"Bist du verrückt?!", entfuhr es Phoebe, doch Nadja zog sie bereits über das Dach: "Wenn ich es sage, springst du. Spring, oder ich lasse dich hier!"
Phoebe stolperte der Frau hinterher und stellte sich im Rennen eine Frage: War sie verzweifelt genug?
Die Antwort lautete Ja. Wenn man sie zurück brachte, würde sie nie wieder entkommen können, außer auf die eine Weise, die sie noch nicht wählen wollte.
Nadja hatte ihren Ärmel gepackt, doch Phoebe drehte ihre Hand so, dass sie ihrerseits das Handgelenk der Frau fassen konnte. Nadja zeigte keine erkennbare Reaktion, doch sie musste sich auch darauf konzentrieren, auf dem Zugdach parallel zum ICE zu laufen.
Und dann sprang sie zur Seite, und Phoebe sprang ohne zu Zögern mit.
Sie flogen über die Lücke zwischen den Zügen und landeten auf dem Nebenzug. Der ICE war schneller und seine Oberfläche glatt. Phoebe knallte auf das Plastikdach und rollte dann weiter. Nadjas Hand umfasste ihren Arm immer noch. Erst, als Phoebe alle Gliedmaßen von sich streckte, konnte sie sich an das Dach heften und blieb liegen.
Nadja lag neben ihr auf dem Rücken und lachte in den Himmel. Die Lebensfreunde der Frau war ansteckend und Phoebe fiel in das Lachen mit ein.
Im nächsten Moment war sie erschrocken, wie dünn und traurig ihre eigene Stimme klang und hört auf.
Der Wind riss an ihnen. Nadja rollte sich in die Mitte des Zugdaches und drückte Phoebe mit einem Arm fest an das schmutzige Weiß.
Nadjas Haare tanzten im Wind, während Phoebe sich Mühe gab, gegen den Fahrtwind auszuatmen. Die kalte Luft biss in ihren Augen und sie schloss sie.
Es war eisig kalt. Und ihr Herz schlug schnell durch das Adrenalin aus ihrem Sprung.
Aber sie lächelte: Es war lange her, dass sie sich so lebendig gefühlt hatte.