Buchstapel für Buchstapel wanderte von der Bibliothek runter in den Wintergarten. Tom und ich trugen die ausgesuchten Bücher runter und Harald sortierte sie ein. Anni saß im Wintergarten und arbeite an ihrem Laptop und Suse lag auf einem der Teppiche Umgeben von Büchern. Sie alle hatten augenscheinlich dasselbe Thema und sie schrieb immer wieder etwas aus ihnen in einen Block. Beide sahen nicht glücklich aus und rauften sich immer wieder die Haare. Neugierig sehe ich auf die Bücher. In vielen waren Muskeln abgebildet. „Wofür sind die ganzen Bücher?“, frage ich Suse. „Ich hab in zwei Wochen eine Klausur. Bei Klausuren wird dein Wissen abgefragt. Man bekommt eine Menge Fragen, die man beantworten muss, zu einem großen Thema nur weiß man nicht was genau sie abfragen. Mein Thema ist Anatomie dieses Mal und ich schreibe mir Lernblätter. Ich lerne besser, wenn ich mir alles nochmal sauber und ordentlich aufschreibe. Anni möchte Sounddesignerin werden und studiert Musik. Stör sie also lieber nicht“, erklärte sie mir und schrieb weiter. Ich störte sie also nicht weiter und holte den nächsten Stapel Bücher. Noch nie hatte ich die beiden Schwestern so ernsthaft gesehen. Es schien ihnen wirklich wichtig zu sein. Nach Luft schnappend kam ich wieder oben in der Bibliothek an. Es waren wirklich eine Menge Stufen. Ich nahm die nächsten Bücher und trage sie vorsichtig nach unten. Tom lief energiegeladen an mir vorbei. Und holte dem letzten Stapel. Außeratmen stellte ich meinen auf den Tisch und ließ mich aufs Sofa sinken. Mir taten die Arme weh und ich war froh, fertig zu sein. Tom legte den Rest zu meinen und lächelt. „Fertig Harald“, sagte er und half ihm, die Bücher einzusortieren. Ich musste erst wieder zu atmen kommen. „Danke euch für die Hilfe. Ich mache den Rest alleine. Holt euch doch in der Küche etwas Süßes als Belohnung“, schlägt Harald. Ich sehe unsicher zu den beiden. Es waren noch so viele Bücher einzuräumen, das war doch viel zu anstrengend für einen alleine. Tom nickt ihm zu und winkt mich nach draußen. Er schließt die Tür hinter uns und schüttelt sich die Arme aus. „Lassen wir ihn das machen. Er fühlt sich sonst nicht mehr gebracht. Glaub mir, er bekommt das hin“, erklärt Tom mir. „Es ist furchtbar keine Aufgabe zu haben“, stimme ich ihm zu. Ich kannte das Gefühl leider sehr gut. Wir schlugen den Weg in die Küche ein und machten uns einen Kakao. Wir setzten uns an den Tisch und atmeten durch. „Man war das anstrengend die ganzen Bücher zu tragen“, fing Tom an. „Ja ich bin noch nie so oft hoch und runter gelaufen“,
„Wie war es heute in der Firma? Musst du bald vor die Kamera?“,
„Ja ich habe heute das Kostüm anprobiert. Und die Angestellten von Michael haben sich nicht grade gut verhalten. Ich bin es gewöhnt, dass man mich nicht gut behandelt aber, wie sie mit Michael gesprochen haben, war wirklich nicht in Ordnung“, fange ich an und nippe an meinem Kakao. „Ich kann es mir vorstellen“, bohrt er nicht weiter nach. Wir trinken unsere Tassen leer. „Ich muss wieder an die Arbeit Shiro wir sehen und vielleicht später“, verabschiedet Tom sich und ich bleibe sitzen. Unschlüssig, was ich tun soll, starre ich in meine leere Tasse. „Ob Michael schon fertig ist?“, frage ich mich und stelle die Tasse in den leeren Geschirrspüler. Erst mache ich mich auf den Weg zu Michaels Büro, überlegte es mir dann aber doch anders und gehe ins Musikzimmer. Ich nehme mir die Geige und fange an zu spielen. Es viel mir schwer wieder in die Musik zu finden. Ich hatte lange nicht mehr gespielt. Also beschloss ich, erst leichtere Stücke zu spielen. Langsam aber sicher wurde ich wieder vertraut mit dem Instrument und wage mich an schwerere Stücke. Ich schloss die Augen und ließ mich von der Musik forttragen. Es tat gut nach den Ereignissen in der Firma. Musik hatte mich schon immer getröstet.
Eine Hand auf der Schulter ließ mich vor Schreck zurückspringen. Ich stolperte über einen Stuhl und landete sehr unsanft auf meinem Hintern. Entsetzt sah ich auf und legte die Geige und den Bogen beiseite. Michael stand vor mir und reichte mir seine Hand, um mich nach oben zu ziehen. Er hatte sich wohl genauso erschrocken wie ich, sein Gesicht war blass und seine Augen weit aufgerissen. „Alles in Ordnung hast du dir wehgetan? Es tut mir leid. Ich hab dich angesprochen, aber du hast nicht reagiert“, erklärte er und ließ mich nicht los. Ich horchte in mich hinein. Mein Hintern und die Arme taten weh die aber eher wegen der ungewohnten Haltung. „Ich glaube mir, ist nichts passiert“, antworte ich und reibe mir den schmerzenden Hintern. „Wenn es schlimmer wird, sagst du es mir“, fordert er mich auf und schaut immer noch besorgt. „Ja werde ich machen. Ich hab mich mal wieder in der Musik verloren“,
„Das habe ich gemerkt. Unser Abendessen wartet“, meint er und deutet auf die Uhr an der Wand. Ich hatte wirklich die Zeit vergessen. Wir beeilten uns ins Esszimmer zukommen. Manuela würde sicher böse werden, wenn wir das Essen was das Team kochte, nicht genug wertschätzten. Sie hasste es, wenn wir zu spät kamen. Wir kamen mit nur mit einer kleinen Verspätung ins Esszimmer.
Das Essen war zum Glück noch heiß. Es gab Bratwurst mit Kohlrabi und Kartoffeln. „Du hast ziemlich traurige Lieder gespielt“, merkte Michael an und schnitt sich die Wurst klein. „Ich weiß nicht, mich hat das, was in der Firma passiert ist, doch mehr beschäftigt als ich dachte“,
Michael nickte und schenkte uns beiden Tee ein. „Ich werde dich nicht mehr zu Meetings mitnehmen“, verkündete er und schob sich eine Gabel voll essen in den Mund. Irgendwas an ihm war seltsam, seit er aus dem Büro gekommen war, aber ich konnte nicht sagen, was es war. „Gab es nach dem Meeting noch Probleme?“, fragte ich.
„Nein es hat sich auch keiner wegen zu viel Arbeit beklagt. Die beiden denken einfach, nur weil sie älter sind und länger in der Firma arbeiten als ich, müssten sie mir sagen, wie ich meinen Job zu machen habe. Ich sitze aber am längeren Hebel“,
„Dann ist er deshalb nicht so komisch“, dachte ich.
„Dann ist ja gut. Ich möchte keinen Ärger verursachen“, antwortete ich ihm.
„Selbst wenn du hast keine Schuld an dem schlechten Verhalten anderer“, bestimmte er und da ich darauf keine Antwort wusste, fing ich auch an zu essen. „Mach dir wirklich keine Gedanken“, bat er. „In Ordnung“,
„Es war merkwürdig, dich in der Dienstmädchenkleidung zusehen. Ich hab dich lieber in den Kleidern, die du dir aussuchst. Aber du musst ja zum Drehort passen. Danach musst du nie wieder so etwas anziehen“,
„Mich stört es nicht, solche Kleidung zu tragen solange mich niemand so ansieht wie die beiden Männer“
„Mich stört es aber. Ich möchte mit dir auf Augenhöhe sein. Da werde ich dir keine Sachen anziehen, die dich herabsetzen“, erklärte er. Ich verstand, was Michael meinte, jedoch war es gleich, was ich trug, meine Ohren und mein Schwanz waren Erkennungsmerkmal genug. Ich behielt meine Gedanken für mich und aß weiter. „Ich würde gern nach dem Essen einen Spaziergang machen. Möchtest du mich begleiten?“, fragte er.
„Ja ich begleite dich gern“,
„Das freut mich“, sagte Michael erleichtert. Ich hoffte, dass er mir während des Spaziergangs erklärte, was los ist.
Das restliche Essen verlief schweigend und es schien mir, als würde Michael versteifter dasitzen als sonst. „Wir treffen uns in zehn Minuten unten in der Halle. Zieh dich bitte warm an ja“, bat, als er mit mir das Esszimmer verließ. Wieder trennten sich unsere Wege aber diesmal nicht so lange wie heute Nachmittag.