„Das Frühstück ist serviert", verkündete West nun im Türrahmen und wartete diszipliniert auf weitere Instruktionen. Darwin dagegen schüttelte bereits den Kopf.
„Ray muss sicher zur Arbeit, der wird dafür keine Zeit haben."
Ray musste grinsen. „Ich erkenne einen Wink mit dem Zaunspfahl, wenn ich ihn höre", erklärte dieser. „Du willst deine Zeit doch sicherlich mit deinem Schatz genießen", sagte er und trat auf Darwin zu, um ihn auf die Schulter zu klopfen. „Sie hat mir übrigens versichert, dass du nicht zu den fünfzig Prozent Männern zählst, die das Bett nur zum Quietschen bringen. Auch wenn ich das nicht richtig glauben kann, du warst gestern doch recht flott dabei", erklärte er so, dass nur Scarlett und Darwin es hören konnte, bevor er seine Hände wieder in seinen Hosentaschen versteckte und auf die Tür zu lief. Scarlett indes wurde rot um die Nase. Damit hätte sie rechnen sollen, wie peinlich.
Darwin wandte ganz langsam seinen Blick zu Scarlett zurück und blickte sie fragend mit einem feindseligen Ton an, während Ray sich auf den Weg machte. „Was soll das heißen?", fragte er lauernd und verengte die grünen Augen.
Scarlett verzog den Mund. Das hatte Ray wirklich gut gemacht. „Das du gut im Bett bist", erklärte sie zusammengefasst.
Skeptisch zog Darwin die Augenbrauen zusammen. „Mhm", machte dieser nicht wirklich überzeugt.
„Ray war misstrauisch", murmelte sie, während sie den genannten mit den Augen folgte und wartete, bis dieser in den Fahrstuhl stieg.
„Sicher, dass du nicht einfach beleidigt bist?", fragte er leise zurück und hob vielsagend die Augenbrauen.
„Das vielleicht auch, aber wenn ich gesagt hätte du gehörst zu der Kategorie, die Frauen keinen Orgasmus bescheren, hätte er sich nur gewundert, warum ich noch mit dir zusammen bin", erklärte Scarlett nüchtern aber leise.
Sobald Darwin Rays Abschied vernahm, ließ er Scarlett los, um ins Esszimmer zu laufen. „Ich kann Frauen sehr wohl einen Orgasmus bescheren, das gehört überhaupt nicht zur Debatte", rief er ihr zu, während er sich entfernte. Ungeachtet ob West es hörte, denn das tat er ganz sicher.
„Meine Schuld ist es sicher nicht, dass Ray misstrauisch geworden ist", rief sie ihm hinterher und entschied sich dann auch dazu, ins Esszimmer zu gehen. Mittlerweile hatte sie ebenfalls Hunger bekommen.
„Nicht", fragte er ironisch und griff sich im Vorbeigehen eine Melonenscheibe.
„Ray sagte: Ich hab die Expertise schon mitbekommen. Wirklich traurig." Sie trat auf den Esstisch zu und betrachtete diesen. „Was glaubst du hat er damit gemeint?", fragte sie und bekam bei der Auswahl gleich noch mehr Hunger.
„In welchem Kontext?", fragte der Brünette plötzlich mit vollem Mund und hielt ruckartig inne.
„Es ging darum welche Erfahrungen ihr miteinander teilt und was wir Frauen teilen", erklärte sie belustigt und ließ sich nieder, um sich ebenfalls etwas zu Essen zu nehmen. „Dann kamen wir irgendwie darauf, dass es bei Frauen eher darum geht, ob die Kerle uns zum Orgasmus bringen oder lediglich das Bett zum Quietschen bringen", erklärte sie weiter.
Darwin stöhnte genervt und warf dramatisch den Kopf in den Nacken, bevor er Scarlett wieder anblickte und sogar anklagend den Finger auf sie richtete. „Das ist, weil du nicht laut genug gestöhnt hast."
Scarlett verzog unschuldig den Mund. „Ich war laut genug. Er hat uns immerhin gehört. Das nächste Mal wenn er fragt kann ich ihm ja was von einem Knebel auftischen", erklärte sie weiter unschuldig, aber mit der Absicht sich ein wenig an Darwin zu rächen. Dieser müsste doch wissen, dass es Folgen hatte, wenn er so etwas begann.
„Dann eben nicht lange genug", erwiderte Darwin und ließ sich unzufrieden in den Stuhl fallen. „Ray ist besseres von mir gewohnt. Frag West. Keiner kennt mich besser als West!", rechtfertigte er sich sogar schon und lehnte sich kraftlos zurück.
Scarlett lachte leise. „Mag sein, aber zumindest glaubte Ray jetzt, dass diese Beziehung anders ist als deine anderen, das sollte im Grunde gut sein", gab sie zu bedenken und knabberte an einem Stück gebratenen Bacon herum.
Darwin hielt den Blick nicht begeistert auf Scarlett gerichtet und kaute stumm weiter auf einem Stück Honigmelone. „Gib's doch einfach zu."
Scarlett lachte wenig begeistert. „Was soll ich zugeben? Dass du mich nicht lange und laut genug zum Stöhnen gebracht hast? Wenn du das möchtest."
Wenn er wirklich vorhatte, das jedes Mal auf diese Art durchzuziehen, wenn er Besuch hatte, würde sie ihn früher oder später an die Kehle springen, das wusste sie.
„Ich meinte eher, dass du es mir mit dem Ruf heimzahlen wolltest, weil ich dich liegen gelassen habe", konterte Darwin nüchtern und deutete West ihm mehr von dem Obst zu servieren.
Überrascht darüber, dass er es so schnell bemerkt hatte, zögerte sie ein wenig mit ihrer Antwort. „Vielleicht ein bisschen."
Triumphierend hob Darwin eine Augenbraue und aß das geschnittene Obst in großen Portionen. Sie fragte sich wirklich wie viel West über Darwin wissen musste, wenn er selbst bei solchen Themen kein Blatt vor den Mund nahm.
Scarlett seufzte schwer, während sie sich ebenfalls am Obst bediente. „Damit die Sache nicht noch einmal so schief geht wie bei Ray, sollten wir jetzt vielleicht da weiter machen, wo dieser uns unterbrochen hat", erklärte sie, auch wenn sie nicht sonderlich viel Lust hatte, das Ganze noch genauer zu besprechen.
„Du meinst im Bett?", fragte Darwin unschuldig mit gehobenen Augenbrauen und aß ein weiteres Stück Melone.
„Nein, wieso sollte ich das wollen?", fragte sie genau so unschuldig zurück.
„Ich weiß nicht. Klang gestern jedenfalls so, als hätte es dir gefallen", erwiderte ihr Gegenüber mit dem goldbraunen Haar, während er sie mit den stechend grünen Augen musterte. Dieselben grünen Augen, die sie an die letzte Nacht erinnerten.
Er hatte zwar recht und es hatte ihr gefallen, aber ob dieses Spielchen ihre Beziehung förderte, wagte sie zu bezweifeln.
„Das mag schon sein, aber ich denke nicht, dass das jetzt hierhergehört. Es sei denn natürlich du willst mir beweisen, dass ich unrecht habe und du besser im Bett sein kannst als das gestern Abend", erklärte sie, während sie eine der Erdbeeren mit ihren Lippen umschloss und viel länger beim Essen brauchte, als es eigentlich der Fall sein sollte.
Darwins Blick hing an ihren Lippen, doch blieb seine Mimik weitgehend gleich während er kaute. „Ich bin mir sicher, dass du das begrüßen würdest, weil du weißt, dass es anders ist."
„Nein, weiß ich nicht", meinte sie nachdenklich und kaute ein wenig auf ihrer Erdbeere herum, dann seufzte sie. Vielleicht sollte sie einfach den Mund halten und das Thema auf sich beruhigen lassen. Sie spürte förmlich, wie Darwin alles was sie sagte gegen sie verwendete.
Sie vernahm sein Lachen gefolgt von dem Geräusch, wie Geschirr auf Porzellan traf. „Ich bin sicher, dass dir der Vorgeschmack gestern eine schöne Vorstellung beschert hat. Ich hätte dir ja gerne ausgeholfen, aber ich war schon neugierig drauf, ob du es dir selbst machen würdest", erklärte er dreist und aß unbekümmert weiter. Teilte dieser Mann denn alles mit seinem Butler oder hatte er einfach kein Schamgefühl? Sie pochte eher auf letzteres.
„So nötig habe ich es nicht", erklärte sie und fand es durchaus befremdlich, dass West anwesend war, doch wenn sie nicht daran dachte und versuchte ihn zu ignorieren, war es gar nicht so schlimm. Es fühlte sich auch recht vertraut an. Es gab durchaus Männer in ihrem Freundeskreis mit denen sie nach dem Sex auf diese Art zusammengesessen hatte. Nur war damals klar, dass es bei einem on night stand blieb. Hier hingegen war im Grunde noch nicht einmal etwas passiert.
„Das kam mir anders vor", murmelte Darwin mit vollem Mund und trank einen großen Schluck Kaffee, den West ihm soeben eingegossen hatte.
„Das glaube ich dir, Männer haben immer eine andere Wahrnehmung als Frauen", konterte sie und überlegte, ob sie ihre Tasse heben sollte, als Aufforderung, dass sie auch Kaffee wollte. Aber sie wusste nicht, wie er schmeckte und ob er ihr schmeckte.
„Mhm", summte Darwin skeptisch beim Trinken und blickte Scarlett vielsagend über die Tasse hinweg an.
Scarlett sagte dazu lieber einfach gar nichts, sondern blickte fragend zu West. Sie brauchte jetzt einen Kaffee.
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