„Scarlett?", hörte sie schwammig ihren Namen sagen. Sanft schüttelte sie jemand an ihrem Knie, und drückte dieses sogar kurz. „Wir sind da."
Blinzelnd kam sie zu sich und musste sich erst einmal wieder orientieren. Sie saß in einem Auto und als sie den Blick wandte, erkannte sie Darwin.
„Wie da?", murmelte sie.
Ihr Blick war undeutlich, leicht verzerrt, als sie versuchte sich auf Darwin zu fokussieren, der nur die Augen rollte. „Bei meinen Eltern. Los reiß dich etwas zusammen", flüsterte er ihr eindringlich zu und stieg aus dem Auto.
Eltern...
„Oh", murmelte sie und wurde ein wenig wacher. Als ihr die Tür geöffnet wurde, kam ihr kühle Luft entgegen, die sie nun richtig wach machte.
Ihr Blick glitt zu Darwin, der ihr den Arm reichte.
„Bleib einfach ganz entspannt und lächeln", wies er sie flüsternd an, während er sich mit langsamen Schritten auf die Tür zubewegte. Das Haus war eine regelrechte Pracht mit wunderschöner Aussicht. Viel Grün in der Umgebung und Stuck am Haus. So überhaupt nicht wie das Seattle Stadtleben, dass Scarlett in den letzten Tagen kennengelernt hatte.
Sie atmete tief durch und nickte. Sehr viel konnte immerhin nicht schief gehen und so setzte sie ein leichtes Lächeln auf, während sie mit Darwin der Tür immer näherkam.
Er betätigte die Klingel und wartete einen Moment, bevor ihnen die Tür geöffnet wurde.
„Ihre Eltern... erwarten Sie bereits", grüßte der vornehme Herr, der wohl der Butler des Hauses war, machte jedoch eine kleine Pause, als er Scarlett bemerkte.
„Danke, ich nehme an sie sind im Garten", antwortete Darwin und trat mit Scarlett zusammen ein.
„Im Atrium", korrigierte der Mann beim Schließen der Tür, was Darwin seufzen ließ.
„Dann im Atrium", murmelte er und blickte Scarlett prüfend an, bevor er sich in Bewegung setzte.
Diese warf dem Butler nur einen kurzen, musternden Blick zu und folgte Darwin dann einfach hinein. Dabei versuchte sie nicht den Eindruck zu machen vom Haus erschlagen zu sein. Auch wenn das Thema Haus wohl in einem Gespräch mit der Mutter, laut Akten, gut ankommen würde.
„Wenn es dir zu viel wird, simulier einfach Frauenbeschwerden und wir verschwinden", flüsterte Darwin kaum hörbar, ohne den Blick von seinem Weg abzuwenden.
„In Ordnung", antwortete Scarlett leise und kurz darauf kamen sie auch schon an ihrem Ziel an.
Es war ein kleiner Garten, eingeschlossen im Inneren des Anwesens. In der Mitte ein großer, weißer Tisch, aus geschnörkeltem Gitter, an dem zwei ältere Personen, Mann und Frau, saßen.
Scarlett war bewusst, dass es sich dabei um Darwins Eltern handelte. Thorkill und Ellen Christensen, wie sie noch wusste.
Ihre Hand, die noch immer an Darwins Arm lag, krallte sich ein wenig nervös in sein Oberteil, doch sie versuchte sich fast sofort wieder zu entspannen und vor allem zu lächeln. Sie wollte keinen schlechten ersten Eindruck auf die Eltern machen.
Die ältere Dame, hatte zwar bereits recht helles Haar, doch es war dennoch edel hergerichtet worden in eleganten Wellen, die am Kopf anlagen. Sie war es zuerst, die die beiden entdeckte und ihnen entgegenkam.
„Mutter", seufzte Darwin gezwungen als Begrüßung und zwang sich zu lächeln, was man merkte.
„Sohn. Wir haben das Frühstück bereits abräumen lassen... doch wir können... euch... ein wenig Brunch kommen lassen", erklärte sie und musterte Scarlett ein wenig verwirrt und insbesondere die Haltung, mit der sie sich an Darwin festhielt. „Wer ist das?", fragte sie nun ein wenig perplex an ihren Sohn gewandt.
„Mutter, Vater... ich wollte es euch schon lange sagen, aber es war einfach noch zu früh. Das ist Scarlett... meine Freundin", gab Darwin bekannt worauf sich schlagartig Stille ausbreitete. Scarlett hätte sogar meinen können die Vögel hätten aufgehört zu zwitschern... sollte sie etwas sagen? Nach den geschockten Gesichtsausdrücken seiner Eltern wohl lieber nicht.
„Sohn, ich werde dich jetzt nur ein Mal fragen und sei ehrlich. Hast du diese Frau dafür bezahlt, dass sie hierherkommt und sich als deine Freundin ausgibt?", fragte Ellen ernst mit einem warnenden Ton in der Stimme an ihren Sohn, wie es nur eine Mutter konnte.
Darwin rollte theatralisch die Augen und ging mit Scarlett zusammen an dieser vorbei.
„Mutter, seien Sie nicht so paranoid. Sie beleidigen sie noch", erwiderte er sogar recht glaubwürdig und schon einen der Stühle zurück, damit Scarlett sich hinsetzen konnte.
Gekränkt, weil seine Eltern über sie sprachen als wäre sie nicht da und sich nicht einmal vorstellten, ließ sich Scarlett nieder. Dabei hielt sie jedoch so lange wie möglich Körperkontakt mit Darwin, auch weil es sie beruhigte. Dann blickte sie schüchtern unter ihren Haaren hervor zu Darwins Vater.
Auch sein Haar war leicht ergraut, jedoch an den Seiten und zu auffällig, um echt zu sein. Wahrscheinlich war es ein Schachzug des Friseurs, damit er zwar älter, aber noch immer umwerfend aussah. Was er trotz seines Alters tat. „Entschuldigen Sie bitte, es lag mir fern zu stören", erklärte Scarlett kleinlaut und ein wenig betreten.
Die Absätze von Darwins Mutter hinterließen kleckernde Geräusche auf dem Steinweg, als sie sich zurück zu dem Tisch begab. Mit einem Räuspern nahm sie wieder neben ihrem Mann Platz und überschlug die kurzen Beine. „Aber nein, ich habe mich zu entschuldigen. Wir haben nur nicht damit gerechnet, dass... unser Sohn eine Beziehung führt", versuchte sie sich ein wenig unkoordiniert zu erklären, wobei sie immer wieder hilfesuchend zu ihrem Mann blickte. Ob Darwin überhaupt schonmal eine Frau seinen Eltern vorgestellt hatte?
So wie diese sich verhielten, wohl eher nicht. Scarlett versuchte sich an einem schiefen Lächeln und hob den Blick wieder ein bisschen. „Ich bin auch überrascht, dass er es so lange mit mir ausgehalten hat", erklärte sie leise und meinte es sogar ernst. Immerhin wohnte sie nun schon eine Weile bei ihm, auch wenn sie in dieser Zeit eher selten miteinander zutun gehabt hatten. „Es freut mich sehr sie endlich kennenlernen zu dürfen", fügte sie hinzu und versuchte die unschuldige Art weiter beizubehalten.
Ellens hellblaue Augen waren weit aufgerissen und starrten Scarlett förmlich an, während sie leicht nickte. „Ja! Ja, uns freut es auch", erwiderte sie nach einer Weile und lächelte breit. Mit einem Räuspern richtete sie sich an einen der Kellner, der neben ihnen stand und wohl auf Anweisungen wartete, um bei ihm den gewünschten Brunch zu bestellen.
Als der Kellner wieder ging, mischte sich auch Darwins Vater ein. „Wie habt ihr beide euch denn kennengelernt. Du scheinst mir nicht der Typ Frau zu sein, mit dem sich mein Sohn sonst so umgibt", stellte er fest und richtete seinen Blick von Scarlett zu Darwin, an den er diese Frage stellte.
Dieser lächelte nur provokant und ergriff sogar Scarletts Hand, um ihre Finger miteinander zu verschränken. „Wieso sollte sie das nicht sein?"
Darwins Vater machte eine Handbewegung, die jedoch trotz der Aussage, die sie machte, sehr elegant war. „Viel zu schüchtern", stellte er fest. „Keine deiner Frauen war bisher so schüchtern", fügte er hinzu, was Scarlett veranlasste Darwin einen schiefen Blick zuzuwerfen, als würde sie erst jetzt wirklich davon erfahren. Was nicht stimmte, aber zu ihrem Schauspiel gehörte. Sie wollte immerhin glaubwürdig bleiben.
Darwin schielte verstohlen zu Scarlett, und dann wieder zu seinem Vater. „Danke, Vater", murmelte er ironisch und alles andere als begeistert.
Sein Vater räusperte sich, da ihm der Blick von Scarlett nicht entgangen war. Auch wenn es nur ein kurzer gewesen war. Außerdem entging ihm nicht, wie sie seine Finger noch immer hielt und mit dem Daumen seinen streichelte. „Du hast mir jedoch immer noch nicht verraten, wie du an diese junge Dame geraten bist", stellte er fest und Scarlett schwieg, weil sie wusste, dass Darwins Vater es nicht mochte, wenn sie sich einmischte. Dennoch hörte sie genau zu.
„In einer Studentenbar. Ich wollte mich eigentlich mit Alexa treffen, doch sie kam nicht und stattdessen... traf ich dann auf Scarlett", berichtete Darwin und führe ihre verschränkten Hände sogar an seine Lippen, um Scarletts Handrücken zu küssen, seine grünen Augen lagen dabei fast eindringlich auf ihr.
„Ich gehe sonst nicht so oft in Bars", erklärte Scarlett und wurde ein wenig rot, als Darwin ihre Hand küsste. „Aber auf Grund der bestandenen Prüfungen habe ich mich von meiner Freundin überreden lassen", fügte sie hinzu und schenkte Darwin einen verliebten Blick. Wobei sie versuchte ihn so anzusehen, wie sie sonst immer Marians Bruder ansah. Den Mann, für den sie schon schwärmte, seit sie ihn kennengelernt hatte.
„Was studieren Sie, wenn ich fragen darf", fragte Ellen nun wieder lächelnd, da sie sich scheinbar ein wenig beruhigt hatte. Zeitgleich kamen einige Kellner und servierten das kalte Frühstück, gemeinsam mit einer Kanne Tee und Kaffee.
„Ich Moment studiere ich Servicemanagement", erklärte Scarlett freundlich und versuchte sich etwas zu entspannen, auch wenn es sich wie ein Kreuzverhör anfühlte. Darwins Finger, die nach dem Kuss begannen ihre Handfläche zu streicheln, waren dabei jedoch sehr beruhigend.
Ellen nickte langsam, wenn auch nachdenklich. Darwins Hand zuckte kurz, bei Scarletts Worten, doch er sagte nichts.
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