Immer noch erbost über Tante Cloes neueste Liebesaffäre marschierte Anni in ihrem brandneuen, quittengelben Minikleid durch den Garten zur Straße, als sie im Vorübergehen bemerkte, dass Matts Verandatür nebenan sperrangelweit offenstand. Die zarten, weißen Vorhänge bauschten sich im Wind, aber es war niemand zu sehen.
´Nanu…´, dachte Anni erstaunt. ´Kann es möglich sein, dass er wirklich einmal zu Hause ist?´ Sie hatte ihn seit Tagen nicht mehr zu Gesicht bekommen, denn tagsüber war er im Büro, und seine Abende verbrachte er, seitdem Danielle ihn verlassen hatte, ständig wer-weiß-wo außer Haus.
Anni blickte zur Uhr. In einer halben Stunde war sie mit Alex im OCEANS verabredet. Noch genug Zeit, um ihrem alten Freund und Nachbarn einen Besuch abzustatten und zu sehen, ob er endlich über den Verlust seines ländlichen Fluggänschens hinweggekommen war.
Kurzentschlossen drehte sie sich auf dem Absatz um und nahm gleich die Abkürzung über die Veranda.
„Matt?“
Vorsichtig lugte sie durch die geöffnete Tür ins Wohnzimmer. „Klopf-klopf, jemand zu Hause?“
„Was willst du, Anni?“ Seine Stimme klang unwirsch und etwas schleppend.
Zögernd trat sie näher.
„Hallo“, sagte sie ungewohnt vorsichtig. Ihre Augen, noch etwas geblendet vom gleißenden Licht, dass die untergehende Sonne um diese Zeit auf die Wellen des Ozeans warf, begannen sich nur ganz allmählich an das Halbdunkel des Zimmers zu gewöhnen.
Er saß auf dem Sofa, die langen Beine lässig von sich gestreckt, das dunkle Hemd halb offen und zerknittert, das Haar ungekämmt. In seiner Hand hielt er ein halb gefülltes Whiskyglas, und seine Augen musterten die ungebetene Besucherin ohne große Teilnahme.
„Kannst du nicht wie normale Gäste an der Haustür läuten?“, knurrte er verdrossen.
„Und was ist mit dir? Kannst du dich nicht wie normale Menschen ab und zu bei deinen Freunden melden?“, konterte sie schlagfertig und blieb vor ihm stehen.
„Freunde? Was denn für Freunde?“ Er lachte höhnisch auf. „Ich habe keine Freunde mehr.“
Empört stemmte Anni die Hände in die Hüften.
„Spinnst du jetzt total, Matt Shelton, oder hat dir der Alkohol den Kopf vernebelt? Was ist mit mir? Bin ich vielleicht Niemand?“
Statt einer Antwort nahm er einen tiefen Schluck aus seinem Glas.
„Wieviel davon hast du denn davon schon in dich hineingeschüttet?“, fragte Anni und betrachtete missbilligend die halbleere Flasche auf dem Tisch.
„Noch nicht genug...“, erwiderte er mit schwerer Zunge.
Anni, meilenweit davon entfernt, sich einfach so abservieren zu lassen, setzte sich in den Sessel ihm gegenüber, schlug die Beine übereinander und funkelte ihn herausfordernd an.
„Und wieso betrinkst du dich heute mal zu Hause und bist nicht einfach wieder in die Nacht verschwunden?“, fragte sie sarkastisch. „Hast du am Ende endlich eingesehen, dass dein Country-Girl es nicht wert ist, ihm wochenlang hinterherzutrauern?“
Matt presste verbittert die Lippen aufeinander und knallte sein Glas auf die Tischplatte.
„Verzieh dich, Anni!“
„Ich denke gar nicht daran!“ Trotzig streckte sie das Kinn vor. „Ich bin deine Freundin, das bin ich schon immer gewesen, ob es dir nun passt oder nicht! Und ich werde nicht wie alle anderen tatenlos zusehen, wie du hier aus lauter Kummer langsam vor die Hunde gehst!“
Er winkte nur ab und ließ sich zurück in die weichen Polster fallen.
„Mach doch, was du willst.“
Anni sprang auf.
„Genau das werde ich. Ich koche dir jetzt einen starken Kaffee, damit dein Spatzenhirn wieder auf Touren kommt. Und dann reden wir.“
Er brummte etwas Unverständliches, doch Anni achtete nicht darauf. Sie packte die Whiskyflasche, bevor er erneut danach greifen konnte und verschwand damit in der Küche. Dort goss sie den Inhalt kurzerhand in den Ausguss. Dann nahm sie ihr Handy aus der Handtasche und rief Alex an.
„Tut mir Leid, Liebling“, gurrte sie in zuckersüßem Ton. „Aber ich muss noch etwas sehr Dringendes erledigen. Bitte warte auf mich, du wirst es nicht bereuen.“ Bevor er antworten konnte, hatte sie bereits aufgelegt.
„So“, meinte sie zufrieden und nahm die Kaffeedose aus dem Schrank. „Dann wollen wir mal sehen, ob wir diesen Haufen Selbstmitleid da draußen wieder einigermaßen hinbekommen!“
*
Danielle starrte John fassungslos an.
„Was sagst du da? Ist das wirklich wahr? Du bist George Freemans Sohn?“
Er nickte bestätigend.
„Ein altes Geheimnis, das meine Mutter mit niemandem außer mit mir teilte. Auf meiner Geburtsurkunde steht George Freemans Name. Sie war mit ihm zusammen, bevor er seine spätere Ehefrau kennenlernte. Mum hat sich immer geweigert, mit mir über meinen leiblichen Vater zu sprechen, aber kurz bevor sie starb, gab sie ihr Geheimnis preis und erzählte mir, dass George ihre erste große Liebe war. Sie lernten sich in ihrer Heimatstadt Cork in Süd-Irland kennen, als sie gerade Zwanzig war. Er vertrat die Firma seines Vaters auf einer internationalen Elektronik-Messe. Die beiden waren eine Zeitlang unzertrennlich, doch obwohl George um einiges älter war als sie, stand er damals immer noch sehr unter dem Einfluss seiner vermögenden Familie. Er war Alleinerbe der Firma und sollte diese übernehmen. Meine Mum kam aus sehr ärmlichen Verhältnissen. Sie war für die Freemans als Schwiegertochter nicht akzeptabel. Georges Vater bot ihr heimlich Geld dafür an, damit sie für immer aus dem Leben seines Sohnes verschwand.“
„Das ist ja eine Geschichte wie aus einer dieser Seifenopern“, bemerkte Danielle und sah ihn mit großen erstaunten Augen an. „Und was geschah dann weiter?“
„Trotzdem sie zu diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass sie schwanger war, lehnte meine Mutter das Angebot empört ab. Sie liebte George über alles, aber sie wollte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen oder mit seiner Familie entzweien. Deshalb verschwieg sie ihm die Schwangerschaft und schrieb ihm einen Abschiedsbrief. Sie ließ ihn in dem Glauben, dass es einen anderen Mann in ihrem Leben gab. Dann packte sie ihre Sachen und nahm den nächsten Bus nach Dublin.“ Er lächelte nachdenklich. „Sie änderte ihren Familiennamen und zog mich ganz alleine groß. Und obwohl es für sie ganz bestimmt nicht leicht war, hat es mir nie an etwas gefehlt. Sie sagte mir immer, ich sei ihr Wunschkind, und ich glaube, so war es auch. Ich habe sie an ihn erinnert. Als ich zwölf war, bot ihr die Firma, für die sie seit vielen Jahren tätig war, einen gut bezahlten Job in den USA an. Chicago wurde unsere neue Heimatstadt.“
„Und sie hat nie versucht, noch einmal mit George Kontakt aufzunehmen?“, fragte Danielle ungläubig. „Ich meine, er weiß bis heute nicht, dass er einen Sohn hat?“
„Nein, sie hat es nie versucht. Er war inzwischen verheiratet. Sie hat damals aus der Zeitung von seiner Hochzeit erfahren.“
Danielle musterte John fragend.
„Bist du deshalb nach dem Tod deiner Mutter nach LA gegangen? Um in der Nähe deines Vaters zu sein?“
„Anfangs war ich einfach nur neugierig auf ihn“, erwiderte er. „Aber inzwischen habe ich mir hier mein eigenes Leben aufgebaut. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, einfach hinzugehen und mich ihm vorzustellen. Sicher hätte man mich ohnehin nur für einen lästigen Schwindler oder Mitgiftjäger gehalten.“
„Aber du kannst es beweisen, John“, rief sie aufgeregt. „Sein Name steht auf deiner Geburtsurkunde.“
„Klar könnte ich es beweisen. Vielleicht hat mir einfach nur der Mut gefehlt, zu dem fremden Mann zu gehen und mich als sein Sohn vorzustellen. Stattdessen habe ich ihn aus der Ferne beobachtet, den großen George Freeman. Kennengelernt habe ich ihn erst durch einen Zufall.“ John lächelte und griff erneut nach Danielles Hand. „Durch dich.“
Sie musterte ihn gespannt.
„Wirst du es ihm sagen?“
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, wahrscheinlich nicht. Ich habe dir die Gründe genannt.“
„Ich weiß, dass du kein Mitgiftjäger bist“, sagte Danielle überzeugt.
„Du weißt es, aber wird er es auch wissen? Und außerdem bin ich nicht sicher, ob sein krankes Herz solch einen Schock überstehen würde.“
Danielle sah ihn nachdenklich an.
„Als es ihm damals im Flugzeug so schlecht ging und er glaubte, er müsse sterben, hat er mir selbst erzählt, dass er sich immer eigene Kinder gewünscht hat, und wie sehr er es insgeheim bedauert, keinen Sohn zu haben, der einmal sein Imperium weiterführt.“ Sie schüttelte traurig den Kopf. „Wenn deine Mutter damals doch nur noch ein einziges Mal mit ihm gesprochen hätte!“
„Sie hielt es für sinnlos, Danielle“, erwiderte John und sah sie vielsagend an. „Sie dachte genauso, wie du jetzt über Matt denkst.“
„Wie meinst du das?“
Er lächelte.
„Die Geschichte meiner Mutter scheint sich soeben zu wiederholen.“
Danielle blickte ihn skeptisch an.
„He, da ist ein großer Unterschied zwischen ihr und mir. Ich bin nicht schwanger...“
„Aber du bist unglücklich. Aus einem Fehler heraus, den die Menschen immer und immer wieder machen. Unglücklich zu sein, weil keiner sich mit dem anderen ausspricht.“
Danielle presste verbittert die Lippen aufeinander.
„John, ich kann nicht...“
„Rede noch einmal mit Matt“, unterbrach er sie mit ernstem Gesicht. „Damit ihr beide endlich wisst, wo ihr steht. Bevor es für immer zu spät ist!“
*
Matt verzog angewidert das Gesicht und schüttelte sich.
„Teufel nochmal, Anni, willst du mich vergiften? Dieses Gebräu weckt ja Tote wieder auf!“
„Das ist der Sinn der Sache“, grinste sie ungerührt und schenkte noch einmal von ihrem selbstgebrauten Kaffee nach. „Los, trink endlich, damit ich vernünftig mit dir reden kann!“
„Ich will nicht reden...“ Störrisch schob Matt die Tasse weg. „Ich will meine Ruhe.“
„Okay.“ Anni lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann rede ich und du hörst zu. Das wirst du ja wohl noch auf die Reihe bekommen. Also...“ Sie holte tief Luft und sah ihn eindringlich an. „Du hast mit deiner Ex geschlafen. Nur einmal?”
„Ich wüsste wirklich nicht, was dich das angeht.”
„Ok, gehen wir von einmal aus. Und von diesem einen Mal ist die liebe Marina sofort schwanger geworden.“
„Das soll ja gelegentlich vorkommen“, brummte er abweisend.
„Habt ihr denn nicht verhütet?“
„Jetzt ist es aber genug, Anni!“
„Noch lange nicht. Also, habt ihr oder habt ihr nicht?“
„Keine Ahnung, ich kann mich an diese verdammte Nacht überhaupt nicht mehr erinnern, tut mir leid.“
„Wieso denn das? Normalerweise erinnert man sich daran, wenn man mit jemandem ge... Na wie auch immer.“
Matt rieb sich genervt die Stirn.
„Ich weiß es nicht. Ich bin frühmorgens in ihrem Schlafzimmer aufgewacht, und da lag sie neben mir.“
„Wow!“
„Ist deine Neugier jetzt befriedigt?“
„Ich bin nicht neugierig, ich versuche zu verstehen. Vielleicht hat dieses Miststück dich einfach nur hereingelegt!“
„Ich weiß ja, dass du Marina nicht leiden kannst, aber glaubst du im Ernst, sie stopft sich ein Kissen unters Shirt und spielt mir die Schwangerschaft nur vor?“
„Keine Ahnung, aber die Sache ist mehr als nur eigenartig. Hast du dich eigentlich nie gefragt, ob das alles nicht vielleicht ein Zufall zu viel ist?“
Matt starrte in seine Kaffeetasse.
„Ich weiß nur, dass ich eine Riesendummheit gemacht habe, für die ich jetzt bitter bezahlen muss. Danielle ist weg, und ich habe keine Ahnung, wohin.“
Anni musterte ihn nachdenklich.
„Du liebst sie wirklich, habe ich recht?“
„Vom ersten Augenblick an.“
Sie nickte bestätigend.
„Genau aus diesem Grund habe ich sie vom ersten Augenblick an gehasst. Schon in diesem verdammten Flieger fing es an. Ich habe gesehen, wie du sie angeschaut hast, und da wusste ich: Anni, das war`s für dich. Das hat ziemlich wehgetan.“
„Entschuldige, ich wollte deine Gefühle nicht verletzen.“
„Ach was... Im Grunde war ich später froh, dass Marina dich nicht bekommen hat. Sie hat dich nicht verdient. Lieber soll das Country-Girl dich kriegen, sie passt sowieso besser zu dir.“
„Aber sie ist weg.“
„Na dann hol sie dir zurück, verdammt nochmal! Anstatt hier herumzusitzen, in Selbstmitleid zu baden und sich sinnlos zu betrinken, solltest du dich endlich wie ein Mann verhalten und etwas unternehmen. Und was Marina betrifft, mein Lieber, über die muss ich erst noch gründlich nachdenken. Irgendetwas an der ganzen Babysache gefällt mir nicht.“ Sie stand auf. „Schlaf erst einmal deinen Rausch aus. Morgen sehen wir weiter. Du hast nämlich sehr wohl noch Freunde, und vor allem hast du mich. Also vertrau mir!“ Sie trat auf ihn zu und küsste ihn auf die Wange. „Gute Nacht, Matt.“
An der Tür blieb sie plötzlich nachdenklich stehen. Vor ihrem geistigen Auge spielte sich eine Szene ab, die sie nicht vergessen hatte und an die sie sich soeben erinnerte.
Es war der Abend, als sie mit Alex aus LA zurückgefahren war...
Sie war auf dem Beifahrersitz neben Alex eingeschlafen, erschöpft von den Strapazen ihres ausgedehnten Shopping- Nachmittages.
Kurz vor Sunset City, schreckte sie plötzlich hoch, genau in dem Moment, als die Lichtkegel der Scheinwerfer einen Wagen erfassten, der am Straßenrand geparkt war.
„Verdammt!“, hatte Alex wütend geknurrt, während er wegen des Falschparkers ziemlich scharf bremsen musste. „Ist dieser Verrückte denn lebensmüde?“
Anni aber hatte nur Augen für die Person, die neben dem Wagen stand und sekundenlang vom Lichtkegel der Scheinwerfer erfasst worden war. Ungläubig hatte sie sich die Augen gerieben und Alex gefragt, ob er den Mann ebenfalls gesehen hätte.
Der verneinte ohne großes Interesse, setzte den Blinker und bog auf die Straße nach Sunset City ab.
Anni jedoch war schlagartig hellwach und starrte ungläubig in die Dunkelheit.
„Der Mann sah aus wie... Matt!“
Alex hatte ziemlich genervt auf ihre Vermutung reagiert und gemeint, sie solle endlich damit aufhören, überall Matt Shelton zu sehen.
„Dein verdammter Jugendschwarm feiert in diesen Minuten seine Verlobung, und da wird er sicher nicht gleichzeitig auf dem Freeway herumstehen…“
„Matt?“ Zögernd wandte sie sich noch einmal zu ihm um. „An dem Abend, als du deine Verlobungsparty mit Danielle gefeiert hast, warst du da irgendwann noch einmal auf dem Freeway draußen unterwegs?“
Verständnislos sah er sie an.
„Unterwegs? Auf dem Freeway? Nein, ich war den ganzen Abend im OCEANS. Warum fragst du?“
„Nur so. Ich dachte, ich hätte dich gesehen. Hab` mich wohl geirrt. Gute Nacht.“
Draußen vor dem Haus blieb sie stehen.
´Nein, ich habe mich ganz sicher nicht geirrt. Ich habe ihn an jenem Abend auf dem Freeway gesehen. Hier stimmt etwas nicht!´
*
Claudia saß in dem Rollstuhl, mit dessen Hilfe sie sich vorübergehend noch bewegen sollte, und starrte den glänzenden Kugelschreiber in ihrer Hand an. Nachdenklich drehte sie ihn zwischen ihren Fingern hin und her, doch sie konnte sich nicht erinnern, so sehr sie sich auch bemühte.
„Sie dürfen sich nicht so hineinsteigern“, hatte die Ärztin ihr geraten. „Lassen Sie sich Zeit, irgendwann kommt die Erinnerung ganz von allein zurück.“
Aber auf dieses irgendwann wollte Claudia nicht warten, und schon gar nicht in diesem Haus, wo sie sich vom ersten Tag an nicht wohlgefühlt hatte. Madame Dolores schien zwar den Wunsch ihres ältesten Sohnes zu respektieren, Claudia bis zu ihrer völligen Genesung hier wohnen und betreuen zu lassen, aber sie machte auch weiterhin kein Hehl daraus, dass ihr die ehemalige Schwiegertochter nicht willkommen war.
Stefano dagegen bemühte sich rührend um seinen Gast. Er las ihr jeden Wunsch von den Augen ab und half ihr so gut es ging über die schwere Zeit hinweg. Claudia musste sich eingestehen, dass sie mit jedem Tag ungeduldiger darauf wartete, dass er endlich von der Arbeit heimkam.
Sie war es nicht gewohnt, so viel allein zu sein und sehnte sich nach Sonne, Strand und ihrer Arbeit. In den vergangenen Tagen hatte sie viel über ihre gescheiterte Ehe nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass sie diese Wende durch nichts hätte verhindern können.
Was geschehen war, das war einfach Schicksal, und sie beschloss, diesen Umstand zu akzeptieren und ihr Leben fortan allein weiterzuführen.
Wie das allerdings genau aussehen sollte, wusste sie noch nicht.
Am Nachmittag war Alex kurz auf einen Besuch hier gewesen. Er hatte ihr eröffnet, dass die Firma erwog, eine ihrer Zweigstellen bis auf Weiteres nach Huntington zu verlegen, da man einige lukrative Angebote zu Ausgrabungen entlang der Küste erhalten habe. Sobald der Auftrag hier erledigt sei, könnten sie gemeinsam damit beginnen. Das würde bedeuten, dass Claudia Sunset City vorerst nicht verlassen musste. Es sei denn, sie wollte es.
Ein leises Klopfen holte sie zurück in die Gegenwart.
„Herein!“
Stefano trat ein. In der Hand hielt er einen Blumenstrauß aus herrlich duftenden Orchideen.
„Schon wieder Blumen?“, fragte sie lächelnd. „Du wirst dich meinetwegen noch in den Bankrott stürzen.“ Als er die Tür schloss und nähertrat, hob sie abwehrend die Hand. „Warte einen Augenblick...“
Erstaunt blieb er stehen und sah, wie sie aufstand und langsam ein paar Schritte auf ihn zugelaufen kam.
„Claudia!“
„Ich habe fleißig geübt“, eröffnete sie ihm stolz. „Ich wollte dich überraschen.“
„Das ist ja wunderbar!“
„Nicht wahr?“ Sie strahlte übers ganze Gesicht. „Die Therapeutin meint, ich hätte bereits tolle Fortschritte gemacht.“
„Und sie hat Recht“, lachte Stefano und schüttelte ungläubig den Kopf. „Kaum zu glauben! Du wirst bald wieder herumspringen wie früher!“
Als sie ihn fast erreicht hatte, wankte sie unsicher und wäre fast gestolpert.
Geistesgegenwärtig fing Stefano sie auf. Lachend hielt sie sich an seinen Schultern fest.
„Hoppla, meine Beine gehorchen mir manchmal noch nicht so ganz...“
Als sie zu ihm aufsah, stellte sie erschrocken fest, wie nah sie ihm plötzlich war. Seine kräftigen Arme umfingen sie und hielten sie fest, während ihre Blicke ineinander tauchten und sich nicht mehr losließen.
„Das geht mir mit meinem Kopf genauso“, murmelte er und war wie hypnotisiert von diesen dunklen, glänzenden Augen, die ihn wie tiefe unergründliche Seen in ihren Bann zogen, um ihn nie wieder loszulassen.
Ein wohliger Schauer durchfuhr sie. Unfähig, sich zu rühren, stand sie da und starrte wie gebannt auf seine Lippen, die ihren so nahe waren...
Doch plötzlich hörte sie in Gedanken wieder dieses Streitgespräch zwischen Stefano und seiner Mutter, das sie heute Morgen zufällig mitbekommen hatte:
„Warum hast du sie in unser Haus gebracht? Sie hat hier nichts mehr verloren“, hatte sich Madame Dolores bei Stefano beklagt.
„Sie ist mein Gast, Mama, ob es dir passt oder nicht. Dass Manuel letztlich seinen eigenen Weg gewählt hat, war nur eine Frage der Zeit. Keiner trägt daran die Schuld, zuallerletzt Claudia. Also lass sie gefälligst in Ruhe.“
„Du musst dich dieser Frau nicht verpflichtet fühlen, nur weil sie zu schwach war, ihren Ehemann zu halten. Lass sie gehen!“
„Mama!“ Stefanos Stimme klang fest und klar. „Ich liebe Claudia.“
„So ein Unsinn“, erwiderte Dolores nach Sekunden des Schweigens erbost. „Du liebst sie nicht, du fühlst dich für sie verantwortlich, weil dein Bruder sie verlassen hat und weil du dich Manuel gegenüber noch immer schuldig fühlst. Aber das musst du nicht. Sie kann selbst für sich sorgen. Soll sie dahin gehen, wo sie hergekommen ist. Sie gehört nicht zu uns...“
„Doch, das tut sie. Wir sind jetzt ihre Familie, und ob es dir passt oder nicht, ich werde sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen!“
Die Erinnerung an diese heimlich gehörten Worte ernüchterte Claudia schlagartig. Oh nein, sie wollte hier nicht aus Mitleid geduldet sein, weder von Stefano, noch von sonst irgendwem. Und Liebe vorzuheucheln brauchte ihr auch niemand.
„Du kannst mich jetzt loslassen“, sagte sie schärfer als beabsichtigt und befreite sich so hastig aus seiner Umarmung, dass sie erneut strauchelte.
„Hey, nicht so stürmisch!“ Stefano sprang hinzu und hielt sie gegen ihren Willen fest. „Lass mich dir helfen, du bist noch nicht sicher auf den Beinen. Was ist denn los, Claudia?“, fragte er, während er sie zu ihrem Stuhl führte.
Er war selbst ganz durcheinander und konnte nicht verstehen, weshalb sie diesen magischen Augenblick zwischen ihnen so abrupt beendet hatte. Er hätte schwören können, dass sie genauso fühlte wie er, ihre Augen hatten es ihm nur allzu deutlich verraten.
„Es ist nichts“, erwiderte Claudia. „Ich... ich fühle mich hier nur etwas eingesperrt, das ist alles. Ich möchte endlich wieder hinaus, ich möchte am Strand entlanglaufen, arbeiten gehen und dir nicht länger zur Last fallen.“
„Was redest du denn da?“, fragte er ungehalten, während er die Blumen aufhob, die er vorhin hatte fallen lassen. „Du bist keine Last für mich, ganz im Gegenteil! Ich bin froh, dass du bei mir... bei uns bist.“
„Lass mich raten: deine Mutter sieht das sicher etwas anders.“
„Wie kommst du darauf? Hat sie etwas zu dir gesagt?“
„Das braucht sie gar nicht, das habe ich von Anfang an gespürt. Sobald ich wieder richtig laufen kann, verspreche ich, dass ich sofort aus eurem Leben verschwinde.“
Stefano trat näher, hockte sich vor den Stuhl, in dem sie saß und reichte ihr die Blumen.
„Ich möchte aber nicht, dass du gehst“, sagte er leise. „Ich möchte, dass du hier in Sunset City bleibst. Bei mir. Was ich dir jetzt sage, ist die Wahrheit: Ich habe mich in dich verliebt, Claudia. Und zwar von dem Moment an, seit ich dich zum ersten Mal sah. Selbst, wenn ich es wollte, ich kann nichts dagegen tun.“
*
Vorsichtig hob Anni den Kopf. Neben ihr lag Alex und schlief. Er hatte den Arm um sie gelegt, und sein markantes, sonnengebräuntes Gesicht wirkte entspannt und friedlich.
Anni betrachtete ihn einen Moment lang nachdenklich. Sie war gern mit ihm zusammen und konnte plötzlich nicht mehr so recht verstehen, warum sie so lange Zeit einem Phantom hinterhergejagt war, anstatt einfach zuzulassen, so selbstlos geliebt zu werden, wie er es tat. Aufseufzend kuschelte sie sich an seine nackte Brust, und während sie seinen gleichmäßigen Atemzügen lauschte, hing sie einfach ihren Gedanken nach…
Als sie nach ihrem Besuch bei Matt schließlich im OCEANS aufgetaucht war, hatte Alex ihr weder Fragen gestellt noch Vorwürfe gemacht, er hatte einfach lächelnd den Arm um ihre Schultern gelegt und ihr ins Ohr geraunt, wie sexy er sie in ihrem neuen Kleid fände, und ob der Rest des Abends denn nun ihnen beiden allein gehören würde.
„Der Abend, und wenn du möchtest, die Nacht noch dazu“, hatte sie verheißungsvoll geflüstert und ihm mit ihrem Weinglas zugeprostet.
„Dann lass uns keine Zeit mehr verschwenden“, war seine Antwort darauf gewesen.
Ein paar Minuten später waren sie beide bereits auf dem Weg ins PAZIFIC INN, wo sie sofort auf sein Zimmer gingen. Wie zwei Verhungerte waren sie übereinander hergefallen und hatten sich leidenschaftlich geliebt.
Inzwischen war es bereits weit nach Mitternacht, und während Alex neben ihr fest schlief, lag Anni noch immer wach. Ihr Gespräch mit Matt ging ihr einfach nicht aus dem Kopf und sie grübelte hin und her.
Irgendwie passte das alles nicht so recht zusammen.
Dass Matt sich so einfach wieder mit Marina eingelassen hatte, konnte sie nicht glauben. Warum sollte er das tun, wo er doch zu der Zeit bis über beide Ohren in Danielle verliebt war? Da schlief man doch nicht eben mal so mit seiner Ex. Schon gar nicht ein Mann wie er, dazu kannte ihn Anni viel zu gut. Nein, diese Hexe musste ihn irgendwie hereingelegt haben, dessen war sie sich fast sicher. Die Frage war nur, wie…
Anni erinnerte sich noch sehr gut an Matts Worte, damals, nachdem Marina ihn wegen Mason verlassen hatte: Er würde sich nie mit einer Frau einlassen, die vorher mit seinem Bruder zusammen war. Eher würde die Hölle zufrieren.
Und da sollte er... Oh nein, nie und nimmer!
Anni grinste schadenfroh. Ihrer Meinung nach war Marina sowieso längst nicht mehr die Schönheit von einst, im Gegenteil, seitdem sie wieder in der Stadt war, wirkte sie ständig irgendwie blass und kränklich. Na ja, schwanger eben...
Moment mal!
Anni richtete sich abrupt auf, ohne auf Alex zu achten, der durch ihre plötzliche Bewegung erschrocken die Augen aufschlug.
´Blass und kränklich´, wiederholte sie in Gedanken und ihre Augen verengten sich argwöhnisch. Und dass nicht erst seitdem sie angeblich ein Kind von Matt erwartete! Nein, sie hatte schon vorher so ausgesehen! Und dann war da noch dieses Gespräch in der Apotheke…
Anni erinnerte sich an jedes Wort, das sie damals heimlich belauscht hatte:
„Ich möchte dieses Rezept einlösen“, hatte sie Marinas Stimme gehört und sich hinter den Regalen versteckt, um nicht gesehen zu werden.
„Vitamine...“, stellte Mister Miller nach einem Blick auf das Rezept fachmännisch fest und suchte das Gewünschte heraus.
„Ja...“, antwortete Marina etwas hastig, „Ich war in letzter Zeit ziemlichem Stress ausgesetzt, und Dr. Mendes meinte, ich solle meinem Körper mal etwas Gutes tun.“
Der Apotheker legte ihr das Präparat vor.
„Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Misses Shelton?“
„Ja, ich hätte gern... nun, wie soll ich sagen, na ja…“ Marina druckste etwas verlegen herum, „In letzter Zeit kann ich kaum noch schlafen, ich brauche ein starkes Schlafmittel, das schnell wirkt und auch wirklich ein paar Stunden anhält. Aber es soll mir auch hinterher nicht das Gefühl geben, ich sei mit dem Kopf vor eine Wand gelaufen, ich möchte nur einfach mal wieder eine Nacht richtig durchschlafen können.“
Mister Miller überlegte einen Moment.
„Ja, ich glaube, da habe ich genau das Richtige für Sie. Diese Kapseln hier. Aber ich muss dazu sagen, dieses Medikament ist ziemlich stark und sollte nicht länger als ein paar Tage ohne ärztliche Anordnung eingenommen werden.“
Das war kurz vor dieser besagten Nacht gewesen, die Marina angeblich mit Matt verbracht hatte.
Sollte diese Hexe etwa...
„Anni?“ Verschlafen blinzelte Alex und richtete sich auf. „Was ist denn los, Schatz?“
„Ach, gar nichts,“, erwiderte sie geistesabwesend, und in ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
Ein Schlafmittel, das schnell wirkt und ein paar Stunden anhält...
Wenn Marina Matt heimlich etwas davon gegeben hätte, dann hätte er mit Sicherheit geschlafen, jedoch keinesfalls mit ihr! Das würde dann auch erklären, weshalb er sich an nichts erinnern konnte!
Aber, von wem zum Teufel war dieses Miststück dann schwanger?
Vielleicht war sie es ja gar nicht und wollte ihn nur ködern!
Nein - Anni schüttelte den Kopf. Das ergab keinen Sinn, Matt würde sehr bald wissen, dass sie ihn belogen hatte. Außerdem wussten in der Klinik bereits alle von ihrer Schwangerschaft.
Vielleicht, so dachte sie, könnte es nicht schaden, sich so bald wie möglich einen Termin bei diesem Dr. Mendes geben zu lassen. Magendrücken, Schlafstörungen oder so. Ihr würde schon etwas Passendes einfallen.
„Hey, hast du schlecht geträumt?“ Zärtlich strichen Alex` Hände über ihre nackten Schultern, massierten sie sacht und vergruben sich in ihrer flammend roten Haarpracht.
„Ich muss nach Hause“, murmelte Anni, entspannte sich jedoch sichtbar unter seinen Berührungen und schloss die Augen.
„Musst du nicht“, widersprach Alex mit schmeichelnder Stimme, ließ seine Lippen zärtlich an ihrem Nacken entlang wandern und begann dann spielerisch an ihrem Ohrläppchen zu knabbern. „Schließlich bist du über Einundzwanzig und erwachsen.“
„Mmh“ Anni schnurrte wohlig wie eine Katze und vergaß für den Moment, worüber sie so eifrig nachgegrübelt hatte. „Du hast richtige Zauberhände, kaum zu glauben, dass du damit sonst nur in der Erde herumwühlst, um nach irgendwelchen alten Schätzen zu suchen.“
Alex grinste und ließ seine Hände tiefer wandern.
„Vielleicht suchen sie ja jetzt gerade nach verborgenen Kostbarkeiten“, raunte er. Anni stöhnte lustvoll auf und ließ sich zurück in die weichen Kissen sinken. Um das Problem namens „Matt und Marina“ würde sie sich später kümmern. Jetzt gab es wichtigere Dinge. Man musste schließlich Prioritäten setzen.
„Hör bloß nicht auf, Alex“, flüsterte sie genießerisch. „Such weiter!“
*
Merkwürdigerweise war Matt am nächsten Morgen nicht wie erwartet mit einem Brummschädel aufgewacht. Während er zu Hause noch schnell seinen Kaffee getrunken hatte, dachte er an sein gestriges Gespräch mit Anni. Sie war zwar manchmal schwierig und hatte ihm oftmals in ihrer Hartnäckigkeit ziemlich arg zugesetzt, aber diesmal entpuppte sie sich anscheinend als echte Freundin. Und während er noch über ihre Worte nachgrübelte, war ihm plötzlich klar geworden, was er zu tun hatte.
Kaum in der Firma angekommen, platzte er in Edwards Büro.
„Gut dass du da bist, Partner. Ich brauche deine Hilfe.“
Edward, der mitten in der Ausarbeitung der Marketing-Verträge steckte, sah unwillig auf.
„Mach`s kurz, Matt, ich habe nicht viel Zeit.“
„Okay. Ich brauche einen von deinen privaten Superschnüfflern.“
Edward ließ den Stift sinken und zog erstaunt die Stirn in Falten.
„Wie bitte?“
„Du hast mich schon verstanden. Ich brauche einen dieser Privatdetektive, die ihr Schmiergeld wirklich wert sind und ohne Skrupel an jeden Auftrag gehen. Und sag mir jetzt nicht, du kennst so einen Typen nicht. Also - was ist?“
„Was hast du denn vor, Matt?“, fragte Edward unsicher. „Wen willst du finden?“
„Danielle.“
„Ah ja.“ Edward wirkte irgendwie erleichtert und lächelte sogar.
„Ich kenne da tatsächlich jemanden. Sam Logan. Ich werde ihn anrufen und ihn bei dir vorbeischicken. Ist das okay?“
Matt nickte.
„Mir ist egal, wie der Mann heißt. Ruf ihn an. Am besten sofort.“ Er sah seinen Partner mit eindringlichem Blick an. „Edward... ich will den Besten, hast du verstanden?“
„Natürlich. Logan ist der Beste.“
*
Sobald Mason wieder kalifornischen Boden unter den Füßen hatte, packte ihn sofort die Ungeduld. Er dachte fortwährend an Danielle und überlegte fieberhaft, was er als nächstes tun sollte.
Cynthia hatte ihm ein paar Tage nach seiner Abreise nach Caracas telefonisch mitgeteilt, sie habe in Erfahrung gebracht, dass Danielle Matt unwiderruflich den Laufpass gegeben hätte, eine Tatsache, die Mason mit tiefer Genugtuung erfüllte. Sein Plan schien zu funktionieren. Sicher war es noch zu früh, sich Danielle zu erkennen zu geben, aber er musste unbedingt wissen, wie es ihr ging.
Nachdem er seine Koffer ausgepackt und ein paar Aspirin gegen den ihn immer öfter quälenden Kopfschmerz genommen hatte, rief er Cynthia an und bat sie für einen Augenblick in sein Zimmer zu kommen. Als sie wenig später eintrat und blickte ihn erwartungsvoll anblickte, reichte er ihr einen Zettel mit der Telefonnummer von Mitch Capwell.
„Bitte rufen Sie diese Nummer an. Fragen Sie nach, ob Danielle Belling zu Hause ist.“
Leicht verärgert hob Cynthia die Augenbrauen.
„Warum sollte ich das tun?“
„Weil Sie meine persönliche Assistentin sind, Schätzchen“, erwiderte er leicht gereizt und fuhr sich mit der Hand über die schmerzende Stirn. Dann jedoch zwang er sich zu einem mühsamen Lächeln. Er durfte Cynthia nicht verärgern, für eine Weile musste er sie noch bei Laune halten. „Meine Stimme klingt wie die meines Bruders, und ich möchte nicht, dass ich dort mit ihm in Verbindung gebracht werde. Also, geben Sie sich als eine Freundin von Danielle aus und fragen Sie nach, wie es ihr geht.“
„Und wenn sie selbst am Telefon ist?“
„Dann sagen Sie ihr, Sie machen eine Umfrage oder so. Lassen sie sich gefälligst etwas einfallen!“
Cynthia presste verärgert die Lippen aufeinander und wählte die angegebene Nummer.
„Hier spricht Melinda Myers von der Sunset City Zentralbank. Könnte ich bitte Miss Danielle Belling sprechen?“, fragte sie höflich, als sich Randy Walker, einer der Mitbewohner, meldete. Mason grinste zufrieden, während Cynthia gespannt in den Hörer lauschte.
´Ein cleveres Mädchen´, dachte er belustigt. Ohne sie hätte er das alles bei weitem nicht so spielend bewältigt.
„Und wo erreiche ich sie?“, fragte Cynthia.
Mason horchte auf. Danielle war gar nicht zu Hause?
„Wo ist sie?“, fragte er beunruhigt, als Cynthia das Gespräch beendet hatte.
„Sie ist weg“, antwortete sie mit einer gewissen Genugtuung in der Stimme.
„Was heißt das... Sie ist weg?“, fragte Mason gereizt.
„Sie hat die Stadt verlassen.“
„Und wohin?“
Cynthia zuckte mit den Schultern.
„Ihre Mitbewohner wissen es nicht. Sie hat keine Anschrift hinterlassen. Sie kommt nicht zurück.“ Sie bemerkte die Panik in Masons dunklen Augen und urplötzlich wurde ihr klar, wovor sie die ganze Zeit die Augen verschlossen hatte: Er liebte diese Frau! Oh ja, er hatte es immer getan, egal, was er ihr für Märchen über sie erzählt hatte!
„Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“, fragte sie mit Eiseskälte in der Stimme. Mason war zum Fenster getreten, starrte hinaus und schien sie gar nicht zu hören. Daraufhin drehte sie sich wortlos um und verließ das Zimmer.
Kaum war sie draußen, fuhr Mason herum.
„Verdammt... Danielle!“, fauchte er mit wutverzerrtem Gesicht. „So war das nicht geplant!“ Er packte die Kristallvase, die auf dem kleinen Tisch stand und schleuderte sie mit aller Wucht gegen die Wand. Mit einem lauten Knall zerbarst sie in tausend Stücke. „Du kannst nicht einfach verschwinden! Ich finde dich!“