Es schreibt Euch, werteste Brida, Friedrich I., der Staufer, aus der Kaiserpfalz Aachen und sendet Euch gesegnete Wünsche nach Altenburg. Ihr kennt mich auch unter dem Namen Barbarossa oder Rotbart. Es ist keine Sage, sondern die Wahrheit, mein Haupthaar und auch alles andere Haar an meinem Körper sind von roter Farbe. Ich möchte Euch jedoch nicht erröten lassen wie mein Haar und Euch auch nicht in Verlegenheit bringen. Daher gehe ich sogleich kurzentschlossen zu meinem Brief über.
Ich war sehr erstaunt, einen Brief von Euch, die mir vollkommen unbekannt seid, zu erhalten. Eine Dame wagte es, mir zu schreiben. Dies auch noch aus meiner geliebten Kaiserpfalz Altenburg. Lang ist es her, dass ich die Pfalz besucht habe. Doch bald, so glaubt mir, werde ich von dort wieder mein Reich regieren.
Nachdem mein Schreiber mir Eure Zeilen vorgelesen hatte, ärgerte ich mich sehr, die Kunst des Schreibens und Lesens nicht zu beherrschen. Jetzt bedauere ich es sehr, nicht auf meine Lehrer gehört zu haben. Ich war der Meinung, es nicht nötig zu haben, Lesen und Schreiben zu lernen. Daher muss ich immer meinen Schreiber heranziehen, damit er mir die Briefe, die mich erreichen, kundtut und auch umgedreht, Briefe in meinem Namen zu verfassen. Kein noch so kleines Geheimnis bleibt nur mir allein. Wie gerne hätte ich ein Liebesbrieflein an eine heimliche Geliebte geschrieben und niemand hätte es erfahren. Immer muss ich darauf bedacht sein, die Neugier meines gelehrten Schreibers nicht zu sehr zu entfachen. Doch als Kaiser kann ich ihm befehlen, seine Zunge zu hüten, sonst würde diese ihm sehr schnell abhandenkommen. Nun ist er es auch, der meine Antwort an Euch schriftlich festhält. Zum Glück kann ich es mir leisten, einen eigenen Schriftkundigen zur Hand zu haben.
Auch, dass Ihr aus der Zukunft schriebt, erstaunte mich sehr. Wer hätte das gedacht, dass dies möglich ist. Nun hege ich die große Hoffnung, das Gleiche gelingt auch umgekehrt. Lasst es mich wissen, sollte es so sein.
Dass ich auch in der Zukunft noch meine Anhänger habe, ehrt mich sehr, vor allem, wenn dies noch eine Dame ist. Ich liebe die Frauenwelt und habe gern welche um mich herum. Ein Schelm, wer jetzt Böses denkt. Meine Gebeine sind schon seit vielen Jahrhunderten zerfallen. Eigentlich müsste ich längst vergessen sein. Solltet Ihr mich nun noch sehen können, eine Augenweide wäre ich ganz bestimmt nicht mehr.
Versteht mich nicht falsch, ich liebe meine Beatrix, die mir Burgund mit in die Ehe gebracht hat, sehr. Sogar sehr viel mehr als diese Adela von Vohburg, die mir regelrecht als Gattin aufgezwungen wurde. Die Adela war wahrlich keine Frau für mich. Schade für sie, die dann nach der Auflösung unserer Ehe ins Kloster ging. Sie mag zwar eine Schönheit gewesen sein, doch wir zwei waren nicht füreinander gemacht. Wie froh war ich, dass wir uns nicht mehr miteinander quälen mussten und ich diese grausame Ehe auflösen konnte.
Da war meine geliebte Beatrix ganz anders. Sie hätte ich auch ohne Burgund als Mitgift zum Weibe genommen. Sie war sehr belesen und klug, was mich beeindruckte. Obwohl sie zwanzig Jahre jünger war als ich, war ich von Anfang an entzückt von mir. Ihr werdet jetzt denken, so ein eitler, alternder Gockel, der sich 16jährige Mädchen ins Bett holt und sie auch noch heiratet. Aber Ihr müsst verstehen, wo die Liebe halt hinfällt und die Liebe macht auch vor alternden, eitlen Gockeln keinen Halt. Oh, wenn ich an sie denken muss, hüpft mein Herz vor Freude und Liebe durchflutet mich wie Sonnenschein eine Wiese, umgeben von Wald.
Nun gut, lassen wir das lieber. Ich denke, Ihr wollt garantiert nicht nur über meine Frauen lesen. Anderseits stellt sich mir die Frage, wie es in Eurer Zeit möglich ist, schnell von einem zum anderen Ort zu gelangen. Ihr schriebt von Autos und dass dies kein Hexenwerk und keine Ketzerei sei. Erklärt es mir in Eurem nächsten Brief. Unter einem Auto kann ich mir rein gar nichts vorstellen. Mein schnellstes Fortbewegungsmittel ist ein Pferd, höchstens auch einmal eine Kutsche oder ein von Pferden gezogener unbequemer Wagen. Die Dame meines Herzens reist manchmal mit einer Sänfte, aber auch sie zieht ein schnelles Pferd vor.
Wäre eine schnelle Reise bereits zu meiner Zeit möglich gewesen, hätte ich mein Reich garantiert besser regieren und womöglich sogar Jerusalem erobern können. So reiste ich zu Pferde mit meinen Mannen und Gefolge von Pfalz zu Pfalz. Oft dauerte solch eine Reise viele Tage oder gar Wochen. Regen, Schnee und auch Hitze machten das Reisen zur Tortur, die ein Scharfrichter nicht besser gekonnt hätte.
Wenn ich an den Feldzug in Italien denke, wünschte ich mir, ich hätte fliegen können. Die Überquerung der Alpen, ein Graus. Hohe Berge verhinderten ein schnelles Vorankommen, Eis und Schnee versperrten die Wege. Die folgende Belagerung Roms war fürchterlich. Immerhin wollte ich meine geliebte Beatrix dort zur Kaiserin krönen lassen. Doch das Glück war uns hold und wir hatten Erfolg.
Wo wir nun wieder bei einer Krönung sind, muss ich gleich an den verfluchten Alexander III. denken, der mir einen Strich durch die Rechnung machte. Er fand, ich ging auf dem Feldzug durch Italien zu brutal vor und weigerte sich daher, die Krönung meiner Beatrix vorzunehmen. Was dachte sich dieser Wicht, wer ich bin? Ich bin der Kaiser des Heiligen römisch-deutschen Reiches und das Volk hat mir zu gehorchen. Auch der Papst kann nicht einfach tun und lassen, was er will.
Doch der liebe Friedrich ist ein schlaues Köpfchen. Ich habe diesen Wicht Alexander ausgetrickst. In weiser Voraussicht begleitete mich Paschalis III. auf meinem Feldzug. Nachdem wir die feindlichen Truppen überrannt, in die Flucht geschlagen hatten und den Petersdom zu Rom in unsere Hände gebracht hatten, krönte er am 1. August 1167 meine geliebte Beatrix zur Kaiserin. Wie gut, dass ich so schlau war, Paschalis III. als Gegenpapst zu unterstützen. Sonst wäre meine Beatrix wohl nie Kaiserin geworden. Das hätte weder ihr noch mir gefallen.
Um noch einmal auf Eurem Brief zurückzukommen. Ich las darin, es gibt zu Eurer Zeit fast keine Standesdünkel mehr. Wie soll ich das verstehen? Gibt es gar niemanden, der das Reich regiert? Geht es da nicht drunter und drüber und jeder macht, was er will? Niemand gibt vor, was wie gemacht werden soll? Wird der Mob nicht aufmüpfig? Das Volk, Könige, Kaiser, Adlige, alle sind gleich? Ich wäre sehr echauffiert, würde ich auf der Straße nicht erkannt werden und keiner würde mich so ehren, wie es mir als Kaiser gebührt! Oh nein, das wäre nichts für mich. Ich will, dass die Menschen vor mir zu Kreuze kriechen und mich huldigen. Werteste Brida, Ihr werdet jetzt bestimmt erbost sein. Aber zu glauben, alle Menschen sind gleich, ist für mich wie Gott verspotten.
Trotzdem bin ich sehr neugierig zu erfahren, was Eure Geschichtsbücher und dieses Internet über mich berichten. Ich weiß, das mag jetzt erneut eitel klingen, ich hoffe, es ist nur Gutes, was über mich geschrieben wird. Sollte es Eure Zeit zulassen, berichtet mir darüber. Ich bin sehr gespannt darauf. Auch über das Denkmal auf diesem Berg im Kyffhäuser will ich alles wissen. Davon habe ich nämlich noch gar nichts gehört. Mit meinen Getreuen dort vereint zu sein, wäre bestimmt ein Heidenspaß. Andererseits bin ich auch stolz darauf, dass ein Denkmal an mich erinnert. Ich sehe vor meinem geistigen Auge, wie ich stolz dort hoch oben sitze und mein riesiges Reich überblicke. Um mich herum haben sich meine getreuen Gefährten versammelt, trinken mit mir so manchen Becher Wein. Wir fachsimpeln, streiten und vertragen uns wieder. Welch ein herrliches Unterfangen.
Werteste Dame Brida, ich bin mir sicher, wir hätten uns bestimmt sehr viel zu erzählen. Daher wäre ich ganz und gar nicht abgeneigt, Euch in Altenburg zu treffen. Meine ehemalige Pfalz hat sich sehr verändert, erzähltet Ihr mir. Ich hoffe, es gibt die vielen kleinen Gassen noch und die Burg hoch oben auf dem Fels, in der ich so gern genächtigt habe. Wie gerne war ich dort. Auch die holden Maiden in Altenburg waren sehr anmutig anzusehen. So manche bat ich in mein Bett. Doch, liebe Brida, versteht mich nicht falsch, das war vor meiner Heirat mit Beatrix. Ach, das ist so lange her. Mich alten Mann überkommt die Melancholie. Ihr werdet es mir verzeihen.
Vielleicht ist Gott uns gnädig und macht uns diese Ehre. Ich werde dafür beten.
Hochachtungsvoll, Euer Friedrich I. Barbarossa