Hallo neues Leben.
Ich bin Tinker, benannt nach der Fee aus Disneys Peter Pan. Oder hieß die auch sonst immer Tinkerbell? Nein, Glöckchen, glaube ich. Ist das gerade wichtig? nein. Aber da sind wir auch schon direkt beim Thema. Wieso braucht diese Fee zwei Namen? Wieso brauche ich alles doppelt? Seit meine Schwester schwer erkrankt ist und wir überlegen was wir tun können, um nicht alle wieder zusammen zu ziehen - ich mein: wir haben uns echt lieb, aber zusammen leben ist echt anstrengend - seitdem jedenfalls versuchen wir herauszubekommen was wir tun könnten. Und eine dieser Überlegungen führte zu dieser Lösung:
Tiny House. Stellt euch ein Hausboot vor, nur, dass es nicht schwimmt, sondern an eine Anhängerkupplung passt und über die Straße ziehbar ist (in Deutschland jedenfalls ist das nach einer DIN Norm geregelt, damit das auch ja zulässig ist). Also ein Boot auf dem Trockenen: quadratisch, praktisch und gut. (Apropos habt ihr das mitbekommen? Ritter Sport hat gewonnen, Milka darf keine viereckige Schokotafel produzieren.) Falls ihr es noch nicht wusstet, so ein Tiny House ist absolut bezaubernd. Wenn man Single ist und keine anspruchsvollen Kinder hat und auch am besten keine Haustiere. Eine Leseratte zu sein, ist auch suboptimal. Und all zu viele Hobbys sollte man wirklich auch nicht haben. Also keine die man drinnen mit viel Platz macht.
Also: Hallo neues Leben. hallo mein süßes, kleines Tiny House.
Ich habe es mir nicht gekauft, noch nicht. Ich will es erst mal testen. Das Ganze hat einen Hauch von Peter Lustig, der so einen alten Bauwagen umgebaut hatte, falls den noch wer kennt. Und an das Point’n’Click Adventure „Deponia“ muss ich auch denken: der schwimmende Schwarzmarkt war so unglaublich toll. Wie kann man in der Aufzählung das fliegende Vehikel der Piratengruppe aus „Das Schloss im Himmel“ auslassen. Alles winzig kleiner Lebensraum mit viel mehr „Innen“, als es von Außen den Anschein macht, nicht wahr Dr.?
Ich nehme also meine Tasche und ziehe ein. Zur Probe und habe neben ein paar Kleidungsstücken nur meine Vitamine und mobilen Endgeräte dabei. Schließlich kann ich nicht richtig einziehen für die paar Tage. Nur mal schauen wie groß es sich wirklich anfühlt und ob ich mich damit anfreunden könnte. Dann könnten wir mit mehreren, jeder in seinem eigenen beweglichen, kleinen Häuschen auf demselben Grundstück aufschlagen. Mit einer anständigen Toilette und genügend Frischwasser braucht es nicht mal einen Anschluss. Strom kommt vom eigenen Dach und warmes Essen vom Gaskocher. Alles geschickt verbaut und platzsparend elegant versteckt. Solange ich genug Strom habe, für mein Mobiltelefon und Tablet sehe ich da kein großes Problem. Es passen nur beim besten Willen - das merke ich sofort - nicht all meine Bastelsachen hinein. Daher auch mein Spitzname: Tinker. Ich habe nun mal fünfzehn verschiedene Scheren. Und haufenweise Kartons mit Bastelpapierne in verschiedenen Farben und Stärken. Und da wir schon bei Farben sind, gerade habe ich erst wieder meinen Acryl-Vorrat aufgestockt.
Dennoch ist es echt schön hier drin. Gemütlich, das Ambiente ist angenehm, das Interieur geschmackvoll - so weit so gut. Ich würde es natürlich bunter machen. Ich kann nichts einfach lassen wie es ist, es muss immer alles anders sein für mich. Und da wären wir wieder beim Knackpunkt. Allein mein Arbeits- Schrägstrich Bastelzimmer ist so groß wie das ganze Haus. Stauraum unter der Treppe hin, tricky schwenkbarer Schrank im Bad her. Ich kann gern auf meinen Kleiderschrank verzichten. Nur noch eine Truhe mit dem Wichtigsten, das ist gut. Das mache ich gerne mit. Dann entfällt die Frage: ob ich wasche. Ich muss dann. Unterlagen? Davon kann ich mich leicht trennen. Heutzutage sollte eh alles lieber via Email verschickt werden. Wegen meiner. Bilder: Fotos? Alles einscannen und auf die externe Festplatte packen: Immer dabei. Aber was ist mit all meinen gemalten Sachen? Ja klar, kann ich die abfotografieren, aber das hilft mir bei den 3D Bildern mit Strukturpaste auch nicht. Bücher: Oh oh, ganz schlechtes Thema. Es hat mich Jahrzehnte gekostet all die Bücher anzuschaffen und jetzt soll ich sie wegwerfen? Ach komm schon.
Möbel? Nichts leichter als das. So ein Tiny House ist ja schon durchgeplant. Küchenutensilien: Oh bitte ja, weg damit. Wer braucht die ganze Schublade voll Tupper? Wer braucht das gute Sonntagsgeschirr? Und das „gute Besteck“? Nee komm, kann alles weg. Wenn man nur noch zwei Tassen hat, muss man sie auch spülen, das ist vorteilhaft. Es sammelt sich kein dreckiges Geschirr an. Dasselbe gilt für Vasen, Tischdecken und dann wären wir schon bei Dekomaterial. Vielleicht schaffe ich es all meine Bastelsachen so zu arrangieren, dass es als Deko durchgeht. Daher zücke ich jetzt das Maßband und fange an alles durchzuplanen. Immerhin habe ich ein ganzes Wochenende Zeit das mal durchzuspielen. Und mein Programm am Laptop mit den Daten zu füttern. Auf gut ein Drittel meines „Zeug“ reduzieren kann doch nicht so schwer sein.
Nach den Probenächten verlasse ich das Tiny House wieder und summe: „I’m a genie in a bottle.“
Und als erstes werde ich jetzt Bettwäsche, Handtücher und „Kram“ wegtun. Habt ihr auch so eine Kiste mit der Aufschrift: „Kram“ (wahlweise Zeug, Krempel, Nippes?) Müll, Kleinanzeigen und Spenden: weg was das Boot runterziehen könnte an Gewicht. Ballast braucht keiner, weder emotionale Altlasten noch physischen Tand an dem man hängt, den man aber nicht braucht. Das hat nichts mit irgendwelche Aufräumratgebern zu tun, es ist einfach nur praktisch.
Hallo Leben Light.
Ich bin Tinker und als erstes bastele ich mir jetzt einen Plan.