Darwin bemerkte erst Scarletts Blick, als er dieser folgte und sie dabei schützen an sich zog. „Kannst du nicht klopfen? Los raus!", wies Darwin ihn an, doch bewegte sich nicht von Scarlett weg. Er zog ihr sogar den Stoff ihres Jumpsuits wieder hoch, um diesen an sie zu drücken.
„Das ist mein Zimmer", bemerkte Noah leise und sein Blick war dabei nicht auf Darwin gerichtet, sondern auf Scarlett, die er neugierig betrachtete.
Ihr Gesicht wurde rot, bevor sie sich noch weiter an Darwin drückte, um sich vor dem jungen Mann zu verstecken, dessen Haare ein wenig heller waren als die von Darwin. Doch er besaß die gleichen grünen Augen, was ihn auf eine gewisse Art anziehend wirken ließ. Aber nichts im Vergleich zu seinem großen Bruder.
„Seh ich aus, als würde mich das interessieren? Ich sagte raus!", wiederholte sich Darwin mit Nachdruck und trat ein wenig zur Seite, um ihm die Sicht auf die Schwarzhaarige zu versperren.
Noah verzog ein wenig das Gesicht. „Nur wenn du mein Zimmer verlässt, sonst hole ich Mutter", murmelte er, bewegte sich aber schon auf die Tür zu, als würde er gehen wollen. Dennoch blickte er noch immer abwartend auf die Zwei.
Darwin rollte die Augen, drückte den roten Stoff in Scarletts Hände und schritt wütend auf die Tür zu. Dort angekommen schubste er seinen Bruder mit einer Handbewegung aus dem Zimmer und schloss die Tür.
„Zieh dich an", wandte er sich nun an Scarlett und hielt die Tür weiterhin zugedrückt.
Diese kam seiner Aufforderung sofort nach und schloss den BH wieder, bevor sie die Träger ihres Jumpsuits wieder hochzog, so dass dieser wieder richtig saß. Dabei versuchte sie ihren Atem unter Kontrolle zu bringen und die Röte aus ihrem Gesicht zu vertreiben. Das war ihr verdammt peinlich.
„Bereit?", fragte Darwin, der jedoch selbst nicht wirklich bereit aussah.
„Nein, aber muss ja", murmelte sie und kam mit ein wenig zittrigen Beinen auf ihn zu. So hatte sich nicht geplant seinen Bruder kennenzulernen. Eigentlich hatte sie ihn gar nicht erwartet. Was sollte sie denn jetzt machen?
„Mach dir keine Sorgen. Wir haben nichts getan, was ein Pärchen nicht tun würde", versicherte er ihr und öffnete wieder die Tür.
„Es bleibt trotzdem peinlich", murmelte sie und griff nach Darwins Arm, weil sie sich durch seine Nähe ein wenig Schutz versprach. Sie wusste wirklich nicht, wie sie jetzt mit Noah umgehen sollte, der noch immer vor der Tür stand und Darwin mit einer hochgezogenen Augenbraue musterte.
„Sucht euch das nächste Mal ein anderes Zimmer", grummelte er wenig begeistert und drängte sich an Darwin vorbei in sein Zimmer. Dabei drehte er allerdings noch einmal kurz den Kopf, um Scarlett zu mustern.
„Wenigstens hattest du mal eine halbnackte Frau in deinem Zimmer. Klingt doch nach einem Erfolg, also beschwer dich nicht so", winkte Darwin ab und machte sich zurück auf den Weg zu seinen Eltern.
Noah fluchte leise und beleidigte Darwin sogar, ging aber ansonsten in sein Zimmer als wäre nichts gewesen.
„Wie lange bleiben wir noch?", fragte Scarlett leise, denn sie konnte sich bessere Sachen vorstellen, als mit seinen Eltern an einem Tisch zu sitzen und zu plauschen. Vor allem, da sein Bruder nun auch noch aufgetaucht war.
„Wir gehen jetzt erstmal zurück und hören uns ihr Urteil an. Willst du zurück?", fragte er besorgt und musterte Scarlett vorsorglich.
„Ich habe eher Angst, dass das Ganze aus dem Ruder läuft", murmelte sie leise und sie war sich sicher, dass man die Röte noch auf ihren Wangen sehen konnte. Allerdings wusste sie auch, dass Darwin recht hatte und sie noch warten mussten, bis die Eltern ihre Entscheidung verkündet hatten.
„Was? Du meinst wegen Noah?", fragte Darwin abwegig und lachte sogar leise.
„Es ist mir einfach peinlich", erklärte sie widerwillig und folgte Darwin zurück in das Atrium, wo seine Eltern noch immer saßen und sich unterhielten.
„Ich dachte du bist so interessiert an dem Idioten?", fragte Darwin leise mit einem hämischen Unterton.
„Doch nicht so", gab Scarlett schon fast knurrend, aber leise zurück.
Darwin lachte leise, aber amüsiert, konnte jedoch nicht mehr erwidern, da sie schon wieder bei seinen Eltern waren.
Scarlett fragte sich derweil, ob sie sehr zerzaust aussah, doch da weder Darwins Mutter noch sein Vater einen Ton sagten oder ihr einen abschätzigen Blick zuwarfen, sah sie wohl noch halbwegs akzeptabel aus.
Erneut zog Darwin ihr einen Stuhl hervor und Scarlett ließ sich nieder.
Da die Eltern schweigen, entschied sich Scarlett dazu die Initiative zu ergreifen. „Sie haben wirklich ein sehr schönes Haus", sagte sie mit einem schüchternen Lächeln. Sie hatte zwar nicht viel davon gesehen, doch da in der Mappe Bilder gewesen waren, musste sie auch nicht das Haus besichtigen.
Ellen lächelte erfreut. „Vielen Dank", erwiderte sie und schien recht zufrieden mit sich zu sein. Ob das ein gutes Zeichen war?
Dafür sah der Vater weniger begeistert aus und Scarlett musste nicht nachfragen. Ihr war klar, dass sich die beiden wohl entschieden hatten und Ellen gewonnen hatte.
Ganz begeistert war sie nicht, aber trotzdem war da eine gewisse Aufregung. Sie sollte es einfach als eine Art Urlaub sehen.
„Unser Sommerhaus ist zwar nicht ganz so pompös, doch ich bin mir sicher, es wird dir auch sehr gefallen", lächelte sie zufrieden und führte ihre Tasse Kaffee zu den schmalen Lippen.
Scarlett versuchte sich den Unwillen nicht anmerken zu lassen und stattdessen zu lächeln. „Da bin ich mir sicher. Sie haben einen interessanten Geschmack", sagte sie schmeichelnd, aber nicht zu auffällig.
„Nun, in diesem Haus habe ich eher weniger eingerichtet. Das oblag einem Architekten", gestand sie und schürzte ein wenig die Lippen.
Scarlett wollte gerade etwas erwidern, da sie das Gefühl hatte nicht unbedingt auf dem richtigen Weg zu sein, als Noah in den Garten geschlendert kam. „Seit wann bringst du denn deine Eroberungen mit zu uns nach Hause?", fragte er an Darwin gewandt, bevor er seine Mutter und seinen Vater begrüßte.
Darwin gab seinem kleinen Bruder einen Klaps auf den Hinterkopf. „Scarlett ist meine Freundin, also sprich nicht so von ihr", wies er Noah zurecht und hielt seinen Arm auf Scarletts Stuhllehne.
Diese griff danach und beobachtete aus dem Augenwinkel die beiden Brüder, bevor sie Noah anlächelte. „Freut mich dich kennenzulernen", sagte sie fast schon schüchtern und gewann so Noahs Aufmerksamkeit.
Dieser konnte ein anzügliches Grinsen nicht lassen und reichte ihr die Hand. „Noah. Freut mich auch. Du bist eine echte Überraschung."
Während Noah und Scarlett miteinander beschäftigt waren, warf Ellen Darwin einen richtenden Blick zu.
Sie fand es nicht in Ordnung, dass dieser seinen Bruder so behandelte, doch das wusste Darwin bereits. Er würde es jedoch nicht ändern. Noah war immerhin sein kleiner Bruder und er kam nicht gut mit ihm klar.
Dafür schien Scarlett jedoch seine Aufmerksamkeit zu erhalten, denn er ließ sich sogar neben ihr in einem Stuhl nieder.
„Scarlett und Darwin kommen nächste Woche mit uns ins Sommerhaus. Bist du sicher, dass du nicht mitkommen willst, Noah? Dann wäre die ganze Familie da", erklärte die blonde Frau erfreut und lächelte Scarlett glücklich und zufrieden an.
Diese lächelte ein wenig schief und schüchtern zurück. Das klang alles andere, als spaßig.
„Ich überlege es mir", sagte Noah, was für Darwin eigentlich schon ein Zeichen war, dass er mitkommen würde. Die Frage war nur warum auf einmal.
Erfreut klatschte Ellen in die Hände und lächelte breit. „Hervorragend! Schatz, erinnere mich dran Olivia anzurufen. Sie wird sich sicher auch freuen dich kennenzulernen", sprudelte es aus der älteren Dame heraus, während sie schon von ihrem Stuhl aufstand, um die Kellner aufzuscheuchen und ihr ein Telefon zu bringen.
Für Scarlett war diese Frau wie ein Wirbelsturm, der durch alles hindurch fegte und Chaos hinterließ. Sie fühlte sich nicht wohl und wollte am liebsten wieder gehen, doch das hier war ihre Aufgabe. Immerhin musste sie den Eltern gefallen und das würde sicherlich nicht funktionieren, wenn sie so schnell wieder verschwand. Auch wenn sie ein wenig über die Geschehnisse nachdenken wollte. Wie sollte sie es schaffen so lange mit ihnen klarzukommen?
„Klingt als müssten Sie noch viel planen, Mutter. Ich denke Scarlett und ich werden dann wieder nach Hause fahren und uns auf die Abreise vorbereiten", setzte Darwin an und stand sogar bereits auf, während er sprach.
Scarlett lief jedes Mal ein Schauer über den Rücken, wenn Darwin seine Mutter mit ‚Sie' ansprach. Tat er das, weil die Beziehung zwischen ihnen so eisig war, oder hatte er einen anderen Grund? Galt das gar als höflich?
Sie dachte nicht lange darüber und erhob sich ebenfalls, um sich wieder bei Darwin unterzuhaken.
„Ist gut, Sohn", winkte Ellen nur eilig ab und hielt sich bereits das Handy ans Ohr.
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