Nervös sitze ich am nächsten Tag bei Michael im Auto. Keinen Bissen hatte ich vom Frühstück runter gebekommen. Die Uniform lag gewaschen im Kofferraum von Michaels Auto. Er hatte uns Klaviermusik angemacht und mir Mut zugesprochen. „Du musst nur das tun, was du während der Firmenfeier auch gemacht hast und lächeln“, hatte er gesagt und mir einen Kuss auf die Wange gegeben. Meinen Appetit auf etwas Essbares hat das aber nicht geweckt. Mir war weiterhin flau im Magen. Manuela hatte mich gezwungen, einen großen Becher Kakao zu trinken, damit wenigstens etwas im Magen habe.
Ich starre aus dem Fenster und lausche der Musik, doch die Gedanken wollten nicht schweigen. „Was wenn ich nicht gut bin? Was wenn ich einen Fehler mache? Was wenn ich doch nicht ins Bild passe? Wir den Fernsehspot nicht fertig bekommen?“, alle diese Gedanken schwirren in meinem Kopf rum. Plötzlich hielt Michael an und stieg aus. Wir hatten mitten im Nirgendwo gehalten. Er öffnete meine Tür und kniet sich vor mir. „Du sollst nicht immer an dir zweifeln“, sagte er und sah mir tief in die Augen. „Ich kann mir ganz genau vorstellen, was in deinem hübschen Kopf vorgeht“, fügt er hinzu und nimmt meine Hände. „Du wirst wunderbar sein. Du wirst alles richtig machen. Du wirst dich perfekt einfügen. Wir werden alles schaffen, was wir heute schaffen wollen“, sagte er und drückt nach jedem Satz meine Hand. „Woher wusstest du?“,
„Woher ich wusste, was du denkst? Shiro ich kenne dich sehr gut inzwischen“, antwortet er und streichelt über meine Handrücken. „Shiro, egal wie der Drehtag heute Abend endet, wir machen uns einen schönen Abend. Und wenn wir alles heute drehen darfst du dir etwas wünschen“, sagte er.
„Aber ich habe doch, alles, was ich mir wünsche“, antworte ich ihm.
„Dir wird sicher etwas einfallen“, sagte Michael und küsste mich leidenschaftlich. Als er sich von mir löste, sagte er: „Jetzt lass uns weiter fahren“, sagte er und stieg wieder auf seiner Seite ein. Ich schloss meine Wagentür und atmete tief durch. „Das Einzige, was ich mir wünsche ist, dass der Tag schnell vorbei ist“, dachte ich und knete weiter nervös meine Hände. Michael schüttelt den Kopf und fährt weiter. „Es tut mir leid. Ich bin total nervös, ich kann es einfach nicht ändern“,
„Das wird schon“, sagte Michael und ließ sich von seinem Navi leiten.
„Dein Vater war gestern wirklich nett“, wechselte ich das Thema.
„Ja natürlich war er das“,
„Dein Bruder wirkte krank“,
„Ja das habe ich auch bemerkt. Sebastian trinkt meiner Meinung nach auch viel zu viel Alkohol. Ich glaube, ich muss wirklich mit ihm reden“, sagte er und klang bedrückt.
„Vielleicht sieht er deshalb auch so krank aus. Alkohol macht krank“, vermute ich und Michael nickt.
„Das Problem ist, er redet nie mit mir, wenn er Sorgen hat oder er über eine Veränderung in seinem Leben nachdenkt. Als Kinder hatten wir ein besseres Verhältnis als wir nach der Schule unterschiedliche Wege eingeschlagen haben, hörte das plötzlich auf“, erklärte er mir und seufzt.
„Jeder von euch hat sein eigens Leben aufgebaut. Es ist schade, dass ihr euch dabei auseinandergelebt habt. Vivien wirkte nicht unglücklich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau glücklich ist, wenn ihr Mann Kummer hat“,
„Das glaube ich auch, aber vielleicht möchten die beiden auch nicht das wir davon wissen“,
„Vielleicht solltest du ihn nochmal darauf ansprechen, ohne das Gefühl zu erwecken du würdest ihn angreifen“, schlage ich vor.
„Ich werde ihn heute Abend anrufen. Du hast recht“,
„Dann hoffe ich, dass er mit dir redet und du ihm helfen kannst. Man kann nur leider nur denjenigen helfen die Hilfe wollen“,
„Das hast du sehr gut gesagt meine Liebe“, antwortet er mir und parkt den Wagen vor dem Katzencafé. Jetzt wurde es ernst. Vanessa und Patricia waren wohl schon da, den Vanessas Auto stand schon auf dem Parkplatz.
„Wir sind wohl die Letzten, obwohl wir uns erst in einer halben Stunde treffen wollten“, murmelt Michael und blickt stirnrunzelnd auf die Uhr. „Wenn du so oft deine Stirn runzelst, bleiben die Falten noch“, ermahne ich ihn und streiche ihm über die Stirn. Das bringt Michael zum Lachen. „Ich mag es, wenn du lachst“, gebe ich zu. Michael gibt mir einen Kuss auf die Schläfen und nimmt meine Hand.
Zusammen laufen wir zum Kaffee, an dem ein Schild hängt, dass sie heute geschlossen haben. Wir treten ein und sehen eine Vanessa die mit Fingerzeig Menschen rumscheucht und Anweisungen gibt. Patricia unterhielt sich mit den Kellnerinnen.
„Habe ich mich so in der Zeit geirrt?“, murmelt Michael. Vanessa bemerkt unser Ankommen und geht uns entgegen. „Guten Morgen. Wir sind fast fertig mit den Vorbereitungen. Wir können pünktlich in einer halben Stunde anfangen mit drehen“, verlor sie keine Zeit.
„Ich dachte, wir treffen uns hier erst in einer halben Stunde“, gestand Michael und sah sich um.
„Du sagtest, um zehn Uhr möchtest du anfangen. Ich bin davon ausgegangen, du meinst damit, dass du mit den Dreharbeiten anfangen möchtest. Wir waren schon in Sorge, wenn ihr nicht bald kommt, dass Shiro nicht pünktlich fertig wird“, erklärte Vanessa Michael.
„Dann ist das wohl ein Missverständnis gewesen“, antworte er und zu dritt gehen wir zu Patricia. „Guten Morgen ihr beiden. Shiro wir müssen uns beeilen. Ich bringe dich zur Maskenbildnerin“, sagte sie und zog mich mit sich. Vanessa und Michael blieben zurück. Hinter dem Tresen ging es eine Treppe hinauf. Wir öffneten eine Tür und standen in einem kleinen Raum. Mehre Tische mit großen Spiegeln wurden an der Wand aufgereiht. Auf ihnen standen verschiedene Dosen und Pinsel.
Die Kellnerinnen wurden dort schon geschminkt und frisiert. Ich wurde einfach auf einen freien Stuhl gesetzt. „Warum muss ich mich den schminken lassen? Ich trage sonst nie welche“, frage ich und schaue auf die vielen Cremes und Dosen. „Die Kamera und das Licht lassen auch die schönste Frau krank und blass aussehen, wenn man nicht aufpasst. Mach dir keine Sorgen du wir werden dich nicht verunstalten“, sagte eine Frau. „Ich bin Katharina und ich werde heute das Beste aus dir rausholen“, sagte sie. Michael brachte mir die Uniform, die ich widerwillig in einem weiteren Nebenraum, wieder anzog. Hier standen einfach nur mehre Stühle und Tische, auf denen Frauensachen lagen. Anscheinend hatten sich hier alle Frauen umgezogen. Ich ging zurück zu Katharina und setzte mich wieder auf den Stuhl. Zuerst wusch Katharina mein Gesicht und dann trug sie Schichten von Cremes, Puder und Farbe auf meine Haut. Sie steckte mir die Haare hoch, doch als sie an mein Band griff, an dem mein Amulett hing, stoppte ich sie. Ich hatte heute passend zur Uniform ein schwarzes Band gewählt. „Das ist meine Marke“, erkläre ich ihr. Sie legte mir ein schwarzes Halsband auf den Tisch mit weißer spitze. „Ich werde das Band tragen, was mein Meister mir gegeben hat und nichts anders“, sagte ich und ließ nichts anders zu. „Aber du solltest schon vernünftig aussehen“,
„Ich sehe vernünftig aus. Ich danke Ihnen fürs zurechtmachen aber ich werde dieses Halsband nicht tragen“, wiederholte ich meinen Wunsch. Katharina verließ das Zimmer und kam kurze Zeit mir Michael zurück. „Katharina meinte, es gäbe ein Problem?“, fragt er mich und sieht mich an. „Ich sehe kein Problem, Shiro sieht wunderbar aus. Die Schminke ist natürlich und fällt kaum auf“, sagt er und lächelt mich an.
„Sie will das Halsband nicht anlegen“, antwortet sie ihm. Michael nimmt das Halsband in die Hand und reicht es Katharina.
„Shiro trägt eines und nichts anders wird sie tragen“, antwortet Michael streng und Katharina nickt stumm. „Dann ist sie fertig zum Dreh“, sagte sie und packt ihre Sachen zusammen. Dann verließ sie das Zimmer. „Ich wusste nichts davon. Du wirst nie wieder ein Lederband tragen müssen“, erklärt er mir. „Ich wusste, dass es nicht dein Wunsch ist“, antworte ich ihm.
„Ja die Kette passt so viel besser zu dir“,
„Erklärst du mir wie der Ablauf sein wird?“, nervös knete ich schon wieder meine Hände.
Michael setzte sich neben mich und nimmt meine Hände in seine.
„Es wird so ablaufen, wenn du runter gehst, werden Gäste kommen. Du wirst sie so begrüßen wie die anderen und sie Bedienen. Die Kunden die lilane oder blaue Kleidung tragen wirst du bedienen. Das sind die Schauspieler, die auf dich reagieren werden. Den du bist ja diejenige, die für das Parfüm wirbt. Sei einfach du selbst. Ich möchte, dass du ganz natürlich bist. Darum soll es es gehen“, erklärt er mir und stellt mir mein Parfüm hin. „Das ist ja, mein Parfüm sollte ich nicht, dass tragen was wir verkaufen wollen?“, frage ich.
„Du bewirfst alle gleichzeitig, weil du für unsere Firma wirbst und nicht für ein bestimmtes Produkt“, offenbart er mir. „Ich soll die ganze Firma bewerben? Michael ich bin doch nicht die richtige dafür. Ich dachte, ich soll nur mitspielen. Jetzt verstehe ich, warum dein Vater bedenken hatte wegen des Spots. Ich kann doch nicht so eine wichtige Rolle machen und wie soll das überhaupt ablaufen?“, sprudelt es aus mir heraus und ich spüre, wie das Blut in meinen Ohren rauscht. „Shiro du bist die Frau an meiner Seite, du stehst neben mir. Wer kann das, was ich mit Leidenschaft tue, besser repräsentieren als die ich Frau die liebe“, spricht er seine Gefühle mir gegenüber aus und rührt mich damit zutiefst. Michael umarmt mich und erklärte mir den Ablauf des Werbespots und gab mir einige letzte Ratschläge:
„Du wirst die Gäste werden so tun als wären sie verrückt nach deinem Parfüm, irgendwann wird dich eine der Dame fragen, welches Parfüm du trägst, und du antwortest: ‚Mein Parfüm, ist Von Herzten Cœur Parfum‘, dann gehst du wieder in die Küche und unser Logo wird eingeblendet“, „Michael was, wenn ich einen Fehler mache?“,
„Dann drehen wir es nochmal, so lange bis es klappt“, sagt Michael und gibt mir dadurch Mut und Sicherheit.
„Ich werde mein Bestes geben“, verspreche ich und stehe auf. Ich war bereit loszulegen.