusste Draco, was der unbekannte Magier ihm gegeben hatte. Eine ganze Phiole voller Felix Felicis hatte ihm das Leben gerettet. Er dankte dem Unbekannte, während seiner Finger sich intuitiv mit Harrys verschränkten. Sie spürten die Blicke in ihrem Rücken, beachteten sie jedoch nicht weiter. „Woher wußtest Du es, Harry?“, fragte Draco. „Magie, Sweetheart.“, blieb sein Geliebter ihm die Antwort schuldig. Sie lachten über den Scherz. Draco war bereit sein Glück an diesem Tag vollkommen auszukosten. Harry zog ihn an sich und küsste ihn zärtlich. Zartbitter Schokolade und Orange.