Seidig zart glitten Dracos Finger über die Saiten der Harfe und zauberten federleichte Töne aus dem schwarzen Instrument. Das erotische Knistern erfüllte die Luft, während Lord Potter und Lady Granger miteinander zu den magischen Tönen tanzten. Lady Weasley warf die Tür ihres Gemaches wütend hinter sich zu, aber niemand beachtete sie. Poody stand etwas hilflos im privaten Salon und verschwand dann unauffällig. Ein Schattenjäger meldete Minerva McGonagall an.
Draco unterbrach die Musik. Lord Potter warf ihm einen vernichtenden Blick zu: „Wir tanzen, wie Du siehst. Was lässt Dich glauben, dass ich jetzt jemanden empfange? Sie kann warten, aber es wird dauern. Und Du spiel weiter!“ Draco gehorchte und wieder erklangen die sanften Töne. Einige Sekunden später störte der Schattenjäger wieder und kassierte dafür einen heftigen Folterfluch, der ihn in die Knie gehen ließ. „Was ist?“, fragte Lord Potter deutlich missvergnügt, während seine Hand über Hermines Hüfte strich. „Mrs. McGonagall meinte, es sei wichtig, Mylord.“
Besitzergreifend zog der Dunkle Herr Lady Granger an sich und sagte: „Im Moment ist nur Lady Granger für mich wichtig. Bring uns eine Flasche Feengold und zwei Gläser – nein, drei - in mein Spielzimmer.“ Lady Granger flüsterte etwas in sein Ohr. „Wir wollen in den nächsten Stunden überhaupt nicht gestört werden. Verstanden?“ Lord Potter wirkte sehr ungehalten und nur Lady Grangers weiteres Flüstern besänftigte ihn. „Also gut, Mine. Bis Ron wieder da ist, höre ich mir an, was sie will.“ Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Draco griff einen Moment daneben. „Verzeihung, Herr.“, entschuldigte er sich und erbleichte. „Wenn Du Dich nochmal verspielst, breche ich Dir mit Vergnügen jeden Finger einzeln.“, erwiderte der Dunkle Herr ungnädig. „Verzeihung, Herr.“, widerholte sich Draco. Lord Potter schenkte Lady Granger einen Kuss auf Stirn.
Dann empfing er seine frühere Hauslehrerin kühl: „Um was geht es? Meine Zeit ist begrenzt.“ Seine Hand ruhte locker auf Hermines Hüfte. Minerva ging auf dieses Detail nicht weiter ein: „Albus geht es nicht gut. Er braucht Eure Hilfe, Lord Potter.“ Er blieb kühl und desinteressiert: „Albus ist ein alter Mann und wird mit meiner Hilfe oder ohne sie bald sterben.“ „Bitte, Mylord Potter. Er hat Euch immer unterstützt.“, bat Minerva flehentlich. „Was soll ich tun, was ein Heiler nicht kann?“, fragte er kühl. „Albus möchte nur mit Euch sprechen.“, bat sie wieder. „Weshalb braucht er mich, wenn er stirbt. Ich bin kein Heiler.“
Hermine schmiegte sich an ihn: „Tu es für mich.“ Er lächelte sie an: „Aber nur wenn ich nachher Ron und Dich für mich habe.“ Er erhob sich widerwillig und folgte Minerva mit offensichtlicher Lustlosigkeit.
Hermine hoffte, dass dieses Verwirrspiel bald endete, dererlei Dinge mochte sie nicht. Ein offener Kampf oder ein überschaubares Territorium mit klarem Gegner lag ihr mehr. Außerdem fürchtete sie, Ron könnte zwischen den Lords zerquetscht werden. Warum sollte Albus diesen plötzlichen Meinungsumschwung glauben? Natürlich überzeugte Lord Potters Auftritt. Sie hätte ihm beinahe selbst geglaubt und konnte sich seiner Anziehung nur schwer entziehen. Ron konnte gut lügen, aber hier ging es um mehr.
Draco bemerkte ihre Unruhe und spielte eine zarte Komposition. Magisch schwebten die Töne aus der Zauberharfe und vermischten sich mit Dracos weichen Bariton. Er sang leise ein uraltes Lied über Liebe und Treue. Die Melodie erzählte von den dunklen Zeitaltern der Menschen. Wehmütig hörte Hermine ihm zu. Er war ein echter Ästhet, wie ihr angenehm bewusst wurde. Die Musik beruhigte sie ein wenig. Auch wenn die Anspannung sank, blieb die Angst.
Seitdem sie in der Zauberwelt lebte, stand sie ständig im Mittelpunkt der Ereignisse. Die Jahre machten sie müde und diese neue Bedrohung erschöpfte sie. Sie dachte an die wenigen glücklichen Tage mit Ron und Ginny in Paris, als sie in dem Kino jenen Film gesehen hatten. Dann erinnerte sie sich an jenen Priester auf der Modenschau. Pater Martin – genau, so war sein Name - hatte damals versprochen ihr zu helfen. Sie hatte ihn aus den Augen verloren. Weshalb eigentlich? Damals erschien es ihr nicht wichtig, diesen Kontakt weiter zu verfolgen. Sie entschloss sich, den verlorenen Kontakt wieder aufzunehmen. Sie brauchte einfach einen Freund außerhalb der Zauberwelt und entschloss sich, ihm zu schreiben. Für die professionellen Eulen und Fledermäuse des Schwarzen Schlosses war das Auffinden von Personen in der Regel kein Problem. Sie bat Draco, das Harfenspiel zu beenden. Ehrlich bedankte sie sich, weil seine Musik ihre Unruhe besänftigt hatte.
Sie schrieb ein paar freundliche Zeilen an den Priester. Über Muggelreligion wusste sie nicht viel. Ihre Eltern waren nicht religiös gewesen und sie hatte, abgesehen von Weihnachtsgottesdiensten, nichts davon mitbekommen. In den Schriften der Kirchen zu Dämonen hatte sie einiges gelernt, was zu den magischen Erkenntnissen passte. Mit einem Priester der Zauberwelt hatte sie nie gesprochen. Vielleicht sollte sie sich einmal damit beschäftigen.