„Du würdest es tun? Wenn Du Dich einmal entschieden hast, kannst Du nicht mehr zurück. Du bist dann Teil seiner Familie.“ Bill merkte, wie besorgt Ron war. Obwohl Ron Lord Potter gegenüber unbedingte Loyalität empfand, wollte er vermeiden, dass Bill etwas Unüberlegtes tat. „Fleur hört den Dunklen Ruf ohnehin. Um diese Zeit entfaltet er seine volle Macht. Unter seinem direkten Gefolge zu sein, schützt uns beide vor seinen Schattenjägern und seinen Feinden. Für beiden Seiten sind wir Freiwild.“ „Hat Euch jemand bedroht oder angegriffen?“, fragte Ron. Er liebte seine Geschwister alle. Naja vielleicht nicht alle – aber wer konnte schon so viele Geschwister lieben? „Nicht offen. Aber eine Veela weckt viele Begehrlichkeiten. Das Dunkle Mal hielte uns die Schattenjäger von Leib.“ Unzweifelhaft richtig, dachte Ron. „Wenn ihr euch beide sicher seid, werde ich für Euch bürgen. Dann beginnt Ihr nicht ganz unten, sondern seid in die Familie aufgenommen.“ Mitglied der Familie zu sein, der aktuelle Traum jedes Geschöpfes der Nacht, bedeutete zum innersten Kreis des Hofes von Lord Potter zugehören. „Welchen Preis er fordert, kann ich nicht beeinflussen. Das liegt ganz in seiner Hand. Mum und Dad flippen aus, wenn es sichtbar wird.“ Das Ehepaar stimmte zu. Sie kannten das Konkordat und hatten sich entschieden. Es lief gut. Ron nahm sein Pergament und schrieb: „Lieber Harry.“ Er gehörte zu den wenigen, die seinen Lord noch jederzeit so anredeten. „Bill und Fleur wünschen sich in die Familie aufgenommen zu werden. Ich bürge für beide. Teile ihnen bitte mit, wann sie im Schloß erwartet werden. Alles andere persönlich. Ron“ Er lieh sich Bills Eule aus, die den Brief überbrachte.
Aurora Shacklebolt amüsierte sich prächtig. Alle ihre Freundinnen im Internat würden sie beneiden. Sie besuchte mit Harry Potter persönlich eine kleine Zauberkunstgalerie in einer Parallelstraße der Winkelgasse. Den ganzen Tag hatten sie miteinander verbracht. Noch nie hatte sich ein Mann so für sie interessiert. Aufmerksam hörte er ihr zu, benahm sich viel eleganter als die Jungs aus ihrer Schule und diese unglaublich grünen Augen. Auroras Bauch kribbelte vor Aufregung. Er lächelte sie bedauernd an und verabschiedete sich: „Meine liebe Aurora. Leider kann ich keine weitere Zeit mehr erübrigen. Auf mich wartet zu Hause in meinem Schloss eine Menge Arbeit. Es war ein wunderschöner Herbsttag mit Dir. Vielleicht sehen wir uns wieder – natürlich nur wenn Du möchtest.“ Diese Enttäuschung tat richtig weh. Er mußte gehen und ließ sie allein, dabei hatte sie sich gerade ihn verliebt.
„Natürlich möchte ich Dich wiedersehen.“, sagte sie errötend. Lord Potter blieb bei seinem Spiel: „Du könntest mich natürlich in den nächsten Tagen besuchen. Deine Familie heißt das allerdings sicher nicht gut. Ich möchte nicht, dass Du Streit mit ihnen bekommst. Schließlich bin ich der Dunkle Lord. Ich bin sehr gefährlich.“ Wieder lächelte er so verschwörerisch. Das Konkordat gab den Rahmen genau vor. Er durfte nicht verschweigen, wer er war. Er durfte keinen Imperius anwenden und durfte sie nicht entführen. Wenn sie jedoch von selbst in Schwarze Schloss käme, gehörte sie ihm. Sie war volljährig und wusste, wer er war. Auroras Knie gaben ein bisschen nach. Er rief seinen Besen und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. „Schick mir einfach eine Eule, wenn Du kommen möchtest. Ich würde Dich so gerne wiedertreffen. Meine Verpflichtungen rufen mich. Grüß Deinen Vater von mir.“ Lässig stieg er auf den Besen. „Harry. Ich komme bestimmt. Es ist sicher richtig aufregend das Schwarze Schloß zu sehen.“ Dann küßte sie ihn schüchtern auf den Mund. „Danke.“, hauchte er scheinbar entzückt, stieß sich vom Boden ab und stieg in den Himmel auf.
Kingsley liebte seine Tochter über alles. Seitdem die Lage sich in Großbritannien seinerzeit zugespitzt hatte, schickte er sie daher nach Frankreich zur Schule. Ursprünglich hatte Aurora Hogwarts besucht. Sie war eine Ravenclaw gewesen. Nach dem Tod von Cedric Diggeroy konnte er das Risiko, sie zu verlieren nicht ertragen. Sie holte ihn aus dem Ministerium ab. „Wie war Dein Tag, Liebes?“, fragte er mit warmen Augen. Einem plötzlichen Impuls folgend, log sie ihren Vater an: „Es gab nichts besonderes.“
Harry genoss das Gefühl von Freiheit auf seinem Besen. Noch immer liebte er das Fliegen mehr als alles andere. Hier oben wehte der Wind ihm ins Gesicht. Er warf die Hände in Luft und sah in die langsam sinkende Sonne. Die Nacht rief ihn. Er trug sie in sich und wurde von ihr geborgen. Die Dunkelheit umfing ihn zärtlich wie eine Geliebte. Natürlich störte ihn Sonnenlicht nicht. Es schwächte ihn auch nicht oder behinderte ihn, aber der silberne Mond tat ihm einfach gut. Er erreichte das Schloß schnell und landete sicher auf dem Astronomieturm, von dem aus er morgens aufgebrochen war. Lord Potter schritt gemächlich die Treppe hinunter. Sie erwarteten ihn nicht. Das gefiel ihm gut. Unerwartetes Erscheinen ermöglichte immer interessante Erkenntnisse. Er zog die Karte des Rumtreibers aus der Tasche und aktivierte sie mit seinem Stab. Sie alle hier unterstanden seiner Macht. Welch ein berauschendes Gefühl! Er sah Pettigrews Namen auf der Karte. Hämisch grinsend dachte er daran, wie diese kleine Ratte sich wohl fühlte, wenn das Spiel erst begänne. In seinem Arbeitszimmer schrieb er eine kurze Notiz an Remus Lupin. „Lieber Remus. Ich freue mich sehr, Dir mitteilen zu können, dass Peter Pettigrew gefasst wurde. Heute Abend um 10:00 Uhr findet sein Prozess statt. Herzliche Grüße an Tonks. Lord Potter“. Sein zweiter Brief an diesem Abend war wesentlich gefühlvoller. „Meine süße Aurora. Vielen Dank für den geradezu magischen Tag in der Winkelgasse. Dich jetzt nicht bei mir zu haben, fühlt sich wie ein Verlust an. Gerne würde ich mit Dir die Nacht verbringen, obwohl ich natürlich weiß, das Kingsley nie erlaubte. Dich hier im Schwarzen Schloss zu begrüßen, wäre mir eine unbeschreibliche Freude. Ich wünsche Dir eine tolle Zeit in London. Liebe Grüße Harry James Potter.“ Beide Briefe sendete er per Expresseule. Lächelnd zog er sich um und begab sich in seinen Thronsaal.
Die Überraschung der Gäste über das plötzliche Erscheinen ihres Gastgebers legte sich nur langsam. Ungewohnt formell gekleidet mit einer schwarzen Ledergehrock auf dessen Rücken ein roter Drache prangte, einem schneeweißen Hemd mit Schabet und spitzenbesetzten Ärmeln und einer perfekt sitzenden Lederhose schritt er auf seinen Thron. Sie sahen ihn erwartungsvoll an. Auf seine Stirn hatte er seine schlichte Krone gesetzt. Der Herr der Dunkelheit begrüßte seine Gäste und eröffnete das Abendessen ohne über seine Abwesenheit auch nur ein Wort zu verschwenden. Der Heuler erreichte ihn erwartungsgemäß direkt, als er das Essen beendet hatte: „Harry Fucking Potter. Laß Deine dreckigen Finger von meiner Tochter oder Du wirst es bereuen. Kingsley“ Er lachte herzlich über die fragenden Gesichter der Anwesenden: „Severus, unterrichtest Du bitte unseren sehr verehrten Minister bitte morgen noch einmal über den genauen Wortlaut des Konkordats. Danke“ Snape antwortete klar und deutlich: „Es wird mir eine Ehre sein, Mylord.“