Mein Herzallerliebster schnüffelt am Stein neben der Brücke. Ich nutze die Zeit, die Augen zu schließen, und mich in das frühmorgendliche 360-Grad Konzert zu vertiefen, das die gefiederten Mitbewohner meiner Gegend täglich aufführen.
Es tiriliert und tschilpt, es krächzst und gurrt, hoch oben ein durchdringender Schrei. Alle sind dabei und es hat noch nie einer von ihnen seinen Einsatz verpasst: Jetzt.
Entsprechend erfrischend ist die Wirkung auf mich, nicht nur wegen der kühlen Luft, die der Regen bei Nacht noch einmal in Richtung Winter gedrückt hat. Amsel, Meisen, Finken, ein Reiherenten-Paar, das sich erstmal zurückhält bei den Gesangsdarbietungen, die erste Möwe am Tag, die weiße Gans, ein Wildtauben-Paar, Rotkehlchen und das ungleiche Kanada-Graugans-Paar. Alle leisten mir Gesellschaft.
Der Artikel in der Hundezeitung ist ausgelesen, und ich werde weiter komplimentiert. Zum nächsten Platz im Gratis-Konzert. Vordergrund und Hintergrund wechseln, das Rauschen der Zweige wird leiser, meine Schritte geben soetwas wie einen Rhythmus unter das Ganze. Irgendwo schreit ein Kind. Als es ruhig ist, kristallisieren sich wieder die Vogelstimmen heraus. Ein Specht hat auch etwas beizutragen. Sein Klopfen ist fast wie ein Trommelwirbel.
Doch Verweilen ist auch hier nicht angesagt. Es geht weiter, an dem um diese Zeit noch verwaist daliegenden Spielplatz vorbei. Als wir die Straße erreichen, übernehmen die Zivilisationsgeräusche der arbeitenden Bewohner.
Wehmütig lausche ich dem nur noch innerlich hörbaren Vogelgesang nach. Er begleitet meine Erinnerung, bis zum nächsten Morgen.