Ihre niedliche kleine Wohnung erschien den beiden Zwillingen eng. Obwohl Fred das Fenster zum Hof schon vor einer ganzen Weile geöffnet hatte, kam es ihm stickig vor. „Seit wann sind wir Angsthasen geworden?“, fragte er seinen engsten Vertrauten. Nichts von der üblichen Fröhlichkeit war zurückgeblieben. Irgendwie hatte Ron Erscheinen das Lachen erstickt. George starrte die Tasse mit der erkalteten Schokolade an. „Seit Nevilles Tod?“ antwortete er seinem Zwilling mit einer Gegenfrage. „Weißt Du noch, was wir Harry versprochen haben. Er sagte, er hätte Angst davor allein zu sein, wenn es soweit wäre. Wir haben ihm alle versprochen, ihm zu helfen, sich wenigstens ein bißchen treu zu bleiben. Jeder von uns hat ihn gedrängt, diesen verfluchten Trank zu nehmen. Als es dann soweit war, sind wir bei der nächsten Gelegenheit weggelaufen.“, erwiderte der andere. Jetzt starrten sie beide in ihren Schokoladentassen, selbst den Dauerwärmezauber hatten sie vergessen. George stand auf und begann hektisch nach etwas zu suchen. „Accio Gryffindor-Abzeichen!“, rief er irgendwann entnervt. Dann hielt er es prüfend in der Hand. „Der Löwe von Gryffindor.“, sagte er sarkastisch. „Wie viel bedeutet er unserer Familie?“ Fred rief einen Moment später: „Accio Reisetasche.“ Sie brauchten keine weiteren Worte. Ihre Entscheidung hatten sie gefällt. Sie würden tun, was immer nötig war.
Draco sah erstaunt auf Lord Potters Hand. „Das ist mein Zauberstab.“, stellte er ziemlich sinnlos fest. „Fein bemerkt. Weißdornholz mit einem Kern aus Einhornhaar federnd. Gar nicht schlecht. Nimm ihn. Du brauchst ihn, wenn Du den Jungen unterrichtest.“ Der Spott war nicht so scharf, wie gewöhnlich. Offensichtlich hatte sich die Laune des Dunklen Lords verbessert. Seine Verwirrung wuchs. Potter gab ihm einen Zauberstab – falsch seinen Zauberstab zurück. Er könnte damit versuchen zu fliehen. Seine Lordschaft schien seinen Gedanken zu erraten: „Wenn Du damit Unsinn machst, kennst Du den Preis dafür.“ „Ja Mylord. Ich werde Euch nicht enttäuschen.“, beeilte er sich zu bestätigen. „Jetzt geh` und kümmere Dich um den Jungen. Ich will einen perfekt ausgebildeten Sklaven. Heute Abend bist Du wieder hier.“ Damit war alles Nötige gesagt.
Die Eule des Ministers erreichte Lord Potter während einer Zauberübung mit Minerva McGonagall. Er nahm ihr das Pergament ab und warf einen kurzen Blick darauf. Dann ging das Blatt in Flammen auf. Die Professorin blieb freundlich und zeigte ihr Interesse an dem Brief nicht. „Expecto Patronum!“ rief Harry mit ungewohnter Anstrengung in der Stimme. Sein Schweiß brach aus. Er wandte alle Konzentration auf, zu der er fähig war. Es gelang ihm nicht den Hirsch zu beschwören. Wütend über diese sichtbare Niederlage sprengte er eine Vase mit einem gehauchten Fluch in die Luft. McGonagall wich unwillkürlich zurück. „Dann kann ich eben keinen Patronus. Wen interessiert das? Ich beherrsche die Dementoren.“ Minerva schalt sich, dass sie ihn in die Versuchung gebracht, es zu probieren. Sie hatte gehofft, er könnte noch immer reine weiße Magie wirken. Sie hatte sich geirrt.
Potter ließ sie einfach stehen und zog sich in sein Arbeitszimmer zurück. Eine Hauselfe, die ihm auf dem Weg dorthin begegnete, wand sich unmittelbar unter dem „Crucio“. Zum Glück für sie hielt sein Interesse an ihrem Schmerz nicht lange an. Er schrieb an Kingsley Shacklebolt nur einen Satz: „Welche Preis wählst Du?“ Er rief zwei Schattenjäger, die vor der Wut in den Augen des Dunklen Lords zurückzuckten. Beide waren erfahrene und zuverlässige Männer, die schon mehrere Aufträge zufriedenstellend gelöst hatten. Sie machten sich keine Sorgen, diesen Auftrag nicht erfüllen zu können. Er klang einfach. Ihnen drohte keine Gefahr. „Der Minister erhält meine Nachricht heute Nacht zu Hause bei sich.“
Fred und George Weasley kamen guten Mutes im Schwarzen Schloss an und wurden von sehr erfreuten Gesichtern ihrer Freunde aus dem Phönixorden begrüßt. Albus und Minerva zeigten ihre Freude offen. Nur Severus Snape freute sich nicht, über ihre unerwartete Ankunft. „Sie sind sehr dumm, jetzt zu kommen. Ihre Geschwister sind unterwegs.“ Ihr Gespräch brach je ab, als der Hausherr zu der kleinen Gruppe stieß. Lord Potter sah die Zwillinge zum ersten Mal im Schwarzen Schloss ohne ihre Geschwister. „Herzlich Willkommen in meinem bescheiden Heim. Was verschafft uns die unerwartete Ehre?“, fragte er mit Interesse. „Ron sagte, dass Ginny auch nicht hier ist. Da dachten wir, unser alter Freund Harry vermißt, womöglich rotes Haar um sich herum.“ Selbst Lord Potter mußte über so viel Frechheit grinsen. „Ein Sklave bringt Euch zu Euren Quartieren. Ich wünsche uns eine gute Zeit.“
Niemals hatte George im Schwarzen Schloss übernachtet; ihm war schon mulmig. Sich von einem Sklaven zu seinem Zimmer führen zu lassen, gehörte schon zu den Gepflogenheiten hier. Draco wußte, dass er auch diese Demütigung aushalten mußte, als sein Herr ihm befahl die Herrn Weasley in ihre Gästequartiere zu führen. Respektvoll wartete er bis Lord Potter ihm das Zeichen gab, sich zu nähern. „Master George. Master Fred. Wenn Sie mir bitte folgen wollen…“,fragte er leise. Den Blick hielt er fest auf den Boden gerichtet. „Malfoy. Laß die Witze. Das ist unser Resort.“, fand Fred die Sprache zuerst wieder. „Das ist kein Scherz, Master.“, sagte Draco kaum hörbar. Albus Dumbledore überbrückte das peinliche Schweigen: „Draco, ich bringe Fred und George gleich hinüber. Du kannst gehen. Wir rufen Dich, wenn noch etwas gebraucht wird. Es ist gut.“ „Verzeihen Sie die Störung bitte, Master.“, entschuldigte sich Draco vorsichtig. Sein blasses Gesicht glühte vor Scham in hellem Rot. „Das ist grausam.“, stellte Fred betreten fest. „Harry hält sich einen Mitschüler zum Sklaven.“ Minerva korrigierte einen ihren beiden Lieblingsschüler, die sie nie auseinander halten konnte „Lord Potter hält Sklaven. Harry verabscheute Sklaverei zutiefst.“
Etwas später sahen die Zwillinge, Draco im Hof mit einem Jungen eine einfache Zauberübung machen. Der Junge sah aufmerksam zu, wie sein Lehrer den Stab hob und eine kleine Kiste hin und her bewegte. Dann versuchte er es selbst. „Das muß Theseus sein. Lass uns mit ihm reden.“, schlug der jüngere der beiden vor. „Das machst Du schon ziemlich gut.“, lobte Draco seinen jungen Schüler. „Üb´ fleißig weiter.“ Fred nahm aus seiner Tasche einen Schokofrosch und ließ zu dem Kind hüpfen. „Für Dich. Ich bin Fred und das ist mein Bruder George.“ Theseus Augen strahlten dankbar. „Danke. Ihr seid echt nett. Seid ihr mit Lady Weasley und Lord Weasley verwandt? Die sind super. Später möchte ich so werden wie Lord Potter. Er ist der beste Zauberer.“ Die jungen Männer bissen sich auf die Lippen. Fred zeigte dem Jungen einen kleinen roten Zauberball, der von sich aus auf und ab hüpfte.
George nahm Draco kurz zur Seite: „Ist das Theseus oder ein anderes Kind?“ „Das ist Theseus, Master.“ „Lass bloss diesen Masterunsinn sein. Ich bin George und das ist Fred.“, versuchte er es noch einmal.