Aus den dicken Boxen dröhnte ‚Black Sabbath‘ durch die mit Metall ausgekleideten engen Gänge der PRISMA MAGIE. Wer hätte das gedacht, nicht wahr? Damals, in den noch ‚bodenständigen‘ Zeiten. Maggie grinste, während sie sich um sich selbst drehte und dabei versuchte zur Luftgitarre und Luftdrums zu Headbangen. Funktionierte nicht, ihr langes, grünes Haar floss schwebend um sie herum und ließ sich nicht dazu verführen akkurat hin und her zu fliegen. Es schwang eher magisch. Alles was sie davon bekam, waren Kopfschmerzen und wenn sie so weiter machte, dann auch noch eine Hirnblutung. Sie drehte sich weiter und immer weiter um sich selbst und bedauerte schon jetzt das Ende dieses Liedes und auch des nachfolgenden. So laut sie konnte schrie sie mit: „The Mob rules. The Mob rules.“ Dann riss sie die Arme hoch, streckte sich, machte sich so lang sie konnte und krachte mit den Händen voran gegen das Metall. Ihre Arme knautschten sich an den Ellenbogen ein. Maggie zog die Beine dicht an sich und stieß sich dann mit aller Kraft in eine andere Richtung ab.
So viele Gänge hatte die PRISMA MAGIE ja nicht. Und nicht in alle Richtungen, bloß gut, dass es kein Oben und Unten gab. Jedenfalls so lange, wie sie in der magischen Luft war. Manchmal kam es ihr so vor, als gelange ihre Stimme aus den endlos verbundenen Gängen auf magische Weise wieder zurück zu ihr.
Ein weiteres Lied: „Sometimes you lose, sometimes you win“, ‚Metal Magic‘ von ‚Pantera‘. Hatte sie heute gewonnen oder verloren? Maggie war sich nicht so sicher. Gemessen an der Frage, ob heute noch heute war oder schon wieder ein neues Heute, lautete die Antwort ein ganz klares: Keine Ahnung. Das war toll, diese Ungewissheit, wenn man einfach den laufenden Betriebssystemen vertrauen konnte, dass all die Automatismen funktionierten, alles magischerweise von alleine funktionierte. Und so konnte sich Maggie den schönen Dingen im Leben widmen: lange dösen im Schlafsack und sich selbst mit beiden Händen gleichzeitig magisch-schöne Gedanken machen. Danach trocken duschen mit Magie-Pulver, anschließend eine Folge der Serie ‚Magicians’ gucken, die echt nie langweilig wurde und bei der sie immer an derselben Stelle lachen musste. Essen, ja essen gehörte auch mit zu den tollen Zeitvertreiben am Heute. Und beim Essen aus dem ‚Magic-Mix‘, gewürzt mit ‚Maggi-Kraut‘, noch ein Stück in dem Buch ‚Metal Mage‘ lesen. Es war auch egal, wann sie aß oder zu Bett ging. Tag und Nacht brauchte eh niemand, Licht war immer an, hier ein Lämpchen, dort ein Schalter, eine Funzel da und natürlich auch noch irgendwo eine flimmernde Magiescheibe. Das Highlight jeden Heutes war aber natürlich das Herumtrudeln, die laute Musik und ihr Grölen bis sie heiser war.
Die nächste Biegung kam in Sicht, sie würde sich erneut abstossen müssen. Doch wie jedes Mal würde sie die Verkleidung nicht erreichen können. Wie an jedem Heute blinkten mehrere Lichter auf und sicher war auch irgendwo ein entsprechender Warnton angesprungen. Den sie aber nicht hören konnte, weil die Musik so laut war. Sie machte sich bereit ihr Trainingsprogramm abzubrechen und angelte nach den Griffen in den Wandverkleidungen. Sie stemmte ihre Füße gegen die Platten und hielt die Luft an. Sie wischte über das Bedienelement vor ihrer Nase und wartete bis das Nutzerinterface entsprechend ihren Befehlen reagiert hatte. Und die Musik war aus. Die Schwerkraft wurde hergestellt, langsam zog ihr eigenes Körpergewicht sie herunter, der Magen wurde ihr schwer, sie spürte einen eigentümlichen Druck beim Atmen und im Ohr. Dann war es vorüber und sie stand.
„Aus“, machte sie traurig und hörte ihr eigenes Echo nicht, weil ihre Ohren so dröhnten. Mit zwei, drei weiteren Befehlen schaltete der Wecker ebenfalls ab und die Lichter erloschen. Sie keuchte nur ein wenig vor Anstrengung, mehr war einfach nicht herauszuholen. Sie konnte machen was sie wollte, schneller wurde sie nicht. Sie würde es niemals bis zum Ablauf des Timers schaffen, einmal durch die ganze PRISMA MAGIE zu fliegen. Niemand zwang sie dazu, es gab keinen nützlichen Grund, weshalb sie es schaffen sollte. Dann öffnete sich keine Tür oder so etwas. Es ging ihr allein darum sich selbst und das Zeitlimit zu besiegen. Und jetzt zurück zur heutigen Routine am Computer. Das hier war schließlich keine Kaffeefahrt, sie musste schon auch was tun für ihr Geld, die Coins würden nicht magischerweise auf ihrem Konto erscheinen.